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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.10.2023, RV/7102387/2022

Antrag auf Aufteilung der Familienbeihilfe wegen Doppelresidenzmodell

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe vom für S., V.nr. Nr., ab Jänner 2022, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist von der Kindesmutter geschieden und brachte beim Finanzamt am einen Antrag auf Teilung der Familienbeihilfe für Sohn S., geb. 2011, ab Jänner 2022, ein.

Der Bf. legte folgenden Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ. Zahl, vor:

I. Obsorge

1. Die Obsorge über beide Minderjährigen wird von beiden Eltern ausgeübt.

1a. Abweichend von Punkt 1. kommt der Mutter bei der Entscheidung über medizinische Heilbehandlungen die alleinige Obsorge zu. Die Einholung von Informationen über den medizinischen Zustand der Kinder ist durch beide Eltern möglich.

3. Für S. wird die hauptsächliche Betreuung pro forma im Haushalt der Mutter festgelegt, wobei mit dieser Festlegung keine weitergehenden Rechte einhergehen, insbesondere nicht das Aufenthaltsbestimmungsrecht.

II. Kontaktrecht

1. Regelkontaktrecht S.

a. Der Vater ist berechtigt und verpflichtet, den minderjährigen S. in den ungeraden Kalenderwochen montags von der Schule abzuholen und ihn am darauffolgenden Montag dorthin zurückzubringen.

b. Sollte an einem Abholtag schulfrei sein oder Fernunterricht stattfinden, holt der Vater S. um 16:00 bei der Wohnung der Mutter ab. Sollte dieser Fall an einem Rückgabetag eintreten, bringt er ihn um 9:00 zur Wohnung der Mutter.

2. …

3. Ferienkontaktrecht

a. Der Vater ist in den Sommerferien berechtigt, S. in der zweiten, dritten, siebten und achten Ferienwoche zu betreuen. In den restlichen Wochen der Sommerferien entfällt sein Regelkontaktrecht zu S.. Der Vater ist berechtigt, Adrian gemeinsam mit S. in der zweiten Woche von Fabios Sommerferien durchgehend zu betreuen. …

b. Die Eltern betreuen S. abwechselnd in den Osterferien, in den ungeraden Jahren ist er beim Vater, in den geraden Jahren entfällt ein allenfalls in diese Woche fallendes Regelkontaktrecht. … Während Fabios Osterferien entfällt im Übrigen das Regelkontaktrecht zu beiden Kindern.

c. Die Kinder verbringen den 24.12. in den ungeraden Jahren bei der Mutter, in den geraden Jahren beim Vater. In den Jahren, in denen die Kinder den 24.12 bei der Mutter verbringen, werden beide vom 24.12. bis zum 25.12., und vom 1.1. bis zum 6.1. (des Folgejahres) bei der Mutter betreut, in der Zeit vom 26.12 bis zum 31.12 beim Vater. In den geraden Jahren werden sie vom 24.12. bis zum 25.12. und vom 1.1. bis zum 6.1. beim Vater betreut. Das Regelkontaktrecht entfällt während Fabios Weihnachtsferien für beide Kinder.

d. …

Eine Aufteilung der Betreuungszeiten der Kinder mit (annähernd) der Hälfte erfordert aber nicht zwingend die Obsorge beider. Es sind auch Modelle möglich, bei denen zwar die Zeit annähernd zur Hälfte aufgeteilt wird, Erziehungsentscheidungen aber einem Elternteil alleine übertragen werden (Fischer-Czermak, Doppelresidenz aus obsorge- und kontaktrechtlicher Sicht, EF-Z 2019/138). Dies wird hier für den besonders strittigen Bereich der medizinischen Angelegenheiten angenommen, da nicht absehbar ist, dass die Eltern in diesen Fragen zu einer ausreichenden Synchronizität finden. Es handelt sich um einen Kompromiss zwischen gemeinsamer Verantwortungsübernahme und im Interesse der Beruhigung zweckmäßiger Trennung der Sphären der Eltern im für sie herausforderndsten Bereich. Da die Mutter sich bisher überwiegend um diese Frage gekümmert hat, wird ihr in diesem Teilbereich die alleinige Obsorge übertragen. In der gesamten Pflege und Erziehung wäre vor allem zu S. ein solches Modell nicht umsetzbar - der Vater kann das Kind nicht 50 % der Zeit betreuen, ohne Entscheidungen für das Kind im Rahmen der Pflege und Erziehung treffen zu müssen…

Bei gemeinsamer Obsorge und Betreuung des Kindes zu gleichen Teilen soll die Festsetzung eines Hauptaufenthalts (lediglich) als nomineller Anknüpfungspunkt für andere Rechtsfolgen dienen, deren Grundlage ein bestimmter Aufenthaltsort ist, wie eben für die Bestimmung des Hauptwohnsitzes des Kindes im Sinn des Melderechts oder die Geltendmachung von Familien- (vgl § 2 Abs 2 FamLAG) und Wohnbeihilfe. Beim Doppelresidenzmodell ist bei erstmaliger Bestimmung des (nominellen) Hauptaufenthalts des Kindes darauf abzustellen, von welchem Elternteil die mit der dargestellten nominellen Anknüpfung verbundenen Aufgaben bisher ausgeübt wurden und ob dieser Elternteil dazu geeignet ist (RS0130981 [T4a]).

Da S. bisher bei der Mutter gelebt hat und sie sich für einfache Verwaltungsverfahren (da voll erziehungsfähig) nicht als untauglich erwies, war dieser Ausspruch bei ihr zu belassen.

Sollte es sich - wie in der letzten Tagsatzung erörtert - heraussteilen, dass ein anderer Ausspruch Vorteile für das Kind hätte (Schulanmeldung), kann dies im Einvernehmen der Eltern abgeändert werden…"

Der Antrag wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom mit der Begründung abgewiesen, dass laut BKA jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe hat, bei welcher das Kind Iaut Obsorgebeschluss seinen hauptsächlichen Aufenthalt hat.

Der Bf. brachte gegen den Abweisungsbescheid am Beschwerde ein und brachte vor, dass jeder in Österreich nur einen Hauptwohnsitz haben muss und dürfe, so wie auch er und sein Sohn S.. Wenn das Finanzamt den Obsorgebeschluss lese, sei die hauptsächliche Betreuung pro forma im Haushalt der Mutter festgelegt, wobei mit dieser Festlegung keine weitergehenden Rechte einhergehen würden, insbesondere nicht das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Er und seine Ex Frau hätten eine Doppelresidenz für S., was bedeute, dass dieser von Montag bis Montag durchgehend bei ihm und seiner Ex-Frau sei. Das bedeute Gleichberechtigung beim Aufenthalt - es gäbe aber nicht zwei Hauptwohnsitze - darum Doppelresidenz. Da das Finanzamt telefonisch gemeint habe, dass er den ihm zustehenden Teil der Familienbeihilfe von seiner Ex Frau zurückverlangen solle, müsse er sagen, dass das leider nicht funktioniere, da sie sich dem verweigere. Anbei lege er einige Urteile bei, damit das Finanzamt sehe, wie seine Situation sei.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) eine Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind habe, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trage, habe dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt sei.

Gemäß dem Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom sei für die Betreuung von S. das Modell der Doppelresidenz gewählt worden. Bei dieser Art der Betreuung werde das Kind 50 % der Zeit im Haushalt der Kindesmutter und 50 % der Zeit im Haushalt des Kindesvaters betreut.

Da die Familienbeihilfe pro Monat nur einer Person gewährt werden könne, sei in dieser Konstellation der hauptsächliche Aufenthalt des Kindes ausschlaggebend. Dieser sei gemäß dem Beschluss des BG Innere Stadt Wien vom bei der Kindesmutter festgelegt worden.

Der Bf. stellte einen mit datierten Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht und bringt im Wesentlichen vor wie in der Beschwerde. Das Finanzamt habe Recht, sein Sohn S. habe seinen Hauptwohnsitz bei seiner Mutter. Jeder in Österreich müsse einen Hauptwohnsitz haben, so wie auch er und sein Sohn. Sein Sohn habe bei ihm einen Nebenwohnsitz und verbringe 50% bei ihm (Montag bis Montag). Daher bitte er das Finanzamt, dass es ihm ein Schreiben übermittle, dass die Kindesmutter verpflichtet sei, ihm die Hälfte der Familienbeihilfe zu überweisen. Seit Februar 2022 habe er Anspruch auf Familienbeihilfe mit erhöhtem Betrag zu erhalten. Er verlange daher die Aufstellung wie viel sie seit Februar 2022 erhalten hat, damit er das gerichtlich einfordern könne.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte den Bf. mit Vorhalt vom , die überwiegende Zugehörigkeit von S. zu seinem Haushalt binnen einem Monat ab Zustellung des Schreibens durch geeignete Beweismittel nachzuweisen.

Dieser Vorhalt blieb bis dato unbeantwortet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Ehe des Bf. wurde mit Beschluss des BG Josefstadt vom geschieden.

Laut dem Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom wird die Obsorge von beiden Eltern ausgeübt.

Für die Betreuung von S. wurde das Modell der Doppelresidenz gewählt. Der Hauptwohnsitz von S. wurde bei der Kindesmutter festgelegt.

Der Hauptaufenthalt von S. wurde laut Beschluss (S. 18) bei der Kindesmutter belassen.

In medizinischen Angelegenheiten wurde die alleinige Obsorge betreffend S. der Kindesmutter übertragen (S. 16 des Beschlusses)

S. ist beim Bf. seit mit einem Nebenwohnsitz gemeldet.

Beweiswürdigung:

Der Bf. beantragte die Teilung der Familienbeihilfe mit der Begründung, dass er und seine Ex-Gattin sich die Betreuung von S. zu je 50% teilen.

Aus dem vom Bf. vorgelegten Gerichtsbeschluss ergibt sich Folgendes:

Unter I "Obsorge" Pkt. 1 wurde festgelegt, dass abweichend von Punkt 1. der Mutter bei der Entscheidung über medizinische Heilbehandlungen die alleinige Obsorge zukommt.

Unter Pkt. 2. wurde beschlossen, dass S. hauptsächlich im Haushalt der Mutter betreut wird.

Die Festlegung des Hauptaufenthaltes von S. bei der Kindesmutter wurde im Beschluss damit begründet, dass bei gemeinsamer Obsorge und Betreuung des Kindes zu gleichen Teilen die Festsetzung eines Hauptaufenthalts (lediglich) als nomineller Anknüpfungspunkt für andere Rechtsfolgen diene, deren Grundlage ein bestimmter Aufenthaltsort sei, wie eben für die Bestimmung des Hauptwohnsitzes des Kindes im Sinn des Melderechts oder die Geltendmachung von Familien- (vgl § 2 Abs 2 FamLAG) und Wohnbeihilfe. Beim Doppelresidenzmodell sei bei erstmaliger Bestimmung des (nominellen) Hauptaufenthalts des Kindes darauf abzustellen, von welchem Elternteil die mit der dargestellten nominellen Anknüpfung verbundenen Aufgaben bisher ausgeübt worden seien und ob dieser Elternteil dazu geeignet sei. Da S. bisher bei der Mutter gelebt habe und sie sich für einfache Verwaltungsverfahren (da voll erziehungsfähig) nicht als untauglich erwiesen habe, sei dieser Ausspruch bei ihr zu belassen.

Unter Pkt. 3. wurde festgelegt, dass für S. die hauptsächliche Betreuung pro forma im Haushalt der Mutter stattfindet, wobei mit dieser Festlegung keine weitergehenden Rechte einhergehen, insbesondere nicht das Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Unter II. "Kontaktrecht" ist unter Pkt. 1 (Regelkontakt S.), b) festgelegt, dass, falls an einem Abholtag schulfrei ist oder Fernunterricht stattfindet, der Bf. S. um 16:00 Uhr bei der Wohnung der Mutter abholt. Sollte dieser Fall an einem Rückgabetag eintreten, habe er S. um 9:00 Uhr zur Wohnung der Mutter zu bringen.

Unter "3. Ferienkontaktrecht" a. wurde festgelegt, dass der Bf. in den Sommerferien berechtigt ist, S. in der zweiten, dritten, siebten und achten Ferienwoche zu betreuen. In den restlichen Wochen der Sommerferien entfalle sein Regelkontaktrecht zu S..

Unter "III. Begleitende Maßnahmen" wurde der Kindesmutter die Weisung erteilt, hinsichtlich S. für medizinische Behandlungen planbare Termine etwa 50 - 50 zwischen den Betreuungszeiten der Eltern aufzuteilen.

Gesetzliche Grundlagen:

Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe - bei Vorliegen weiterer, im gegenständlichen Fall unstrittig erfüllter Voraussetzungen, die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 2 Abs. 5 FLAG 1967 lautet:

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

Nach § 7 FLAG 1967 wird für ein Kind die Familienbeihilfe nur einer Person gewährt.

§ 10 FLAG 1967:

(1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; …

(2)Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) …

(4)Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

Rechtliche Würdigung:

Das FLAG 1967 geht davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann (vgl. ). Die gleichzeitige Zugehörigkeit zu zwei Haushalten in einem Monat hat der Gesetzgeber im FLAG 1967 nicht vorgesehen.

Unter dem Gesichtspunkt "Haushaltszugehörigkeit" gibt es keine Regelungen über eine Reihung von potenziell anspruchsberechtigten Personen, etwa nach der Dauer oder dem Grad der Intensität einer solchen Zugehörigkeit (vgl. ; ).

Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches kann je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ; ).

Ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten ().

"Doppelresidenz"

§ 180 Abs. 2 letzter Satz ABGB bestimmt, dass falls das Gericht beide Eltern mit der Obsorge betraut, es auch festzulegen hat, in wessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird.

Der Verfassungsgerichtshof hat § 180 Abs. 2 letzter Satz ABGB im Einklang mit Art. 8 EMRK so ausgelegt, dass eine elterliche Vereinbarung einer zeitlich gleichteiligen Betreuung oder einer entsprechenden gerichtlichen Festlegung in jenen Fällen, in denen dies aus der Sicht des Gerichts dem Kindeswohl am besten entspricht, zulässig ist ().

§ 180 Abs 2 letzter Satz ABGB lasse die Auslegung zu, "dass sie der elterlichen Vereinbarung einer zeitlich gleichteiligen Betreuung oder einer entsprechenden gerichtlichen Festlegung in jenen Fällen, in denen dies aus der Sicht des Gerichtes dem Kindeswohl am besten entspricht, nicht entgegenstehen. Die Bestimmung, die ihrem Wortlaut nach eine Festlegung einer "hauptsächlichen Betreuung" anordnet, lässt eine Auslegung zu, der zufolge die Festlegung für diese Fälle insbesondere als Anknüpfungspunkt für andere Rechtsfolgen dient, wie etwa für die Bestimmung eines Hauptwohnsitzes iSv Art. 6 Abs. 3 B-VG.

Eine sogen. "Doppelresidenz" (das Kind oder die Kinder wohnen abwechselnd bei dem einen und dann beim anderen Elternteil, vgl. ) ist zivilrechtlich grundsätzlich zulässig.

Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes soll bei gemeinsamer Obsorge und Betreuung des Kindes zu gleichen Teilen die Festsetzung eines Hauptaufenthalts (lediglich) als nomineller Anknüpfungspunkt für andere Rechtsfolgen dienen, deren Grundlage ein bestimmter Aufenthaltsort ist, "wie für die Bestimmung des Hauptwohnsitzes des Kindes im Sinn des Melderechts oder die Geltendmachung von Familien- (vgl § 2 Abs 2 FLAG 1967) und Wohnbeihilfe". Dies sei spruchmäßig zum Ausdruck zu bringen (vgl. ; ; ; ; ).

Haushaltszugehörigkeit

Gemäß § 2 FLAG hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört.

§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt.

Auf die Unterhaltspflicht der diese Unterhaltskosten überwiegend tragenden Person kommt es nicht an (vgl. ).

Einem Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 steht der ausschließliche Anspruch einer Person, bei der das Kind im strittigen Zeitraum haushaltszugehörig war, zwingend entgegen ().

Bei Zugehörigkeit des Kindes zum gemeinsamen Haushalt eines Familienangehörigen gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 iVm § 2 Abs. 3 FLAG 1967 geht gemäß § 2a Abs. 1 Satz 1 FLAG 1967 der Anspruch des überwiegend haushaltsführenden Elternteils dem Anspruch des anderen Elternteils vor.

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben. So kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ).

Eine einheitliche Wirtschaftsführung setzt in Bezug auf die vorübergehend außerhalb der Wohngemeinschaft lebenden Kinder voraus, dass diese Kinder im Rahmen der dem Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend bedacht und damit noch der elterlichen Obsorge teilhaftig werden ().

Eine derartige einheitliche Wirtschaftsführung im Rahmen einer Wohngemeinschaft bestand im Beschwerdezeitraum sowohl beim Vater (Bf.) als auch bei der Mutter von S..

Betreuung in mehreren Haushalten

Das FLAG 1967 geht davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann (vgl. ). Die gleichzeitige Zugehörigkeit zu zwei Haushalten in einem Monat hat der Gesetzgeber im FLAG 1967 nicht vorgesehen.

So wird gemäß § 7 FLAG 1967 für ein Kind Familienbeihilfe nur einer Person gewährt, auch gibt es unter dem Gesichtspunkt "Haushaltszugehörigkeit" keine Regelungen über eine Reihung von potenziell anspruchsberechtigten Personen, etwa nach der Dauer oder dem Grad der Intensität einer solchen Zugehörigkeit (vgl. ; ).

Wie sich aus § 2 Abs. 2 FLAG ergibt, knüpft der Anspruch auf Familienbeihilfe primär an die Haushaltszugehörigkeit des Kindes an. Dabei geht das Gesetz erkennbar davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann. Einerseits wird gemäß § 7 FLAG für ein Kind Familienbeihilfe nur einer Person gewährt, andererseits gibt es unter dem Gesichtspunkt "Haushaltszugehörigkeit" keine Regelungen über eine Reihung von potenziell anspruchsberechtigten Personen, etwa nach der Dauer oder dem Grad der Intensität einer solchen Zugehörigkeit. Lediglich dann, wenn ein Kind dem gemeinsamen Haushalt beider Elternteile angehört, kennt das FLAG einen "Konkurrenzfall", der in § 2a geregelt ist ().

Konkurrenzfall

Ein "Konkurrenzfall" liegt vor, wenn das Kind dem gemeinsamen Haushalt beider Elternteile angehört, und stellt dabei auf die überwiegende Haushaltsführung ab. Auf die im Beschwerdefall anstehende Rechtsfrage, welcher Beihilfenanspruch vorgeht, wenn das Kind innerhalb eines Monates zeitlich hintereinander unterschiedlichen Haushalten angehört, kann diese Wertungsentscheidung des Gesetzgebers per Analogie zur Anwendung gebracht werden. Der für einen Monat nur einfach gebührende Beihilfenanspruch steht daher, wenn das Kind im Kalendermonat zeitlich hintereinander zu unterschiedlichen Haushalten gehört hat, in Anwendung des Überwiegensprinzips demjenigen zu, der für den längeren Zeitraum den Haushalt geführt hat (oder nach § 2a FLAG als Haushaltsführender vermutet wird) (vgl. , , vgl. auch ).

Indizwirkung des Hauptwohnsitzes

Im Fall der Festlegung eines nominellen Hauptaufenthalts des Kindes durch die Eltern oder durch das Zivilgericht hat dieser genauso wie eine Hauptwohnsitzmeldung für das Familienbeihilfeverfahren nur Indizwirkung, da das FLAG 1967 weder auf den Hauptwohnsitz noch auf den Hauptaufenthalt, sondern auf primär auf die Haushaltszugehörigkeit und subsidiär auf die überwiegende Kostentragung abstellt (§ 2 Abs. 2 FLAG 1967) ().

Der Anspruch auf Familienbeihilfe knüpft somit primär an die Haushaltszugehörigkeitdes Kindes an. Wie bereits ausgeführt, geht dabei das Gesetz erkennbar davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann. Die gleichzeitige Zugehörigkeit zu zwei Haushalten in einem Monat hat der Gesetzgeber im FLAG 1967 nicht vorgesehen. Einerseits wird also gemäß § 7 FLAG 1967 für ein Kind Familienbeihilfe nur einer Person gewährt, andererseits gibt es unter dem Gesichtspunkt "Haushaltszugehörigkeit" keine Regelungen über eine Reihung von potenziell anspruchsberechtigten Personen, etwa nach der Dauer oder dem Grad der Intensität einer solchen Zugehörigkeit. Lediglich dann, wenn ein Kind dem gemeinsamen Haushalt beider Elternteile angehört, kennt das FLAG einen "Konkurrenzfall", der in § 2a geregelt ist (; ; ). Ein solcher gemeinsamer Haushalt des Beschwerdeführers (Bf.) und der Kindemutter lag im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht vor, die Bestimmung des § 2a FLAG gelangt daher nicht zur Anwendung.

Zusätzlich regelt das FLAG 1967 in § 2 Abs. 5 lit. a, dass die Haushaltszugehörigkeitbei einem bloß vorübergehenden Aufenthalt des Kindes außerhalb der gemeinsamen Wohnung nicht als aufgehoben gilt.

Die Familienbeihilfe (und der Kinderabsetzbetrag) sind monatsbezogene Leistungen. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches kann je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ; ).

Dass der Gesetzgeber keine Aliquotierung bei der Auszahlung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag vorsieht (z.B. Auszahlung an jeden Elternteil zu 50 %), erscheint aus verwaltungsökonomischen Gründen sachgerecht.

Das Beweisverfahren wird vor beherrscht vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO). Dieser Grundsatz legt fest, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Randordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Ritz, BAO-Kommentar, Tz. 2 zu § 166, Tz. 6 und 8 zu § 167 mwN).

Aufgrund des oben zitierten Gerichtsbeschlusses (Beschluss vom ), wonach S. bei der Kindesmutter seinen hauptsächlichen Aufenthalt hat sowie der Tatsache, dass der Bf. (trotz Vorhalts des Bundesfinanzgerichts) keine Beweise für die überwiegende Haushaltszugehörigkeit von S. (während des strittigen Zeitraums) bei ihm vorgelegt hat, gelangt das erkennende Gericht in freier Beweiswürdigung gemäß § 167 BAO zu dem Ergebnis, dass der Abweisungsbescheid vom sowie die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts vom rechtsrichtig waren.

Aus diesem Grunde hat der Bf. im Streitzeitraum für S. keinen Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 oder auf Kinderabsetzbeträge.

Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag im gegenständlichen Fall nicht vor, da der Sachverhalt in freier Beweiswürdigung zu klären war. Die Frage derHaushaltszugehörigkeit ist eine der Revision nicht zugängliche Sachverhaltsfrage.

Wien, am

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