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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.10.2023, RV/2100539/2022

Der Praxisblock II bei der Ausbildung zur Justizwachebeamtin ist bereits Berufsausübung und berechtigt im Unterschied zum theoretischen Teil nicht zum Familienbeihilfenbezug aufgrund einer Berufsausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum 08/2021 bis 11/2021, Steuernummer ***1***, SVNR ***2***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Bf. absolvierte vom bis die Grundausbildung zur Justizwachebeamtin und beantragte hierfür Familienbeihilfe.
Mit Bescheid vom wurde die gewährte Familienbeihilfe für 8/21 - 11/21 rückgefordert, weil nur die 8 ½ monatige Basisausbildung, nicht aber die praktische Ausbildung Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 bilde.

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde und führte aus:
"Die Ausbildungsdauer zur Justizwachebeamtin war im Zeitraum vom - . Im Bescheid wird nur eine Ausbildungsdauer vom November 2020 - Juli 2021 betitelt. Im Zuge der Grundausbildung absolvierte ich vom Juli 2021 bis Oktober 2021 eine Praxisphase, die Grundausbildung wurde somit nicht unterbrochen. Ich ersuche Sie zur Aussetzung der Einhebung des strittigen Betrages, bis zur des Bescheides (sic!). Im Anhang entnehmen Sie Dokumente, die wir vom BMJ zur Vorlage für das beim Finanzamt für den Anspruch auf Familienbeihilfe vorgelegt bekommen haben."

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde abgewiesen:
" Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß
§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung des Berufes nicht möglich ist. Würdigung:
Die achteinhalbmonatige Basisausbildung im Rahmen der Grundausbildung zum/zur
Justizwachebeamten/in bildet ein anerkanntes Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG.
Diese achteinhalbmonatige Basisausbildung umfasst eine "theoretische Einführung" (3
Wochen), einen "Praxisblock" (5 Wochen), einen "berufsspezifischen Grundlagenteil" (24Wochen). Im Anschluss an diese achteinhalbmonatige Basisausbildung erfolgt eine dreieinhalbmonatige Phase, in welcher es zu einer Einführung in den Dienstbetrieb kommt (Dienstphase), welche durch eine vierwöchige Vertiefung und Wiederholung ergänzt wird.
Diese viereinhalbmonatige Phase (Dienst- Wiederholungs- und Vertiefungsphase) stellt keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar.
Deshalb besteht für den Zeitraum von August 2021 bis November 2021 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."

Im Vorlageantrag verwies die Bf. auf ihre Beschwerde und auf (zum Teil überholte) Rechtsprechung des BFG und VwGH.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf absolvierte vom bis die Grundausbildung zur Justizwachebeamtin, nach der Verordnung BGBl. II Nr. 137/2016, für die Verwendungsgruppe E2b im Bereich der Justizanstalten, die sie erfolgreich mit der Dienstprüfung am abschloss.
Diese Grundausbildung dauert ca. 12 Monate, gliedert sich in eine Basisausbildung (ca. 8 Monate) und in eine Dienstphase und Wiederholungs- und Vertiefungsphase (ca. 4 Monate).
Für die Basisausbildung wurde Familienbeihilfe gewährt, für die Dienstphase und Vertiefungsphase die Familienbeihilfe zurückgefordert.
Die Praxisausbildung im Anschluss an die theoretische Ausbildung im Ausbildungszentrum absolvierte die Bf. vom bis . Daran schloss die Vertiefungsphase bis an.
Die Bf. hat einen Eigenantrag auf Familienbeihilfe gestellt.

Die Bf. hatte laut Abgabeninformationssystem (Einkommensteuerbescheid 2021 vom ) im Jahr 2021 ein zu versteuerndes Einkommen gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988 in Höhe von 18.477,77 Euro.

Der Ausbildung liegt der Ausbildungsplan der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über die Grundausbildung für die Verwendungsgruppe E2b im Bereich der Justizanstalten BGBl. II Nr. 124/2006 idF BGBl. II Nr. 137/2016 zugrunde. Diese lautet auszugsweise:

Anwendungsbereich
§ 1. (1) Diese Verordnung regelt die Grundausbildung für die Verwendungsgruppe E2b im Bereich der Justizanstalten.
(2) Die Grundausbildung ist von allen für den Bereich der Justizanstalten aufzunehmenden Bediensteten des Justizwachdienstes zu absolvieren.
(3) Die in dieser Verordnung verwendeten personenbezogenen Ausdrücke umfassen Frauen und Männer gleichermaßen. Bei der Anwendung auf bestimmte Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden.

Befristetes Dienstverhältnis
§ 2. (1) Die Grundausbildung ist im Rahmen eines auf die Dauer eines Jahres befristeten Dienstverhältnisses (§ 4 Abs. 3 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. Nr. 86) zu absolvieren.
(2) Bedienstete, die bereits in einem Dienstverhältnis zum Justizressort stehen, können auf ihren Antrag abweichend von Abs. 1 im Rahmen ihres bestehenden Dienstverhältnisses nach Maßgabe freier Lehrgangsplätze zur Grundausbildung nach dieser Verordnung zugelassen werden.

§ 3 Ziele der Grundausbildung
§ 3. Vorrangige Ziele der Grundausbildung sind es,
1. die Kenntnisse zu vermitteln, die zu einer qualitativ hochwertigen Erfüllung der Aufgaben des Justizwachdienstes erforderlich sind,
2. die Bediensteten mit dem Dienst im Justizressort im Allgemeinen und im Bereich der Justizanstalten im Besonderen vertraut zu machen und
3. die erforderlichen Kenntnisse über die Aufbau- und Ablauforganisation der Justizanstalten sowie über die Funktionsweise des Strafvollzugs in Österreich zu vermitteln.

§ 4 Gestaltung der Grundausbildung
§ 4. (1) Die Ausbildungsmodule haben alle zeitgemäßen und zweckmäßigen Formen der Wissensvermittlung, insbesondere auch e-learning-Systeme, zu nutzen.
(2) Die Ausbildung ist nach folgenden allgemeinen Leitsätzen zu gestalten:
1. die Ausbildung vermittelt berufsspezifisches Wissen, praxisrelevante Fähigkeiten und Fertigkeiten;
2. die Ausbildung orientiert sich an einer an der Menschenwürde orientierten Grundhaltung;
3. die Ausbildung orientiert sich an den aktuellen Erkenntnissen der Erwachsenenpädagogik und Lernpsychologie;
4. in der Ausbildung tätige Personen üben eine Vorbildwirkung aus;
sie sind besonders qualifiziert und verfügen über eine positive (selbst)kritische Haltung;
5. Weiterbildung und permanente Weiterentwicklung sind Voraussetzungen für professionelles Handeln;
6. Erhaltung der mentalen und körperlichen Gesundheit ist Teil der Ausbildung und bleibendes Erfordernis während des gesamten Berufslebens; sie liegt auch in der Eigenverantwortung;
7. Qualitätssicherung erfolgt durch regelmäßige Evaluierung.
(3) Die praktische Ausbildung ist nach folgenden Leitsätzen zu gestalten:
1. Praxisausbildungszeiten sind den Ausbildungserfordernissen der Teilnehmer gewidmet und nicht dem Regelbetrieb der Justizanstalt;
2. Praxisausbildung ist stufenweises, begleitetes Heranführen an eigenverantwortliches Arbeiten;
3. Ausbildungsinhalte und Lernerfolg werden reflektiert und schriftlich dokumentiert.
(4) Die theoretische Ausbildung ist nach folgenden Leitsätzen zu gestalten:
1. die theoretische Ausbildung vermittelt praxisrelevantes Grundwissen;
2. der Unterricht erfolgt vernetzt und fächerübergreifend, auch in seminaristischer Form;
3. e-learning ist ein wesentlicher Bestandteil des Lernprozesses;
er wird durch Präsenzunterricht ergänzt.

§ 5 Dauer und Aufbau der Grundausbildung
§ 5. (1) Die Grundausbildung dauert ein Jahr und gliedert sich in insgesamt fünf aufeinanderfolgende Ausbildungsabschnitte (Phasen), von denen drei als Ausbildungslehrgänge in Blockform und zwei als praktische Verwendungen (Schulungen am Arbeitsplatz) zu gestalten sind.
(2) Im Einzelnen sind für das Ausbildungscurriculum folgende Ausbildungsabschnitte (Phasen), Ausbildungsformen, Ausbildungszeiten und Ausbildungsstationen vorgesehen:


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Phase
1
2
3
Lehrgangs-konferenz
4
Eignungs-konferenz
5
Bezeichnung des Ausbildungs-abschnitts
Einführung
Praxisblock I (begleitende Einführung in das Arbeitsfeld)
Berufs-spezifische Grundlagen
Praxisblock II (Integration in das Arbeitsfeld)
Vertiefung und Abschluss
Ausbildungs-form
Lehrgänge; allenfalls e-learning-Systeme
Schulungen am Arbeitsplatz; praktische Verwendungen
Lehrgänge; allenfalls e-learning-Systeme
Schulungen am Arbeitsplatz; praktische Verwendungen
Lehrgänge; allenfalls e-learning-Systeme
Dauer
3 Wochen
8 Wochen
24 Wochen
13 Wochen
4 Wochen
Ort
Ausbildungs-zentrum (oder Außenstelle)
Ausbildungs-anstalten
Ausbildungs-zentrum (oder Außenstelle)
Stammanstalt
Ausbildungs-zentrum (oder Außenstelle)

(3) Für Auszubildende, die nicht für eine bestimmte Justizanstalt aufgenommen worden sind, gilt als Stammanstalt eine vom Bundesministerium für Justiz festzulegende Justizanstalt.

…. ….

Praktische Verwendung
§ 12. (1) Die praktische Verwendung (Schulung am Arbeitsplatz) hat insgesamt 21 (Arbeits-) Wochen zu dauern. Sie ist im Ausmaß von acht (Arbeits-)Wochen in einer Ausbildungsanstalt und im Ausmaß von 13 (Arbeits-)Wochen in der Stammanstalt des Auszubildenden zurückzulegen.
(2) Die Schulung am Arbeitsplatz gemäß dem Ausbildungsplan und den Vorgaben des Ausbildungsleiters und/oder des Anstaltsleiters obliegt jeweils dem unmittelbar Vorgesetzten.
(3) Abwesenheitszeiten (Urlaub, Krankenstand, Beschäftigungsverbot, Präsenz-, Ausbildungs- und Zivildienst und dgl.) sind bei der Berechnung der Dauer der praktischen Verwendung im Ausmaß von höchstens 15 Arbeitstagen zu berücksichtigen.
(4) Die Zeit einer Teilzeitbeschäftigung zählt für die Berechnung der Dauer der praktischen Verwendung im Umfang des jeweiligen Beschäftigungsausmaßes.

Dienstprüfung
§ 14. (1) Die Dienstprüfung ist in Form von Teilprüfungen (Abs. 2) sowie als abschließende schriftliche und mündliche (Gesamt-)Prüfung abzuhalten und abzulegen.
(2) Hinsichtlich der Ausbildungsmodule des dritten Ausbildungsblocks (berufsspezifische Grundlagen) findet die Dienstprüfung in Teilprüfungen statt. Jede Teilprüfung kann in Form einer Klausurarbeit, einer praktischen Prüfung und/oder einer mündlichen Prüfung stattfinden und ist vor einer Einzelprüferin oder einem Einzelprüfer abzulegen. Die Zuweisung zu einer Teilprüfung erfolgt von Amts wegen durch das Bundesministerium für Justiz in Abstimmung mit der Leiterin oder dem Leiter der zentralen Bildungseinrichtung für den Strafvollzug, und zwar so zeitgerecht, dass die Zuweisung zur (abschließenden) Dienstprüfung rechtzeitig erfolgen kann. Die jeweilige Form der Teilprüfung ist vom Bundesministerium für Justiz in Abstimmung mit der Leiterin oder dem Leiter der zentralen Bildungseinrichtung für den Strafvollzug generell festzulegen. Als Prüferin oder Prüfer ist vom Bundesministerium für Justiz in Abstimmung mit der Leiterin oder dem Leiter der zentralen Bildungseinrichtung für den Strafvollzug jeweils die oder der Lehrbeauftragte für das betreffende Fach oder ein Mitglied der Prüfungskommission zu bestimmen.
(3) Die abschließende mündliche (Gesamt-)Prüfung ist vor einem Prüfungssenat (§ 19) abzulegen, die Teilprüfungen (Abs. 2) sind vor Einzelprüfern abzulegen. Teilprüfungen können schriftlich oder mündlich abgelegt werden.
(4) Die Absolventen des Ausbildungslehrganges sind vom Bundesministerium für Justiz, zur (abschließenden) Dienstprüfung so zuzuweisen, dass die schriftliche und die mündliche Prüfung etwa eine Woche vor Ende des einjährigen befristeten Dienstverhältnisses abgelegt werden können. Dabei hat zwischen der schriftlichen und der mündlichen Prüfung jedenfalls ein Arbeitstag zu liegen. Mit der (abschließenden) Dienstprüfung endet eine allfällige Dienstzuteilung zum Ausbildungszentrum bzw. zu dessen Außenstelle (§ 6 Abs. 4).

§ 15 Voraussetzungen für die Zulassung zur (abschließenden) Dienstprüfung sind:
1. die Absolvierung der Lehrgänge nach § 5,
2. die praktische Verwendung in dem im § 12 festgelegten Ausmaß,
3. der positive Abschluss aller Teilprüfungen (§ 14 Abs. 2) und
4. eine positive Stellungnahme der Eignungskonferenz (§ 13).

…. …. ….

Anlagen zur Verordnung
Anlage 1


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Die Ausbildungsziele der E2b- Grundausbildung Justizanstalten im Überblick
Dauer
Phase 1: Einführung
3 Wochen
Ausbildungsziele:
- Orientierung im hierarchischen Gefüge der Justizwache
- Überblick über die Ausbildung
- Vorbereitung auf den Praxisblock 1
Phase 2: Praxisblock 1 - begleitende Einführung in das Arbeitsfeld
8 Wochen
Ausbildungsziele:
- Kenntnis der Arbeitsabläufe in Justizanstalten
- Kenntnis der Aufgaben eines gerichtlichen Gefangenenhauses und einer Strafvollzugsanstalt
- Umgang mit den Dienstwaffen Pfefferspray und Gummiknüppel
- Reflexion der Leistungen mit dem Ausbildungsleiter
Phase 3: Berufsspezifische Grundlagen
24 Wochen
Ausbildungsziele:
- Kenntnis der rechtlichen und organisatorischen Bestimmungen für den Justizwachdienst
- Ausbildung an allen Dienstwaffen
- Grundwissen über humanwissenschaftliche Ausbildungsbereiche
- Arbeit in der Integrierten Vollzugsverwaltung
- Abschluss eines Großteils der Theorieausbildung
Phase 4: Praxisblock 2 - Integration in das Arbeitsfeld
13 Wochen
Ausbildungsziele:
- Kenntnis der Aufgaben in der Stammanstalt
- selbständige Dienstverrichtung in verschiedenen Anstaltsbereichen
- Verrichtung des Nachtdienstes in der Stammanstalt
- Reflexion der Leistungen mit dem Anstaltsleiter
Phase 5: Vertiefung und Abschluss
4 Wochen
Ausbildungsziele:
- Vertiefung und Vernetzung des erworbenen Wissens
- Schriftliche Arbeiten
- Vorbereitung auf die Dienstprüfung im Selbststudium
- Ablegung der Dienstprüfung

Anlage 2.1


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Phase 1 (Einführung) - Ausbildungsinhalte
Stunden
Ausbildungswoche 1
1. Tag
8
- Dienstantritt; Administration; Uniform und Ausrüstung
- Orientierung in der Ausbildungsstätte (zentrale Bildungseinrichtung oder deren Außenstellen)
- Rahmenbedingungen und Richtlinien
2. Tag
8
- Administration; Überblick - E2b- Grundausbildung
- Verhalten in Uniform und Zugehörigkeit zu einem Exekutivkörper
- Die "Vollzugslandschaft"
- Gehaltsgesetzliche Aspekte für die Auszubildenden
3. Tag
8
- Tätigkeitsfelder des Justizwachdienstes
- Andere Berufsgruppen und deren Tätigkeitsfelder im Strafvollzug
- "Umwelten" des Strafvollzuges
- Dienstbehörden; Aufbau der Justiz im Überblick
- Einführung in IT-Anwendungen
4. Tag
8
- Organigramm einer Justizanstalt
- Arbeit in der Hierarchie
- Exkursion in eine Justizanstalt
5. Tag
8
- Die Insassen - Besonderheiten, Kulturen, Tagesablauf, Rechte und Pflichten
- Die Welt des Strafvollzugs
- Übung Rechtschreibung
- Zuordnung zu den Ausbildungsanstalten
Ausbildungswoche 2
1. Tag
8
- Verhalten im Dienstalltag
- Ausgewählte rechtliche Aspekte des StGB für Organe
- Ausgewählte rechtliche Aspekte des BDG 1979 und des VBG
- Struktur der E2b- Grundausbildung
2. Tag
8
- Sicherheit im Vollzugsalltag - Personelle Sicherheit, technische Einrichtungen und Anlagen, Entwicklungen auf dem Sicherheitssektor
- Sicherheitsmaßnahmen
- Verhalten in Geisellagen
3. Tag
8
- Schlüsselgebarung
- Einsatzmittel des Justizwachdienstes
- Überstellungen und Eskorten
- Gerichtsorganisation und Organisation der staatsanwaltschaftlichen Behörden
- Aufbau und vollzugsrelevante Aufgaben des Bundesministeriums für Justiz
4. Tag
8
- Das StVG - Struktur und ausgewählte Bestimmungen
- Übung Rechtschreibung
- Einführung in IT-Anwendungen
5. Tag
8
- Ausgewählte Bereiche der VZO
- Einführung in IT-Anwendungen
Ausbildungswoche 3
1. Tag
8
- Strafvollzug als Teil der hoheitlichen Aufgaben des Staates
- Gesetzgebung des Bundes - Überblick
- Einführung in IT-Anwendungen
2. Tag
8
- Schwerpunkte der Praxisausbildung
- Lernfelder und Beobachtungsschwerpunkte
- Personalvertretung - Rolle und Aufgaben
3. Tag
8
- Überblick über die praxisrelevanten gesetzlichen Grundlagen für die Arbeit im Strafvollzug
- Schriftliche Arbeit - Meine Erwartungen an mein zukünftiges Berufsfeld
4. Tag
8
- Administration
- Instruktionen für den Umgang mit Pfefferspray und Gummiknüppel
- Schwierige Situationen und deren Bewältigung - CISM - Betreuer
- Gesundheit am Arbeitsplatz
5. Tag
8
- Administration; Reflexion der Einführung
- Vorbereitung auf den Wechsel in den Praxisblock I
- Abschluss

Anlage 2.2


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Phase 2 (Praxisblock I) - Ausbildungsinhalte
Landesgerichtliches Gefangenenhaus (Ausbildungswochen 1 bis 4)
Strafvollzugsanstalt (Ausbildungswochen 5 bis 8)
Ausbildungswochen 1 bzw. 5 (die Inhalte sind für die Ausbildung in einem lg. Gefangenenhaus und einer StVA gleich)
- Allgemeine Einführung in den Justizwachdienst
- Kennenlernen der Organisationseinheiten einer Justizanstalt
- Grußpflicht und Meldungserstattung
- Verhalten als Uniformträger
- Meldepflichten nach dem BDG 1979
- Umgang mit Dritten (Lieferanten, Besucher, Fremdpersonen)
- Geschenkannahme
- Sicherheitsvorkehrungen
- Amtsverschwiegenheit
- Vertraut machen mit der Hausordnung
- Umgang mit Insassen
- Grundlagen des Alarmplans
Ausbildungswochen 2 bis 4 bzw. 6 bis 8 (die Inhalte werden jeweils aus Sicht des unterschiedlichen Aufgabenbereichs der Justizanstalten vermittelt)
- Tagesablauf (begleitende Teilnahme unter ständiger Beaufsichtigung durch Ausbildungsbeauftragten bzw. Trainer; abschließend Reflexion des Erlernten)
- Kontakte nach außen (Besuch, Telefonate, Briefverkehr)
- Sicherheitsmaßnahmen (z. B. Anlegen von Fesseln)
- Durchsuchung von Personen und von Räumen
- Postendienst
- Abmahnung eines Insassen
- Vor- bzw. Ausführungen
- Abteilungsdienst
- Aufnahme bzw. Entlassung eines Insassen
- Freizeitgestaltung
- Kennenlernen der Werkstätten
Ausbildungswoche 4 bzw. 8
Ausbildungsübergreifende Module:
- Bewährungshilfe; klientenorientierte Betreuung; teamorientierte Aufarbeitung von Problemfällen
- Gerichtsverhandlung und Nachbesprechung
- Drogen- und Alkoholberatungsstelle (alternativ: Heilpädagogische Station des Landes); Erziehungsmängel; Fallbesprechung
Nach der vierten Ausbildungswoche wechseln die Auszubildenden die Ausbildungsanstalt und durchlaufen die nunmehr in der neuen Ausbildungsanstalt vorgesehenen Ausbildungsblöcke.
Phase 2 (Praxisblock I) - Lernziele
- Entgegennahme und Weiterleitung einer Meldung der Insassen (§ 36 StVG)
- Durchführung der Essensausgabe an die Insassen (§ 38 StVG)
- Schriftverkehr mit öffentlichen Stellen, Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen (§ 90b StVG)
- Abwicklung von Besuchen (§§ 93 bis 95 StVG)
- Überwachung von Telefongesprächen (§ 96a StVG)
- Durchführung einer Personendurchsuchung (Insassen)
- Durchführung einer Personendurchsuchung sowie die stichprobenweise Kontrolle der Taschen und Fahrzeuge (§ 101 Abs. 4 StVG)
- Durchführung von Haftraum- und Personendurchsuchungen (§ 102 Abs. 2 StVG)
- Handhabung von Schlüsseln, Waffen, Munition usw. sowie Verhalten bei Verlust (§ 102 Abs. 3, 4 und 5 StVG)
- Besondere Sicherheitsmaßnahmen (§ 103 StVG)
- Gebrauch von Schusswaffen (§ 105 Abs. 6 StVG)
- Waffengebrauch bei Gefährdung Unbeteiligter (§ 105 Abs. 7 StVG)
- Kenntnis und Unterscheidung der Ordnungswidrigkeiten (§ 107 StVG)
- Abmahnung eines Insassen (§ 108 Abs. 1 StVG), Meldung an den Anstaltsleiter (§ 108 Abs. 3 StVG)
- Aufnahme (§ 131 StVG)
- Information eines Insassen über seine Rechte und Pflichten entsprechend dem Strafvollzugsgesetz und der Hausordnung (§§ 11, 26, 44, 112, 116 und 120 StVG)
- Behandlung von Insassen (§ 22 StVG)
- Überwachung der Insassen bei der Bewegung im Freien, Sicherheitsdienst etc.
- Entgegennahme und Weiterleitung der Post, Beschwerden und Ansuchen der Insassen
- Mitwirkung im Werkstättendienst einschließlich Sicherheitseinrichtungen und Kontrolle
- Korrektes Verhalten als Justizwache beamter/-beamtin (persönliche Einsatzfähigkeit), Verbot der Geschenkannahme (§ 59 BDG 1979)
- Vorschriftsmäßige Uniformierung (§ 60 BDG 1979)
- Handhabung, Behandlung, Führen und Verwahrung der Dienstwaffen und Munition
- Grußpflicht
- Meldepflicht, Meldungserstattung an Vorgesetzte
- Überwachung von Besuchen
- Durchführung von Vorführdiensten
- Durchführung von Ausführungen bzw. Überstellungen
- Erfüllung der Aufgaben von Postendiensten
- Durchführung von Abteilungsdienst

Anlage 2.3


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Phase 3 (Berufsspezifische Grundlagen) - Stundentafel
Stunden
Anmerkung
Bildungsbereich Grundzüge der Rechtswissenschaften und für den Dienst in Justizanstalten notwendige Vorschriftenkenntnisse sowie Aufbau und Organisation der Justizanstalten
292
1.
Strafvollzugsrecht
prüfungsrelevant
1.1.
Jugendvollzug, Frauenvollzug, Maßnahmenvollzug
prüfungsrelevant
1.2.
Group Counselling
2.
Berufskunde
prüfungsrelevant
3.
Exekutivbefugnisse und Sicherheit
prüfungsrelevant
4.
Straf- und Strafverfahrensrecht
prüfungsrelevant
5.
Grundzüge der Pönologie und Kriminologie
prüfungsrelevant
6.
Dienstrecht
prüfungsrelevant
6.1.
Reisegebührenvorschrift
prüfungsrelevant
7.
Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht und politische Bildung
prüfungsrelevant
7.1.
Menschenrechtstraining
prüfungsrelevant
8.
Berufsethik
prüfungsrelevant
9.
Wirtschaftliches Handeln in Justizanstalten
prüfungsrelevant
10.
Brandschutz
prüfungsrelevant
Bildungsbereich Grundzüge der Humanwissenschaften
136
11.
Psychologie
prüfungsrelevant
12.
Psychiatrie
prüfungsrelevant
13.
Erste Hilfe
prüfungsrelevant
14.
Sozialarbeit
prüfungsrelevant
15.
Interkulturelle Kompetenz
prüfungsrelevant
16.
Drogen
prüfungsrelevant
17.
Umgang mit radikalisierten und extremistischen Inhaftierten
prüfungsrelevant
18.
Grundzüge der Pädagogik, Sozialpädagogik und Freizeitgestaltung
prüfungsrelevant
19.
Diversität und Gender Mainstream
prüfungsrelevant
20.
Seelsorge
prüfungsrelevant
Bildungsbereich Persönlichkeitsentwicklung
124
21.
European Communication Certificate (Eco-C)
prüfungsrelevant
21.1.
Social Media Führerschein
prüfungsrelevant
22.
Mentale und körperliche Fitness
AB
23.
Außergewöhnliche Belastungssituationen
AB
24.
Affektkontrolltraining Impulstag
Bildungsbereich exekutivdienstliche Besonderheiten des Justizwachdienstes bzw. des Dienstes in Justizanstalten
200
25.
AEK-Ausbildung (Anwendung einsatzbezogener Köpergewalt) unter Berücksichtigung der Bedeutung der Menschenrechte im Strafvollzug
prüfungsrelevant
26.
Vollzugliches Handlungstraining
27.
Dokumentensicherheit und Personenverifizierung
28.
Meldungs- und Berichtswesen
prüfungsrelevant
29.
Ausbildung an allen Dienstwaffen
prüfungsrelevant
Bildungsbereich Sprachen und Kommunikation mittels moderner Technologien
96
30.
Fachenglisch
31.
Umgang mit moderner Informationstechnologie
prüfungsrelevant
Administration, Lerneinheiten, Dispositionsstunden
120
32.
Administration bei Dienstantritt
33.
"Lernen lernen"
AB
34.
Lerneinheiten/Dispositionsstunden
35.
Evaluation
Gesamtstundenzahl Phase 3
968

Anlage 2.4


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Phase 4 (Praxisblock II)
Ausbildungscurriculum
Ausbildungswoche 1 und 2
- Persönliche Vorstellung und vertrauensschaffende Maßnahmen
- Heranführen an die verschiedenen Tätigkeitsbereiche der Stammanstalt
- Vertrautmachen mit dem Einsatzfahrzeug und gleichzeitiges Kennenlernen der relevanten Umwelten (wie z. B. Gerichte, Kliniken, andere Dienststellen)
- Schlüsselgebarung und deren Übernahme
Ausbildungswochen 3 bis 10
- Kennenlernen der Besonderheiten der Stammanstalt unter Anleitung der für diese Bereiche verantwortlichen Trainer einschließlich Durchlauf eines allenfalls erforderlichen Förderassessments
Ausbildungswochen 11 bis 13
- Entlassung in die selbstständige Aufgabenwahrnehmung in den verschiedenen Organisationseinheiten mit Praxisberatung
Allgemeines
- Lenken des Bewusstseins des Auszubildenden auch auf den Bereich Gesundheit und Fitness
- Führen des Ausbildungstagebuchs
Lernziele
In den Ausbildungswochen 3 bis 10 werden die Lernziele des Praxisblocks I entsprechend den Aufgabenfeldern der Stammanstalt wiederholt und um nachfolgende Zielsetzungen ergänzt:
- Abwicklung von Besuchen (§§ 93 bis 95 StVG), Verständigung der Sicherheitsbehörden bei Anhaltung eines Besuchers
- Durchführung einer Ausführung und Überstellung (§ 98 StVG)
- Ausübung unmittelbaren Zwanges (§ 104 StVG) bei Wiederergreifung eines Insassen, auch gegenüber Dritten
- Anordnung besonderer Sicherheitsmaßnahmen (§ 103 Abs. 6 StVG)
- Anwendung des Wegweiserechtes (§ 105a StVG)
- Waffengebrauch bei Gefährdung Unbeteiligter (§ 105 Abs. 7 StVG), Verfolgung eines flüchtigen Insassen (§ 106 Abs. 1 StVG) und Erstattung einer Meldung an den Anstaltsleiter (§ 106 Abs. 3 StVG, § 53 BDG 1979), Maßnahmen bei Flucht und Nacheile, Festnahme und Anhaltung
- Unerlaubter Verkehr mit Gefangenen (§ 180a StVG), Anhaltung der Besucher (§ 86 Abs. 2 StPO)
- Aufnahme (§§ 131, 132 StVG), notwendige Unterschriftsleistungen der Insassen
- Aufgaben des Arbeitsplatzes im Falle eines Alarm- Krisen- oder Katastrophenfalles entsprechend dem Notfallsplan
- Durchführung einer Ausführung laut Eskortevorschrift
- Durchführung von Abteilungsdienst
- Durchführung einer Bewachung von Insassen in der geschlossenen Abteilung

Anlage 2.5


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Phase 5 (Vertiefung und Abschluss) - Ausbildungsschwerpunkte
Ausbildungswoche 1 - Wiederholung
- gezielte Prüfungsvorbereitung durch Überprüfung des Wissensstands, Wiederholung der Lerninhalte, Aufarbeitung von Defiziten
- Aufarbeitung von Differenzen zwischen theoretischen Inhalten und Arbeitswirklichkeit
Ausbildungswoche 2 - Vernetzung
- Vernetzung der einzelnen Bildungsbereiche in seminaristischer Form (Teamteaching)
- Bearbeitung praxisbezogener Problemstellungen in Kleingruppen mit anschließender Reflexion im Plenum
Ausbildungswoche 3 - Prüfungsvorbereitung
- Simulation der Prüfungssituation mit Hilfe prüfungsnaher Szenarien
- Bearbeitung von Themen für die schriftliche Prüfung in Kleingruppen
- Einbau geeigneter körperlicher Aktivitäten und Entspannungsübungen zur besseren Bewältigung von Prüfungsstress
Ausbildungswoche 4 - Prüfungsphase
- Sonderurlaub bis zu drei Tagen für die Prüfungsvorbereitung vor der Abschlussprüfung
- allenfalls Informationen und Rückfragemöglichkeiten im angemessenen Umfang mit erfahrenen Lehrbeauftragten oder Prüfern

Die Bf. hat zumindest im Rückforderungszeitraum 8-11/2021 ihr Praktikum und die Vertiefungsphase absolviert.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage, dem elektronischen Abgabeninformationssystem und dem Ausbildungsplan der BMJ, Verordnung BGBl. II Nr. 124/2006 idF BGBl. II Nr. 137/2016 über die Grundausbildung für die Verwendungsgruppe E2b im Bereich der Justizanstalten.
In der Beschwerde gibt die Bf. an, dass ihre Praxisphase von Juli bis Oktober 2021 erfolgte.
Aus dem Akt ist aufgrund einer Antwort der Strafvollzugsakademie zu entnehmen, dass die Dauer der Phasen der verschiedenen Ausbildungsteile seit Erstellung der Ausbildungsverordnung geringfügig abgeändert und vom Bundesministerium für Justiz genehmigt wurden.
Auf der Homepage des BMJ ist ersichtlich, dass sich offensichtlich aktuell bei der Ausbildung zur/zum Justizwachebeamt/in/en eine (längere, 21 Wochen umfassende) Praktikumsphase an den theoretischen Ausbildungsteil (Grundlagenphase, 27 Wochen) anschließt, was aber für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht von Bedeutung ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist, ob die Ausbildung der Bf. zur Justizwachebeamtin insgesamt als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 zu werten ist oder nur der ca. 8 Monate umfassende theoretische Teil davon.
Weiters wäre zu prüfen, ob das Einkommen der Bf. familienbeihilfenschädlich ist.

Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

§ 6 FLAG 1967:
(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist .
(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie
a) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder
b) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, oder das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd für längstens drei Monate, oder
c) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit.
k sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird, oder …. …. ….

(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19.Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:
a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

(Nach BGBl. I Nr. 109/2020 werden die in §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 3 FLAG enthaltenen Beträge" 10.000 €" durch die Beträge "15.000 €" ersetzt.
§§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 3 idF des BGBl. I Nr. 109/2020 treten mit in Kraft und sind erstmals in Bezug auf das Kalenderjahr
2020 anzuwenden.)

(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.
(5)
Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). ... ... ...

Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat primären Anspruch auf Familienbeihilfe die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Das liegt vor, wenn bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person geteilt wird (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967).

Führt das Kind einen eigenen Haushalt, ist die Person anspruchsberechtigt, welche die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt.

Wenn das Kind einen eigenen Haushalt führt und auch niemand überwiegend seine Unterhaltskosten trägt (wie offensichtlich im beschwerdegegenständlichen Fall), besteht nach § 6 Abs. 2 iVm Abs. 5 FLAG 1967 ein Eigenanspruch des Kindes.

Zur Frage einer bestehenden Berufsausbildung

Entgegen seiner im Erkenntnis, , geäußerten Erwägungen in Rz 16 ff, judiziert der VwGH gemäß den Erkenntnissen vom , Ra 2019/16/0202 und vom , Ra 2020/16/0039 (Rz 32) nunmehr, dass die am Beginn des Exekutivdienstes stehende "Basisausbildung" mit Lehrplan und Stundentafel, die - abgesehen allenfalls von einer Ausbildung im Waffengebrauch, in Selbstverteidigung oder im Sport - in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht, noch eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstellt.
Entscheidend ist der Inhalt der Tätigkeit.

Weiters hob der Verwaltungsgerichtshof in letzterer Entscheidung hervor, dass das von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums absolvierte Unterrichtspraktikum eine Einschulung am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers und keine Berufsausbildung mehr darstelle (Rz 26, 27). Dagegen stelle die Ableistung der Gerichtspraxis durch einen Rechtspraktikanten eine Berufsausbildung dar, da es sich dabei um eine Berufsvorbildung und keine Einschulung am Arbeitsplatz handle (Rz 28).

Diese oa Erkenntnisse ergingen zwar zur Polizeigrundausbildung von Polizeischülern. Ihre Aussagen haben aber auch im gegenständlichen Fall der Ausbildung zum Justizwachedienst Bedeutung für die Beantwortung der Frage, ob hier eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 oder schon Berufsausübung vorliegt.

Die Ausbildung erfolgt im Falle der Bf. von einer noch nicht im Justizwachedienst tätigen Berufsanfängerin und folgt einem durch Verordnung vorgegebenen Lehrplan mit Stundentafel und intensiver theoretischer Schulung an der Strafvollzugsakademie mit Teil- und Abschlussprüfungen.

Das zwischen den beiden Theorie-Ausbildungsblöcken zu absolvierende 8-wöchige Berufspraktikum I umfasst nach dem Ausbildungsplan als Ausbildungsziele: Kenntnis der Arbeitsabläufe in Justizanstalten, Kenntnis der Aufgaben eines gerichtlichen Gefangenenhauses und einer Strafvollzugsanstalt, Umgang mit den Dienstwaffen Pfefferspray und Gummiknüppel, Reflexion der Leistungen mit dem Ausbildungsleiter; vgl. auch die Ausbildungsinhalte laut Anlage 2.2. wie allgemeine Einführung in den Justizwachdienst, Kennenlernen der Organisationseinheiten einer Justizanstalt, Grußpflicht und Meldungserstattung, Verhalten als Uniformträger, Meldepflichten nach dem BDG 1979, Umgang mit Dritten (Lieferanten, Besucher, Fremdpersonen), Geschenkannahme, Sicherheitsvorkehrungen, Amtsverschwiegenheit, Vertraut machen mit der Hausordnung, Umgang mit Insassen, Grundlagen des Alarmplans etc.

Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Der Praxisblock I kann wie die theoretischen Ausbildungsblöcke als Berufsvorbildung gewertet werden.

Die anschließende Einweisung in den Dienstbetrieb dauert ca. 14 Wochen; dabei werden die Bediensteten kontinuierlich von erfahrenen Kollegen in den Dienstbetrieb eingeführt. In dieser Phase werden die Auszubildenden für selbstständige Dienstverrichtungen und Nachtdienste in der Justizanstalt herangezogen. Darin ist bereits eine Berufsausübung zu sehen. Diese Phase wird durch eine vierwöchige Wiederholungs- und Vertiefungsphase ergänzt, in welcher das bereits erworbene Wissen nochmals wiederholt und gefestigt wird.

Im Sinne der Rechtsprechung des VwGH handelt es sich bei dieser ca. viereinhalbmonatigen Phase um keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG, da in dieser Phase bereits eine praktische Verwendung als Justizwachebeamtin erfolgt. Die Tatsache, dass Tätigkeiten in dieser Phase noch nicht ausschließlich eigenständig, sondern teilweise unter Anleitung und ohne Entscheidungsbefugnis ausgeübt werden, schadet der Qualifizierung einer vorliegenden Berufsausübung nicht (vgl. , ).
Weiters ergibt sich aus den üblicherweise abgeschlossenen Sonderverträgen gemäß § 36 VBG für die exekutivdienstliche Ausbildung im Bereich der Justizanstalten, dass für den Zeitraum der tatsächlichen praktischen Verwendung im Praxisblock II die exekutivdienstspezifischen Zulagen wie Wachdienstzulage, Gefahrenzulage, Aufwandsentschädigung uä. zustehen, was für das Vorliegen einer Berufsausübung spricht.

In dieser Phase überwiegt das Moment der Berufsausübung mit Elementen einer verstärkten Einführung am Arbeitsplatz wie etwa im Falle einer Unterrichtspraktikantin nach Lehramtsstudium (vgl. ).

Im Ergebnis stellt daher die Grundausbildung der Bf. zum Justizwachedienst nur bis zum zweiten Praktikumsteil nach der Rechtsprechung des VwGH eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dar und Familienbeihilfe steht für diesen Zeitraum dem Grunde nach zu.
Für den zweiten Praktikumsteil ist bereits Berufsausübung gegeben und war die Familienbeihilfe nicht zu gewähren bzw. zurückzufordern.

Damit muss nicht mehr im Detail geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 FLAG 1967 in der für 2021 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 109/2020 vorliegen, wonach ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) von mehr als 15.000 € in einem Kalenderjahr zum Wegfall der Familienbeihilfe führen kann, wenn es sich nicht um eine Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis handelt.

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Ro 2022/16/0004 ausführt, erfüllt die Polizeigrundausbildung nicht die Kriterien eines anerkannten Lehrverhältnisses iSd § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967.
Diese Rechtsansicht ist auch auf vergleichbare Ausbildungsverhältnisse wie die vorliegende ca. achtmonatige Basisausbildung für die Verwendung als Justizwachebedienstete anzuwenden.

Die Grundregel des § 5 Abs. 1 FLAG sieht eine Verringerung der gebührenden Familienbeihilfe um den 15.000 Euro übersteigenden Betrag des Einkommens gemäß § 33 EStG vor. Von dieser Regelung bestehen Ausnahmen, was eine einschränkende Interpretation nahelegt.
Lehrverhältnisse unterliegen bestimmten Regelungen des Berufsausbildungsgesetzes, welches bis März 2020 auch den Begriff "Lehrlingsentschädigung" verwendete (§ 17 Berufsausbildungs-gesetz, aktuell wird der Begriff "Lehrlingseinkommen" verwendet).

Gemäß § 5 Abs. 1 Abs. Berufsausbildungsgesetz sind Lehrberufe Tätigkeiten,
"a) die alle oder einzelne Teile einer den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 unterliegenden Beschäftigung oder mehrere solcher Beschäftigungen zum Gegenstand haben,
b) die geeignet sind, im Wirtschaftsleben den Gegenstand eines Berufes zu bilden, und
c) deren sachgemäße Erlernung mindestens zwei Jahre erfordert."

Auch wenn gewisse Ähnlichkeiten der gegenständlichen Grundausbildung mit einem Lehrverhältnis vorliegen, insbesondere ein "duales" System vorliegt, reichen die Ähnlichkeiten doch nicht aus, um das Gehalt einer Bundesbediensteten in Grundausbildung mit einer Lehrlingsentschädigung gleichzusetzen.
Lehrlinge können nach Abschluss der Pflichtschule oder sogar ohne Pflichtschulabschluss aufgenommen werden. Üblicherweise erhalten sie im ersten Lehrjahr eine vergleichsweise niedrige Lehrlingsentschädigung. Der Großteil der Ausbildung findet im Betrieb statt, die ergänzende Ausbildung in der Berufsschule nimmt einen vergleichsweise geringeren Anteil der Ausbildungszeit ein, während das erste Jahr der vorliegenden Grundausbildung ganz überwiegend im Ausbildungszentrum erfolgt.

Sogar im Hinblick auf die Grundausbildung der Finanzverwaltung, welche einen Umlauf in den verschiedenen Abteilungen eines Finanzamtes mit verschränkter theoretischer Ausbildung vorgesehen hat und welche damit einer Lehre ähnlicher war als die gegenständliche Ausbildung, ist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0164 von einer Berufsausübung ausgegangen.

Gemäß § 18 Abs. 1 Berufsausbildungsgesetz ist der Lehrberechtigte verpflichtet, den Lehrling, dessen Lehrverhältnis mit ihm gemäß § 14 Abs. 1 oder § 14 Abs. 2 lit. e endet, im Betrieb drei Monate im erlernten Beruf weiter zu beschäftigen.
Bei der Ausbildung zu Justizwachebediensteten kommt es nicht zu einer Ausbildung für ein Gewerbe oder zu einem Beruf, der in der Wirtschaft nachgefragt wird. Ziel der Ausbildung ist vielmehr die Übernahme der Ausgebildeten in den Justizwachdienst, welche im Fall des Bestehens der Dienstprüfung und der erforderlichen Eignung von beiden Seiten angestrebt wird.
Eine hinreichende Ähnlichkeit zwischen der Grundausbildung von Bundesbediensteten und einer Lehre ist daher nicht gegeben (vgl. auch ).

Es kommt daher auch zur Anwendung der Grundregel des § 5 Abs. 1 FLAG 1967, welche aber für den konkreten im beschwerdegegenständlichen Fall betroffenen Zeitraum keine weiteren Auswirkungen hat, da hier ohnedies vom Nichtvorliegen einer Berufsausbildung auszugehen ist.
Der Umstand, dass es sich hier bei der Ausbildung zur Justizwachebeamtin nicht um ein Lehrverhältnis handelt, hätte allenfalls Auswirkungen, wenn man davon ausgehen könnte, dass auch der Praxisblock zur Berufsausbildung zählt. Dann müsste das erzielte Einkommen dazu führen, dass die Familienbeihilfe entsprechend dem 15.000 Euro übersteigenden Betrag bis auf Null zu kürzen wäre.

Da aber für 8-11/2021 ohnehin keine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorliegt, müssen auch keine weiteren Berechnungen dazu angestellt werde und war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenständlich war keine Rechtsfrage zu beurteilen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auf die im Erkenntnis angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100539.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at