Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.10.2023, RV/7102906/2023

Einkommensteuer-Vorauszahlung: Keine Anpassung wegen Geringfügigkeit der Änderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuervorauszahlungen 2023 und Folgejahre, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

  • Der Spruch des Bescheides vom bleibt unverändert.

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das bisherige Verfahren stellt sich wie folgt dar:

Mit Bescheid vom wurden die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2023 und Folgejahre vom Finanzamt Österreich mit 1.236,00 € festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer ***Bf1*** am das Rechtsmittel der Beschwerde ein und führte begründend aus, dass seine

"unter Pkt. 2 angeführte Einkünfte von der ,***Fa*** RS AG' keine Einkünfte aus Lohn- oder selbstständiger Arbeit seien. Diese Beträge wären gem. § 6 Abs. (1) u. (2) der Kollektivvertrag für Angestellte der Versicherungsunternehmen in Österreich ausbezahlt worden. Eine Anwendung des § 45 Abs. 1 EStG 1988, so wie die Behörde das tue, sei im konkreten Fall nicht zulässig. Die Beträge würden sich in der Tat im Jahresvergleich stark degressiv entwickeln, statt sich um 4% zu erhöhen, wie die Behörde das annehme.

Von Jahr 2021 ins Jahr 2022 hätte die Minderung 12,50% betragen, dieser Trend setze sich im laufenden Jahr 2023 weiter fort. Für die ersten vier Monate des Jahres hätte die Minderung nicht weniger als 4,60% betragen. Bei der Berechnung der Steuerschuld für das Jahr 2023 könne die Behörde auch keine Ausgaben mit

steuermindernder Wirkung berücksichtigen. Ein Ausgleich erfolge im Jahr 2024 nicht automatisch, sondern nur wenn dieser schriftlich beantragt werde. Daher werde der Antrag auf komplette und vollinhaltliche Aufhebung und Außerkraftsetzung durch die Behörde von VZB 2023/ wegen Unrichtigkeit der zugrunde liegenden Beträge als Bezugsgrößen für die Ermittlung der Steuerschuld für das Jahr 2023 gestellt."

Das Finanzamt Österreich wies die Beschwerde mit Bescheid vom als unbegründet ab und führte aus:

"Gemäß § 45 EStG 1988 sind Einkommensteuervorauszahlungen zu leisten, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen werden. Die Einkommensteuervorauszahlungen wären auch dann zu leisten, wenn es sich teilweise um Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit handeln würde."

Gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung brachte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag vom ein und führte aus, dass die Vorauszahlungen an Einkommensteuer an sich nie Gegenstand seiner Beschwerde waren. Nur die Höhe dieser Vorauszahlungen wäre Gegenstand seiner Beschwerde, insbesondere die Art, in welcher die Höhe durch die Behörde ermittelt werde. Wie schon mehrfach im Jahr 2023 und in den Jahren zuvor erwähnt, wendet die Behörde unzulässiger Weise § 45 Abs 1 EStG 1988 an, was dazu führe, dass er verpflichtet werde, Steuer im Voraus zu bezahlen, für Einkommen, welches er in dieser Höhe nicht erhalten habe. Im Übrigen seien ihm keine Regulative bekannt, welche eine solche Vorgangsweise durch die Behörde ermöglichen.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1) Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ***Bf1*** ist in Österreich ansässig und erzielte in 2022 Einkünfte von der Pensionsversicherungsanstalt in Höhe von 15.379,53 € und von der ***Fa*** R. AG in Höhe von 5.065,83 €.

Die Pensionseinkünfte stiegen in 2023 gegenüber 2022 um 5,8%. Die sonstigen Einkünfte sanken in den Monaten April bis Juni 2023 im Vergleich zu diesen Monaten in 2022 um ca. 3,7%.

Mit Bescheid vom wurden die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2023 und Folgejahre vom Finanzamt Österreich mit 1.236,00 € festgesetzt.

Die Einkommensteuer, die sich aufgrund der Aktenlage für das 2023 voraussichtlich ergeben wird, wird im Vergleich zum vom Finanzamt im Vorauszahlungsbescheid 2023 und Folgejahre festgesetzten Vorauszahlungsbetrag geringfügig geringer sein.

2) Beweiswürdigung

Die Erhöhung der Pensionseinkünfte ab ergibt sich aus § 775 Abs 1 ASVG idF BGBl I Nr 175/2022 (siehe auch https://www.pv.at/cdscontent/?contentid=10007.890832&portal=pvaportal).

Hinsichtlich der Einkünfte aus der Tätigkeit für die ***Fa*** R. AG folgt der erkennende Richter den vom Beschwerdeführer mit dem Vorlageantrag beigebrachten Abrechnungsbelegen jeweils für April bis Juni 2022 und 2023. Daraus folgt ein Rückgang dieser Einkünfte in Höhe von ca. 3,7%.

Aufgrund der Erhöhung jener Einkünfte, die über 75% der Gesamteinkünfte des Beschwerdeführers betragen (Pension), mit 5,8% und einer lediglich 3,7%igen Senkung der sonstigen Einkünfte ist eine relevante Abweichung der für das Veranlagungsjahr 2023 festzusetzenden Einkommensteuer im Vergleich zu den vom Finanzamt festgesetzten Vorauszahlungsbetrag nicht zu erwarten.

Ohne Berücksichtigung der geänderten einkommensteuerlichen Bestimmungen ergibt sich daraus eine Erhöhung der Einkommensteuer (von 2022 auf 2023) von 3,4%.

Im Vorlagebericht, der dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, legt die Behörde dar, dass der Beschwerdeführer lediglich Behauptungen aufstellt und die Umstände für eine Anpassung der Vorauszahlungen nicht konkret und nachvollziehbar glaubhaft macht.

Außer den Abrechnungsbelegen jeweils für April bis Juni 2022 und 2023 legte der Beschwerdeführer keine weiteren Unterlagen vor. Es war daher aufgrund der Aktenlage zu entscheiden und eine dementsprechende Entwicklung der Einkünfte anzunehmen.

3) Rechtliche Beurteilung (Spruchpunkt I.)

Der Steuerpflichtige hat gemäß § 45 Abs 1 EStG 1988 auf die Einkommensteuer Vorauszahlungen zu entrichten. Vorauszahlungen sind auf volle Euro abzurunden. Für Lohnsteuerpflichtige sind Vorauszahlungen nur in den Fällen des § 41 Abs 1 Z 1 und 2 EStG 1988 festzusetzen.

Grundlage für die Berechnung der Vorauszahlung ist die Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr abzüglich der Beträge gemäß § 46 Abs 1 Z 2 und Z 3 EStG 1988. Der so ermittelte Betrag wird, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt, um 4% erhöht.

Die nach § 45 Abs 1 EStG 1988 festzusetzenden Vorauszahlungen sind daher vom Einkommensteuerbescheid für das letztveranlagte Kalenderjahr abgeleitet. Die Höhe der Einkommensteuer-Vorauszahlungen ist grundsätzlich eine Funktion der Höhe der Einkommensteuer (ohne Steuerabzugsbeträge) des letztveranlagten Jahres (). Es handelt sich also um eine mathematische Berechnung. Dass der Behörde dabei ein Fehler unterlaufen ist, ist nicht hervorgekommen und wird auch nicht behauptet.

Wie die belangte Behörde richtigerweise in der Beschwerdevorentscheidung anführt, wären Einkommensteuervorauszahlungen auch dann zu leisten, wenn es sich teilweise um Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit handeln würden. Der entsprechende Einwand des Beschwerdeführers geht insoweit ins Leere.

Nach § 45 Abs 4 EStG 1988 kann das Finanzamt die Vorauszahlungen an die Steuer anpassen, die sich für das laufende Kalenderjahr voraussichtlich ergeben wird. Es ist sohin in das - unter Beachtung des § 20 BAO zu übende - Ermessen der Behörde gestellt, die Vorauszahlung abweichend von der sich aus § 45 Abs 1 EStG 1988 ergebenden Höhe mit dem Betrag festzusetzen, welcher der voraussichtlichen Jahreseinkommensteuer (abzüglich durch Steuerabzug einbehaltener Einkommensteuer) entspricht ().

Entscheidungen, die die Abgabenbehörden (und das Bundesfinanzgericht) nach ihrem Ermessen zu treffen haben, müssen sich gemäß § 20 BAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Die belangte Behörde hat gemäß § 45 Abs 1 EStG 1988 die Einkommensteuerschuld 2022 unter Ausschluss der durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge um 4% erhöht und diesen Betrag als zu leistende Vorauszahlung festgesetzt.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er werde verpflichtet, Einkommensteuer im Voraus für Einkommen zu bezahlen, welches er in dieser Höhe gar nicht erhalten habe, so verkennt er, dass die Pensionseinkünfte im Jahr 2023 um 5,8% gestiegen sind bzw. steigen werden. Diese Einkünfte machen auch den überwiegenden Anteil seines Gesamteinkommens aus.

Wenngleich sich aufgrund der festgestellten Veränderungen der Einkünfte eine wahrscheinlich geringere Erhöhung der Einkommensteuer als 4% ergeben wird, ist diese Differenz auch unter Berücksichtigung der geänderten einkommensteuerlichen Vorschriften (Einkommensstufen, Steuersätze, Verkehrsabsetzbetrag etc.) derart geringfügig, dass sie aus Gründen der Zweckmäßigkeit und der Verwaltungsökonomie eine Anpassung der Vorauszahlungen nicht rechtfertigen. Bei der Ermessensübung ist auch das, aus Art 126b B-VG ableitbare Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung zu beachten (Ritz/Koran, BAO7 § 20 Rz 9 mwN).

Dass es sich streitgegenständlich um eine Vorauszahlung, die im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Jahres 2023 angerechnet wird, und nicht um die Festsetzung der Einkommensteuer selbst handelt, bzw. dass der Zeitraum vom Zeitpunkt der Bekanntmachung dieses Erkenntnisses zum frühestmöglichen Veranlagungszeitpunkt Anfang 2024 äußerst kurz ist, war unter Billigkeitsaspekten in die Ermessensübung einzubeziehen. Die berechtigten Interessen des Beschwerdeführers sind dadurch in einem vernachlässigbaren Ausmaß eingeschränkt ().

Die Festsetzung der Vorauszahlung mit 1.236,00 € erachtet der erkennende Richter als sachgerecht und angemessen im Sinne des § 20 BAO.

Die Beschwerde war demnach spruchgemäß abzuweisen.

4) Unzulässigkeit einer Revision (Spruchpunkt II.)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Abgesehen von der zu klärenden Sachverhaltsfrage der Entwicklung der Einkünfte folgt das Erkenntnis in der rechtlichen Beurteilung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Punkt 3). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt demnach nicht vor.

Die ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 45 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 45 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102906.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at