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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.09.2023, RV/4100365/2022

Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid (Feststellungsbescheid nach § 188 BAO) getroffene Feststellungen im Beschwerdeverfahren gegen den abgeleiteten Steuerbescheid (ESt)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Joachim Beyrle/Corinna Beyrle-Zirnbauer, RAe, Kontumazgarten 3, 90429 Nürnberg, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich, dieses vertreten durch Hofrat Dr. ***AV1***, vom betreffend Einkommensteuer 2015 bis 2017 (allesamt ergangen zu Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) ist als Kommanditist an der Firma ***S*** GmbH & Co KG beteiligt.

Mit den am (für 2015 und 2016) und am (für 2017) ergangenen Feststellungsbescheiden nach § 188 BAO wurde der Gewinn der KG einheitlich und gesondert festgestellt und wurde dem Bf ein entsprechend seiner Beteiligung ermittelter Gewinnanteil zugewiesen. Diese Feststellungsbescheide ergingen nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens - die darin aufgeworfenen Fragen wurden vom steuerlichen Vertreter der KG beantwortet bzw. wurden zweckentsprechende Urkunden zur Vorlage gebracht - an den ausgewiesenen Vertreter (***STB1*** WTH & StB GmbH). Die Feststellungsbescheide tragen auch den Hinweis nach § 101 Abs. 3 und 4 BAO, wonach die Zustellung des Bescheides an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person an alle Beteiligten als vollzogen gilt ("Zustellfiktion").

Mit Datum ergingen die nunmehr in Anfechtung stehenden Einkommensteuerbescheide. Diese weisen an gewerblichen Einkünften die in den Feststellungsbescheiden ausgewiesenen Beträge (2015: € 13.284,57; 2016: 12.795,09; 2017: € 10.045,64) aus.

Laut Aktenlage war der Erlassung der angefochtenen Bescheide eine Außenprüfung beim Bf vorangegangen, im Zuge derer die Prüferin (siehe Bericht vom ) an Einkünften ausschließlich die im Feststellungsverfahren ermittelten, bislang vom Bf in seiner Steuererklärung nicht erklärten Gewinntangenten in Ansatz brachte. Weitere Feststellungen wurden von Seiten der Prüferin nicht getroffen.

Mit Eingabe vom legte der Bf durch seinen Rechtsvertreter das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gegen die angeführten Einkommensteuerbescheide und Anspruchszinsenbescheide der Jahre 2015 und 2016 ein.

Mit den jeweils am ergangenen Beschwerdevorentscheidungen wurde die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide gemäß § 260 BAO zurückgewiesen. Dies mit der Begründung, dass diese eine "leere Beschwerde" sei, zumal die Erklärung fehle, in welchen Punkten die Bescheide angefochten seien und welche Änderungen beantragt würden. Auch weise das Rechtsmittel keine Begründung auf.

Eine Beschwerdevorentscheidung über die Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide wurde bislang nicht erlassen.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf die Vorlage seines Rechtmittels an das Verwaltungsgericht und führte aus:

"Die Einkommensteuerbescheide wurden aufgrund einer Betriebsprüfung geändert, an der der Abgabepflichtige nicht mitwirken, sich also nicht einbringen konnte. Die Folge war eine Schätzung, im Übrigen ohne weitere Anhörung in der die Einkünfte der alleinigen Beteiligung und Einkunftserzielung des Abgabepflichtigen in Österreich, hier an der ***S*** GmbH & Co KG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erhöht wurden.

Dem Abgabepflichtigen ging ein Schreiben der Außenprüfung nie zu. Im Übrigen fragt sich, bei einem typischen Ablauf, wie ein Schreiben vom , das tatsächlich sehr viel später in den Postlauf gelangt bei einer Auslandszustellung einen Abgabepflichtigen so rechtzeitig erreichen kann, dass er am vor Ort auch erscheinen kann. Mithin war ihm gleichzeitig verwehrt, an einer SchIussbesprechung teiIzunehmen.

Es wurde in mehrfacher Hinsicht die Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.

Eine Zuschätzung erfolgte unzutreffend. Auch ist nicht ersichtlich, weshalb von den feststehenden Besteuerungsgrundlagen abgewichen werden sollte.

Das bedeutet, dass auf der offensichtlich fehlerhaften Betriebsprüfung und deren Ergebnisse eine Auswertung und anschließende Änderung der Steuerbescheide nicht hätte erfolgen dürfen.

Nachdem dem Betriebsprüfungsbericht die Rechtswidrigkeit förmlich auf die Stirn, u.a. wegen der Nichtbeteiligung und etwaig auch ersichtlich zu kurzer zeitlicher Vorläufe geschrieben ist hätte es mit der Beschwerdeeinlegung keine weitere Begründung bedurft, mithin kann sie in der Folge nicht rechtsmißbräuchlich eingebracht sein.

Eine Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden bedurfte es daher nicht, die Änderungsbescheide sind ersatzlos aufzuheben, da die materiell zutreffende Einkommensteuer mit den zuvor ergangenen Abgabenbescheiden festgesetzt wurden.

Die Bescheide über die Anspruchszinsen sind in der Folge ebenfalls ersatzlos aufzuheben, es wird auf vorstehende Begründung zur Einkommensteuer verwiesen.

Bezogen auf einen bei der fehlerhaften Auswertung von Betriebsprüfungsberichten, die ihrerseits rechtsfehlerhaft zustande gekommen sind kann es sich offensichtlich nie um eine leere Beschwerde handeln, so dass die Abgabenbehörde immer verpflichtet ist, einen Mängelbehebungsauftrag nach § 85 Abs. 2 BAO zu erlassen (vgl. )."

Der Bf verwies ferner auf die im VwGH Erkenntnis Ra 2020/13/0065 dargelegten Ausführungen.

Das Finanzamt beantragt in seinem Vorlagebericht die Abweisung der Beschwerde mit der Begründung, dass eine Anfechtung der abgeleiteten Einkommensteuerbescheide mit der Begründung einer mangelhaften bzw. rechtswidrigen Bescheiderstellung im Feststellungsbereich gemäß § 252 BAO nicht zulässig sei. Das Finanzamt führte klarstellend aus, dass die Feststellungsbescheide im Veranlagungsverfahren ohne vorhergehende Außenprüfung erlassen worden seien.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit den nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheiden wurden die Gewinnanteile des Bf als Gesellschafter der Firma ***S*** GmbH & Co KG Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausgewiesen. Die Höhe der Gewinntangenten wurde im vorgelagerten Feststellungsverfahren betreffend die genannten KG einheitlich und gesondert (§ 188 BAO) festgestellt. Die bezughabenden Feststellungsbescheide ergingen unter Hinweis auf die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO an den von Seiten der KG namhaft gemachten Zustellungsbevollmächtigen per Datum (für 2015 und 2016) bzw. (2017).

In der gegenständlichen Beschwerde bzw. im Vorlageantrag machte der Bf Gründe geltend, die das Feststellungsverfahrens betreffen. Der vom Finanzamt vorgenommene Ansatz der Gewinntangenten aus der Mitunternehmerschaft als gewerbliche Einkünfte habe zu einer Erhöhung seines Einkommens und damit seiner Steuerlast geführt.

2. Beweiswürdigung

Die Beweiswürdigung gründet sich auf die aktenkundigen Urkunden sowie auf das erstattete Vorbringen der Verfahrensparteien.

3. Rechtliche Beurteilung

Die Bestimmung des § 252 Abs. 1 BAO ordnet an:

"Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind."

Die genannte Bestimmung schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein. Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollten nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen und nicht als unzulässig zurückzuweisen (s. Ritz, BAO Kommentar, 6. Aufl., § 252, Tz 3 und die dort zitierte höchstgerichtliche Judikatur).

Im vorliegenden Fall wurde der Grundlagenbescheid (dieser erging an den vertretungsbefugten steuerlichen Vertreter der KG) gegenüber dem Bf aufgrund der Zustellfiktion nach § 101 Abs. 3 BAO wirksam.

Das im Vorlageantrag nachgeholte Beschwerdevorbringen betrifft in substanzieller Hinsicht Umstände des vorgelagerten Feststellungsverfahrens und wäre dieses ausschließlich in einer gegen die Feststellungsbescheide der betreffenden Jahre gerichteten Beschwerde geltend zu machen gewesen. Es ist zutreffend, dass das Finanzamt beim Bf eine Außenprüfung angesetzt bzw. abgeführt hat, deren einzige Feststellung (Tz 1) lediglich die Nichterklärung der festgestellten Gewinntangenten des Bf aus seiner Beteiligung an der ***S*** GmbH & Co KG beinhaltete. Tatsache ist, dass diese Feststellung weder eine "Schätzung nach § 184 BAO" darstellt (diesbezüglich ist die Terminologie in Tz 1 des Bp Berichtes unrichtig), noch im Prüfungsverfahren betreffend die Einkommensteuer Platz zu finden hat. Das Finanzamt war vielmehr verpflichtet, die in den angeführten Feststellungsbescheiden ausgewiesenen Gewinnergebnisse der einzelnen Beteiligten (so auch des Bf) in deren Einkommensteuerverfahren vorbehaltslos und ohne Abänderung der Beträge zu übernehmen. Eine Nachholung der Beschwerde gegen die Grundlagenbescheide im Rechtsmittelverfahren betreffend die abgeleiteten Bescheide erweist sich aufgrund der angeführten Bestimmung des § 252 Abs. 1 BAO als unzulässig.

Das im Vorlageantrag erstattete Vorbringen der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist ebenso zutreffend wie die Verpflichtung der Behörde bei fehlerhaften Eingaben zunächst einen Mängelbehebungsauftrag nach § 85 Abs. 2 BAO zu erlassen. Beide Aspekte erweisen sich allerdings nicht geeignet eine Aufhebung oder Abänderung der bekämpften Bescheide zu begründen.

Der Bf hatte im Zuge des weiteren Beschwerdeverfahrens, insbesondere im Rahmen der Einbringung des Vorlageantrages ausreichend Gelegenheit seine Beschwerde in formeller und materieller Hinsicht zu ergänzen und fehlende Teile nachzuholen. Da den Beschwerdevorentscheidungen Vorhaltecharakter zukommt, hatte der Bf auch die Möglichkeit sich rechtlich Gehör zu verschaffen. Somit wurde die anfängliche Verletzung des Parteiengehörs im Zuge des Beschwerdeverfahrens saniert.

Da die Grundlagenbescheide (F-Bescheide) nach der dem Gericht vorliegenden Aktenlage bereits in Rechtskraft erwachsen sind, stehen dem Bf - sollten die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen - ausschließlich jene Rechtsbehelfe zur Verfügung, die auf eine Durchbrechung der Rechtskraft der ergangenen Feststellungsbescheide abzielen.

Begründung gemäß § 25a Abs. 1 VwGG

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen gegenständlich allesamt nicht zu.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100365.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at