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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 17.10.2023, RV/7105890/2017

Kein Sicherheitszuschlag wenn Unvollständigkeiten der Buchführung im Rahmen einer Betriebsprüfung erschöpfend aufgeklärt werden - keine Abzugsfähigkeit der Ausgaben für ein Arbeitszimmer das nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstellt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende MMag. Elisabeth Brunner, die Richterin Mag. Maria Daniel sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Petra-Maria Ibounig und den fachkundigen Laienrichter Mag. Heinrich Witetschka über die Beschwerde der ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Mag. Edeltraud Scherner-Tromayer, Bezirksstraße 1b, 2504 Sooß, vom gegen

• die Bescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2015 vom

• den Bescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2016 vom (vormals gerichtet gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer betreffend 1-6/2016 und 7-12/2016)

• den Bescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2017 vom (vormals gerichtet gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer betreffend 1-7/2017)

• die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2015 vom

• die Verspätungszuschlagsbescheide betreffend Umsatzsteuer für die Zeiträume 1- 6/2016, 7-12/2016 und 1-6/2017

jeweils vom damaligen Finanzamt Baden Mödling (nunmehr Finanzamt Österreich)

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde gegen die Verspätungszuschlagsbescheide betreffend Umsatzsteuer für die Zeiträume 1-6/2016, 7-12/2016 und 1-6/2017 wird gem § 256 Abs 3 BAO als gegenstandslos erklärt.

Das Beschwerdeverfahren wird hinsichtlich dieses Beschwerdebegehrens eingestellt.

Die Beschwerde gegen die Umsatzsteuer betreffend das Jahr 2016 wird gem § 261 Abs 1 lit a BAO als gegenstandslos erklärt.

Der Bescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2016 bleibt unverändert.

sowie 2. zu Recht erkannt:,

Der Beschwerde betreffend Umsatzsteuer der Jahre 2007 bis 2015 und 2017 wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide betreffend Umsatzsteuer der Jahre 2007 bis 2015 und 2017 werden abgeändert.

Der Beschwerde betreffend Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2015 wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide betreffend Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2015 werden abgeändert.

Die Beschwerde hinsichtlich Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer der Jahre 2007, 2008, 2010 bis 2015-sowie Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2015 wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde hinsichtlich Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2009 wird Folge gegeben. Der diesbezügliche Wiederaufnahmebescheid wird aufgehoben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Aufgrund des Verdachts der Abgabenhinterziehung wurde bei der Beschwerdeführerin eine Außenprüfung iSd § 147 Abs 1 BAO iVm § 99 FinStrG für den Zeitraum 2006 bis 2015 sowie eine Nachschau iSd § 144 BAO für den Zeitraum Jänner 2016 bis Juni 2017 betreffend Umsatzsteuer durchgeführt.

Die Auswertung des der belangten Behörde vorliegenden Kontrollmaterials im Zuge der Außenprüfung habe ergeben, dass für die Zeiträume 2007, 2008 und 2010 bis Juni 2017 20%- ige Umsätze bzw Einnahmen nicht in vollständiger Höhe erklärt wurden.

Die Außenprüfung setzte zusätzlich für den gesamten Prüfungs- und Nachschauzeitraum einen Sicherheitszuschlag iHv 3% fest, da die Vollständigkeit der Einnahmen bzw Umsätze aufgrund fehlender fortlaufender Nummerierung der Honorarnoten nicht zweifelsfrei festgestellt hätte werden können.

Zudem wurde für die Zeiträume 1-6/2016 und 7-12/2016 aufgrund der Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen jeweils ein Verspätungszuschlag iHv 10% festgesetzt.

Ausgaben für ein Arbeitszimmer im Wohnungsverband wurden durch die Betriebsprüfung nicht anerkannt.

Die Beschwerde vom richtet sich einerseits gegen die Verhängung eines Sicherheitszuschlages und andererseits gegen die Nichtanerkennung der Ausgaben für ein Arbeitszimmer.

Durch den Abgleich des Datenmaterials mit den Kontoauszügen hätten im vorliegenden Fall alle sachlichen Unrichtigkeiten vollinhaltlich und lückenlos geklärt werden können, da die Beschwerdeführerin nur über dieses Girokonto verfüge und alle Honorareinnahmen (bis auf eine Bareinnahme im Prüfungszeitraum) auf diesem Konto eingegangen seien.

Die Beschwerdeführerin sei keine sachlich beeidete Dolmetscherin und wäre während des Zeitraums ihrer selbständigen Tätigkeit niemals werbend in Erscheinung getreten. Da die Buchführungsmängel in Form der nicht erklärten Einnahmen des einen und einzigen Auftraggebers (BMI) durch die Betriebsprüfung vollinhaltlich und lückenlos aufgeklärt worden wären und es keine Vermutung weiterer Einkünfte gegeben habe, bleibe kein Raum für die Verhängung eines Sicherheitszuschlages.

Der von der Beschwerdeführerin in ihrem privaten Eigenheim benutzte Büroraum sei laut Ausführungen in der Beschwerde aufgrund seiner Beschaffenheit und Einrichtung nicht für eine private Nutzung geeignet. Es handle sich dabei um den einzigen Raum, in dem die Beschwerdeführerin - abgesehen von der Übersetzung bei Verhören vor Ort - ihrer selbständigen Tätigkeit nachkommen könne, da sie an keinem anderen Ort einen Raum für die Erledigung dieser Arbeiten zur Verfügung gestellt bekomme.

Der Büroraum werde neben Buchhaltungsarbeiten für Rechnungslegung, Schriftverkehr und für schriftliche Übersetzungen von verfahrensrelevanten Schriftstücken für das Asylwesen, wie Beschwerden, SMS-Protokolle, ärztliche Befunde und Beweismittel aus den Herkunftsländern, genutzt.

Für die am stattgefundene Schlussbesprechung sei zwar eine Niederschrift angefertigt worden, jedoch hätte diese nur aus der Übersicht der Prüfungsfeststellungen, die mit der Abgabepflichtigen besprochen wurden, bestanden. Im Rahmen der Besprechung seien der Beschwerdeführerin einige Fragen gestellt worden. Weder der Gesprächsverlauf noch die Ergebnisse daraus seien protokolliert worden. Dies stelle nach Ansicht der steuerlichen Vertretung einen Verfahrensmangel dar.

Im Prüfungsbericht werde auf Aussagen der Beschwerdeführerin Bezug genommen, die jedoch nicht korrekt wiedergeben bzw aus dem Zusammenhang gerissen und anders dargestellt worden wären. Dies betreffe vor allem die unter Tz 4 angeführten Erklärungen der Beschwerdeführerin, die wohl zur Festsetzung der Sicherheitszuschläge geführt hätten.

Die Beschwerde gegen die im Rahmen der Betriebsprüfung erlassenen Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Zeiträume 2007 bis 2015 und gegen die Festsetzungsbescheide betreffend Umsatzsteuer für den Nachschauzeitraum (Jänner 2016 bis Juni 2017) wurde mittels fünf getrennter Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom als unbegründet abgewiesen.

Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, es seien durch den Abgleich des Kontrollmaterials mit den Kontoauszügen alle sachlichen Unrichtigkeiten vollinhaltlich und lückenlos geklärt worden, sei nach Ansicht der belangten Behörde nicht zutreffend.

Aufgrund fehlender Nummerierung der Honorarnoten könne der bestehende Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen nicht ausgeräumt werden. Es bestehe die begründete Vermutung, dass auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet worden wären, da im Prüfungszeitraum vorsätzlich und rechtswidrig Einkünfte nicht erklärt worden wären, um laut Aussage der Beschwerdeführerin vom weniger Sozialversicherungsbeiträge entrichten zu müssen, und die vorgelegten Honorarnoten mit formellen Mängel behaftet seien.

Ferner stehe die Erbringung von weiteren Dolmetschleistungen an Privatpersonen oder andere Auftraggeber gegen Barzahlung nicht im Widerspruch zur allgemeinen Lebenserfahrung.

Die Festsetzung eines Sicherheitszuschlages iHv 3% sei angesichts dieser Umstände als moderat und angemessen anzusehen.

Aus den vorgelegten Honorarnoten gehe eindeutig hervor, dass die Beschwerdeführerin den Großteil ihrer Arbeitszeit außerhalb des im Wohnungsverband gelegenen Arbeitsraumes verbracht habe. Auch die Besprechungen mit der Beschwerdeführerin im Zuge der Betriebsprüfung hätten ergeben, dass die Tätigkeit als Dolmetscherin fast ausschließlich auswärts ausgeübt worden wäre.

Der Sicherheitszuschlag sei berechtigt und nachvollziehbar aufgrund formeller Buchführungsmängel verhängt worden und sei nicht wie behauptet auf die verfälschte Darstellung von Aussagen der Beschwerdeführerin in der Schlussbesprechung zurückzuführen.

Die Beschwerde gegen die diesbezüglichen Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2015 und gegen die Bescheide bezüglich Verspätungszuschläge der Zeiträume 1-6/2015, 7-12/2016 sowie 1-6/2017 wurde mit Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom als unbegründet abgewiesen.

Im Vorlageantrag vom wiederholt die Beschwerdeführerin ihr Beschwerdevorbringen und stellt den Antrag auf Entscheidung durch den Senat.

Die belangte Behörde hat in der Folge die Umsatzsteuer 2016 mit Bescheid vom ohne Sicherheitszuschlag veranlagt.

Bei der mit Bescheid vom veranlagten Umsatzsteuer 2017 wurde der Sicherheitszuschlag bei den 20%-igen Umsätzen durch die belangte Behörde berücksichtigt.

Mit schriftlicher Eingabe vom wurde die Beschwerde gegen die Verspätungszuschlagsbescheide betreffend Umsatzsteuer der Zeiträume 1-6/2016, 7-12/2016 sowie 1- 7/2017 zurückgenommen.

Im gegenständlichen Verfahren ist strittig, ob die Schätzungsmethode in Form des Sicherheitszuschlages zu Recht erfolgte und ob das im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin bildet.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Beschwerdeführerin war im streitgegenständlichen Zeitraum für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und für diverse Polizeidienststellen als Dolmetscherin hauptsächlich vor Ort bei Vernehmungen oder Verhandlungen tätig.

Die Beschwerdeführerin hat im Zeitraum 2007 bis Juni 2017 gegenüber dem Finanzamt folgende Einnahmen bzw Umsätze nicht erklärt (Beträge ohne Umsatzsteuer in Euro):


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Zeitraum
Nicht erklärte Einnahmen/Umsätze
2007
832,25
2008
363,33
2010
242,27
2011
150,83
2012
2.977,50
2013
263,33
2014
2.734,17
2015
2.995,25
1-6/2016
4.104,96
7-12/2016
4.104,96
1-6/2017
3.618,33

Diese nicht erklärten Beträge sind lückenlos als Eingänge am Bankkonto der Beschwerdeführerin ersichtlich.

Die von der Beschwerdeführerin ausgestellten Honorarnoten weisen keine Nummerierungen auf.

Im Jahr 2007 verzichtete die Beschwerdeführerin schriftlich gegenüber der belangten Behörde auf die Steuerbefreiung nach § 6 Abs 1 Z 27 UStG 1994.

Im Nachschauzeitraum Jänner 2016 bis Juni 2017 wurden weder Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben noch Umsatzsteuer entrichtet.

Die Beschwerdeführerin verfügt über ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer. Es konnte nicht dargelegt werden, dass dieser Raum in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeiten im Rahmen der Übersetzungsdienstleistungen benutzt wurde. Die ausgestellten Honorarnoten weisen lediglich Dolmetschleistungen bei Vernehmungen oder Verhandlungen aus.

Ab dem Zeitraum 2015 bezieht die Beschwerdeführerin auch Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig und gründen sich auf die im Verfahrensverlauf dargestellte Aktenlage sowie aus den archivierten Unterlagen der Betriebsprüfung (insbesonders aus dem Kontrollmaterial und den ausgestellten Honorarnoten der Beschwerdeführerin).

Rechtlich folgt daraus:

1. Verspätungszuschlag

§ 256 Abs 3 BAO normiert:

"Wurde eine Beschwerde zurückgenommen (Abs. 1), so ist sie mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären."

Da die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom die Beschwerde gegen die Verspätungszuschlagsbescheide betreffend Umsatzsteuer der Zeiträume 1-6/2016, 7-12/2016 sowie 1-6/2017 schriftlich zurückgenommen hat, ist diese gem § 256 Abs 3 BAO als gegenstandslos zu erklären.

Im Übrigen wäre die Beschwerde gegen den Verspätungszuschlagsbescheid betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum 1-6/2017 als unzulässig zurückzuweisen gewesen, da ein solcher Bescheid nicht ergangen ist.

2. Sicherheitszuschlag

§ 184 BAO bestimmt:

"(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."

Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages (Gefährdungs- oder Risikozuschlages) gehört zu den Elementen einer Schätzung (; , 2000/14/0113; , 2000/13/0050, 0060, 0061; , 2003/15/0019; , 2006/13/0164). Diese Schätzungsmethode geht davon aus, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden (zB ; , 2006/13/0150; , 2009/15/0011; , 2007/13/0078; , 2012/15/0123) (Ritz/Koran, BAO7, § 184, Rz 18).

Aufgabe eines Sicherheitszuschlages ist es also, das Risiko möglicher weiterer Unvollständigkeiten von Aufzeichnungen auszugleichen; dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Auch mit Hilfe der Methode des Sicherheitszuschlages soll kein anderes Ergebnis erreicht werden, als jenes, das der wahrscheinlichsten Bemessungsgrundlage nahekommt ().

Werden hingegen Unvollständigkeiten der Buchführung im Rahmen einer Betriebsprüfung erschöpfend aufgeklärt, bleibt für die Verhängung eines Sicherheitszuschlages - ungeachtet der festgestellten Buchführungsmängel - kein Raum mehr (vgl ).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darf ein Sicherheitszuschlag keinen Strafcharakter haben (vgl ).

Eine Schätzungsbefugnis steht nur dann zu, wenn die Behörde begründeter Weise die sachliche Unrichtigkeit der Aufzeichnungen anzweifeln darf und daher die Grundlage der Abgabenerhebung nicht anhand eines exakten, objektiv richtigen Rechenwerkes ermitteln kann. (Gaedke in Melhardt/Tumpel, UStG3, § 18, Rz 37 mwN).

Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen der Außenprüfung sämtliche Bankauszüge vorgelegt. Der Abgleich der Bankeingänge mit dem der Behörde vorliegenden Kontrollmaterial ergab keine Differenzen.

Die Beschwerdeführerin bringt zudem glaubhaft vor, dass sie im Streitzeitraum als Dolmetscherin lediglich im Rahmen von Verhandlungen und Vernehmungen tätig war. Die Vermutung der belangten Behörde, es könnten auch Übersetzungsarbeiten für andere Arbeitgeber (insbesonders Privatpersonen) gegen nicht erklärte Bareinnahmen erfolgt sein, wurde seitens der belangten Behörde lediglich durch fehlende Nummerierungen der Honorarnoten begründet.

Der Behörde lagen weder Beweise noch Indizien dahingehend vor, dass die Beschwerdeführerin ihre Dolmetschleistungen gegen Barentgelt auch an Privatpersonen oder andere Auftraggeber erbracht hätte. Ein Gegenbeweis dieser Annahme ist durch die Beschwerdeführerin faktisch nicht möglich.

Über die nicht erklärten Einnahmen hinaus, die mittels Kontrollmitteilungen und Abgleich am Bankkonto eindeutig nachvollzogen werden konnten, kann daher die sachliche Unrichtigkeit der Aufzeichnungen durch unbegründete Annahmen bzw lediglich durch fehlende Honorarnummernvergabe nicht angezweifelt werden.

Der Ansatz eines Sicherheitszuschlages ist daher im konkreten Fall nicht gerechtfertigt.

§ 253 BAO bestimmt:

"Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst."

Da der Sicherheitszuschlag iHv 246,30 Euro nicht in den 20%-igen Erlösen laut Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2016 vom enthalten war, war die Beschwerde über die Festsetzung der Umsatzsteuer 2016 (vormals gerichtet gegen die Festsetzung an Umsatzsteuer betreffend 1-6/2016 und 7-12/2016) als gegenstandslos zu erklären.

3. Arbeitszimmer

Gem § 20 Abs 1 Z 1 lit d EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung nicht abgezogen werden. Das Gesetz bestimmt weiter: "Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig."

Das Arbeitszimmer befindet sich unstreitig im Wohnungsverband der Beschwerdeführerin.

Für die Begründung der Abzugsfähigkeit der Ausgaben für ein Arbeitszimmer muss dieses den "Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen" darstellen.

Der Mittelpunkt einer Tätigkeit ist laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach ihrem materiellen Schwerpunkt zu beurteilen. Im Zweifel wird darauf abzustellen sein, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl ).

Die Beschwerdeführerin erbringt laut vorliegender Honorarabrechnungen Dolmetschleistungen vor Ort bei Vernehmungen oder Verhandlungen. Die Honorarabrechnungen weisen keine andere Tätigkeiten aus, die darauf schließen lassen würden, dass umfangreiche Übersetzungsarbeiten zu Hause in einem Arbeitszimmer im Streitzeitraum erbracht worden sind.

Die Beschwerdeführerin konnte das Gericht auch nicht aufgrund anderer Nachweise davon überzeugen, dass das Arbeitszimmer für mehr als die Hälfte der Übersetzungsarbeiten benutzt wurde.

Das im Wohnungsverband gelegene streitgegenständliche Arbeitszimmer bildet nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin. Damit im Zusammenhang stehende Ausgaben sind daher nach § 20 Abs 1 Z 1 lit d EStG 1988 nicht abzugsfähig.

4. Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 303 BAO bestimmt:

"(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2)Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen."

Die Beschwerdeführerin führt in der Beschwerde an, dass der Gesprächsverlauf während der Schlussbesprechung nicht in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom protokolliert wurde.

Es stand zum Zeitpunkt der Schlussbesprechung bereits unstreitig fest, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum 2007, 2008 sowie 2010 bis Juni 2017 nicht sämtliche Umsätze bzw Einnahmen gegenüber dem Finanzamt erklärt hat. Aus welchen Motiven sie diese Einnahmen nicht der Besteuerung unterzogen hat, ist für die Festsetzung der Abgaben ohne Bedeutung.

Daher ist die Nichtprotokollierung eines Gespräches während der Schlussbesprechung über den Beweggrund einer objektiv unstreitigen Steuerhinterziehung kein geeigneter Verfahrensmangel um die Wiederaufnahme des Verfahrens mit Erfolg zu bekämpfen.

Die Niederschrift über die Schlussbesprechung enthält zwar, wie in der Beschwerde dargestellt, lediglich eine zahlenmäßige Übersicht der getroffenen Feststellungen, jedoch wurden die steuerlichen Feststellungen im Prüfungsbericht vom auch inhaltlich ausgeführt.

Die Bescheide über die Wiederaufnahmen der Verfahren betreffend Umsatz- und Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2015 verweisen ihrerseits auf die über die Prüfungsfeststellungen aufgenommene Niederschrift und auf den Prüfungsbericht.

Im Übrigen handelt es sich bei den in der Niederschrift und im Prüfungsbericht dargestellten Feststellungen hinsichtlich der nicht erklärten Umsätze bzw Einnahmen um neue Tatsachen, die zu im Spruch anders lautenden Bescheiden führen. Da bei der Ermessensausübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu geben ist, erweist sich die Wiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2007, 2008, und 2010 bis 2015 sowie betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2015 somit als berechtigt.

Die Auswertungen des Kontrollmaterials haben bezüglich der erklärten Umsätze für das Jahr 2009 keine Differenzen ergeben. Da der Sicherheitszuschlag, wie unter Punkt 2 dieses Erkenntnisses ausgeführt, nicht zulässig war, ist die Wiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer 2009 aufgrund Fehlens neuer Tatsachen, die zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid führen, nicht zulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilagen: 19 Berechnungsblätter

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die zu lösenden Rechtsfragen bereits durch die bisherige im Erkenntnis zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurde. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 Abs. 1 Z 1 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7105890.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at