Badezimmersanierung: keine außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Gisela Praschl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***1***, vertreten durch ***2***, ***3***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Streitpunkt
Strittig ist, ob Kosten iHv EUR 17.447,82 für die Sanierung eines Badezimmers als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1998 wegen Behinderung anzuerkennen sind.
II. Verfahren vor dem Finanzamt
II.1. Der Beschwerdeführer, im folgenden abgekürzt "der Bf." ist Jahrgang 1934 und reichte am seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 in Papierform beim Finanzamt ein. Darin machte er außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt iHv EUR 17.447,82 geltend. Gleichzeitig gab er in der Beilage L 1ab an, Pflegegeld seit 09/2020 zu beziehen.
II.2. Mit Einkommensteuerbescheid 2020 vom wurde der Bf. veranlagt. Die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen wurden mit der Begründung nicht berücksichtigt, dass bei Vorliegen der Pflegestufe eins der Badezimmerumbau nicht anerkannt werden könne.
II.3. Mit Schreiben, eingelangt beim Finanzamt am , hat der Bf. Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom erhoben und beantragt, die Kosten zur Gänze als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Er bringt vor: "Mir wurden zu Unrecht die Kosten für den behindertengerechten Umbau aberkannt. Als Begründung wurde angeführt, dass diese bei Bezug der Pflegestufe 1 nicht absetzbar sind. Gegen diese Entscheidung möchte ich Beschwerde einbringen, da der Umbau zwangsläufig erfolgte und Mehraufwendungen aufgrund einer Behinderung ab einem Grad der Behinderung von 25 % ohne Abzug eines Selbstbehaltes abzugsfähig sind. Die Zuerkennung des Pflegegeldes ist einem Grad der Behinderung von 100 % gleichzustellen.
Zum Sachverhalt: Für meine Frau und mich wurde am ein Antrag auf Gewährung für Pflegegeld gestellt. Nach einer ärztlichen Untersuchung am wurde für meine Frau ***15*** mit Pflegegeld der Stufe 1 anerkannt. Bei mir wurde mit Bescheid vom der Anspruch abgelehnt und nach einer Berufung mit Bescheid vom die Pflegestufe 1 zuerkannt. Rückwirkend sind wir nun beide seit Bezieher von Pflegegeld. Meine Frau und ich sind seit Monaten in der Mobilität stark eingeschränkt. Es war uns nicht mehr möglich die Badewanne zu nutzen und eine Dusche war nicht vorhanden. Darüber hinaus war die Raumaufteilung so beengt, dass mit einem Rollstuhl oder Leibstuhl das Waschbecken oder die Toilette nicht erreicht werden konnte. Ein behindertengerechter Umbau in dem 1962 errichteten Haus war zwangsläufig dringend erforderlich.
Weiters möchte ich festhalten, dass sich der Gesundheitszustand meiner Frau am gravierend verschlechtert hat. Nach einem Schlaganfall mit mehrwöchiger Spitalsbehandlung Ist meine Frau jetzt halbseitig gelähmt. Wir werden jetzt beide von einer 24-Stunden Pflege betreut. Die entsprechende Prüfung auf Erhöhung der Pflegestufe ist bei der PVA beantragt und wurde leider aus unerklärlichen Gründen nochmals verschoben. Eine bereits vor Wochen angemeldete Untersuchung soll nun am stattfinden.
Der Umbau des Bades erfolgte in direktem zeitlichen Zusammenhang mit der Behinderung und Zuerkennung des Pflegegeldes: Die Umbauarbeiten begannen im September mit den Abbrucharbeiten des alten Bades. Die Versetzung des Badezimmers in den Rohzustand wurde durch Angehörige vorgenommen - ich nehme zur Kenntnis, dass die geleisteten Zahlungen für die Eigenleistung nicht abzugsfähig sind.
Beantragt werden die Kosten für das barrierefreie Bad - nach Auskunft des Finanzamtes Österreich sind diese Kosten als Mehraufwendungen aufgrund einer Behinderung zur Gänze abzugsfähig (keine Kürzung durch das Pflegegeld). Die Kosten betreffen sowohl mich als auch meine Gattin. Eine "Aufteilung" ist jedoch nicht vorzunehmen, da meine Gattin über Einkünfte von weniger als 6.000 Euro jährlich verfügt, wodurch eine Übernahme der behinderungsbedingten Kosten zur Gänze bei mir möglich ist. Ich ersuche daher, die Aufwendungen von 17.447,82 Euro zur Gänze anzuerkennen und den Bescheid neu zu erlassen."
Der Beschwerde ist eine Zusammenstellung der Umbaukosten von Oktober bis Dezember 2020 mit den zugrundeliegenden Rechnungen beigelegt und es wird erwähnt, dass ca. 200 Stunden Eigenleistung für Stemm-, Abbruch- und Entsorgungsarbeiten, excl. diversem Kleinmaterial mit einem ungefähren Wert von EUR 4.000,00 erbracht wurden.
Am wurden aufgrund eines Telefonats des Schwiegersohnes des Bf. mit dem zuständigen Finanzamtssachbearbeiter Fotos des Bades per E-Mail übermittelt.
II.4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 als unbegründet abgewiesen. Als Begründung wurde angeführt:
"Begründung:
Punkt 1: Auf Grund der vorgelegten Rechnungen ist aus den Rechnungen nicht ersichtlich, dass es sich hier um einen behindertengerechten Umbau handelt. Es sind weder zB: Haltegriffe an der Wand, Sitzerhöhungen für den WC-Sitz udgl. erkennbar.Punkt 2: Auf Grund der mittels Email vorgelegten Bilder nach dem Umbau sind auch hier keine Aufwendungen für einen behindertengerechten Umbau ersichtlich. In der Beschwerde argumentieren Sie damit, dass ein Zugang mit einem Rollstuhl nicht möglich ist, und somit ein Umbau erfolgen musste. Auf Grund der nun vorliegenden Bilder, ist es wohl nicht möglich mit einem Rollstuhl vorbei am Waschbecken und an der dahinterstehenden Mauer zu kommen.
Nach ho. Ansicht handelt es sich hier um eine reine Vermögensumschichtung. Aus diesem Grunde war ihre Beschwerde abzuweisen."II.5. Mit Schreiben vom beantragte der Bf., seine Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen und führt aus:
"Die von mir beantragte "außergewöhnliche Belastung" wurde abgewiesen und dies wie folgt begründet:
Im Pkt. 1 wurden fehlende Textpassagen auf den Rechnungen in Bezug auf den behindertengerechten Umbau bemängelt.
Im Pkt. 2 wurde argumentiert, dass aufgrund der Fotos der Zugang zum Bad mit Rollstuhl nicht möglich erachtet ist.
Ich möchte dazu festhalten, dass diese Ablehnung ausschließlich auf subjektiven Empfindungen und Wahrnehmungen des Sachbearbeiters beruht und in keinster Weise mit technischen und fachlichen Argumenten beurteilt wurde.
Hinsichtlich der Begründung meines Antrages verweise ich auch auf die Beschwerde vom Z6.04.2021 und möchte dies wie folgt ergänzen:
Zu Pkt. 1: Allein aus der Textierung einer Rechnung, wenn auch mit zusätzlichen Hinweisen wie "Sanierung, Umbau, barrierefrei oder behindertengerecht" kann keinesfalls das eigentliche Ziel der Umbaumaßnahmen hergeleitet und fachlich beurteilt werden. Letztendlich ist für die Beurteilung der Maßnahme die Funktionalität entscheidend. Das Ziel der Baumaßnahme war die Entfernung der ursprünglich vorhandenen Badewanne und diese durch eine bodengleiche Duschtasse zu ersetzen. Durch den Einbau einer neuen Duschtasse und der lagemäßigen Veränderung von WC und Waschbecken wurde die Benützung des Bades auch mit Roll- oder Leibstuhl gewährleistet.
Zum Vorhalt der mangelhaften Textierung auf der Rechnung wäre auch eine Neuausstellung bzw. Ergänzung durch den Rechnungsaussteller möglich gewesen. Ergänzend zu meinem Antrag lege ich jedoch als Beilage 1 ein Foto samt Rechnung über € 27,95 über den bemängelten Haltegriff vor.
Zu Pkt 2:
Wie eine fachliche Beurteilung der Durchfahrtsbreite in Verbindung mit dem Raumkonzept aus der Ferne nur anhand von Fotos erfolgen kann, erscheint mir rätselhaft. Eine technisch fundierte Darstellung über die Glaubhaftigkeit könnte natürlich auch durch eine Ortsbesichtigung oder Beiziehung eines Sachverständigen erfolgen. Wir haben daher gemeinsam mit dem Planer und der ausführenden Firma Bestandspläne erstellt. Aus diesen Plänen ist das Raumkonzept inkl. Darstellung der Durchfahrtsbreite für Roll- oder Leibstuhl ersichtlich. Der Leibstuhl hat eine Breite von 58 cm, der Rollstuhl eine Breite von 60 cm (siehe Beilage 2 bis 5). Im Weiteren ist es mir ein Bedürfnis den zeitlichen Ablauf der jeweiligen Schritte der Arbeitnehmerveranlagung für 2020 (siehe Beilage 6) und die persönlichen Anmerkungen meines Schwiegersohnes (siehe Beilage 7) darzulegen. Vielleicht wäre es möglich, dass im Zuge der Bearbeitung meines Vorlageantrages auch bezüglich dieser beiden Punkte eine kurze Erklärung oder Stellungnahme seitens der Finanzbehörde erfolgt. Bei Rücksprache oder für ergänzende Unterlagen steht ihnen mein Schwiegersohn (…) gerne zur Verfügung."
Dem Vorlageantrag wurden die im Text erwähnten Beilagen beigelegt. Insbesondere in den persönlichen Anmerkungen des Schwiegersohnes des Bf. (Beilage 7) finden sich weitere die Lebenssituation des Bf. und seiner Ehefrau betreffende Sachverhaltselemente.
III. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht
III.1. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung am vorgelegt.
III.2. Im Vorlagebericht wird nach Darstellung des Sachverhalts und der Beweismittel rechtlich folgende Stellungnahme abgegeben:
"Gem. § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.
Die abzugsfähige Belastung muss außergewöhnlich sowie zwangsläufig erwachsen sein und muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Zudem darf die Belastung weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (vgl. Jakom/Baldauf, EStG5, Kommentar, § 34 Tz 5).
Gemäß § 34 Abs. 6 TS 6 EStG 1988 können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung abgezogen werden, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Die auf die §§ 34 und 35 EStG 1988 gestützte Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 2010/430, ordnet - auszugsweise - Folgendes an: Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind gemäß § 4 im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen. Unter Aufwendungen für Hilfsmittel im Sinne des § 4 der VO sind laut Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 785/02, generell auch behinderungsbedingte Ein- und Umbauten in Gebäuden zu verstehen. Konkret hält der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis weiter fest, dass unter Hilfsmittel im Sinn des § 4 der VO auch sanitäre Einrichtungsgegenstände fallen, die auch oder ausschließlich für Behinderte konzipiert und bestimmt sind, unabhängig davon, ob sie mit dem Gebäude fest verbunden werden oder nicht.
Es bedarf eines unmittelbaren, ursächlichen Zusammenhangs der geltend gemachten Kosten mit der Behinderung, die der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu Grunde liegt. Soweit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den geltend gemachten tatsächlichen Kosten und der die Behinderung begründenden Krankheit nicht dargelegt wird, ist eine Berücksichtigung unter Außerachtlassung des Selbstbehalts ausgeschlossen (Jakom/Baldauf, EStG4, § 35 Rz 13, Doralt, Einkommensteuergesetz, TZ. 9 zu § 35, sowie , und , 93/15/0079).
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellen Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern im Regelfall allerdings keine außergewöhnliche Belastung dar, da durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, und somit bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (vgl. zB ). Eine andere Beurteilung kann geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssen, die infolge ihrer Verwendbarkeit nur für bestimmte individuelle Personen (zB deren Prothesen, Seh- oder Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (zB Rollstühle, Krankenbetten, Rollstuhlgelkissen) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben (vgl. , , 92/14/0172). Eine Wohnung erfährt in der Regel durch eine behindertengerechte Ausstattung keine Wertsteigerung. Muss realistischer Weise davon ausgegangen werden, dass behinderungsbedingte Aufwendungen für die Wohnung bei einer unterstellten Verwertung dieser Wohnung nicht abgegolten werden, dann kann von der Schaffung eines Gegenwertes nicht ausgegangen werden. (, , und ).
Ursache und Beweggrund im gegenständlichen Fall der Badsanierung samt ersatzweisen Einbaus der Dusche sind offensichtlich das fortgeschrittene Alter des Bf. und seiner Gattin und die damit verbundenen Unsicherheiten in den Bewegungsabläufen sowie die Reduzierung einer altersbedingten künftigen Unfallgefahr. Die Erleichterung altersbedingter Erschwernisse bei der Körperpflege durch eine begehbare Dusche oder eine Sanierung eines Bades, weil die technischen Einrichtungen an ihrem funktionellen Ende angelangt sind, führen nicht zur Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung aus dem Titel der Behinderung. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn ältere Menschen ihre Wohnung oder Häuser bzw. ihre Sanitäranlagen seniorengerecht adaptieren, um so Unfälle in der Wohnung zu vermeiden und dadurch auch länger in ihrer gewohnten Umgebung leben zu können. Unstrittig ist, dass solche Umbauten kostspielig sind. Dennoch handelt es sich bei den Kosten - im Vergleich mit anderen Steuerpflichtigen gleicher Einkommens - und Vermögensverhältnisse - um keine atypischen, außerhalb der normalen Lebensführung gelegenen Belastungen (). Insbesondere da aus den vorgelegten Unterlagen hervorgeht, dass es sich bei den Rechnungen für Neuanschaffungen keineswegs um ausschließlich behinderungsgerechte Badezimmersanierung bzw. Gegenstände wie Hebebühne, Duschsitze handelte. Ganz im Gegenteil umfassen die geltend gemachten Kosten Aufwendungen für Fliesen, Badezimmeraccessoires, Duschsystem samt Design Brauseschlauch und Kopf und Handbrause, Waschtischanlage samt Unterbau sowie Heizkörper. Kein einziger Rechnungsposten besteht aus einem speziell behinderungsbedingt notwendigen Gegenstand (wie zB ein unterfahrbares Waschbecken, spezielle Armaturen oder dergleichen). Eine behindertenspezifische Ausstattung des sanierten Bades ist aufgrund der vorgelegten Rechnungen und Bildern nicht erkennbar. Vielmehr handelt es sich um eine Komplettsanierung eines Raumes, das den heutigen Ansprüchen an ein modernes Badezimmer Rechnung trägt, wobei bei den Renovierungsmaßnahmen auf eine praktische Gestaltung Wert gelegt worden ist. Die durchgeführten Umbauarbeiten stehen jedenfalls in keinem unmittelbaren ursächlichem Zusammenhang mit der Behinderung des Bf., sodass ein Abzug der für den Umbau des Badezimmers geltend gemachten Aufwendungen aus dem Titel der Behinderung nach § 34 Abs. 6 iVm § 35 EStG 1988 und der dazu erlassenen Verordnung über außergewöhnliche Belastungen nicht zulässig ist.
Das Ergebnis der gegenständlichen Umbaumaßnahmen bewirkt beim Bf. und seiner Ehefrau keineswegs eine Vermögensminderung, sondern stellt einen entsprechenden Gegenwert dar, der im Falle einer Weitergabe der Wohnung entsprechende Beachtung finden würde. Durch den Umbau des Badezimmers kam es somit nur zu einer Vermögensumschichtung und keiner "Belastung" iSd § 34 EStG 1988.
Im gegenständlichen Fall handelte sich allenfalls um eine vorausschauende Maßnahme zur Vermeidung künftiger Unfälle aufgrund des zunehmenden Alters und der damit verbundenen, steigenden Unsicherheit in den Bewegungsabläufen. Der Bf. hat sich nicht aus einer zwingenden Notwendigkeit zum Umbau des Badezimmers entschlossen. Es kann keine Rede davon sein, Bf. habe sich wegen seiner Behinderung den von ihm gesetzten Umbaumaßnahmen nicht entziehen können. Aufwendungen, die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat, sind auch nicht zwangsläufig erwachsen (, und ,2010/15/0130). Das Ersetzen der Badewanne durch eine Dusche mag zwar anlassbedingt durch die Erkrankung und Alters des Bf. bzw. seiner Ehefrau erfolgt sein. Eine für die steuerliche Anerkennung erforderliche Außergewöhnlichkeit sowie Zwangsläufigkeit liegen allerdings weder dem Grunde noch der Höhe nach vor.
Eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung kommt nur dann in Betracht, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen. Da im gegenständlichen Fall der im Jahr 2020 erfolgte und mit Kosten verbundene Umbau beim Bf. nur zu einer bloßen Vermögensumschichtung und zu keiner Belastung geführt hat, sind dem Bf. diese Kosten weder außergewöhnlich noch zwangsläufig erwachsen. Dementsprechend können diese im Jahr 2020 angefallenen Kosten nicht als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 berücksichtigt werden."
III.3. Das BFG hat von der PVA die Pflegebedarfsgutachten vom Beschwerdeführer und dessen Ehefrau eingeholt und einen Grundbuchsauszug betreffend deren Adresse gemacht.
III.4. Mit Vorhalt vom hat das BFG einen Vorhalt an den Beschwerdeführer gerichtet, in dem der derzeit vorliegende entscheidungswesentliche Sachverhalt dargestellt und anschließend folgende ergänzende Fragen gestellt wurden:
1. "Wann wurde das Haus errichtet, in dem Sie derzeit wohnen und das Sie im Jahr 1960 geschenkt erhalten haben?
2. Seit wann wohnen Sie in diesem Haus?
3. Wie alt war das Bad vor der Renovierung? Wo befindet sich dieses Bad - im Erdgeschoß?
4. Haben Sie noch Fotos vom Bad vor der Renovierung? Wenn ja, legen Sie diese bitte vor.
5. Wer hat die Badsanierung bezahlt? Sie alleine oder auch Ihre Ehefrau oder Ihre Tochter? Legen Sie bitte die Zahlungsbelege für die einzelnen Sanierungsrechnungen vor, aus denen ersichtlich ist, wer Zahlender war und wann die Zahlung erfolgte.
6. Wurde die Badsanierung von extern gefördert? Wann ja, von wem und in welcher Höhe?
7. Die Rechnung von ***4*** Nr. 20202668 weist eine dermaßen verwischte Schrift auf, dass ich den Rechnungsinhalt nicht lesen kann. Bitte legen Sie diese Rechnung noch einmal vor.
8. Wozu wurden die von der Firma ***5*** Austria GmbH gelieferten Rohre konkret verwendet?"
III.5. Der Beschwerdeführer ist am tt.05.2023 verstorben. Am langte die vom Schwiegersohn des Bf. erstellte Vorhaltsbeantwortung vom ein.
III. 6. Die für das Verlassenschaftsverfahren des Bf. zuständige Gerichtskommissärin hat die durch den Schwiegersohn des Bf. erstellte Vorhaltsbeantwortung weitergeleitet.
In der Vorhaltsbeantwortung wird ausgeführt:
"Vorab möchte ich Sie informieren, dass die Beantwortung Ihres Schreibens vom durch Herrn ***6*** nicht mehr möglich ist. Herr ***6*** hatte am einen Schlaganfall erlitten und war seitdem halbseitig gelähmt und konnte auch nicht mehr sprechen. Am kam Herr ***6*** dann ins Pflegeheim ***7***. Von dort wiederum am in das Krankenhaus der ***8***, wo er am tt.05.2023 verstarb.
Ich, ***9*** bin der Schwiegersohn von ***10*** und habe bereits in den letzten Jahren meine Schwiegereltern in vielen Belangen betreffend Wohnhaus und Behörden etc. unterstützt.
Ihre Fragen und auch die offenen Punkte zum Sachverhalt möchte daher ich wie folgt beantworten und ergänzen:
Zu Punkt 2.2
Das Grundstück ***11*** der Liegenschaft EZ ***12***, KG ***13*** haben meine Schwiegereltern mit Schenkungsvertrag vom erhalten. Das Grundstück war damals noch unbebaut.
Zu Punkt 2.3
Der Pflegebedarf und die Pflegestufe 5 sind bei Frau ***14*** unverändert. Die Betreuung wird nach wie vor von einer 24-Stunden-Pflege durchgeführt.
Der Gesundheitszustand von Herrn ***6*** hat sich im Laufe des Jahres 2023 massiv verschlechtert. Die Zubereitung von Mahlzeiten wurde von der 24-Stunden-Betreuung mit übernommen.
Die Körperpflege, der Wäschedienst usw. wurde von den Töchtern erledigt.
Nach mehreren Stürzen im Haus war die Mobilität von Herrn ***6*** derart eingeschränkt, dass der Zugang ins Obergeschoß ebenso nicht mehr möglich war und sein Bett wie auch das der Schwiegermutter im ehemaligen Wohnzimmer aufgestellt wurde.
Auch für Herrn ***6*** war die Körperpflege und die Toilettengänge nur mehr in dem im Jahr 2020 umgebauten Bad möglich.
Im Jänner 2023 erhielt Herr ***6*** rückwirkend mit die Pflegestufe 3.
Zu Punkt 2.4
Der Umbau des Bades erfolgte in erster Linie deshalb, da die Badewanne von den Schwiegereltern nicht mehr benutzt werden konnte. Das Hauptziel war, der Einbau einer stufenlosen Duschtasse, welche gehend oder fahrend erreichbar ist und in welchem auch auf einem Hocker sitzend die Körperpflege erfolgen kann.
Ob man dies in Fachausdruck Umbau, Erneuerung oder Generalsanierung nennt, ist eigentlich nachrangig zum beabsichtigten Zweck der Benutzung.
In der Gesamtaufstellung der Kosten mit € 17.447,82 sind nur die wesentlichen Kosten von Material und Handwerker enthalten.
Die unzähligen Kleinbeträge für Baumaterial, Gerätemieten, Werkzeuge, Entsorgungskosten und Fahrtaufwendungen usw. wurden in der Aufstellung nicht berücksichtigt.
Zu Punkt 3.1
Das Haus wurde von April 1961 bis Dezember 1968 erbaut. Die Benützungsbewilligung ist vom
Zu Punkt 3.2
Der Einzug in das teilfertige Haus erfolgte am
In den 70iger-Jahren erfolgte dann der Anschluss an das öffentliche Kanal- und Trinkwassernetz und der Einbau einer Gaszentralheizung.
Auch wurden in den letzten Jahrzehnten von Herrn ***6*** immer wieder bauliche Verbesserungen wie z.B. Fenster- und Dacherneuerung, Vollwärmeschutz usw. durchgeführt.
Zu Punkt 3.3
Das gegenständliche Badezimmer befindet sich im Erdgeschoß und war ca. 50 Jahre in Gebrauch.
Ich möchte aber festhalten, dass das gesamte Leitungsnetz im Haus intakt war. Nur gelegentlich musste ein tropfender Wasserhahn oder ein Ventil ausgetauscht werden.
Zu Punkt 3.4
Wir haben ein aktuelles Foto vom Badezimmer im Obergeschoß. Dieses war baugleich mit dem im Erdgeschoß. Auf dem Foto sieht man auch die beengten Platzverhältnisse neben der Badewanne bei einer gesamten Raumbreite von 1,42 m.
Aus dem Vergleich der Fotos "alt" und "neu" ist ersichtlich, dass die einzelnen Sanitärelemente wie Dusche, WC und Waschbecken lagemäßig gänzlich verändert wurden.
Zu Punkt 3.5
Die Badsanierung hat ausschließlich Herr ***6*** von den Ersparnissen bezahlt. Er hat mir das Geld in bar übergeben und ich habe dann von meinem Konto die Rechnungen an den Lieferanten bezahlt (siehe Beilage).
Frau ***14*** hat mit einer Pension von derzeit ca. € 550,00/Monat keinen Beitrag geleistet.
Zu Punkt 3.6
Für den behindertengerechten Umbau wurde um Förderung beim Land OÖ angesucht. Gemäß unserem Antrag wurde am ein Barzuschuss von € 2.250,00 gewährt.
Dieser Betrag wurde dem Budget von Herrn ***6*** zugeführt.
Zu Punkt 3.7
Die Rechnung der Fa. ***4*** Nr. 20202668 mit Bruttobetrag € 2.164,00 betrifft die Montage der zweiteiligen Schiebetür bei der Dusche (die Rechnung liegt bei)
Zu Punkt 3.8
Durch die lagemäßige Veränderung der Sanitäreinheiten waren im Badezimmer alle Kunststoffrohre zu erneuern. Ebenso mussten im darunterliegenden Kellerraum die Rohrleitungen an die neue Situation angepasst werden. Es war somit erforderlich, dass die bestehenden Leitungen vom Bad und WC im Obergeschoß, sowie von der Küche wieder in das Kanalsystem eingebunden werden.
Aus diesem Umstand war eine Unzahl von Bögen, Form- und Abzweigstücken und Wanddurchführungen erforderlich. Dieses Material war nicht im Lieferumfang der Fa. ***4*** enthalten und wurde zu einem Großteil auch von meinem Schwager und mir in Eigenleistung montiert (siehe Fotos)
Ich hoffe, dass Sie mit den nunmehr übermittelten Unterlagen den Sachverhalt ausreichend beurteilen und eine Entscheidung im Sinne der Gesetzeslage treffen können.
Ich erlaube mir trotzdem anzumerken, dass wir den Umbau ausschließlich zum Wohl der Schwiegereltern veranlasst haben. Es war einfach unser Ziel, dass sie weiterhin im Wohnhaus verbleiben können und nicht in ein Alters- oder Pflegeheim umziehen zu müssen."
Der Vorhaltsbeantwortung wurden insgesamt 14 Beilagen beigelegt.
III.7. Die zuständige Gerichtskommissärin übermittelte Ende Juli eine Amtsbestätigung zum Nachweis der Vertretungsbefugnis. Darin wird gem. § 172 AuSStrG bestätigt, dass Frau ***2*** - das ist eine der beiden Töchter des Bf. - berechtigt ist, die Verlassenschaft im Sinne des § 810 ABGB alleine zu vertreten.
IV. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
A. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
A.1. Der Bf. ist im April 1934 geboren, seine Ehefrau ***15*** im Juni 1939. Beide haben mit Schenkungsvertrag vom das unbebaute Grundstück ***11***, EZ ***12***, KG ***13***, mit einer Gesamtfläche von 634 m2 je zur Hälfte am Stadtrand von ***13*** geschenkt erhalten. Die Adresse dieser Liegenschaft lautet ***1***. In der Zeit von April 1961 bis Dezember 1968 wurde das zweigeschoßige Haus vom Bf. und seiner Ehefrau erbaut. Die Benützungsbewilligung wurde am erteilt. Der Einzug erfolgte in das - damals teilfertige - Haus bereits im Juni 1963.
A.2. Mit Übergabsvertrag vom ***16***2018 wurde das Eigentum an der Liegenschaft an ***2***, eine der beiden Töchter des Ehepaares, übertragen. Gleichzeitig räumte die Übernehmerin ihren Eltern die lebenslängliche und unentgeltliche Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchtsrechtes iSd § 521 ABGB unwiderruflich ein. In Punkt 3.1. Wohnungsgebrauchsrecht des Übergabsvertrages wird weiters ausgeführt: "Dem Übergeber wird ausdrücklich ein Umgangsrecht auf der gesamten Liegenschaft eingeräumt. Die anfallenden Betriebskosten werden künftig von den Übergebern getragen, solange sie das Wohnungsgebrauchsrecht ausüben. Die Instandhaltungskosten sind künftig von der Übernehmerin zu tragen."
A.3. Laut vorgelegten Pflegebedarfsgutachten vom (zugrundeliegender Antrag vom ) wurde dem Bf. die Pflegestufe 1 mit einem funktionsbezogenen Pflegebedarf von 80 Stunden ab 09/2020 zuerkannt. Wie aus dem ärztlichen Gutachten hervorgeht, besteht beim Bf. eingeschränkte Mobilität bei Gangunsicherheit und eingeschränkter Belastbarkeit. Als vorhandene technische Hilfsmittel/orthopädische Behelfe wird ein Haltegriff in der Badewanne, Nordic Walking Stöcke und Hörgerät (wird nicht getragen) angegeben.
Das die Ehefrau des Bf. betreffende Pflegebedarfsgutachten vom (Antrag vom ) sieht als pflegegeldrelevante Hauptdiagnose deren demenzielle Entwicklung mit vermindertem Antrieb, welche einen funktionsbezogenen Pflegebedarf von 90 Stunden und damit die Pflegestufe 1 ab 09/2020 nach sich zieht. An vorhandenen technischen Hilfsmitteln/Orthopädische Behelfe werden eine Lesebrille und ein Haltegriff in der Badewanne im Gutachten angegeben.
Die Ehefrau des Bf. hat im Jänner 2021 einen Schlaganfall erlitten. Seitdem sie vom Krankenhaus zurückgekehrt ist, wird ihr gesamter Pflegeaufwand von einer 24-Stunden Pflegerin übernommen. Am wurde daher ein Antrag auf Erhöhung des Pflegegeldes gestellt. Die Untersuchung dazu fand am statt. Das pflegerische Gutachten vom ermittelte den Pflegebedarf mit 183 Stunden und damit Pflegestufe 5. Das Gutachten hält auszugweise und zusammengefasst fest, dass die Ehefrau des Bf. an einer mittelgradigen Demenz leidet und seit dem Schlaganfall die linke Körperhälfte gelähmt ist. An technischen Hilfsmitteln/Orthopädische Behelfe sind ein Krankenbett, ein Rollstuhl, ein Babyfon, geschlossene Einlagen für die Harninkontinenz und ein Leibstuhl, der auch als Duschsessel verwendet wird, und - wie sich aus dem weiteren Text ergibt - Positionskissen vorhanden.
A.4. Im Herbst 2020 wurde mit der Generalsanierung des zwischen 1961 bis Juni 1963 eingerichteten alten Badezimmers im Erdgeschoß des Wohnhauses begonnen. Die Maße des Badezimmers betragen 142,0 cm in der Breite und 374,0 cm in der Länge. Vom Türeingang gesehen gelangte man bei Eintritt in das Badezimmer zunächst zum Waschbecken, daran schloss eine Badewanne mit einem Haltegriff. Dahinter war die Toilette platziert, die seitwärts mit der Zimmermauer abschloß.
Aufgrund des Alters des Bf. und seiner Ehefrau und der eingeschränkten Mobilität wurde aus Sicherheitsgründen der Umbau des Bades im Erdgeschoß ab 10/2020 in Angriff genommen, damit der Bf. und seine Ehefrau so lange wie möglich in ihrem Wohnhaus verbleiben können. Hauptziel war, die Badewanne zu entfernen und das Badezimmer alters- und behindertengerecht zu gestalten.
Zunächst wurde das alte Bad entkernt, indem die Badewanne mit angebrachtem Haltegriff, das WC, der Waschtisch sowie alle Fliesen an den Wänden und am Boden entfernt wurden. Diese Stemm-, Abbruch- und Entsorgungsarbeiten erbrachten die Familienangehörigen des Bf. in Eigenleistung in der Dauer von rund 200 Stunden und einem geschätzten Wert von rund TEUR 4.000,00.
Die "Errichtung" des neuen Bades wurde barrierefrei geplant, sodass jeder einzelne Standort im Bad mittels Rollator oder Rohllstuhl erreicht werden kann. Dazu wurde eine räumliche Neuanordnung der einzelnen Badezimmerstationen durchgeführt. Vom Türeingang wird wie bisher das Waschbecken erreicht, dann ein EinbauWC und dann die Dusche, die über die gesamte Breite des Badezimmers verläuft. Das Einbau-WC weist einen verbauten Spülkasten und hin zum Waschbecken eine etwa hüfthohe 70 cm lange, ca 10 cm dicke Mauer auf. Diese Mauer lässt noch 72 cm Durchgangsbreite zur Toilette und zur Dusche frei.
Die Umsetzung erfolgte durch Professionisten. Nach Durchführung der notwendigen Installateursarbeiten wurden der Boden und die Wände neu verfliest sowie ein moderner Waschtisch samt Unterbau und eine barrierefreie Duschanlage samt Armaturen und ein WC montiert. Darüber hinaus wurde das Bad mit neuen Badezimmeraccessoires wie Handtuchhalter, Bürstengarnitur, Papierhalter, Duschkorb eingerichtet. In der bodengleichen Dusche wurde ein Haltegriff zum Preis von EUR 27,95 angebracht.
Die für die Renovierung des Badezimmers angefallenen Rechnungen umfassen folgenden Arbeiten:
- Badausstattung: EUR 5.033,27
- Fliesen: EUR 1.102,84
- Fliesenlegarbeit: EUR 2.600,40
- Installation: EUR 4.925,09
- Duschkabine: EUR 2.164,00
- Rohre: EUR 1.622,22
SUMME: EUR 17.447,82
Die Rechnungen wurden vom Schwiegersohn des Bf. an die Professionisten überwiesen. Ob und zu welchem Zeitpunkt der Bf. dafür seinem Schwiegersohn Ersatz leistete, konnte nicht festgestellt werden.
Der Badumbau wurde mit EUR 2.250,00 vom Land OÖ am gefördert.
B. Beweiswürdigung
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten und ist unstrittig.
C. Rechtliche Beurteilung
C.1. Rechtliche Grundlagen
§ 34 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten, noch Sonderausgaben sein.
[...]
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
[...]
(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
[...]
-
Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
[...]"
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010, lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
[...]
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.
(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.
[...]
§ 3. (1) Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, daß ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen. ...
[...]
§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen."
C.2. Grundsätze
Sowohl der Bf. wie seine Ehefrau beziehen Pflegegeld. Pflegegeld gebührt nur dann, wenn auf aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder Sinnesbehinderung ein Betreuungs- und Hilfsbedarf besteht (§ 4 Abs. 1 Bundespflegegeldgesetz). Der Bezug des Pflegegeldes indiziert somit das Vorliegen einer Behinderung sowohl des Bf. als auch seiner Ehefrau (Vgl. ). Liegt aber eine Behinderung vor, ist entscheidend, ob es sich um Mehraufwendungen "aus dem Titel der Behinderung" handelt. Es muss sich damit um Kosten handeln, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Betreffen die Kosten hingegen etwa die Behandlung von Krankheiten, die mit der Behinderung nicht in Zusammenhang stehen, so können sie nur nach Abzug des Selbstbehaltes berücksichtigt werden (vgl. ; , Ro 2016/13/0010, mwN; vgl. auch ).
Unter Aufwendungen für Hilfsmittel im Sinne von § 4 der VO zu § 35 EStG sind nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, , generell auch behinderungsbedingte Ein- und Umbauten in Gebäuden zu verstehen. Darunter fallen lt. Verfassungsgerichtshof u.a. sanitäre Einrichtungsgegenstände, die auch oder ausschließlich für Behinderte konzipiert und bestimmt sind, unabhängig davon, ob sie mit dem Gebäude fest verbunden werden oder nicht.
Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 sind grundsätzlich nur vermögensmindernde Ausgaben, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind daher in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen, weil in diesem Fall zumeist ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, also eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (vgl. z.B. ; und , 2011/15/0145, mwN). In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass eine Wohnung durch den Umstand einer behindertengerechten Ausgestaltung in der Regel keine Wertsteigerung erfährt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 785/02).
Eine andere Beurteilung kann allerdings geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssen, die infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen (z.B. deren Prothesen, Seh- und Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (z.B. Rollstühle, spezielle Elektromobile) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben (vgl. ; , Ra 2017/15/0006, mwN).
Wenn realistischerweise davon ausgegangen werden muss, dass der behindertengerechte Umbau eines Wirtschaftsgutes bei einer unterstellten Verwertung dieses Wirtschaftsgutes nicht abgegolten wird, kann nicht von der Schaffung eines Gegenwertes ausgegangen werden. Unter nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel im Sinne des § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen fallen etwa auch behinderungsbedingte Ein- und Umbauten (vgl. dazu auch , sowie ; und , 2008/15/0292).
Aufwendungen können nur insoweit als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, als sie vom Steuerpflichtigen endgültig aus eigenem getragen werden müssen. Sie sind dann im Jahr ihrer Zahlung abzugsfähig (vgl. ).
Beträge, die der Steuerpflichtige zunächst verausgabt, die ihm aber später ersetzt werden, gelten nicht als Aufwendungen im Sinn des § 34 EStG 1988 (vgl. , mwN).
Es ist Sache des Steuerpflichtigen, das Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen von außergewöhnlichen Belastungen darzutun (vgl etwa ).
C.3. Anwendung dieser Grundsätze im Beschwerdefall
C.3.1.
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass eine Behinderung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau vorliegt und damit § 35 EStG 1988 und die dazu ergangene Verordnung anwendbar ist.
Zu klären ist allein, ob die geltend gemachten Umbaukosten für das Bad im Zusammenhang mit der Behinderung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau als nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel iSd § 4 der VO zu § 35 EStG einzustufen sind und durch sie kein Mehrwert für den Beschwerdeführer geschaffen wurde.
Die Abgabenbehörde verwehrt den Abzug der Kosten für die Badezimmersanierung als Kosten der Behinderung des Beschwerdeführers bzw. seiner Ehefrau, weil es im geltend gemachten Umbauaufwand keine Maßnahme von spezifisch behindertengerechtem Charakter mit eingeschränktem Verkehrswert sieht. Ausgehend von einer allgemeinen Nutzbarkeit des neuen Badezimmers beurteilt die Abgabenbehörde die strittigen Kosten als solche für Maßnahmen einer bloßen Vermögensumschichtung.
Auch wenn die Abgabenbehörde auf eine Verursachung durch die Behinderung des Beschwerdeführers nicht näher eingeht, unterliegt es nach dem vorliegenden Verfahrensergebnis aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes keiner Fehlbeurteilung.
Nach den vorgelegten Unterlagen wurde der Badumbau entsprechend den Anforderungen eines modernen Badezimmers mit einer Standardausstattung durchgeführt. Eine Ausstattung, die speziell auf altersbedingte Erschwernisse oder auf die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen Bedacht nimmt, sind dem Plan sowie den Photos des neuen Badezimmers mit Ausnahme des in der Dusche angebrachten Haltegriffes nicht zu entnehmen. Die Neuanordnung der einzelnen Badezimmerstationen - mag sie auch deren Erreichbarkeit fahrend oder gehend erleichtern - entspricht auch den Anordnungskriterien moderner Bäder.
Wenn darauf verwiesen wird, dass sich in den letzten Jahren der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und der seiner Ehefrau stets verschlechtert habe und ihnen dadurch das Einsteigen in eine Badewanne nicht mehr möglich war, weshalb der Einbau der Dusche notwendig gewesen sei, so ändert dies nichts an der Tatsache, dass es sich bei einer bodenebenen Dusche um keine behindertenspezifische Ausstattung handelt, sondern vielmehr um eine moderne Badezimmereinrichtung.
Es wird vom Bundesfinanzgericht nicht in Zweifel gezogen, dass der Komfort einer bodenebenen Dusche eine selbständige Nutzung durch den Beschwerdeführer länger ermöglicht. Doch trifft dies ohne Zweifel für ältere Personen ganz generell zu, unabhängig von einer eingeschränkten Mobilität wie sie der Beschwerdeführer als Grund für die durchgeführten Sanierungsmaßnahmen vorbringt. Insofern handelt es sich demnach nicht um eine auf den speziellen Bedarf einer behinderten Person eingeschränkte Nutzbarkeit der zu beurteilenden Maßnahme, wie etwa bei den in § 4 der VO zu § 35 EStG genannten Beispielen für Hilfsmitteln (Rollstühle, Prothesen, Seh- und Hörhilfen). Auch von einem verlorenen Aufwand infolge eingeschränkter Nutzbarkeit durch gehbehinderte Personen kann vor diesem Hintergrund keine Rede sein. Davon abgesehen entsprechen niveaugleiche Duschen dem aktuellen Zeitgeist und werden von Personen jeglichen Alters und Gesundheitszustandes bevorzugt.
Im Ergebnis wurde vom Beschwerdeführer im Verfahren weder dargetan, dass der Badumbau durch seine vom Sozialministerium Service bescheinigte Behinderung verursacht war, noch, dass die durchgeführten Maßnahmen derart behindertenspezifisch waren, dass sie bei einer unterstellten Verwertung dieser Wohnung nicht abgegolten würden. Einzig die Anschaffung des Haltegriffes ist von dieser Einschätzung ausgenommen, aber aus den unter C.3.3. dargelegten Gründen nicht zu berücksichtigen.
Damit fehlt es aber sowohl an einem erwiesenen Zuordnungskriterium zum Bereich des § 35 EStG (Kosten der Behinderung) als auch - mangels endgültigen Wertverzehrs - an einem grundlegenden Merkmal für den Abzug von Kosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 34 EStG.
C.3.2.
Wenn lebensnotwendige Einrichtungen wie Bad und WC aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses für den Bf. und/oder seine Ehefrau unbrauchbar werden, sind zufolge mancher Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates und sowie des Bundesfinanzgerichtes () konkret folgende Mehraufwendungen absetzbar:
Verlorener Aufwand (= Zeitwert des Altzustands, der aufgrund der Adaptierung zerstört werden musste);
Mehrkosten der Einrichtung (= Differenz der höheren Kosten der behindertenbedingten Sonderausstattung gegenüber der üblichen Standardausstattung);
Mehrkosten der Adaptierung (= durch den behindertengerechten Umbau erforderliche mittelbare Maßnahmen bzw. Kosten für Arbeiten, die aufgrund der behindertengerechten Ausstattung angefallen sind, zB Abriss bzw. Versetzung von Wänden, Verbreiterung der Tür, Fliesenarbeiten, Abrisskosten der alten Einrichtung - siehe ).
Dass eine neuwertige Einrichtung den Wert des Badezimmers erhöht, liegt auf der Hand. Insofern wurde hierdurch ein Gegenwert geschaffen. Als außergewöhnliche Belastung ist aber der Wert des verlorenen Aufwandes in Form des zum Austauschzeitpunkt vorhandenen Wertes des Altbestandes anzusetzen, der durch den behinderungsbedingten Austausch zerstört wurde. Bei einem Bad, das über 50 Jahre alt ist im Zeitpunkt seiner Sanierung, sind sämtliche Nutzungsdauern, die für die einzelnen Badezimmerkomponenten in der facheinschlägigen Literatur angegeben werden, überschritten. Ein verlorener Aufwand ergibt sich daher nicht.
Ebenso liegen keine Mehrkosten für die Einrichtung vor, weil - bis auf den Haltegriff - eine übliche Standardausstattung gewählt wurde.
Aber auch Mehrkosten der Adaptierung liegen im Beschwerdefall nicht vor. Es wurden zwar durch die lagemäßige Veränderung der einzelnen Sanitäreinheiten alle Kunststoffrohre erneuert und die Rohrleitungen im darunterliegenden Keller angepasst. Nach Ansicht des BFG wäre aber auch bei Nichtbehinderung ein modernes Badezimmer nur in der gewählten Anordnung der einzelnen Badezimmerstationen errichtet worden.
C.3.3.
Im Übrigen wären die beantragten Kosten der Badezimmersanierung auch deshalb dem Grunde nicht als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen, weil weder glaubhaft noch nachgewiesen wurde, dass diese Aufwendungen endgültig vom Beschwerdeführer im Jahr 2020 getragen wurden. Auf die Frage des BFG im Vorhalt vom im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau nur mehr ein Wohnrecht im Haus hatten, das Eigentum aber bereits an eine der Tochter übertragen wurde, wer die Badsanierung bezahlt hat und der Aufforderung, dazu Zahlungsbelege vorzulegen, wurden die Überweisungsbelege des Schwiegersohns des Bf. für die einzelnen Rechnungen vorgelegt und ausgeführt, dass der Bf. vor der Überweisung das Geld bar an den Schwiegersohn übergeben hätte. Der Schwiegersohn ist gleichzeitig der Ehemann der Hauseigentümerin. Das BFG hält dieses Vorbringen für nicht glaubhaft. Ein Nachweis der Barabhebungen wurde nicht erbracht. Die Überweisungen wurden an unterschiedlichen Tagen durchgeführt. Dass ein in seiner Mobilität eingeschränkter älterer Herr vor jeder Überweisung bar in Vorlage tritt, würde bedeuten, dass der Bf. entweder den Barbetrag in seiner Gesamtheit zuhause aufbewahrt oder jedes Mal vor einer Überweisung zur Bank geht, um Geld abzuheben. Beides hält das BFG für unwahrscheinlich.
Der Höhe nach wären die beantragten Badezimmersanierungskosten um die Förderung des Landes OÖ zu kürzen gewesen, wenn es dem Grunde nach - was aber im Beschwerdefall nicht vorliegt - zu einer Anerkennung der Badezimmersanierungskosten als außergewöhnliche Belastungen gekommen wäre.
C.3.4.
Aus den genannten Gründen war die Beschwerde daher abzuweisen.
D. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die Streitfrage im gegenständlichen Verfahren ausschließlich auf Sachverhaltsebene zu beurteilen war, war die Revision nicht zuzulassen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 6 TS 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 35 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5101015.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at