Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.09.2023, RV/7106049/2019

Gruppenbildung: Keine finanzielle Verbindung, weil Bf keine Stimmrechtsmehrheit/kein wirtschaftliches Eigentum besitzt (Treuhandschaft)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7106049/2019-RS1
Da der Treuhänder als zivilrechtlicher Eigentümer der Beteiligung und ohne Beschränkung durch die Treuhandschaftsvereinbarung die Stimmrechte nach eigenem Ermessen weisungsfrei ausüben konnte, besitzt der Treugeber weder eine Stimmrechtsmehrheit (§ 9 Abs 4 1. Teilstrich 2. Fall KStG 1988) noch - aufgrund der fehlenden Stimmrechtsausübung, der kurzfristigen Auflösungsberechtigung hinsichtlich der Treuhandschaft und der realen Chancen auf Wertsteigerung des zivilrechtlichen Eigentümers - wirtschaftliches Eigentum am Stammkapital (§ 9 Abs 4 1. Teilstrich 1. Fall KStG 1988).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, als Gruppenträgerin, V GmbH, als Gruppenmitglied und der A GmbH, als von der Teilnahme an der Unternehmensgruppe ausgeschlossene Körperschaft, jeweils vertreten durch Unterberger Fidas Salzburg Steuerberatung GmbH & Co KG, Linzer Bundesstraße 101, 5023 Salzburg-Gnigl, über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Gruppenfeststellungsbescheid 2018 des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf - nunmehr Finanzamtes Österreich - vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der Bescheid bleibt in seinem Spruch unverändert.

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das bisherige Verfahren stellt sich wie folgt dar:

Die ***Bf1*** (Beschwerdeführerin, P GmbH), als Gruppenträgerin, die V GmbH (V GmbH) und die A GmbH (A GmbH), jeweils als Gruppenmitglied, stellten am einen Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe nach § 9 Abs 8 KStG 1988 mit Wirksamkeitsbeginn ab der Veranlagung 2018.

Dem Antrag wurde mit Gruppenfeststellungsbescheid 2018 vom (zugestellt am ) teilweise stattgegeben, indem eine Gruppe mit der P GmbH als Gruppenträgerin und der V GmbH als Gruppenmitglied festgestellt und die A GmbH von der Gruppe ausgeschlossen wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass Dr. M P Alleingesellschafter der A GmbH sei und daher weder eine finanzielle Verbindung der A GmbH zur P GmbH noch zur V GmbH bestehe.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom machte der steuerliche Vertreter geltend, dass P treuhändig die Anteile für die P GmbH halte, die Beteiligung seit im Jahresabschluss der P GmbH bilanziere und daher eine finanzielle Verbindung gegeben sei, sodass die Voraussetzungen für die Bildung einer Unternehmensgruppe ab 2018 vorliegen. Ein Auszug aus dem Anlageverzeichnis sowie ein Treuhandvertrag wurden übermittelt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da das für die Begründung einer finanziellen Verbindung unabdingbare wirtschaftliche Eigentum der P GmbH an der A GmbH nicht bestehe.

"Gemäß Punkt 6. der Treuhandvereinbarung ist der Treugeber zur jederzeitigen Auflösung des Treuhandverhältnisses ohne Angabe von Gründen berechtigt. Weiters ist der Treuhänder berechtigt, das Treuhandverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen aufzulösen. Eine sofortige Auflösung durch den Treuhänder ist bei wichtigen Gründen möglich. Da die Treuhandvereinbarung somit jederzeit sowohl vom Treugeber, als auch vom Treuhänder kurzfristig gekündigt werden kann, verbleibt … auch das wirtschaftliche Eigentum - beim zivilrechtlichen Eigentümer, Herrn Dr. M P (vgl. )."

Die P GmbH beantragte mit am bei der belangten Behörde einlangenden Anbringen die Vorlage der Beschwerde beim Bundesfinanzgericht und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. In der Praxis sei in allen Treuhandverträgen eine Kündigungs- bzw. Auflösungsklausel enthalten und finde trotzdem eine eindeutige Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums immer beim Treugeber statt. Die ehemaligen Eigentümer der Anteile an der A GmbH wollten nicht an eine Gesellschaft, sondern nur an eine Privatperson verkaufen. Deshalb mussten die Anteile durch P zivilrechtlich erworben werden. Die P GmbH habe jedoch den Kaufpreis entrichtet und die Beteiligung im Anlagevermögen aktiviert. Daher läge das wirtschaftliche Eigentum bei der P GmbH.

Mit Bericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Die Behörde beantragte die Abweisung der Beschwerde und ergänzte ihre Begründung dahingehend, dass laut Punkt 3. der Treuhandvereinbarung vom keine beherrschende Stellung des Treugebers (P GmbH) vorläge, da der Treuhänder P weisungsfrei gestellt sei, auch hinsichtlich der Ausübung der Stimmrechte. Die Option auf den Erwerb der treuhändig gehaltenen Geschäftsanteile in Punkt 5. der Treuhandvereinbarung verschaffe für sich allein kein wirtschaftliches Eigentum.

Am hat am Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Die Beschwerdeführerin (P GmbH) erklärte, dass die A GmbH für ihre Unternehmensgruppe interessant war, der Eigentümer aber nicht an eine Gesellschaft, sondern nur an eine Privatperson verkaufen wollte. Deshalb wurde die Treuhandlösung gewählt. Die A GmbH war nicht lebensfähig und es ließ sich eine Sanierung nur mittels der P GmbH durchführen. Es war keine böse Absicht dahinter, sondern eine Umgehung, da die Eigentümer nicht an die P GmbH verkaufen wollten. Die Beteiligung wurde von der P GmbH ab 2016 bilanziert. Im Unternehmensgegenstand ist die Unternehmenssanierung vorgesehen. Im Hinblick auf das vom Finanzamt vorgehaltene Erkenntnis () agierte hier keine fremde Person. In der Treuhandvereinbarung ist geregelt, dass jeglicher Gewinn vom Treuhänder an die P GmbH weiterzugeben wäre. Ein Verkauf durch den Treuhänder ist nicht möglich. Eine Substanzthematik wäre mit dem Treugeber zu besprechen gewesen. Die P GmbH trug das Sanierungsrisiko. Die Sanierung wurde durch Mittel der P GmbH ab 2016 durchgeführt, das Risiko von Substanzveränderungen trug die P GmbH, so wurde auch die Auslösungsstruktur gewählt. Ziel war es, dass in allen Lebenssituationen der A GmbH die P GmbH das wirtschaftliche Risiko zu tragen hatte. Das Risiko habe bei der P GmbH und nicht bei P gelegen. 2021 wurde das Abtretungsanbot angenommen und die Geschäftsanteile gingen auf die P GmbH über.

Ein Treuhänder ist nach Ansicht der P GmbH grundsätzlich weisungsfrei zu stellen. Faktisch war es eine enge Kooperation zwischen A GmbH und P GmbH. Sämtliche Auftragsverhältnisse kamen ab 2016 von letzterer und war die A GmbH von Anfang an wirtschaftlich von ihr abhängig.

Die P GmbH hatte die Chance der Wertsteigerung. Sie hätte das Abtretungsanbot angenommen und die Beteiligung unentgeltlich erhalten, wenn der Treuhänder das Treuhandverhältnis mit einer Kündigungsfrist von 14 Tagen aufgelöst hätte. Die P GmbH war verantwortlich für die A GmbH und übernahm für sie die Finanzierung der Sanierung. Bei einem ungünstigen Geschäftsverlauf der A GmbH hätte die P GmbH einen Vermögensschaden gehabt. Für P hätte sich kein Vermögensschaden ergeben, da die Anschaffungskosten der Beteiligung die P GmbH getragen hat.

Die Tatsache der Bilanzierung der Beteiligung an der A GmbH in der Buchhaltung der P GmbH habe nach Ansicht des Finanzamts keine Relevanz.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom wurde die P GmbH aufgefordert, die Umstände der Treuhandvereinbarung (Abfassung, Zeitpunkt der Offenlegung), das Entgelt des Treuhänders, die Verbuchung der Beteiligung an der A GmbH bei der P GmbH, die von der P GmbH für die A GmbH getätigten Investitionen zu erläutern bzw. nachzuweisen sowie Stellung zu verschiedenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen (insbesondere bzw. ) zu nehmen.

P begründete am in Beantwortung des Beschlusses die Veranlassung für die Treuhandkonstruktion mit dem Sanierungsverfahren und der Unwilligkeit eines früheren Gesellschafters seinen Gesellschaftsanteil an eine juristische Person zu verkaufen. Die Offenlegung der Treuhandvereinbarung erfolgte im Rahmen der Einreichung des Jahresabschlusses der P GmbH für das Jahr 2016. Eine Entlohnung für den Treuhänder gab es nicht. Die Bezahlung des Abtretungspreises für die Beteiligung an der A GmbH erfolgte durch die P GmbH. Zahlungen der P GmbH an die A GmbH erfolgten in 2016 bis 2019 in Höhe von insgesamt 234.800,00 €. Zur angesprochenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erklärte P, dass sich diese nicht auf einen 100% Gesellschaftsanteil beziehe, auch Rahmenbedingungen und Offenlegung entsprechen nicht dem gegenständlichen Fall. Es sei ihm nicht bekannt, ob in dieser Entscheidung die Anteile vom Treugeber verbucht, bezahlt und offengelegt wurden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist, ob die ***Bf1*** (Beschwerdeführerin, P GmbH) unmittelbar mehr als 50% des Stammkapitals und der Stimmrechte der A GmbH (A GmbH) besitzt und diese daher als finanziell verbundene Körperschaften im Sinne von § 9 Abs 4 KStG 1988 gelten.

1) Sachverhalt

Die P GmbH ist eine im Firmenbuch eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einer Stammeinlage in Höhe von 35.000,00 €. Dr. M P ist seit (Zeitpunkt der Eintragung im Firmenbuch) Alleingesellschafter und seit Gründung der Gesellschaft im Jahr 2005 alleiniger vertretungsbefugter Geschäftsführer.

Die P GmbH ist im Geschäftszweig Unternehmensbeteiligung, -beratung und -organisation, Immobilienentwicklung und -management tätig.

Die A GmbH ist eine im Firmenbuch eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einer Stammeinlage von 52.365,00 €. Alleingesellschafter war P von bis . Allein vertretungsbefugter Geschäftsführer war Ing. F von bis .

Die A GmbH war im Management und der Beratung von Unternehmen jeder Art auch unter Eingehen von Partnerschaften mit eigenkapitalinvestierenden Unternehmen oder Eingehen von Partnerschaften mit weiteren Managementgesellschaften tätig.

Die Stimmrechte bei Beschlüssen der A GmbH auszuüben berechtigt war P in seiner Funktion als Gesellschafter der A GmbH. Dieser war nicht nur zivilrechtlicher, sondern auch wirtschaftlicher Eigentümer der Beteiligung an der A GmbH.

2) Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt, dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung sowie den Erhebungen des Bundesfinanzgerichts.

P hatte aufgrund eines Abtretungsvertrages vom die Anteile an der A GmbH von Mag. (FH) B, C AG und Mag. T zu einem Abtretungspreis von 6.875,00 € erworben. Den Kaufpreis hat die P GmbH bezahlt.

Die Beteiligung an der A GmbH war im Anlagenverzeichnis der P GmbH mit Anschaffungsdatum und Anschaffungskosten von 6.875,00 € erfasst und offen im Jahresabschluss 2016 ausgewiesen (Konto 815, Inv. Nr. 1-0 Beteiligung A). Ein Hinweis darauf, dass die Beteiligung treuhändig von P gehalten wird, ist daraus nicht ersichtlich.

Mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom erfolgte hinsichtlich der A GmbH die Eröffnung des Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung, welches mit Beschluss vom aufgrund der rechtskräftigen Bestätigung des Sanierungsplans aufgehoben wurde.

Vermutlich ebenfalls am schloss P mit der P GmbH eine Treuhandvereinbarung. Die Vereinbarung unterschrieb jeweils P in seiner Funktion als Gesellschafter (und Treuhänder) sowie als Geschäftsführer der P GmbH (als Treugeber). Entgegen § 18 Abs 5 GmbHG wurde von P nicht vorgesorgt, dass nachträgliche Änderungen des Inhaltes und Zweifel über den Zeitpunkt des Abschlusses ausgeschlossen sind, sodass der Zeitpunkt dieser Vereinbarung nur vermutet werden kann.

P sollte als Treuhänder den Geschäftsanteil an der A GmbH nicht mehr für eigene Rechnung, sondern diesen als Treuhänder für den Treugeber halten. Die Vereinbarung wurde der belangten Behörde erstmals per E-Mail am übermittelt.

Die Treuhandvereinbarung stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:

[…]

Einige Bestimmungen sind hervorzuheben:

P war in seiner Funktion als Treuhänder weiterhin berechtigt, sämtliche im Zusammenhang mit dem treuhändig gehaltenen Geschäftsanteil zukommenden Teilnahme-, Stimm- und Antragsrechte in den Generalversammlungen der Gesellschaft sowie bei schriftlichen Beschlussfassungen nach eigenem Ermessen unter Beachtung aller ihm als "Gesellschafter" der A GmbH obliegenden Sorgfaltspflichten wahrzunehmen. Die P GmbH stellt als Treugeber P als Treuhänder bzw. auch den Geschäftsführer der A GmbH (Ing. F) weisungsfrei. Letzterer soll bloß gegenüber P weisungsgebunden sein. (Punkt 3.1. und 3.2.)

Gewinnanteile und Kapitalrückführungen sind von P an die P GmbH auszuzahlen. (Punkt 4.1.)

P bietet der P GmbH den treuhändig gehaltenen Geschäftsanteil zur jederzeitigen unentgeltlichen Abtretung unwiderruflich an. (Punkt 4.2. und 5.)

Die Treuhandschaft wird auf unbestimmte Zeit geschlossen, wobei die P GmbH zur Auflösung (ohne Angabe von Gründen) jederzeit, P unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 14 Tagen berechtigt ist. (Punkt 6.)

Hinsichtlich des Entgelts des Treuhänders P schließen die Vertragsparteien eine gesonderte Vereinbarung (Punkt 8.2.), was nach Angaben von P jedoch nicht geschehen sei und demnach auch kein Entgelt bezahlt wurde.

Vorab ist festzustellen, dass ein Treuhänder unter fremdüblichen Bedingungen auf ein Entgelt nicht verzichtet hätte.

Entscheidend ist aber vor allem, dass laut Treuhandvereinbarung P die Stimmrechte zur Gänze nach eigenem Ermessen ausüben konnte, was aufgrund der eindeutigen Bestimmung evident und zudem unstrittig ist.

Da Stimmrechte wesentlichen Einfluss auf Beschlüsse der Beteiligungskörperschaft ermöglichen, verhindert die fehlende inhaltliche Ausübungsmöglichkeit für sich genommen eine eigentümergleiche oder -ähnliche Stellung. Wirtschaftliches Eigentum kann schon aus diesen Gründen nicht vorliegen.

Der Treugeber (P GmbH) hatte Anspruch auf allfällige Gewinnausschüttungen. Dieses Recht ist üblicherweise mit dem zivilrechtlichen Eigentum an einer Beteiligung verbunden.

Des Weiteren ist festzustellen, dass das unwiderrufliche Abtretungsangebot, welches jederzeit angenommen werden konnte, bis 2018 tatsächlich nicht angenommen wurde. Eine mögliche Abtretung kann einer tatsächlichen Abtretung hinsichtlich der Rechte und Pflichten nicht gleichgestellt werden. Es bedarf dazu vielmehr der Optionsausübung.

Darüber hinaus lag auch keine langfristige Bindung durch die Treuhandvereinbarung vor. Eine Eigentümerstellung zeichnet sich jedoch durch eine auf Dauer angelegte rechtliche Stellung aus.

Wenngleich P auch Gesellschafter-Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft war, konnte er aufgrund der Treuhandvereinbarung Entscheidungen im Hinblick auf die Verwaltung eigenen Vermögens (Geschäftsanteil an der A GmbH) im Gegensatz zur Verwaltung fremden Vermögens (als Verwalter des fremden Betriebs der P GmbH) treffen. Damit lag zumindest die Chance auf Wertsteigerungen bei P.

Wenn P in der mündlichen Verhandlung vorbringt, dass er als Treuhänder im Hinblick auf eine Wertsteigerung des Anteils zur Auflösung der Treuhandschaft eine Kündigungsfrist einzuhalten gehabt hätte und die P GmbH in dieser Zeit das Abtretungsangebot annehmen hätte können, so verkennt er, dass er gleichzeitig selber Vertragspartei (Treuhänder) und für die andere Vertragspartei (Treugeber) handeln konnte bzw. deren Entscheidung beeinflussen konnte. Dadurch konnte er durchaus eine Wertsteigerung für sich als Anteilsinhaber beanspruchen und durchsetzen, indem er als Treuhänder die Vereinbarung lösen konnte und für die P GmbH das Abtretungsangebot nicht annahm.

Dass die P GmbH Zahlungen von insgesamt 234.800,00 € an die A GmbH (einen Nachweis dafür legte die P GmbH nicht vor) geleistet habe, diese als Folge eines eventuell schlechten Geschäftsverlaufs verloren seien und sie daher das Risiko der Wertminderung zu tragen habe, kommt der P GmbH in ihrer Argumentation nicht zugute, da diese Zahlungen nicht mit dem Eigentum am Geschäftsanteil zusammenhängen. Dies ist auch daraus abzuleiten, dass sie von der P GmbH nicht auf die bilanzierte Beteiligung an der A GmbH aktiviert wurden (siehe Jahresabschlüsse 2016 und 2019 der A GmbH). Aus dem Gesamtbild ist ein eigenes wirtschaftliches Interesse der P GmbH nicht auszuschließen, da 2016 mit der A GmbH ein Kooperationsvertrag geschlossen wurde. Dazu erwähnt P im E-Mail vom , dass die A GmbH Leistungen an die P GmbH verrechnet habe, die wiederum mit Aufschlag an Drittkunden weiterverrechnet wurden.

Das Vorbringen, dass aufgrund der Zahlung der Anschaffungskosten des Geschäftsanteils an der A GmbH die P GmbH das Risiko der Wertminderung zu tragen hatte, kann im Gesamtzusammenhang aufgrund der niedrigen Anschaffungskosten nur geringe Bedeutung beigemessen werden.

Aus welchen Gründen die Abtretung des Geschäftsanteils an der A GmbH nicht an die P GmbH erfolgt sei (Unwilligkeit eines früheren Anteilsinhabers), beeinflusst die Schlussfolgerungen aus der Gestaltung der Treuhandschaft nicht, da diese zweifellos auch anders erfolgen hätte können. Auch dem Hinweis (E-Mail vom ), dass ohne Übernahme durch die P GmbH die A GmbH das Sanierungsverfahren nicht bestreiten hätte können und ein Folgekonkurs resultiert wäre, ist mit demselben Argument zu entgegnen.

Eine eigentümerähnliche Stellung und damit wirtschaftliches Eigentum der P GmbH kann in einer Gesamtschau nicht festgestellt werden.

3) Rechtliche Beurteilung (Spruchpunkt I.)

Aufgrund des Antrages vom war gemäß § 274 Abs Z 1 lit a BAO eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Die mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts daran anschließende Sachverhaltsergänzung brachte keine Erkenntnisse hervor, die eine weitere Erörterung erfordern.

Die Beschwerde ist zulässig und wurde rechtzeitig eingebracht.

P war unbestritten zivilrechtlicher Eigentümer der Anteile an der A GmbH. Die P GmbH beansprucht, sie sei als Treugeberin wirtschaftliche Eigentümerin dieser Anteile.

Gemäß § 9 Abs 1 KStG 1988 können finanziell verbundene Körperschaften eine Unternehmensgruppe bilden. Die finanzielle Verbindung ist die materielle Voraussetzung für die Bildung einer Unternehmensgruppe (Urtz in Achatz/Kirchmayr, KStG § 9 Tz 120).

Als finanziell verbundene Körperschaften gelten gemäß § 9 Abs 4 1. Teilstrich KStG 1988 solche, bei denen die beteiligte Körperschaft unmittelbar mehr als 50% des Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals und der Stimmrechte der Beteiligungskörperschaft besitzt.

Beide Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ vorliegen (Urtz aaO, § 9 Tz 128).

Im (Körperschaft)Steuerrecht ist aufgrund des geltenden Trennungsprinzips zwischen natürlichen und juristischen Personen schon im Hinblick auf die Feststellung, in welcher Funktion diese handeln, zu unterscheiden.

"Aus der Rechtspersönlichkeit der Kapitalgesellschaft leitet sich für das Steuerrecht das Trennungsprinzip ab, das auch steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter (allenfalls auch dem Alleingesellschafter) und der Kapitalgesellschaft ermöglicht. Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht für den eigenen Betrieb, sondern für den der Kapitalgesellschaft und somit für einen fremden Betrieb tätig (Hinweis E , 2001/15/0057). Der Gesellschafter ist daher in seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH weder als ,Einzelkaufmann' tätig, noch kann es sich bei der Tätigkeit der GmbH um die Verwaltung ,eigenen Vermögens' des Geschäftsführers handeln." ( RS 1).

Aufgrund der Feststellungen lagen die Stimmrechte nicht bei der beschwerdeführenden Gesellschaft, sondern zur Gänze beim zivilrechtlichen Eigentümer P.

Bei einem Treuhandverhältnis kommen grundsätzlich dem Treuhänder und nicht dem Treugeber die Stimmrechte zu, weil die Stimmrechte grundsätzlich mit dem zivilrechtlichen Eigentum verknüpft sind (Ebner in Lachmayer/Strimitzer/Vock, KStG § 9 Abs 4 Rz 319). Treuhändisch für die Gesellschaft gehaltene Anteile verschaffen jedoch (dem Treugeber) kein Stimmrecht (Koppensteiner in Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 § 39 Rz 11). Um daher eine finanzielle Verbindung über eine Treuhandschaft herstellen zu können, muss zumindest auch eine vertragliche Regelung im Innenverhältnis betreffend die Stimmrechtsausübung vorliegen (Wiesner/Kirchmayr/Mayr, Gruppenbesteuerung2 Richtlinien und Kommentierung 4.1. Kapitalbeteiligung und Stimmrechtsmehrheit K148).

Eine Änderung hinsichtlich der Ausübung der Stimmrechte erfolgte nach den Feststellungen auch durch die vorliegende Treuhandvereinbarung nicht. Insbesondere blieb das Stimmrecht nicht dem Treugeber vorbehalten, wurde es dem Treugeber nicht zurückübertragen oder wurde im Innenverhältnis keine bestimmte Stimmrechtsausübung vereinbart (Ebner aaO, § 9 Abs 4 Rz 319).

Da somit eine Stimmrechtsmehrheit der P GmbH nicht gegeben ist, kann schon aufgrund des Fehlens eines verpflichtend vorgesehenen Tatbestandsmerkmals (§ 9 Abs 4 1. Teilstrich 2. Fall KStG 1988) hinsichtlich der A GmbH und der P GmbH von finanziell verbundenen Körperschaften nicht gesprochen werden.

Im Übrigen besitzt aus diesem Grund wie auch der sonstigen Gestaltung der Treuhandschaft die P GmbH keine Mehrheit am Stammkapital, insbesondere entgegen dem Vorbringen kein wirtschaftliches Eigentum.

Unter Besitz im Sinne von § 9 Abs 4 1. Teilstrich KStG 1988 ist das wirtschaftliche Eigentum nach § 24 BAO zu verstehen, wobei es wesentlich darauf ankommt, dass die beteiligte Körperschaft ihre Verwaltungsrechte (Stimmrechte) und Vermögensrechte gegenüber der Beteiligungskörperschaft ausüben kann (Urtz aaO, § 9 Tz 149 mwN).

§ 24 Abs 1 BAO lautet auszugsweise:

"Für die Zurechnung der Wirtschaftsgüter gelten bei der Erhebung von Abgaben, soweit in den Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist, folgende Vorschriften:

a) […]

b) Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen übereignet worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet.

c) Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen für einen Treugeber erworben worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet.

d) Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, werden diesem zugerechnet.

[…]"

Wirtschaftlicher Eigentümer ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum ist dann anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, d.h. auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen kann ( mwN bzw. , Ra 2014/15/0039, mwN).

Für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums ist insbesondere von Bedeutung, wer die Chance von Wertsteigerungen und das Risiko von Wertminderungen trägt (, mwN).

Für sich allein verschafft die Option auf den Erwerb eines Geschäftsanteils noch nicht wirtschaftliches Eigentum an diesem Anteil (, mwN), insbesondere auch ein unbefristetes und unwiderrufliches Verkaufsanbot (). Derjenige, der sich zur Abtretung von Gesellschaftsrechten verpflichtete, kann sein Gesellschaftsrecht (Stimmrecht) bis zur Abtretung ohne Rücksicht auf die Wünsche des Abtretungsberechtigten ausüben und den Standpunkt vertreten, dass der Abtretungsberechtigte eben von seinem Abtretungsrecht Gebrauch machen müsse, wenn er mit der Gestion des Abtretungsverpflichteten nicht einverstanden ist ().

An dem Geschäftsanteil des Gesellschafters einer GmbH kann ohne Stimmrecht wirtschaftliches Eigentum nicht begründet werden (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 24 E 82. (Stand , rdb.at) mit Verweis auf ).

Für die Beurteilung von wirtschaftlichem Eigentum ist eine langfristige Bindung durch die Treuhandvereinbarung wesentlich ().

Die Mehrheit des Nennkapitals (und der Stimmrechte) kann auch über einen Treuhänder gehalten werden. Um eine finanzielle Verbindung herstellen zu können, müssen dem Treugeber jedoch im Innenverhältnis sowohl das Stimmrecht als auch die mit der Kapitalbeteiligung verbundenen Vermögensrechte zustehen (Urtz aaO § 9 Tz 150).

Der Verwaltungsgerichtshof hielt zur Treuhand fest ():

"Treuhand ist gegeben, wenn jemand als Treuhänder Rechte übertragen erhält, die er im eigenen Namen, aber aufgrund einer besonderen obligatorischen Bindung zu einer anderen Person (dem Treugeber) nur in einer bestimmten Weise ausüben soll (vgl. Apathy in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 1002 ABGB Tz 9). Auch ein Gesellschaftsanteil kann von einem Treuhänder für einen Dritten als Treugeber gehalten werden (vgl. hiezu insbesondere § 7 Eigenkapitalersatz-Gesetz). Der Anteil wird dabei wirtschaftlich auf Rechnung des Treugebers gehalten, womit der Treugeber zum "wirtschaftlichen Eigentümer" des Anteils wird (vgl. Karollus in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht, Erster Zusatzband, § 7 EKEG Tz 3). Auch das Institut der Vereinbarungstreuhand ist zivilrechtlich anerkannt; in diesem Fall soll erst durch die Treuhandvereinbarung die Verschiebung der wirtschaftlichen Zugehörigkeit bewirkt werden, also der bisher auf eigene Rechnung gehaltene Geschäftsanteil in Hinkunft auf Rechnung des Treugebers gehalten werden (vgl. ; , 7 Ob 287/03m […]"

Die P GmbH konnte als Treugeber aufgrund der kurzfristigen Auflösungsmöglichkeit der Treuhandschaft durch P als Treuhänder und der Gesellschafterstellung von P bei der P GmbH den zivilrechtlichen Eigentümer P nicht auf Dauer von der Einwirkung auf die Sache ausschließen, da er seine Handlungen als Gesellschafter auch im eigenen Interesse praktisch durchsetzen konnte. Dadurch konnte die P GmbH die wesentlichen negativen Befugnisse des Eigentumsrechts nicht ausüben.

Betreffend der positiven Eigentümerbefugnisse fehlte es insbesondere aufgrund der Stimmrechtsverteilung an Einfluss bei Beschlüssen der A GmbH, wurde der Geschäftsführer der A GmbH weisungsfrei gestellt und war dieser lediglich dem zivilrechtlichen Eigentümer P weisungsgebunden, bestand keine langfristige Bindung der Treuhandschaftsparteien und hatte P zumindest die reale Chance auf eine durchaus mögliche Wertsteigerung (vgl zu einem ähnlichen Sachverhalt).

Dass durch die Treuhandvereinbarung der P GmbH trotz des Rechts auf Gewinnauszahlungen und des unwiderruflichen Abtretungsangebots eine eigentümerähnliche Stellung (, mwN) verschafft wurde, konnte angesichts der kurzfristigen Bindung der Treuhandschaftsparteien und der sonstigen Gestaltungen der Vereinbarungstreuhand nicht nachvollziehbar begründet werden.

Dies erachtete der erkennende Richter als wesentliche Argumente dafür, dass zusätzlich zur fehlenden Stimmrechtsmehrheit auch kein wirtschaftliches Eigentum der beschwerdeführenden Gesellschaft P GmbH vorliegt. Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum liegen daher bei deren Alleingesellschafter P.

Eine finanzielle Verbindung nach § 9 Abs 4 KStG 1988 liegt zwischen der P GmbH und der A GmbH nicht vor. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

4) Unzulässigkeit einer Revision (Spruchpunkt II.)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die offenen Rechtsfragen wurden analog der unter 3. angeführten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH beantwortet, wodurch diesen eine grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt.

Die ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 4 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 9 Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 24 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7106049.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at