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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 04.06.2004, RV/0629-I/02

Wertmäßiger Ansatz von Pflichtteil und Erbteil bei geringerer tatsächlicher Zuteilung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0629-I/02-RS1
Die Bw hat sowohl zum Erbteil die Erbserklärung abgegeben als auch den Pflichtteil geltend gemacht. Damit ist nach § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG zu beiden Erwerben die Steuerschuld entstanden. Nach § 18 ErbStG richtet sich die Wertermittlung ebenso nach diesem Zeitpunkt. Weder eine spätere Auszahlung noch die – wie eingewendet - betragsmäßig geringere tatsächliche Zuteilung vermögen etwas daran zu ändern, dass beide Erwerbe der Höhe nach mit dem im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld festgesetzten Betrag der Bemessung zugrunde zu legen sind.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Walter Oberrauch-Erich Seiwald, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck betreffend Erbschaftssteuer entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Laut Verlassenschaftsabhandlung (siehe Protokoll vom 15. Feber 2000) nach dem am verstorbenen L. G. hat der Erblasser mehrere letztwillige Verfügungen, darunter vom "für den Ablebensfall", getroffen und darin - neben Verfügungen an vier weitere Kinder, die Witwe und die Lebensgefährtin - der erbl. Tochter E. B. (= Bw) Folgendes vermacht: - Mieteinnahmen in der Höhe von mtl. S 1.500 an der Liegenschaft in EZ 185 GB B.; Einheitswert der Liegenschaft S 406.000; - Mieteinnahmen zur Hälfte an der Liegenschaft in EZ 71 und 119 GB P.; Einheitswert der Liegenschaft S 17.000 und S 51.000. Weiters erhält die Bw aus der Verlassenschaft (siehe Abhandlungsprotokoll S. 17 oben) den Pkw Marke Suzuki mit dem Wert von S 51.000 (siehe Inventar A II 9.); weiters aus einer Unfallversicherung der A-AG (Mitteilung vom ) S 16.666 und aus einer Lebensversicherung bei der O-AG (Mitteilung vom ) den Betrag von S 168.444. Da laut Abhandlung die Verfügung des Erblassers mangels definitiver Erbseinsetzung nur als "Aufteilungswunsch" zu qualifizieren war, kam die gesetzliche Erbfolge zum Tragen, wonach die Bw mit einem 2/15-Anteil in den Nachlass berufen war und dazu in der Tagsatzung vom 15. Feber 2000 die bedingte Erbserklärung abgegeben hat. Der Reinnachlass wurde lt. Abhandlung mit S 9,029.172,32 ermittelt. Im Protokoll (siehe "Ausweis des letzten Willens", S. 16 unten f.) wurde u. a. zur Bw festgehalten: "Der gesetzliche Erbteil der erbl. Tochter E. B. beträgt 2/15, ihr Pflichtteil daher 1/15. Bei einem ausgewiesenen Reinnachlass von S 9,029.172,32 beträgt der Pflichtteil ... überschlagsmäßig berechnet daher S 601.944,83. Tatsächlich erhält die erbl. Tochter ... 2/15 an den Vermögenswerten laut Pkt II. 1,2,3,4,5,6,7, und 10 sowie den erbl. Pkw Marke Suzuki, das gibt einen Vermögenswert in der Höhe von insgesamt S 271.216,27. Es liegt daher auch hier eine Pflichtteilsverletzung vor und ergibt sich ... ein Pflichtteilsergänzungsanspruch von S 330.728,56. Nach Belehrung über die gesetzlichen Bestimmungen des Pflichtteilsrechtes machen sowohl die erbl.Witwe ... als auch die erbl. Tochter E. B. ihre Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend. ..." Im Weiteren wird zwischen allen Beteiligten die Realisierung bestimmter Vermögenswerte, Überweisung des Realisates auf ein Anderkonto des Notars S. und Auszahlung der Guthaben an die Pflichtteilsberechtigten zur Abgeltung ihrer Pflichtteilsergänzungsansprüche vereinbart.

Im Schreiben des Vertreters vom wurden die Mieteinnahmen der Bw an EZ 71 und 119 GB P. mit mtl. S 3.550 sowie an EZ 185 GB B. mit mtl. S 1.500 bis zum 25. Lebensjahr mitgeteilt.

Vom Finanzamt wurde unter Ausscheidung sämtlicher Legate, der endbesteuerten Vermögenswerte sowie nach Abzug der gesamten Abhandlungskosten der Reinnachlass im Betrag von berichtigt S 1,004.913,47 ermittelt, woraus sich der gesetzliche Erbteil der Bw von 2/15 mit S 133.988,47 ergibt.

Das Finanzamt hat daraufhin der Bw mit Bescheid vom , Str. Nr. XY, ausgehend vom steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von S 698.828 gemäß § 8 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG), BGBl. 1955/141 idgF, (Stkl. I) die 4%ige Erbschaftsteuer im Betrag von S 27.953 = € 2.031,42 vorgeschrieben. Die Bemessungsgrundlage wurde dabei wie folgt ermittelt: die Mieteinnahmen gesamt in Höhe des (anteiligen) Einheitswertes der beiden Liegenschaften S 48.000 + Pkw Suzuki S 51.000 + Pflichtteilsergänzungsanspruch S 330.729 + 2/15-Erbteil S 133.988 + 2 Versicherungen S 185.111 abzüglich der Freibeträge gemäß § 14 und 15 ErbStG von zusammen S 50.000, ergibt den steuerpflichtigen Erwerb von S 698.828.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde eingewendet, der ermittelte Erwerb setze sich u. a. aus dem Pflichtteil S 330.729 sowie dem Erbteil von S 133.988 zusammen. Nach der vom Notar S. durchgeführten Abrechnung aus dem Realisat der übrigen Vermögenswerte, woraus der Pflichtteil abgegolten werden sollte, habe die Bw allerdings infolge eines Fehlers nur den Betrag von S 179.121,80 und den Restbetrag die Witwe C. G. ausbezahlt erhalten. Eine Bereinigung bzw. Erhebung allenfalls einer Erbschaftsklage sei nicht abzusehen. Es werde daher beantragt, bei der Bemessung anstelle des Erbteils und des Pflichtteils den tatsächlich erhaltenen Betrag von S 179.121,80 anzusetzen und sohin vorläufig von einem Erwerb lediglich in Höhe von S 413.232,80 auszugehen und die Steuer im Betrag von S 14.463 vorzuschreiben.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung vom wurde damit begründet, dass nach der Rechtsprechung die Steuerschuld mit Geltendmachung des Pflichtteiles entstehe und vom Wert zu diesem Zeitpunkt, das sind S 330.729, zu bemessen sei. Der tatsächlich zugeteilte Pflichtteil sei demnach unmaßgeblich.

Mit Antrag vom wurde die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz ohne weiteres Vorbringen begehrt; eine angekündigte Ergänzung wurde bis dato nicht beigebracht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Erbschaftsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG Erwerbe von Todes wegen und gelten als solche gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 Erwerbe durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltendgemachten Pflichtteilsanspruches.

Ein Erwerb durch Erbanfall ist dann verwirklicht, wenn der Erwerb auf einem Erbrecht, sohin auf einem der Berufungsgründe des § 533 ABGB, beruht. Das Erbrecht gründet sich demnach entweder auf den erklärten Willen des Erblassers, einen Erbvertrag oder auf das Gesetz; die drei Arten des Erbrechtes können nebeneinander bestehen (§ 534 ABGB). Der (gesetzliche) Erbe übt sein Erbrecht durch die Abgabe der Erbserklärung aus, weshalb nach ständiger VwGH-Judikatur der Tatbestand des Erwerbes durch Erbanfall mit der Annahme der Erbschaft, di die Abgabe der Erbserklärung, erfüllt ist (, 0033 ua). Die Erbschaftsteuerschuld entsteht dabei gem. § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG durch den mit dem Tod des Erblassers eintretenden Anfall an den Bedachten, sofern dieser vom Anfall durch Abgabe der Erbserklärung Gebrauch gemacht hat ( ua), dagegen es etwa auf die Einantwortung durch das Gericht nicht ankommt ().

Pflichtteil ist jener Erbteil, den bestimmte nahe Verwandte mindestens erhalten müssen. Der Pflichtteilsberechtigte ist kein Erbe; sein Anspruch ist grundsätzlich eine Forderung auf einen verhältnismäßigen Teil des Nachlasswertes in Geld. Den Nachkommen/Kindern steht (neben dem Ehegatten des Erblassers) grundsätzlich ein Pflichtteilsanspruch im Ausmaß von der Hälfte des gesetzlichen Erbteiles zu (§ 765 ABGB) zu, sohin im Berufungsfall der Bw als Tochter - neben der Witwe und den 4 weiteren erbl. Nachkommen - 1/15el vom Nachlasswert. Nach § 12 Abs. 1 Z 1 lit b ErbStG entsteht die Steuerschuld für den Erwerb eines geltendgemachten Pflichtteilsanspruches mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung. Damit wird der Pflichtteilsanspruch steuerlich beachtet, sobald der Pflichtteilsberechtigte seinen Entschluss, den Pflichtteil zu verlangen, nach außen hin kundgetan bzw. erkennbar gemacht hat. Als Zeitpunkt der Geltendmachung des Pflichtteiles ist jener anzunehmen, in dem der Pflichtteilsberechtigte oder dessen Vertreter nach außen hin - auch außergerichtlich - zu erkennen gibt, er wolle seinen Pflichtteilsanspruch wahren und nicht darauf verzichten (vgl. ; , 93/16/0129, 0130; siehe zu vor auch: Dr. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 16 zu § 12 ErbStG mit weiteren Judikaturverweisen). Des Weiteren führt der VwGH im genannten Erk. vom , 88/16/0163, aus: "Die Bf gelangt zu der auch vom VwGH geteilten Ansicht, dass der Steuergesetzgeber das Entstehen der Steuerschuld an die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches und nicht an den Zeitpunkt des Entstehens, der Fälligkeit, der wirklichen Zuteilung oder der Auszahlung anknüpfen habe wollen."

Im Gegenstandsfalle hat die Bw laut Abhandlung (siehe Protokoll vom 15. Feber 2000, S. 5 oben und S. 17 oben) ohne jeden Zweifel sowohl zum gesetzlichen Erbanspruch von 2/15el die bedingte Erbserklärung abgegeben wie auch hinsichtlich des der Höhe nach dezidiert festgestellten Pflichtteils- bzw Pflichtteilsergänzungsanspruches von S 330.728,56 - nach Belehrung über die diesbezüglichen Gesetzesbestimmungen - diesen ausdrücklich geltend gemacht. Damit ist angesichts obiger Ausführungen zu diesem Zeitpunkt für beide Erwerbe gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG die Erbschaftsteuerschuld entstanden.

Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass die Auszahlung erst zu einem späteren Zeitpunkt deshalb laut Übereinkunft erfolgen konnte, da zunächst die Realisierung bestimmter Vermögenswerte durchgeführt werden und aus diesem Realisat die Abgeltung des Erbteiles sowie des Pflichtteilsergänzungsanspruches erfolgen sollte.

Ebensowenig von Belang für den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld ist - entgegen dem Berufungsvorbringen - die bislang betragsmäßig geringere Zuteilung der Ansprüche aus dem Realisat infolge eines bei der durchgeführten Auszahlung unterlaufenen Fehlers, der allenfalls erst im Klagswege zu bereinigen ist, da für die Wertermittlung im Rahmen der Bemessung der Erbschaftsteuer gemäß § 18 ErbStG ebenso der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld allein maßgebend ist. Das bedeutet, die Höhe sowohl des angefallenen Erbteiles wie auch des geltend gemachten Pflichtteilsanspruches ist mit dem Betrag anzusetzen, der in beiden Fällen im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld (mit dem Anfall infolge Erbserklärung; mit Geltendmachung des Pflichtteils) festgesetzt wurde. In welcher Höhe hingegen die tatsächliche Zuteilung sodann erfolgt, ist für die Steuerbemessung im Hinblick auf § 18 ErbStG unerheblich (vgl. wiederum ; vom , 88/16/0163). Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen nach § 12 Abs. 1 Z 1 mit § 18 ErbStG ergibt sich, dass die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten mit dem Betrag anzusetzen sind, mit dem sie im Zeitpunkt der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches bestehen. Demgegenüber kommt dem Betrag, mit dem die wirkliche Zuteilung erfolgt, für die im Beschwerdefall - so der VwGH im Erk. vom , 92/16/0190 - maßgebliche Frage der nach § 20 Abs. 6 ErbStG abzuziehenden Verbindlichkeiten keine Bedeutung zu. Auch bis zur Zuteilung des Pflichtteiles eintretende Wertänderungen beeinflussten dabei nicht den mit dem Tod des Erblassers festzustellenden Pflichtteilsanspruch als solchen.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage konnte daher der Berufung kein Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck,

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