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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 14.09.2023, RV/3300004/2021

Jahrelange Hinterziehung von Einkommensteuer, zwischenzeitige Verjährung, Unterschied zwischen mündlich verkündeter und schriftlich mitgeteilter Ersatzfreiheitsstrafe, keine Erhöhung der Zusatzstrafe mangels Beschwerde des Amtsbeauftragten, behauptete mündlich erstattete Selbstanzeige bei der Polizei

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/3300004/2021-RS1
wie RV/7300045/2021-RS2
Im Beschwerdefall wurde in der Niederschrift über die von der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlungen der Spruch des angefochtenen Bescheides stichwortartig wiedergegeben. Diese Verkündung des Bescheides - und nicht die Zustellung seiner schriftlichen Ausfertigung - ist damit […] von entscheidender Bedeutung (; ).
RV/3300004/2021-RS2
wie RV/7300045/2021-RS1
Ein Bescheid ist bereits mit seiner mündlichen Verkündung rechtlich existent geworden (Hinweis E , 95/17/0007; E , 95/09/0228; E , 95/09/0250; ). Dabei ist für die Frage, ob und mit welchem Inhalt ein mündlicher Bescheid erlassen wurde, nicht die schriftliche Bescheidausfertigung, sondern jene Urkunde entscheidend, die über den Bescheidinhalt und die Tatsache der Verkündung angefertigt wurde (vgl. ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Innsbruck 6 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen Herrn ***Bf1***, geboren 1965, ***Bf1-Adr***, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Klaus Perktold LL.M., M.B.L. - HSG, Museumsstraße 1, 6020 Innsbruck, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das mündlich verkündete und schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , **FV1**, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers, des Amtsbeauftragten sowie der Schriftführerin zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates wie folgt abgeändert:

Das nunmehr beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde geführte Finanzstrafverfahren wird hinsichtlich des Verdachtes der Hinterziehung von Einkommensteuer 2011 in der Höhe von € 4.700,00 gemäß §§ 136, 157, 82 Abs. 3 lit. c, 31 Abs. 5 FinStrG eingestellt.

Über ***Bf1*** wird für die verbleibenden Finanzvergehen gemäß §§ 33 Abs. 5, 21 Abs. 3 FinStrG eine Zusatz-Geldstrafe zum Erkenntnis vom , FV-001 084 464, in Höhe von € 10.000,00 verhängt.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird gemäß § 20 FinStrG eine Zusatz-Ersatzfreiheitsstrafe zum Erkenntnis vom , FV-001 084 464 von 33 Tagen festgesetzt.

Die Kosten werden in unveränderter Höhe von € 500,00 festgesetzt.

Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates I-1 als Organ des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , Geschäftszahl GZ. **FV1**, wurde Herr ***Bf1***, geboren 1965, Angestellter, Obmann, schuldig erkannt, er habe im Bereich des Finanzamtes Österreich - Innsbruck vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht betreffend die Veranlagungsjahre 2011 bis 2018 eine Verkürzung an Einkommensteuer in der Höhe von € 4.700,00 (2011), € 3.619,00 (2012), € 4.398,00 (2013), € 8.821,00 (2014), € 10.910,00 (2015), € 3.796,00 (2016), € 4.137,00 (2017) und € 4.134,00 (2018), bewirkt, indem Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden.

Die Beschuldigte habe hierdurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen. Er werde hierfür nach § 33 Abs. 5 iAd § 21 Abs. 3 FinStrG zu nachstehender Zusatzstrafe verurteilt: Geldstrafe in der Höhe von € 12.500,00, (in Worten EURO zwölftausendfünfhundert) sowie gem. § 20 FinStrG im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einer Woche (laut Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Spruchsenat in der Dauer von sechs Wochen) und gem. § 185 FinStrG zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens, wobei der Pauschalbetrag mit € 500,00 bestimmt werde.

Als Entscheidungsgründe wurden ausgeführt:

"Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens, nämlich der Einsichtnahme in den gesamten Inhalt des Finanzstrafaktes zur Straflistennummer **FV1**, insbesondere der Stellungnahme des Amtsbeauftragten in diesem Verfahren, die anonyme Anzeige vom , die Ladung des Beschuldigten vom , das Protokoll über die Einvernahme des Beschuldigten vom , die "Selbstanzeige" vom , die Rückstandsaufgliederung, den Veranlagungsakt, sowie die Vor(straf-)akten, nämlich die Finanzstrafakten mit den Strafnummern ***1-5***, jeweils Finanzamt Innsbruck wird festgestellt:

Der Beschuldigte ist Angestellter beim Verein **V1** in Innsbruck. Er erzielt dort ein Einkommen in der Höhe von netto € 3.000,00 monatlich, dies zuzüglich Sonderzahlungen. Er ist Vater einer achtjährigen Tochter. Für diese hat er monatlich einen Unterhaltsbetrag von € 600,00 zu bezahlen. Zudem bezahlt der Beschuldigte - freiwillig - seiner achtzigjährigen, in der Türkei wohnhaften Mutter einen monatlichen Unterhalt von ca. € 250,00. Er ist Eigentümer einer Wohnung. Für diese Wohnung haftet eine Kreditverbindlichkeit von rund € 170.000,00 aus. Darüber hinaus bestehen beim Beschuldigten Schulden im Sinne eines Privatkredites mit einem Betrag von ca. € 4.000,00. Sonstiges Vermögen hat der Beschuldigte nicht.

Der Beschuldigte war zumindest bis ins Jahr 2019 Obmann der Vereine **V2**/**V1** und Angestellter in beiden Vereinen. Mit (ergänzt: gem. § 141 Abs. 3 FinStrG gekürztem) Straferkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Innsbruck vom wurde der Beschuldigte schuldig erkannt, im Bereich des Finanzamtes Innsbruck fortgesetzt vorsätzlich

als Obmann des Vereins **V2**:
Lohnsteuer für den Zeitraum 10/2017 von € 3.000,00, 12/2017 von € 2.775,97, 01/2018 von € 3.200,00, 09/2018 von € 3.191,66,10/2018 von € 3.394,23, Dienstgeberbeiträge für den Zeitraum 10/2017 von € 1.025,00, 12/2017 von € 1.000,44, 01/2018 von € 1.248,00, 09/2018 von € 1.131,91, 10/2018 von € 1.364,49;
als Obmann des Vereins **V1**:
Lohnsteuer für den Zeitraum 12/2017 von € 2.650,75, 05/2018 von € 2.462,41, 09/2018 von € 3.109,96, 10/2018 von € 3.394,23, Dienstgeberbeiträge für den Zeitraum 12/2017 von € 1.638,02, 05/2018 von € 1.591,61, 09/2018 von € 1.590,67, 10/2018 von € 1.598,17,
nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet (abgeführt) und der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe der geschuldeten Beträge nicht bekannt gegeben und dadurch die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen zu haben.

Der Beschuldigte wurde hierfür nach § 49 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von € 2.500,00 und gem. § 20 FinStrG im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einer Woche verurteilt, ferner zum Kostenersatz des Strafverfahrens in der Höhe von € 250,00.

Am langte beim BMF-Finanzpolizeiteam 60 in Innsbruck eine anonyme Anzeige gegen den gemeinnützigen Verein "**V2**" ein, indem als Mitglied des Vorstandes - unter anderem - der Beschuldigte ***Bf1*** als Obmann angeführt worden ist. Angeführt wurde im Rahmen dieser anonymen Anzeige als Vorwurf unter anderem die Ausstellung von "Scheinrechnungen für Projektabrechnungen".

Darin wurde weiters ausgeführt: "Untenstehende, im WKO-Firmenverzeichnis eingetragene Firma erstellte Rechnungen (ohne Rechnungsnummer, Stempel und Unterschrift) für welche nie eine Dienstleistung erbracht wurde. In den Jahren 2017 und 2018 wurden für das BMEIA eigenfinanzierte Projekt ***P1*** (Jahr 2017) und ***P1*** 2018 (Jahr 2018) von den Angestellten des Vereins **V2** die Webseiten erstellt und betreut, nicht aber von der auf den Rechnungen angeführten Firma (**U1**). Dasselbe gilt für das EU-Projekt ARISE (Laufzeit: 2017 - 2019), bei welchem zwar tatsächlich ein Film mit einem Filmemacher (**P2**) produziert wurde, doch untenstehende Firma hat trotzdem eine Rechnung zusätzlich zu jener von der **P2** ausgestellten) gestellt. Des Weiteren gibt es eine Rechnung auf welches für selbiges Projekt "**P3**" des Arise Toolkits zu finden ist. Dieses Toolkit wurde nie vom Verein gedruckt. Die existierenden Exemplare stammen vom deutschen Projektpartner, wir bitten um Durchsicht der beiliegenden Rechnungskopien. Die beiliegenden Umsatzkopien dienten dem Verein als Nachweis (ProofofPayment) gegenüber der EU, dass die Zahlungen an Hr. **U1** getätigt wurden.
Firmenname: **A** **U1**

[...]

Mit Ladung der LPD vom , PAD/19/01416574/001/KRIM wurde der Beschuldigte für den vorgeladen. Als Gegenstand der Vernehmung wurde angeführt: "Verein **V2**", Verdacht des Missbrauchs von Förderungen, Verdacht des schweren Betruges, Verdacht auf Urkundenfälschung".

Am wurde zur Geschäftszahl der Finanzpolizei FPT61, nämlich 081/10517/6119 Frau **Z1*** einvernommen, die im Zuge ihrer Aussage erklärte, ca. 2,5 Jahre für den Verein **V2** als Assistentin der Geschäftsführung gearbeitet zu haben. Sie wurde bei ihrer Einvernahme auch konkret dazu befragt, ob sie zu den Rechnungen der Firma **B** **A** **U1** vom und etwas sagen könne. Dies wurde von ihr dahingehend beantwortet:

"...damit das Geld für das Projekt aufgebracht wurde, sind die beiden Rechnungen der Fa. **B** **A** **U1** in der Höhe von € 900,00 und € 1.380,00 aufgetaucht. Diese Rechnungen von **U1** sind immer aufgetaucht, wenn noch Geld übrig war. Ich habe diese Überweisungen in die Bank getan und der Chef hat sie überwiesen. Es gibt mehrere Projekte, wo Rechnungen von **U1** vorhanden sind. [...] Man muss sich vorstellen, es gibt bei jedem Projekt einen Leiter, das ist der Chef, eine Projektmanagerin, mich als Finanzmanagerin, und eine Projektmitarbeiterin. Es war nicht erwünscht, dass wir zusammenarbeiten und es war nicht erwünscht, dass eine Projektmanagerin Einsicht in die Finanzen hat. Er wollte nie, dass die Projektmanager mitbekommen, was abgerechnet ist. [...]".

Am wurde der Beschuldigte ***Bf1*** im Beisein seines Verteidigers RA **RA2** bei der LPD, Geschäftszahl PAD/19/01416574/001/KRIM, einvernommen; es handelte sich um die ursprünglich mit Ladung vom für den vorgesehene, jedoch terminlich in der Folge verschobene, Vernehmung des Beschuldigten. Hinsichtlich des Inhaltes dieser Vernehmung und insbesondere der Aussage des Beschuldigten sowie seinen Erklärungen und jene seines Rechtsanwaltes **RA2** wird auf diese Beschuldigtenvernehmung vom verwiesen, die diesem Erkenntnis beigeschlossen ist und insoweit einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses und der Feststellungen bilden.

Am 16.10. wurde bei der Landespolizeidirektion - wiederum zu dieser Geschäftszahl - **A** **U1** als Zeuge einvernommen. Dieser gab auszugsweise Folgendes an: "Mir wurde der Inhalt der anonymen Anzeige gegen den Verein **V2** in Bezug auf angeblich von mir ausgestellten Rechnungen zur Kenntnis gebracht. [...] Über das Verhalten des mit schon seit 30 Jahren bekannten ***Bf1***, Rechnungen in meinem Namen auszustellen, bin ich entsetzt. [...] Ich weiß, dass er diese Rechnungen ausgestellt hat, da ich mit ihm, als ich die Ladung zur Zeugeneinvernahme bekommen habe ein Gespräch geführt habe und er mir seine Vorgangsweise eingestanden hat. Er hat mir gesagt, dass er diese Rechnungen selbst geschrieben hat. Für den Verein **V2** habe ich einmalig eine Leistung im Jahr 2011 erbracht. Diese Leistung habe ich auch abgerechnet [...]. Das Konto bei der Bank1 (AT 1008) wurde von mir im Jahr 2014 errichtet. Von ***Bf1*** wurde mir versprochen, dass wir in Zukunft gemeinsam an Projekten arbeiten können, damit war gemeint, dass ich die Aufträge zur Erstellung von div. Werbegrafiken erhalte sollte. Er hat auch die Eröffnung dieses Kontos angeregt damit die finanzielle Transparenz der zukünftigen Projekte gesichert sei. Er war auch bei der Eröffnung des Kontos anwesend und hat auch seine Telefonnummer für den Erhalt der TANs angegeben. Das erschien auch sinnvoll, da er auf Grund seiner Tätigkeit Profi im Bereich der Projekterstellung (Bearbeitung) Finanzierung...) wäre. In der ersten Zeit nach der Eröffnung des Kontos habe ich noch auf Aufträge durch den Verein gehofft. Zu einer Zusammenarbeit von mir - damals war ich noch als Grafiker tätig - und dem Verein **V2** ist es jedoch nie gekommen. Da jedoch nie ein Auftrag erteilt worden ist, geriet dieses Konto bei mir in Vergessenheit. Dass es von ***Bf1*** noch genutzt wurde ist mir nie aufgefallen, [...]. Ich habe ***Bf1*** mit meiner Ladung die ich erhalten habe konfrontiert. In dem darauf folgenden Gespräch versuchte er mich zu beruhigen. Nach diesem Treffen und nachdem ich draufgekommen war, dass das Konto auf ca. 150 leergeräumt war, habe ich alle Kontodaten ausgedruckt und meinem Rechtsanwalt mit der Bitte um Anzeigeerstattung bei der StaA zu erstatten übermittelt [...]. Zu den Kontobewegungen möchte ich noch anführen, dass es sich um Buchungen in der Höhe von ca. € 52.600,00. Aufgefallen ist mir, dass Einzahlungen und weiter bzw. Rücküberweisungen innerhalb von Stunden bzw. Tagen erfolgt sind. Eingezahlt worden ist von ***Bf1*** im Namen des Vereins **V2**. Weiter verbucht wurde dann eine entsprechende Summe auf das Privatkonto von ***Bf1*** (Beispiel Einzahlung durch den Verein **V2** € 4.000,00 - weiter Überweisung auf das private Konto von ***Bf1*** € 3.995,00. Auf dem Konto ist immer ein kleiner Geldbetrag liegen gelassen worden, um die Bankgebühren zu decken.) In diesem Zusammenhang ist es mir wichtig klar zu stellen, dass kein einziger Cent von diesem Bankkonto in irgendeiner Weise an mich ausbezahlt worden ist. Das wird auch durch die Kontobelege eindeutig belegt. Es ist auch kein einziger Auftrag bezüglich eines Projektes durch den Verein **V2** an mich ergangen. Alle relevanten Unterlagen habe ich bereits meinem Rechtsanwalt **RA1** übergeben."

Am wurde von der Kanzlei1 per Telefax eine mit datierte Eingabe an das Finanzamt Innsbruck übermittelt, bezeichnet als Offenlegung gem. § 29 FinStrG. Diese Eingabe ist diesem Erkenntnis in Bezug auf deren Inhalt als integrierender Bestandteil beigeschlossen.

Die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung ABNr. **49**, erfolgte am **49**.10.2020. Dort wurde im Rahmen der Niederschrift - unter anderem - festgehalten, dass der gegenständlich geprüfte Unternehmer, nämlich der hier Beschuldigte, fristgerecht, vor Prüfungsbeginn am eine Selbstanzeige im Sinne des § 29 FinStrG über nicht erklärte Einnahmen, die wirtschaftlich betrachtet ihm im Rahmen seiner nichtselbständigen Geschäftsführertätigkeit zugeflossen sind, ohne dass diese auf den Lohnkonten berücksichtigt wurden, erstattet habe.

Das Finanzstrafverfahren wurde mit gegen den Beschuldigten eingeleitet.

Durch seine Vorgehensweise wurden vom Beschuldigten für folgende Zeiträume nachstehende Abgabenverkürzungen bewirkt:
ESt 2011: € 4.700,00
ESt 2012: € 3.619,00
ESt 2013: € 4.398,00
ESt 2014: € 8.821,00
ESt 2015: € 10.910,00
ESt 2016: € 3.796,00
ESt 2017: € 4.137,00
ESt 2018: € 4.134,00
sohin € 44.515,00.

Dem Beschuldigten war bekannt, dass hinsichtlich der diesen Abgabenverkürzungen zugrunde liegenden Einnahmen eine Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht besteht. Gegen diese Verpflichtungen verstieß der Beschuldigte bewusst, dies in der Absicht, für sich einen finanziellen Vorteil zu lukrieren.

Diese Feststellungen trifft der Senat aufgrund der eingangs angeführten Beweismittel. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind unbedenklich und konnten hinsichtlich der Zeiträume und der Höhe der strafbestimmenden Wertbeträge den Feststellungen zum Schuldspruch zugrunde gelegt werden. Die Feststellungen zum Inhalt der anonymen Anzeige, der Ladung, der Niederschriften über Einvernahmen und die Schlussbesprechung der Außenprüfung und den Inhalt der Eingabe vom ergeben sich aus den bezughabenden, im Akt erliegenden Unterlagen. Die Höhe des Betrages der Abgabenverkürzung ergibt sich hinlänglich aus dem Ermittlungsverfahren und wurde vom Beschuldigen auch nicht in Frage gestellt. Ebenfalls aus der eigenen Verantwortung des Beschuldigten ergibt sich, dass er seine Verpflichtungen gem. § 33 Abs. 1 FinStrG tatsächlich kannte. Darin besteht auch insofern kein Zweifel, als er seit vielen Jahren im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit für finanzrechtliche Angelegenheiten zuständig ist und darüber hinaus bereits betreffend Lohnabgaben bereits mehrfach finanzstrafrechtlich belangt wurde. Ausgehend von den getroffenen Feststellungen hat der Beschuldigte das Finanzvergehen der Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 1 FinStrG verwirklicht.

Insoweit er den Standpunkt vertritt, er habe eine zur Strafaufhebung führende Selbstanzeige im Sinne des § 29 FinStrG eingebracht, ist dies unrichtig. Richtig ist, dass derjenige, der sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, nach § 29 Abs. 1 FinStrG insoweit straffrei wird, als er seine Verfehlung darlegt. Die Darlegung hat, wenn die Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften den Zollämtern obliegt, gegenüber einem Zollamt, sonst gegenüber einem Finanzamt zu erfolgen.

Der Beschuldigte vertrat (zuletzt) den Standpunkt, es sei (bereits) bei seiner Beschuldigtenvernehmung vor der Landespolizeidirektion für Tirol am zu einer mündlichen Selbstanzeige gekommen. Eine Selbstanzeige im Sinne des § 29 Abs. 1 FinStrG erfolgte jedoch am in Wahrheit nicht. Dies ergibt sich bereits aus dem (festgestellten) Inhalt des Bezug habenden Protokolls. Im Rahmen dieser Einvernahme wurde vom Beschuldigten bzw. seinem Rechtsvertreter festgehalten, es werde "eine Selbstanzeige beim Finanzamt Innsbruck erstattet werden"; weiters: "die Selbstanzeige ist noch nicht beim FA eingelangt".

Aus den insoweit klaren Aussagen und Erklärungen ergibt sich, dass es sich bei dieser Beschuldigtenvernehmung und den dabei getätigten Angaben und Aussagen um keine Selbstanzeige im Sinne des § 29 Abs. 1 FinStrG handelte. Insoweit kann auch dahingestellt bleiben, dass - wie ausgeführt - eine Selbstanzeige gegenüber dem Finanzamt zu erfolgen gehabt hätte, und weiters, dass diese Erklärungen und Aussagen nach ihrem Inhalt keineswegs eine für eine wirksame Selbstanzeige geforderte Offenlegung der maßgeblichen Umstände beinhaltete. Dafür wäre es erforderlich gewesen, dass dem Finanzamt inhaltlich eine Grundlage für eine Ermittlung der Bemessungsgrundlagen geliefert wird.

Auch die "Offenlegung" vom , per Telefax eingelangt beim Finanzamt am , führt nicht zu einer Straffreiheit nach § 29 FinStrG. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass hierfür nicht eine Offenlegung erforderlich wäre, sondern dass diese auch ohne Verzug zu erfolgen hätte. Dies bedeutet, dass die erforderliche Offenlegung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang notwendig ist. Selbst wenn man bei der diesbezüglichen Beurteilung vom Datum der Einvernahme des Beschuldigten am ausgehen würde, wäre diese "Offenlegung" beinahe drei Wochen nach der Einvernahme am erst erfolgt und somit verspätet.

Hinzu tritt, dass unter Berücksichtigung des Inhaltes der anonymen Anzeige, der Ladung des Beschuldigten vom , der Niederschrift vom über die Einvernahme von **Z1*** ein "Verdacht" in einem Ausmaß bestand, dass bei vorläufiger Tat die Beurteilung der Nachweis der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes eines Finanzvergehens wahrscheinlich ist, sodass die Straffreiheit im Rahmen einer "Selbstanzeige" gem. § 29 Abs. 3 lit. b FinStrG ohnedies bereits am nicht mehr erreicht werden konnte, geschweige denn durch die "Offenlegung" vom . Ein Eingehen darauf, dass die "Offenlegung" vom den Zeitraum 2013 nicht umfasste, ist insofern nur der Vollständigkeit halber zu erwähnen.

Das verurteilende Erkenntnis des Beschuldigten vom wegen der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG betraf den Zeitraum 2017 bis 2018. Es war daher im Sinne des § 21 Abs. 3 FinStrG eine Zusatzstrafe zu verhängen. Wäre das nunmehr gegenständliche Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG bereits damals mitberücksichtigt worden, wäre von einer Geldstrafe von € 15.000,00 auszugehen gewesen. Unter Berücksichtigung der damals verhängten Geldstrafe von € 2.500,00 ergibt sich die nunmehrige (Zusatz-)strafe von 12.500,00. Dies vor dem Hintergrund, dass einerseits im nunmehrigen Verfahren die Unbescholtenheit, die teilweise Schadenswiedergutmachung und auch eine verspätete Selbstanzeige als mildernd zu berücksichtigen waren, jedoch ein längerer Deliktszeitraum vorliegt.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit war eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Die Verpflichtung zum Kostenersatz ist eine Folge des Schuldspruches und in der bezogenen Gesetzesstelle begründet."

In der dagegen fristgerecht am 22. Juli 2021eingebrachten Beschwerde des Beschuldigten wird das Erkenntnis zur Gänze angefochten und wie folgt ausgeführt:

"Im Gegensatz zu den im Erkenntnis dargelegten rechtlichen Ausführungen ist der Beschwerdeführer der Ansicht, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige im konkreten Anlassfall anzunehmen ist.

Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

a) Entdeckung der Tat:
Eine allfällige Tat ist erst dann entdeckt, wenn ein so qualifizierter Verdacht vorliegt, dass bei einer einstweiligen Tatbeurteilung der Nachweis der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes eines Finanzvergehens wahrscheinlich ist.
Ein (selbst begründeter) Anfangsverdacht genügt dagegen nicht, solange ein objektiv erfassbares und tatsächlich wahrgenommenes Geschehen nicht dazu führt, dass ein typisches Vergehen nach dem FinStrG vorliegt, sondern weitere Deutungsmöglichkeiten noch offen sind. In derartigen Fällen ist die Tat nicht einmal teilweise entdeckt (statt anderer ).

Die erstinstanzliche Entscheidung bezieht sich im Hinblick auf die Verspätung der Selbstanzeige auf anonymisierte Angaben sowie auf Aussagen einvernommener Zeugen.

Hinsichtlich der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen verspäteten Entrichtung der Einkommensteuer ergibt sich aus diesen Aussagen jedoch keinerlei Hinweis.

Selbst unter Berücksichtigung dieser Beweisergebnisse war daher die Tat zum damaligen Zeitpunkt nicht entdeckt

b) Diese Rechtsansicht hat auch das Finanzamt Innsbruck anlässlich der Außenprüfung zur Abgabennummer **49** geteilt. Am wurde festgehalten, dass der nunmehrige Beschuldigte und Beschwerdeführer fristgerecht vor Prüfungsbeginn am eine Selbstanzeige eingebracht habe, die auch rechtzeitig ist.

Wenn also damit selbst die Abgabenbehörde der Ansicht war, dass eine die Strafbarkeit aufhebende Selbstanzeige vorlag, dann ist nicht nachvollziehbar, warum die erstinstanzliche Strafbehörde zu einem diesbezüglich anderen Ergebnis kommt.

Es wird dazu ausdrücklich die Einvernahme der **BP1**, pA Finanzamt Innsbruck, Innrain 32, 6020 Innsbruck beantragt.

c) Selbst unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vom - im Übrigen vor der LPD - ergibt sich keineswegs ein qualifizierter Verdacht im Hinblick auf die Hinterziehung von Einkommensteuer

Der Beschwerdeführer hat in dieser Vernehmung darauf hingewiesen, dass zwar einerseits Rechnungen über das Vereinskonto abgerechnet wurden, er gleichzeitig aber auch ca. € 100.000,00 an Privatvermögen als privates Darlehen in den Verein eingebracht hat.

Selbst unter diesen Prämissen ist daher die Selbstanzeige als rechtzeitig anzusehen.

Der Beschwerdeführer hat dort auch allfällige Offenlegungspflichten erfüllt. Selbst wenn er zu diesem Zeitpunkt noch keine vollständige, alle Fakten umfassende Darlegung machen konnte, ist er im Sinne einer zumindest ausreichenden Selbstanzeige den diesbezüglichen Verpflichtungen rechtzeitig nachgekommen.

Zur Strafhohe:

Die erstinstanzliche Behörde hätte berücksichtigen müssen, dass der Beschwerdeführer freiwillig sämtliche Beträge aus dem Titel der Einkommensteuer bekanntgegeben und auch eine Zahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt getroffen hat. Diese wird auch von ihm laufend erfüllt.

Die über den Beschwerdeführer verhängte Zusatzstrafe für die Veranlagungsjahre 2011 bis 2018 ist überhöht.

Eine entsprechende Gewichtung der einzelnen Veranlagungsjahre und der damit einhergehenden Gesamtstrafe hätte dazu führen müssen, dass eine wesentlich mildere Strafe verhängt wird.

Dabei muss vor allem auch berücksichtigt werden, dass er in den Vorjahren aufgrund der extremen Arbeitsüberlastung und der nicht ausreichenden personellen Ausstattung der von ihm präsentierten Einrichtung im außerordentlichen Maß belastet war. Die in den Vorjahren von ihm zu verantwortenden Tathandlungen sind daher jedenfalls auch erklärbar.

Dies hätte bei der Gesamtbeurteilung ebenfalls berücksichtigt werden müssen.

Es wird dazu auch ausdrücklich beantragt, ihn zu dieser damaligen Situation einzuvernehmen.
Aus den angeführten Gründen werden gestellt nachstehende Anträge:

Das Bundesfinanzgericht wolle
1) eine mündliche Verhandlung anberaumen.
2) der Beschwerde Folge geben und das gegen den Beschuldigten eingeleitete Finanzstrafverfahren einstellen, in eventu den Beschuldigten von den Tatvorwürfen freisprechen, in eventu
3) die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe angemessen herabsetzen."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 bewirkt mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

§ 161 Abs. 3 FinStrG: Eine Änderung des angefochtenen Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten ist nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.

§ 29 Abs. 1 FinStrG: Wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, wird insoweit straffrei, als er seine Verfehlung darlegt (Selbstanzeige). Die Darlegung hat, wenn die Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften dem Zollamt Österreich obliegt, gegenüber diesem, sonst gegenüber einem Finanzamt oder dem Amt für Betrugsbekämpfung zu erfolgen. Sie ist bei Betretung auf frischer Tat ausgeschlossen.

§ 29 Abs. 2 FinStrG: War mit einer Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so tritt die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offen gelegt werden, und binnen einer Frist von einem Monat die sich daraus ergebenden Beträge, die vom Anzeiger geschuldet werden, oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann, tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung entrichtet werden. Die Monatsfrist beginnt bei selbst zu berechnenden Abgaben (§§ 201 und 202 BAO) mit der Selbstanzeige, in allen übrigen Fällen mit der Bekanntgabe des Abgaben- oder Haftungsbescheides zu laufen und kann durch Gewährung von Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) auf höchstens zwei Jahre verlängert werden. Lebt die Schuld nach Entrichtung ganz oder teilweise wieder auf, so bewirkt dies unbeschadet der Bestimmungen des § 31 insoweit auch das Wiederaufleben der Strafbarkeit.

§ 29 Abs. 3 FinStrG: Straffreiheit tritt nicht ein
a) wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3) gegen den Anzeiger, gegen andere an der Tat Beteiligte oder gegen Hehler gesetzt waren
b) wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale bereits ganz oder zum Teil entdeckt und dies dem Anzeiger bekannt war oder die Entdeckung der Verletzung einer zollrechtlichen Verpflichtung hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale unmittelbar bevorstand und dies dem Anzeiger bekannt war, oder
c) wenn bei einem vorsätzlich begangenen Finanzvergehen die Selbstanzeige anläßlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nicht schon bei Beginn der Amtshandlung erstattet wird, […].

§ 29 Abs. 6 FinStrG: Werden Selbstanzeigen anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet, tritt strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, als auch eine mit einem Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 entrichtet wird. Die Abgabenerhöhung beträgt 5 % der Summe der sich aus den Selbstanzeigen ergebenden Mehrbeträgen. Übersteigt die Summe der Mehrbeträge 33 000 Euro, ist die Abgabenerhöhung mit 15 %, übersteigt die Summe der Mehrbeträge 100 000 Euro, mit 20 % und übersteigt die Summe der Mehrbeträge 250 000 Euro, mit 30 % zu bemessen. Insoweit Straffreiheit nicht eintritt, entfällt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung, dennoch entrichtete Beträge sind gutzuschreiben. Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a BAO.

Der Beschuldigte hat schon in seiner Stellungnahme zur Einleitung des Finanzstrafverfahrens vom auf eine mündliche Selbstanzeige vor der LPD am verwiesen. In diesem Zusammenhang darf darauf hingewiesen werden, dass die Darlegung einer Selbstanzeige gemäß § 29 Abs. 1 FinStrG gegenüber einem Finanzamt oder dem Amt für Betrugsbekämpfung zu erfolgen hätte. Die Einbringung einer Selbstanzeige- noch dazu wie behauptet einer mündlichen Selbstanzeige, die grundsätzlich durchaus zulässig ist - bei der Polizei ist nicht bei der zuständigen Stelle erfolgt, konnte somit mangels Beurteilung durch die zuständige Behörde keine strafbefreiende Wirkung erzielen.

Zudem ergibt sich aus dem Akt, dass am in Anwesenheit von Herrn AR **FA1** vom damaligen Finanzamt Innsbruck vor der LPD am nur eine Selbstanzeige angekündigt wurde, sodass eine Selbstanzeige wegen Abgabenhinterziehung während dieser Beschuldigtenvernehmung noch nicht erstattet wurde.

Selbstanzeige vom (soweit es die Einkommensteuer betrifft):

"[…] 3. Nichtabfuhr der vollständigen Einkommensteuer im Rahmen der Veranlagung betreffend die Veranlagungsjahre 2011, 2012, 2014, 2015, 2016 und 2017 (unrichtige Erklärungsabgabe) gem. § 41 Abs 1 Z 1 und Z 2 EStG bei Herrn ***Bf1***, Str.Nr. **81**.

Die Einkommensteuererklärung 2018 wird zeitgleich mit der Selbstanzeige übermittelt."

[…] Im Rahmen der anonymen Anzeige wurde der Vorwurf von Scheinrechnungen für Projektabrechnungen erhoben und der Name Mag. "**A**" **U1** als möglicher Geschäftspartner der beiden oben angeführten Vereine namhaft gemacht.

Herr Magister **A** **U1** ist in beiden Vereinen tätig und erbrachte Dienstleistungen im Bereich. Ein Geschäftspartner mit dem Namen Mag. "**A**" **U1** scheint sowohl auf den offiziellen als auch inoffiziellen Rechnungen auf. Der Name **A** ist als Kurzform von **A** **U1** verwendet. Richtig ist aber der Name **A** **U1**, der auch den Strohmannkonten als wirtschaftlicher Eigentümer aufscheint (siehe Beilage 8 und 9).

Wie in der Beschuldigteneinvernahme dargelegt, wurden neben diesen offiziellen Leistungen von Herrn Magister **A** **U1** für die beiden Vereine auch Leistungen an die Vereine auch direkt vom Obmann, Herrn ***Bf1*** erbracht, und mit "innoffiziellen" Rechnungen lautend auf Herrn Mag. **A** **U1** an die beiden Vereine fakturiert. Es wurden zwei Bankkonten von Herrn Magister **A** **U1** errichtet, bei welchen der Obmann beider Vereine teilweise Zugang hatte. Diese beiden Strohmannkonten bestanden bei folgenden österreichischen Bankinstituten. Der Zugang zum Strohmannkonto 2 (RLB) ist leider nicht mehr vollständig herstellbar. Der Zugang wurde von Magister **A** **U1** verwehrt. Diese Unsicherheit betreffend der nicht vollständigen Offenlegung dieses Strohmannkontos 2, wird durch eine vollständige Kontrolle sämtlicher Zahlungen auf dem Privatkonto von Herrn ***Bf1*** kompensiert. Ein allfälliger Sicherheitszuschlag in der Selbstanzeige kann daher entfallen, da nicht notwendig.

Es wurden für die Durchführung der Bezahlungen dieser vom Obmann gestellten Rechnungen zwei Konten verwendet […].

1. Offenlegung der Umstände:

Allgemeines:

Wie bereits oben ausgeführt sind beide Vereine als gemeinnützige Vereine anzusehen. Die Bezahlung von Rechnungen an den Obmann, der selbständig neben seinem Dienstverhältnis, tätig ist, ist grundsätzlich möglich. Eine verdeckte Gewinnausschüttung bei eigentümerlosen Körperschaften ist aufgrund der geprüften Leistungen nicht gegeben. Die Folgen bei der Körperschaft (Neutralisierung des Aufwandes bzw. des Ertrages) hat nicht zu erfolgen. Eine allfällige KESt ist mangels Vorliegen von Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 27 EStG nicht abzuziehen. Die Einkünfte sind den verantwortlichen Organen zugekommen, welche diese im Einkommensteuerverfahren zu erklären haben (siehe BFG RV/2101266/2016). Diese Methodik haben wir bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen angewandt:

1.1.1 Sachverhalt und steuerliche Verfehlung:

Vorauszuschicken ist der Umstand, dass zwei Strohmannkonten bestanden, über welche die Zahlungen der Leistungen des Obmanns Herrn ***Bf1*** erfolgten. Das Strohmannkonto 1 steht lückenlos und vollständig zur Verfügung. Das Strohmannkonto 2 ist nur unvollständig vorhanden.

Beide Konten sind Herrn Magister **A** **U1** zuzurechnen. Die Zugangsdaten für das Strohmannkonto 2 bei der Bank2 in Form der PINs, wurden per Post direkt an Herrn Magister **U1** geschickt, der diese dann an Herrn ***Bf1*** übergeben hatte.

Aufgrund der verwendeten PINs konnte die Anzahl der verwendeten Überweisungen kontrolliert werden. Durch die 2-Faktoren Identifizierung im Jahr 2019 konnten das Strohmannkonto 1 lückenlos rekonstruiert werden. Mangels weiteren Zugangsberechtigung beim alten nicht mehr verwendeten Strohmannkonto 2, kann dieses nur anhand einer ausgedruckten, vorhandenen Umsatzliste für das Jahr 2011 beigelegt werden. Für die restlichen Jahre kann keine Umsatzliste von Herrn ***Bf1*** rekonstruiert werden.

Zum Nachweis der Behauptung wird eine Kontenregisterabfrage von Herrn ***Bf1*** beigelegt, auf welchem die Zuordnung der Girokonten ersichtlich ist. Die Strohmannkonten scheinen nicht hei Herrn ***Bf1*** auf.

Zur Prüfung der Vollständigkeit wurden sämtliche gestellte Rechnungen von Herrn Magister **U1** **A**, beigefügt. Darin sind 30 Rechnungen für den Verein **V2** (bezeichnet als 1- 30) und 4 Rechnungen für die Kinderbetreuungseinrichtung **V1** (bezeichnet als K11 - K14) enthalten. Diese Rechnungen sind jeweils die entsprechenden Zahlungsnachweise beigefügt. Es werden diese gesamten Rechnungen in einer Excelaufstellung dokumentiert, das auch Basis für die weiteren Ermittlungen der Bemessungsgrundlagen darstellen.

Von den gesamten Rechnungen sind die Rechnungen mit der Nummerierung 2-10 und 25 im Leistungszeitraum - direkt an den Verein **V2** erbracht worden und auch normal bezahlt worden. Für die **V1** wurden keine "offiziellen" Rechnungen von Herrn Magister **U1** verzeichnet. Hier sind sämtliche Rechnungen (11 - K14) Rechnungen von Herrn ***Bf1***.

Die erbrachten Leistungen wurden auf den entsprechenden Projekten erfasst und den Förderstellen angezeigt. Wie bereits oben ausgeführt, wurden sämtliche Leistungen akzeptiert und tatsächlich erbracht (siehe Beilage Prüfungsnachweise - Beilage 18).

Eine entsprechende Erfassung auf dem Verrechnungskonto des Obmanns Herrn ***Bf1*** ist daher nicht notwendig.

Diese zusätzlichen Einnahmen (Strohmannkonto 1 und 2) wurden in der persönlichen Steuererklärung von Herrn ***Bf1*** bis dato nicht erfasst. […]

1.1.2 Darlegung der Verfehlungen Sachverhalt:

ESt

Durch die Nichterfassung der gestellten Rechnungen mit dem Briefkopf Magister **A** **U1** in den bisherigen Steuererklärungen des Obmannes, wurde die daraus resultierende Einkommensteuer 2011 - 2012 und 2014 - 2017 nicht ordnungsgemäß entrichtet. Die ESt-Erklärung 2018 wird entsprechend berichtigt noch ergänzend mit der Selbstanzeige übermittelt.

Diese vorstehend bezeichneten Verfehlungen werden nachstehend Jahr/Voranmeldungszeitraum samt den Bemessungsgrundlagen dargestellt. […]

3. Berechnung und Entrichtung

Wir haben nunmehr aufgrund des dargestellten Sachverhaltes die Einkommensteuerschuld […] für den Zeitraum 2009 bis 2019 vorläufig ermittelt. Die voraussichtlichen Steuerbelastungen (Mehrbelastungen) stellen sich wie folgt dar:

Einkommensteuer 2009 - 2017: € 14.254,01.

Der von der Behörde vorgeschriebene Betrag wird nach bescheidmäßiger Vorschreibung mit einem einschlägigen Verwendungszweck entsprechend der auszufertigenden Buchungsmitteilung rechtzeitig iSd § 29 Abs 2 FinStrG je Abgabenschuldner auf das entsprechende Abgabenkonto abgeführt werden."

*****

Nach Prüfung der Selbstanzeige durch die Abgabenbehörde wurden die Abgabenbescheide (nach der Außenprüfung aufgrund der Selbstanzeige) am erlassen und die daraus resultierenden strafbestimmenden Wertbeträge bzw. Verkürzungen an Einkommensteuer in der Höhe von € 4.700,00 (2011), € 3.619,00 (2012), € 4.398,00 (2013), € 8.821,00 (2014), € 10.910,00 (2015), € 3.796,00 (2016), € 4.137,00 (2017) und € 4.134,00 (2018) errechnet; Gesamtbetrag € 44.515,00. In der Selbstanzeige wurde nur eine Gesamtnachforderung von € 14.254,01 errechnet.

Anmerkung: Für die Einkommensteuer 2013 mit einem Verkürzungsbetrag von € 4.398,00 wurde explizit keine Selbstanzeige erstattet.

Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, dass "anlässlich der Außenprüfung zur ABNr. **49** am festgehalten wurde, dass der nunmehrige Beschuldigte und Beschwerdeführer fristgerecht vor Prüfungsbeginn am eine Selbstanzeige eingebracht habe, die auch rechtzeitig ist; wenn also damit selbst die Abgabenbehörde der Ansicht war, dass eine die Strafbarkeit aufhebende Selbstanzeige vorlag, dann ist nicht nachvollziehbar, warum die erstinstanzliche Strafbehörde zu einem diesbezüglich anderen Ergebnis kommt," ist festzuhalten, dass offenbar finanzamtsintern noch keine umfassende Information über die Wahrnehmungen von AR **FA1** weitergeleitet worden sind. Doch selbst wenn nicht alle Bediensteten einer Dienststelle des FA Österreich alle Informationen über alle Abgabepflichtigen kennen, ändert dies nichts an der Tatsache, dass bereits die Taten des Beschuldigten betreffend möglicher Abgabenhinterziehungen ab dem Zeitraum 2010/2011 - wie im Rahmen der Einvernahme am einbekannt - entdeckt waren.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der Beschuldigte diese Einvernahme in Anwesenheit seines damaligen Verteidigers Rechtsanwalt **RA2** absolvierte und dieser ihn jedenfalls beraten hätte können, dass er sich nicht selbst beschuldigten müsste. Der Beschuldigte hat von seinem Recht, hier nicht auszusagen, in Anwesenheit seines damaligen Verteidigers keinen Gebrauch gemacht.

Die Einvernahme der beantragten Zeugin **BP1** ist dazu nicht erforderlich, sodass dieser Beweisantrag - da die Zeugin nicht für die gesamte Finanzverwaltung sprechen kann und der bei der Einvernahme am vor der Landespolizeidirektion anwesende Finanzbeamte vom Verdacht der Abgabenhinterziehungen Kenntnis hatte - abzuweisen war.

Entrichtung laut Bewilligungen von Zahlungserleichterungen/Schadensgutmachung

Aufgrund des am eingebrachten Ansuchens um Zahlungserleichterungen wurden dem Beschuldigten mit Bescheid vom zur Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten von € 37.593,30 plus EVZ von € 8.400,00 die Ratenzahlung in näher bezeichneten Raten zwischen 15.1. und bewilligt.

Zahlungen von € 500,00 erfolgten am , 13.1., 10.2., 10.3., , € 20.000,00 am , € 250,00 am ; gesamt € 22.750,00.

Infolge eines weiteren Antrages vom wurden dem Beschuldigten mit Bescheid vom zur Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten von € 44.669,08 plus EVZ von € 2.500,00 die Ratenzahlung in näher bezeichneten Raten zwischen und bewilligt.

Zahlungen von € 500,00 erfolgten am 10.6., 8.7., 10.8., 8.9., 8.10., 10.11. und ; € 5.000,00 am ; gesamt € 8.500,00.

Nach einem weiteren Antrag vom wurden dem Beschuldigten mit Bescheid vom zur Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten von € 33.249,08 plus EVZ von € 1.875,00 monatliche Raten vom € 500,00 ab bis (letzte Rate € 30.624,08) bewilligt.

Zahlungen von € 500,00 erfolgten am 11.1., 9.2., 9.3., 8.4., 10.5., 9.6., 8.7., 10.8., 8.9., 10.10. und ; € 5.000,00 am ; gesamt € 10.500,00.

Laut Bewilligungen der obigen Zahlungserleichterungen wurden somit bis gesamt € 41.750,00 entrichtet. Damit ist der gesamte von der Selbstanzeige umfasste Betrag (ohne 2013) an Einkommensteuer entrichtet.

Tatentdeckung gemäß § 29 Abs. 3 lit. b FinStrG

Zu prüfen war, ob zum Zeitpunkt der Selbstanzeige vom (Datum laut Fax war der ) die Tat hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale bereits ganz oder zum Teil entdeckt und dies dem Anzeiger bekannt war.

Außer Streit steht, dass die Beschuldigtenvernehmung am vor der LPD in Anwesenheit von Herrn AR **FA1** vom Finanzamt Innsbruck stattgefunden hat und damals vom Beschuldigten noch keine Selbstanzeige erstattet wurde, diese war nur angekündigt.

Vielmehr hat der Beschuldigte bei dieser Beschuldigtenvernehmung auszugsweise angegeben: Bezüglich der Verrechnung div. Leistungen mit **A** **U1** wird von meinem Mandanten eine Selbstanzeige beim Finanzamt Innsbruck erstattet werden. Es wird eingeräumt, dass seit ca. 2010/2011 von **U1** dem Verein Honorarnoten vorgelegt worden sind, die Leistungen dafür aber nicht von **U1**, sondern von meinem Mandanten selbst erbracht worden sind. […] Die Leistungen sind von mir selbsterbracht worden. **U1** hat am Beginn zugestimmt, das so zu machen. Für diese Zahlungenwurde ein eigenes Konto eingerichtet, welches von mir verwaltet worden ist. Die Rechnungen wurdenüber das Vereinskonto an **U1** überwiesen. Klarstellen möchte ich, dass **U1** überDimension (Häufigkeit und Beträge) nicht Bescheid gewusst hat. […]

Frage **FA1**: Von welcher Summe jährlich reden wir?

Antwort: Seit 2010/2011 sind über dieses Konto ca. € 60.000,00 verrechnet worden.Die genauen Abrechnungen werden im Laufe dieser Woche zur Verfügunggestellt und sind auch Teil der Selbstanzeige an das Finanzamt Innsbruck.

Frage **FA1**: Gibt es solche Abrechnungsmodalitäten auch für die "**V1**"?

Antwort: Für die **V1** gibt es in diesem Zeitraum drei Rechnungen, bei denen ichgleich vorgegangen bin. Die Höhe beläuft sich auf ca. € 10.000,00.

Frage **FA1**: Gibt es für den Verein **V1** ein eigenes Konto und wer hat Zugriff aufdieses Konto?

Antwort: Für den Verein **V1** gibt es ein eigenes Konto. Ich bin alleinigzeichnungsberechtigt. Die Buchhaltung wird von einem Steuerberater gemacht.

Frage **FA1**: Sie sind Angestellter beim Verein **V2** und beim Verein **V1**.Wurde Ihnen von beiden Institutionen ein Gehalt ausbezahlt:

Antwort: Ich beziehe von beiden Einrichtungen ein Gehalt. Jeweils in Höhe von ca.€ 2.300,00 netto. Vom Verein **V2** als Projekt-Super-Visor und vomVerein **V1** als Geschäftsführer.

Frage **FA1**: Der Verein **V2** hat ein Firmenfahrzeug. Von wem wird diesesverwendet?

Antwort: Das Fahrzeug wird von mir und den Vereinsmitarbeitern verwendet. Es stehtauch dem Team für kürzerer Reisen im Namen des Vereines zur Verfügung.

Frage **Pol1**: Warum und wann haben sie Selbstanzeige beim FA erstattet?

Antwort: Die Selbstanzeige ist noch nicht beim FA eingelangt, da noch Unterlagenfehlen. Mir ist es schon in den letzten Jahren klargeworden, dass ich einesauberere Linie fahren möchte. Als Frau **Z2** ein Burn-out hatte war für michschon klar, dass es so wie bisher nicht mehr zu machen ist."

Judikatur des VwGH zur Tatentdeckung:

Entdeckt ist eine Tat erst dann, wenn sich ein Verdacht insoweit verdichtet hat, dass bei vorläufiger Tatbeurteilung der Nachweis der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes eines Finanzvergehens wahrscheinlich ist. Ein wenn auch begründeter Anfangsverdacht allein genügt nicht. Solange ein objektiv erfassbares und tatsächlich wahrgenommenes Geschehen nicht zum Schluss auf ein im FinStrG vertyptes Vergehen nötigt, sondern noch andere Deutungsmöglichkeiten offen sind, ist die Tat noch nicht einmal teilweise entdeckt ().

Unter dem Begriff der Tat iSd § 29 Abs 3 lit b FinStrG ist nach Auffassung des VwGH ein tatbestandsmäßiges, rechtswidriges, schuldhaftes und mit Strafe bedrohtes Verhalten zu verstehen (Hinweis Neuner/Henzl/Neuner, Verteidiger-Handbuch, Rz 7.28, Dorazil/Harbich, § 29 FinStrG, Anm 14; Leitner, Grundzüge des österreichischen Finanzstrafrechts, 84). Dieser Begriff "Tat" schließt auch die Kenntnis des Täters ein. Nicht allein die gänzliche Entdeckung der Tat hindert die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige; vielmehr reicht hiefür bereits eine bloß teilweise Entdeckung der Tat - sofern diese in ihren Grundzügen bereits entsprechend konkretisiert ist - für den Anzeiger schädlich ist. Von einer teilweisen Entdeckung der Tat ist auszugehen, wenn die Verantwortung für die Tat vom Ehepartner des auf Grund der vorliegenden Indizien der Tathandlung Verdächtigten sozusagen übernommen wird. Eine solche Auslegung des Gesetzes ist durch den Zweck des Abs 3 lit b des § 29 FinStrG geboten, weil durch diese Bestimmung verhindert werden soll, einer Selbstanzeige bereits entdeckter Finanzvergehen strafbefreiende Wirkung zuzuerkennen ().

Als Entdecker iSd § 29 Abs 3 lit b FinStrG kommen nicht nur die Finanzstrafbehörden, sondern auch die in den § 80 und § 81 FinStrG "in Pflicht" genommenen Behörden in Betracht. Das sind alle Dienststellen der Gebietskörperschaften mit behördlichem Aufgabenbereich, die nach dieser Bestimmung verpflichtet sind, die entweder von ihnen wahrgenommenen oder sonst zu ihrer Kenntnis gelangten Finanzvergehen der nächsten Finanzstrafbehörde erster Instanz mitzuteilen (Hinweis Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Randzahl 23 zu § 29 FinStrG). Eine Finanzstraftat ist ganz oder teilweise entdeckt, wenn diese Entdeckung entweder einer Finanzstrafbehörde oder einem sonstigen Hoheitsträger gelungen ist, dem eine unmittelbare Verpflichtung zur Verständigung der Finanzstrafbehörde erster Instanz gemäß § 80 und § 81 FinStrG zukommt (Hinweis Tanzer, Die "Entdeckung der Tat" als Ausschlußgrund für eine strafbefreiende Selbstanzeige gemäß § 29 Abs 3 FinStrG; vgl. ; ).

§ 80 Abs. 1 FinStrG: Die Behörden und Ämter der Bundesfinanzverwaltung haben, wenn sich innerhalb ihres dienstlichen Wirkungsbereiches ein Verdacht auf das Vorliegen eines Finanzvergehens ergibt, hievon die gemäß § 58 zuständige Finanzstrafbehörde zu verständigen, soweit sie nicht selbst als solche einzuschreiten haben. Überdies sind die Abgabenbehörden ermächtigt, der zuständigen Finanzstrafbehörde die Ergebnisse von Prüfungs-, Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen zur finanzstrafrechtlichen Würdigung und Verarbeitung der Daten zu übermitteln.

Wenn somit in Anwesenheit eines Vertreters des Finanzamtes erst angekündigt wird, für nicht erklärte Einnahmen eine Selbstanzeige einbringen zu wollen, muss jedem an dieser Einvernahme teilnehmenden Person klargewesen sein, dass hier der Verdacht der Abgabenhinterziehung seit 2010/2011 im Raum stand und somit der objektive Tatbestand von hier verfahrensgegenständlichen Abgabenhinterziehungen seit dem zugestandenen Zeitraum bereits ganz oder zum Teil von Herrn AR **FA1** (anlässlich der Vernehmung vor der LPD am ) entdeckt und dies dem Beschuldigten bzw. ihm als nachfolgenden Selbst-Anzeiger (der ja die Aussagen dort getätigt hat) auch bekannt war. Eine andere Deutungsmöglichkeit der angedeuteten Hinterziehungen- wie in der Beschwerde ausgeführt - war für einen Finanzbeamten hier nicht mehr möglich, sodass dieser Hinweis nicht zum Erfolg führen konnte.

Gemäß § 80 Abs. 1 FinStrG war Herr AR **FA1** verpflichtet gewesen, aufgrund seiner Kenntnis von möglichen Finanzvergehen diesen Verdacht der Finanzstrafbehörde zu melden, da ihn eine unmittelbare Verpflichtung zur Verständigung der Finanzstrafbehörde vom Gesetz auferlegt wurde.

Unabhängig von der Tatsache, dass besagter Beamter seiner Verpflichtung nicht so rechtzeitig nachgekommen ist, dass die Betriebsprüfung zu Beginn der Prüfung "noch" davon ausgehen musste, dass eine Selbstanzeige fristgerecht gewesen wäre, ist die Tat im Sinne der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur als bereits - wenn auch zum Teil - entdeckt zu betrachten.

Damit konnte gemäß § 29 Abs. 3 lit. b FinStrG die in der Beschwerde geforderte Straffreiheit für die am (Datum laut Schreiben ) eingebrachte Offenlegung (Selbstanzeige) nicht eintreten. Ein Eingehen auf die Frage, ob gemäß § 29 Abs. 3 lit. a FinStrG schon Verfolgungshandlungen gesetzt waren, erübrigt sich daher.

Zur Frage der möglichen Verjährung:

Gemäß § 31 Abs. 1 FinStrG erlischt die Strafbarkeit eines Finanzvergehens durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Gehört zum Tatbestand ein Erfolg, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dessen Eintritt zu laufen. Sie beginnt aber nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet.

Gemäß § 31 Abs. 2 FinStrG beträgt die Verjährungsfrist für Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 drei Jahre, für andere Finanzordnungswidrigkeiten ein Jahr, für die übrigen Finanzvergehen fünf Jahre

§ 31 Abs. 3 FinStrG: Begeht der Täter während der Verjährungsfrist ein vorsätzliches Finanzvergehen, auf das § 25 oder § 191 StPO nicht anzuwenden ist, so tritt die Verjährung nicht ein, bevor auch für diese Tat die Verjährungsfrist abgelaufen ist.

Gemäß § 31 Abs. 5 FinStrG erlischt bei Finanzvergehen, für deren Verfolgung die Finanzstrafbehörde zuständig ist, die Strafbarkeit jedenfalls, wenn seit dem Beginn der Verjährungsfrist zehn Jahre und gegebenenfalls die in Abs. 4 lit. c genannte Zeit verstrichen sind. Bei Finanzvergehen nach § 49a FinStrG erlischt die Strafbarkeit jedenfalls, wenn dieser Zeitraum ab dem Ende der Anzeigefrist gemäß § 121a Abs. 4 BAO oder der Mitteilungsfrist nach § 109b Abs. 6 EStG 1988 verstrichen ist.

Eine Verkürzung der Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist bewirkt mit Bekanntgabe des Bescheides oder Erkenntnisses, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Im verwaltungsbehördlichen Rechtsmittelverfahren ist nicht nur die Rechtmäßigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Zeitpunkt des Ergehens zu prüfen, sondern es muss eine eigenständige Beurteilung der Sachlage und Rechtslage vorgenommen werden. Eine das angefochtene Erkenntnis bestätigende Entscheidung darf daher im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren nur dann ergehen, wenn die der Rechtsmittelinstanz vorliegende Sachlage und Rechtslage zum Zeitpunkt der Rechtsmittelerledigung im Ergebnis keine anders lautende Entscheidung erfordert. Dies ist aber bei Eintritt der absoluten Verjährung während des hier anhängigen Rechtsmittelverfahrens nicht der Fall, da sich die rechtlichen Voraussetzungen entscheidend geändert haben. Für die Beachtung der während des Rechtsmittelverfahrens abgelaufenen absoluten Verjährungsfrist macht es keinen Unterschied, ob die Rechtsmittelbehörde ein verurteilendes erstinstanzliches Straferkenntnis zu bestätigen oder ob sie infolge Berufung des Amtsbeauftragten gegen eine erstinstanzliche Einstellung mit Strafausspruch abzuändern hätte ().

Das Erlöschen der Strafbarkeit wegen Ablaufs der absoluten Verjährung ist von der Rechtsmittelbehörde (nunmehr vom Bundesfinanzgericht) auch bei Fristablauf während des Rechtsmittelverfahrens wahrzunehmen (; ).

Aus dem Abgabenkonto ist zu ersehen, dass der Erstbescheid zur Einkommensteuer 2011 mit erlassen wurde. Unter Berücksichtigung der absoluten Verjährung von zehn Jahren ist mit Ablauf des ( plus 3 Tage Zustellfrist; gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt) absolute Verjährung eingetreten, sodass eine entsprechende Bestrafung nicht mehr erfolgen darf. Der Beschwerde war daher insoweit stattzugeben und das Finanzstrafverfahren wegen Verdachts der Hinterziehung von Einkommensteuer 2011 einzustellen.

Aus dem Abgabenkonto ist weiters zu ersehen, dass der Erstbescheid zur Einkommensteuer 2012 mit erlassen wurde. Mit abänderndem Bescheid vom wurde eine Nachforderung mit € 6.851,00 statt bisher € 2.497,00 festgesetzt.

Die Regelung der absoluten Verjährung des § 31 Abs. 5 FinStrG knüpft an den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist im Sinne des Abs. 1 des § 31 FinStrG an und normiert nicht einen eigenständigen Fristenlauf.

Die Verjährungsfrist beginnt nach § 31 Abs. 1 dritter Satz FinStrG, wenn zum Tatbestand ein Erfolg gehört, erst mit dessen Eintritt zu laufen; nach § 31 Abs. 1 vierter Satz leg cit beginnt sie nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet ().

Im vorliegenden Fall wurde das zeitlich noch zu bestrafende erste Finanzvergehen spätestens am (Datum des Erstbescheides zur Einkommensteuer 2012 war der ; gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt, somit am ) verwirklicht. Damit ist auch der Beginn der zehnjährigen Verjährungsfrist für eine Hinterziehung von Einkommensteuer 2012 vorgegeben.

Die Tat ist im Fall der "zu niedrigen" Festsetzung im Zeitpunkt der Bescheidzustellung vollendet. Darin ist jeweils der "Erfolg" im Sinn des § 31 Abs. 1 dritter Satz FinStrG und damit der Beginn der Verjährungsfrist zu sehen (; Leitner/Brandl (Hrsg), Finanzstrafrecht 2021 (2022), B) Zum Besonderen Teil des FinStrG, S 148).

Für eine Verfolgung der Abgabenhinterziehung an Einkommensteuer 2012 wäre daher erst am absolute Verjährung eingetreten. Auch für die Hinterziehungen der Folgejahre ist somit noch keine Verjährung eingetreten.

Objektive Tatseite:

Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (etwa bei der Einkommensteuer oder der Umsatzsteuer) werden - bezogen auf ein Steuersubjekt - mit nacheinander erfolgter Abgabe unrichtiger Jahreserklärungen mehrerer Veranlagungsjahre hindurch mehrere realkonkurrierende Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen. Solcherart bildet die Abgabe einer unrichtigen Jahreserklärung zu einer Steuerart - allenfalls auch als Bündel mehrerer steuerlich trennbarer Einzelaspekte - eine selbständige Tat im Sinne des § 21 Abs. 1 FinStrG; gleiches gilt für das Unterlassen der Abgabe einer Steuererklärung (vgl. etwa ; ; ; und ; vgl. für viele auch ; ).

Die Vorgangsweise zur objektiven Tatseite der hier zu beurteilenden Verkürzungen an Einkommensteuern ist aus der Selbstanzeige und der Beschuldigtenvernehmung vom abzuleiten, auf die hier verwiesen werden kann. Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der Beschuldigte laut Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Spruchsenat sich hinsichtlich der Abgabenverfehlungen als schuldig bekannte.

Im Rahmen der Betriebsprüfung wurden die Nachforderungen wird folgt festgesetzt:

ESt 2011: € 4.700,00, ESt 2012: € 3.619,00, ESt 2013: € 4.398,00, ESt 2014: € 8.821,00, ESt 2015: € 10.910,00, ESt 2016: € 3.796,00, ESt 2017: € 4.137,00, ESt 2018: € 4.134,00, sohin gesamt € 44.515,00.

Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzstrafsenat wurden die Abgabenverkürzungen insoweit außer Streit gestellt, als nochmals nur die Zuerkennung der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige gefordert wurde.

Die Verkürzungsbeträge können daher bei eigenständiger Würdigung des Finanzstrafsenates dem weiterem Verfahren zugrunde gelegt werden.

Subjektive Tatseite:

Zur subjektiven Tatseite ist zunächst auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach Vorsatz eine zielgerichtete subjektive Einstellung des Täters bedeutet, auf deren Vorhandensein oder Nichtvorhandensein nur nach seinem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten unter Würdigung aller sonstigen Sachverhaltselemente geschlossen werden kann ().

Der sogenannte bedingte Vorsatz (dolus eventualis), der eine Untergrenze des Vorsatzes darstellt, ist dann gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, ja nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, d.h. als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist ().

Wer zusammengefasst für Zwecke der Abgabenhinterziehung ein Strohmannkonto einrichtet, der macht das nicht aus Unwissenheit, sondern der hat einen Tatplan, den er damit umsetzt, sodass sich die vorsätzliche Handlungsweise allein schon aus den Tatumständen ergibt.

Nicht zuletzt hat der Beschuldigte auch vor dem Spruchsenat ein Geständnis abgelegt.

Für den Finanzstrafsenat steht auch die subjektive Tatseite einer Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG fest.

Strafbemessung:

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob es dem Täter darauf angekommen ist, sich oder einem Verband, als dessen Entscheidungsträger er gehandelt hat, durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine nicht nur geringfügige fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Eine wiederkehrende Begehung liegt vor, wenn der Täter bereits zwei solche Taten begangen hat oder einmal wegen einer solchen Tat bestraft worden ist. Ebenso ist bei der Bemessung der Strafe darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

§ 33 Abs. 5 FinStrG: Die Abgabenhinterziehung wird mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerechtfertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu erkennen.

Hat ein Täter wie im gegenständlichen Fall durch mehrere selbständige Taten mehrere Finanzvergehen derselben und auch verschiedener Art begangen, ist gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 FinStrG dabei auf eine einzige Geldstrafe zu erkennen, wobei die Summe der sich aus den strafbestimmenden Wertbeträgen ergebenden Strafdrohungen maßgeblich ist.

Gemäß der Bestimmung des § 23 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters, wobei Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und bei der Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sind.

Der Spruchsenat hat bisher die Unbescholtenheit, die teilweise Schadenswiedergutmachung und auch eine verspätete Selbstanzeige als mildernd berücksichtigt, erschwerend den längeren Deliktszeitraum.

Der Finanzstrafsenat sieht in der wiederholten Tatbegehung einen Erschwerungsgrund, der den längeren Deliktszeitraum ersetzt. Zudem sind die vom Spruchsenat bisher nicht beachteten aktenkundigen finanzstrafrechtlichen Vorstrafen ebenfalls erschwerend zu werten, wurde doch der Beschuldigte mit

  1. Erkenntnis vom zu FV-000 776 428 zu einer Geldstrafe von € 8.000,00,

  2. Erkenntnis vom zu FV-000 448 770 zu einer Geldstrafe von € 5.000,00,

  3. Strafverfügung vom zu FV 000 747 483 zu einer Geldstrafe von € 1.800,00

  4. Erkenntnis vom zu FV-001 984 464 zu einer Geldstrafe von € 2.500,00, 1 Woche Ersatzfreiheitsstrafe (bei einem Strafrahmen von € 9.070,35; Strafprozentsatz: 27,56%, dazu wurde die Zusatzstrafe verhängt)

verurteilt.

Für die Zusatzstrafe gibt es zwei Grenzen. Einmal ergibt sich eine Höchstgrenze aus der Strafdrohung des (nunmehr) zu bestrafenden Finanzvergehens selbst. Zum anderen dürfen die vorausgegangene Strafe und die Zusatzstrafe zusammen die Strafe nicht übersteigen, die zulässigerweise (§ 21 Abs 1 und 2 FinStrG) verhängt worden wäre, wenn die mehreren Finanzvergehen in einem einzigen Finanzstrafverfahren abgeurteilt worden wären (Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG, Band 1, 5. Aufl. (2018), Kommentar zu § 21 [Rz 7]).

Der mögliche Gesamtstrafrahmen errechnet sich mit € 9.070,35 (laut Erkenntnis vom ) bzw. € 79.630,00 (laut Beschwerdeverfahren), somit gesamt € 88.700,35.

Bei Anwendung des bisherigen Strafprozentsatzes laut Erkenntnis vom 27,56% ergibt sich eine Gesamtstrafhöhe von € 24.400,00. Zieht man die bereits verhängte Geldstrafe von € 2.500,00 ab, verbliebe eine mögliche Zusatzgeldstrafe von € 21.900,00. Allerdings hat der Spruchsenat "nur" eine Zusatzgeldstrafe von € 12.500,00 ausgesprochen. Mangels Beschwerde des Amtsbeauftragten ist daher eine höhere Zusatzgeldstrafe gemäß § 161 Abs. 3 FinStrG nicht möglich.

Zwischenzeitig ist als Milderungsgrund die volle Schadensgutmachung zu beachten. Weitere Milderungsgründe wurden nicht vorgebracht. Dem Akt ist jedoch zu entnehmen, dass er die Verantwortung für die abgabenrechtlichen Pflichten abgegeben hat, sodass spezialpräventive Gründe beim Beschuldigte nicht mehr im Vordergrund stehen.

Bisheriger Strafrahmen für dieses Beschwerdeverfahren: € 44.515‬,00 X 2 = € 89.030,00.

Der Strafrahmen neu errechnet sich wie folgt: € 3.619,00 (2012) + € 4.398,00 (2013) + € 8.821,00 (2014) + € 10.910,00 (2015) + € 3.796,00 (2016) + € 4.137,00 (2017) + € 4.134,00 (2018) = € 39.815,00 x 2 = € 79.630,00.

Bei Anwendung des Strafprozentsatzes der Strafe laut Spruchsenat von 14,02% errechnet sich aliquot eine Zusatzgeldstrafe von € 11.160,00. Aufgrund der zwischenzeitig vollen Schadensgutmachung, der langen Verfahrensdauer, dem Wegfall der Spezialprävention und der aktuellen wirtschaftlichen Situation sowie der Sorgepflicht für seine Tochter bzw. dem freiwilligen Unterhalt für seine Mutter war die Zusatzgeldstrafe zum Erkenntnis vom auf € 10.000,00 herabzusetzen. Für eine weitere Reduzierung der Geldstrafe war angesichts der finanzstrafbehördlichen Vorstrafen nicht zuletzt aus generalpräventiven Gründen, um andere mögliche Täter in vergleichbaren Situationen auch bei wiederholten Finanzvergehen von diesen Handlungen abzuhalten, kein Raum.

Dabei war die Geldstrafe gemäß § 21 Abs. 3 FinStrG als Zusatzstrafe zum Erkenntnis vom 29. Oktober2019, FV-001 084 464 zu verhängen.

Zur Frage der vom Spruchsenat festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe ist festzuhalten, dass laut Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Spruchsenat und dem Finanzstrafregister sechs Wochen Ersatzfreiheitstrafe festgesetzt wurden, allein in der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses die Ersatzfreiheitsstrafe mit einer Woche angegeben war.

Ein Bescheid ist bereits mit seiner mündlichen Verkündung rechtlich existent geworden (Hinweis ; ; ; ). Dabei ist für die Frage, ob und mit welchem Inhalt ein mündlicher Bescheid erlassen wurde, nicht die schriftliche Bescheidausfertigung, sondern jene Urkunde entscheidend, die über den Bescheidinhalt und die Tatsache der Verkündung angefertigt wurde (vgl. ; ).

Im Beschwerdefall wurde in der Niederschrift über die von der belangten Behörde durchgeführte mündliche Verhandlung der Spruch des angefochtenen Bescheides stichwortartig wiedergegeben. Diese Verkündung des Bescheides - und nicht die Zustellung seiner schriftlichen Ausfertigung - ist damit […] von entscheidender Bedeutung (; ; ).

Nimmt die belangte Behörde in der schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses eine wesentliche Änderung des Bescheidspruches vor, kann das schriftlich ausgefertigte Erkenntnis gemäß § 137 FinStrG aufgrund seines gegenüber dem mündlich verkündeten Bescheid unterschiedlichen normativen Gehaltes nicht mehr als schriftliche Ausfertigung dieses Bescheides gelten; er ist vielmehr als selbständiger Bescheid anzusehen (Hinweis ). Als solcher verstößt er aber gegen das Prinzip der Unwiderrufbarkeit eines Bescheides und ist daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet ().

Die bei einer mündlichen Verhandlung erfolgte Verkündung der Entscheidung hat die Wirkung seiner Erlassung. Für die Frage, ob und mit welchem Inhalt ein mündlicher Bescheid erlassen wurde, ist daher - wie erwähnt - nicht die schriftliche Bescheidausfertigung, sondern jene Urkunde (die Niederschrift) entscheidend, die über den Bescheidinhalt und die Tatsache der Verkündung angefertigt wurde [ (hier gem § 62 Abs 2 AVG); (hier u folgende Erk zu mündl Berufungsverhandlungen vor dem UVS); ; ; - ZfVB 1998/590; - ZfVB 2000/1910; - ÖStZB 2003/702].

Zusammenfassend ist aufgrund der mündlich verkündeten Entscheidung von der Ersatzfreiheitsstrafe mit sechs Wochen auszugehen.

Unter den nunmehr oben dargestellten Strafbemessungsgründen war daher die Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Wochen (= 42 Tage) aliquot auf 33 Tage zu reduzieren. Bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe sind die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters - anders als bei der Bemessung der Geldstrafe - nicht maßgebend. Insbesondere scheiden für die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe Überlegungen darüber, wie diese vollzogen werden kann, aus ().

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten in unveränderter Höhe von € 500,00 gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die hier zu beantwortenden Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind in der höchstgerichtlichen Judikatur eindeutig beantwortet, sodass eine ordentliche Revision nicht zu zulassen war.

Innsbruck, am

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