Liebhaberei_Endgültigerklärung vorläufiger Umsatzsteuerbescheid.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Umsatzsteuer 2014 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2014 vorläufig mit € 137,26 festgesetzt. Am wurde der beschwerdegegenständliche Bescheid erlassen und die Umsatzsteuer für das Jahr 2014 endgültig mit € 40,00 festgesetzt, da nach Ergehen des BFG-Erkenntnisses () die Vermietungstätigkeit von der belangten Behörde als Liebhabereibetätigung eingestuft wurde. Dabei gelangte die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer (Schätzung aufgrund der Vermietung ab mit € 20/Monat) gemäß § 12 Abs. 15 UStG 1994 zur Vorschreibung.
Dagegen wurde am Beschwerde erhoben und gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom am ein Vorlageantrag eingebracht.
Mit Beschluss vom wurde die Revision betr. Einkommensteuer 2013 - 2018 (Ra 2022/15/0049) vom VwGH als unzulässig zurückgewiesen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Im BFG-Erkenntnis vom wurde festgestellt, dass hinsichtlich der gegenständlichen Vermietung eines Zubaus zum Wohnhaus des Bf eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 LVO vorliegt. Auf Basis dieses BFG-Erkenntnisses erfolgte die endgültige Festsetzung der Umsatzsteuer 2014, da dadurch die Ungewissheit betr. Vorliegen einer Liebhabereitätigkeit beseitigt worden sei.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde eingewendet, es sei nicht nachvollziehbar, warum die Vermietung nunmehr nicht als Einkunftsquelle anerkannt werde, obwohl die Vermietung mit Schreiben vom seitens des Finanzamtes noch als solche eingestuft wurde und es diesbezüglich einschlägige BFG-Erkenntnisse gäbe. Weiters wird vom Beschwerdeführer (kurz: Bf) bemängelt, dass von der belangten Behörde die Ermittlungspflicht verletzt sowie das Parteiengehör nicht gewährt worden wäre. Überdies sei bereits Festsetzungsverjährung eingetreten und lägen die Voraussetzungen für eine Bescheiderlassung gem. § 200 Abs. 1 BAO hier nicht vor. Die Beschwerde richtet sich auch den Umsatzsteuerbescheid vom , der mangels Zustellung gar nicht rechtswirksam geworden sei. Diesbezüglich wurde auch ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt.
Mittlerweile erfolgte die Zurückweisung der Revision betr. Einkommensteuer 2013 - 2018 (Ra 2022/15/0049) vom VwGH. Es wurde dadurch die beschwerdegegenständliche Frage, ob hier eine iSd § 1 Abs. 2 Z 3 LVO Liebhabereitätigkeit vorliegt, für den angeführten Zeitraum rechtskräftig bejaht.
2. Beweiswürdigung
Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. In Befolgung dieser Grundsätze ist der oben dargestellte Sachverhalt deshalb wie folgt zu würdigen. Der festgestellte Sachverhalt, der sich aus dem elektronisch vorgelegten Akt, dem Beschwerdevorbringen, den Vorhaltsbeantwortungen sowie den erteilten Auskünften samt den eingereichten Unterlagen ergibt, kann gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
…
(5) Nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit gilt
1. die von Funktionären im Sinne des § 29 Z 4 des Einkommensteuergesetzes 1988 in Wahrnehmung ihrer Funktionen ausgeübte Tätigkeit;
2. eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei).
(1) Die Abgabenbehörde kann die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiß, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiß ist. Die Abgabe kann auch dann vorläufig festgesetzt werden, wenn die Abgabepflicht oder der Umfang der Abgabepflicht auf Grund einer noch ausstehenden Entscheidung einer Rechtsfrage in einem bereits anhängigen Beschwerdeverfahren, welches die gleiche Partei (§ 78) betrifft, noch ungewiss ist. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid ist im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewißheit zulässig.
(2) Wenn die Ungewissheit beseitigt oder das Rechtsmittel rechtskräftig entschieden ist, ist die vorläufige durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen. Ergibt sich aus der Beseitigung der Ungewissheit oder der rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsmittels kein Grund für eine Berichtigung der vorläufigen Festsetzung, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt.
(Anm.: Abs. 3 aufgehoben durch Art. 14 Z 27, BGBl. I Nr. 108/2022)
(4) Die Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß für Bescheide, mit denen festgestellt wird, daß eine Veranlagung unterbleibt, oder die aussprechen, daß eine Abgabe nicht festgesetzt wird.
(5) Die Erlassung gemäß Abs. 2 endgültiger oder endgültig erklärender Bescheide obliegt der Abgabenbehörde, die für die Erlassung des vorläufigen Bescheides zuständig war oder vor Übergang der Zuständigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde oder einer Säumnisbeschwerde (§ 284 Abs. 3) zuständig gewesen wäre. Ist die diesbezügliche Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen, so obliegt die Erlassung des endgültigen oder endgültig erklärenden Bescheides der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde.
§ 1 Liebhabereiverordnung 1993 (LVO):
(1) Einkünfte liegen vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die - durch die Absicht veranlaßt ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, und - nicht unter Abs. 2 fällt. Voraussetzung ist, daß die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3) nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen.
(2) Liebhaberei ist bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen
1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (zB Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen oder
2. aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind oder
3. aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten. Die Annahme von Liebhaberei kann in diesen Fällen nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 ausgeschlossen sein. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen.
§ 2 Liebhabereiverordnung 1993
(1) Fallen bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs. 1 Verluste an, so ist das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, insbesondere anhand folgender Umstände zu beurteilen: 1. Ausmaß und Entwicklung der Verluste,
2. Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen,
3. Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuß erzielt wird,
4. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen,
5. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung,
6. Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (zB Rationalisierungsmaßnahmen).
(4) Bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten läßt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben).
§ 6 Liebhabereiverordnung 1993:
Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn kann nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2, nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen.
Liebhaberei kann gem. § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 nach der Judikatur (vgl. ) nur im Fall von Betätigungen nach § 1 Abs 2 LVO 1993 ("kleine Vermietungen") gegeben sein. Die verlustträchtige Vermietung von privat nutzbarem Wohnraum iSd § 1 Abs 2 LVO 1993 unterliegt nicht der Umsatzsteuer und vermittelt kein Recht auf Vorsteuerabzug (; sowie ).
Die gegenständliche Vermietung eines Zubaus zum Wohnhaus des Bf fällt demnach unter diesen Tatbestand. Nachdem der Bf bei der Vermietung von Räumlichkeiten die für diese Betätigung geltende Liebhabereivermutung des § 1 Abs. 2 Z 3 LVO nicht widerlegt hat, liegt eine steuerlich unbeachtliche Liebhabereitätigkeit vor. Durch die Zurückweisung der Revision wurde die beschwerdegegenständliche Frage, ob hier eine Liebhabereitätigkeit vorliegt, vom Verwaltungsgerichtshof rechtskräftig bejaht und ist diese Beurteilung somit auch für das Folgejahr 2019 - mangels geänderter Bewirtschaftung iSd § 2 Abs. 4 LVO - verbindlich.
Auch wenn der vorläufige Umsatzsteuerbescheid 2014 vom ohne Nachweis zugestellt wurde, ist die Behauptung des Bf, von einer vorläufigen Bescheiderlassung - mangels Zustellung - nichts gewusst zu haben, unglaubwürdig, weil auch in den Folgejahren die Einkommensteuerbescheide regelmäßig vorläufig erlassen wurden. Der Spruch des Erkenntnisses vom lautet diesbezüglich, dass die bislang gem. § 200 Abs. 1 BAO vorläufigen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2017 gem. § 200 Abs. 2 BAO endgültig ergehen. Zudem wurden auch die Umsatzsteuerbescheide für 2013 und 2015 vorläufig erlassen.
Was die behauptete Nichtzustellung des Bescheides vom betrifft, kann diese mangels Zustellnachweis nicht als erwiesen angenommen werden. Eine gegen den vorläufigen Bescheid gerichtete Beschwerde gilt gem. § 253 BAO auch als gegen die Endgültigerklärung gerichtet (), weshalb durch die gegenständliche Beschwerde gegen den endgültigen Bescheid der Rechtsschutz gewahrt wurde. Die Höhe der gem. § 12 Abs. 15 UStG 1994 festgesetzten Umsatzsteuer mit € 40 wurde dagegen nicht explizit bekämpft.
Im Hinblick auf die zahlreichen Ergänzungsvorhalte samt Anforderung von Unterlagen, die von der belangten Behörde einerseits für den Beschwerdezeitraum 2013 - 2018 sowie andererseits für einzelne Jahre (bspw. betr. Umsatzsteuer 2020) dem Bf übermittelt wurden, ist die Rüge betr. mangelhafter Ermittlungen sowie der Verletzung des Parteiengehörs für den erkennenden Richter nicht nachvollziehbar, zumal solche Einwendungen in den zahlreichen Beschwerden vom Bf regelmäßig vorgebracht werden. Sie sind demnach als bloße Schutzbehauptungen zu qualifizieren.
Zur Frage der Verjährung ist anzumerken, dass diese bei der Umsatzsteuer (§ 207 Abs. 2 iVm § 208 Abs 1 lit. a BAO) mit dem Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. In den Fällen des § 200 BAO beginnt die Verjährung gem. § 208 Abs 1 lit. d BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Ungewissheit beseitigt wurde (). Die Ungewissheit wurde im vorliegenden Fall gem. § 200 Abs.2 BAO erst mit der Erlassung des zitierten BFG-Erkenntnisses im Jänner 2022 zur Gänze beseitigt. Der Einwand des Bf, wonach bei der Bescheiderlassung am bereits die Festsetzungsverjährung eingetreten sei, geht demnach ins Leere.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.
Linz, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 200 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 208 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100739.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at