Pfändung einer Geldforderung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf. in Liquidation, A-1, vertreten durch den Liquidator P-1, A-1, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des damaligen Finanzamtes Wien 13/13/14 Purkersdorf (nunmehr Finanzamt Österreich) vom , Steuernummer N-1, betreffend a) Pfändung einer Geldforderung gemäß § 65 AbgEO sowie b) Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens gemäß § 26 AbgEO zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom verfügte das Finanzamt die Pfändung und Überweisung einer der Bf. in Liquidation gegenüber der UniCredit Bank Austria AG angeblich zustehenden Geldforderung zur Hereinbringung deren in Höhe von € 42.445,48 aushaftenden Nachforderungen und setzte mit einem weiteren Bescheid Gebühren und Auslagenersätze von € 431,07 fest (insgesamt daher € 42.876,55). Das dazu ausgestellte Verfügungsverbot wurde direkt an die Gesellschaft, zu Handen des Liquidators und alleinigen Gesellschafters P-1, zugestellt.
---//---
Dagegen brachte der Liquidator im Namen der Gesellschaft am das Rechtsmittel der Beschwerde ein und führte aus, dass am in der Wiener Zeitung die Liquidation ausgeschrieben worden sei. Im selben Jahr habe er dem Finanzamt ein Schreiben übermittelt, um diese zu bestätigen, das jedoch nicht beantwortet worden sei. Das Firmenkonto sei ebenfalls 2017 bei der Bank gekündigt worden.
Auf die Beschwerde vom sei gleichfalls nicht geantwortet worden. Das Verschulden sei bei seinem damaligen Steuerberater gelegen, den er nach dem verspäteten Urteil nicht mehr zur Rechenschaft ziehen könne.
Am habe er dem Finanzamt nochmals eine Liquidationsbestätigung zukommen lassen.
Die in Liquidation befindliche Gesellschaft besitze weder ein Bankkonto, Inventar oder Ähnliches, die Firma sei bereits im Jahr 2017 geschlossen worden.
---//---
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und brachte vor, dass die Pfändung einer Geldforderung aufgrund eines fälligen und vollstreckbaren Rückstandes am Abgabenkonto erfolgt sei.
Voraussetzung für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen, wie zB die Pfändung eines Bankkontos, sei ein aufrechter Exekutionstitel. Als Exekutionstitel komme ein über die Abgaben ausgestellter Rückstandsausweis in Betracht. Im gegenständlichen Fall sei das der Rückstandsausweis vom . Da zum Zeitpunkt der Pfändung keine Hemmung am Abgabenkonto angemerkt gewesen sei, sei die Pfändung zu Recht erfolgt.
Am sei eine Kontenregisterabfrage erfolgt, die ein offenes Konto bei der UniCredit Bank Austria AG ergeben habe, weshalb die Pfändung zu Recht erfolgen habe müssen und die Beschwerde daher abzuweisen gewesen sei.
Die Gebühren seien nach § 26 Abs. 1 und Abs. 3 AbgEO bei Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren festzusetzen. Dadurch, dass die Pfändung zu Recht erfolgt sei, sei die Beschwerde auch gegen die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen abzuweisen.
---//---
Mit Schreiben vom beantragte der Liquidator im Namen der Gesellschaft die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht und wandte ergänzend ein, dass das dem Finanzamt bekannte Bankkonto der Bank Austria sein Privatkonto mit einem Minusstand sei. Er sei bemüht, die Alimente für seine Tochter zu begleichen. Covid habe seine beruflichen Chancen schwer getroffen.
Er ersuche, das Verfahren einzustellen, da die betreffende GmbH seit mehreren Jahren nicht mehr operativ tätig sei.
---//---
Mit Vorhalt vom ersuchte das Bundesfinanzgericht das Finanzamt Österreich um Vorlage der Unterlagen betreffend Einsicht in das Kontenregister vom sowie der Drittschuldnererklärung der UniCredit Bank Austria AG.
---//---
Mit Schreiben vom übermittelte das Finanzamt die Kontenregisterabfrage vom und gab bekannt, dass es keine Drittschuldnererklärung gebe.
---//---
Da der Liquidator seinen österreichischen Wohnsitz am abmeldete, recherchierte das Bundesfinanzgericht online, ob die Bf. in Wien noch operativ tätig ist. Dabei ergab sich, dass die Gesellschaft an der Adresse A-1, an der sie laut Firmenbuch bis D-1 ihren Sitz hatte, offenbar seit Gründung der GmbH am D-2 durchgehend ein Verkaufslokal betrieb bzw. bis dato betreibt. Die auf Google Street View an der genannten Adresse zu den Zeitpunkten März 2023, April 2022, Dezember 2021, Juni 2021, Oktober 2020, Juli 2019, Oktober 2018 und August 2017 veröffentlichten Bilder zeigen ein Lokal mit der Aufschrift "E-1" sowie Auslagen, in denen Sportnahrungsergänzungsmittel ausgestellt sind. Unter der Homepage "E-1" wirbt die Gesellschaft mit dem Slogan "Einkaufen im Geschäft - Abholung im Geschäft" und bietet einen Online-Handel an.
Da die Gesellschaft somit de facto ein lebendes und nicht in Liquidation befindliches Unternehmen ist, konnte an die aufrechte Adresse A-1, am folgender Vorhalt an den Liquidator ergehen:
"In Ihrer Beschwerdesache wird Ihnen das Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt, wonach die Abfrage des Finanzamtes am (gleichzeitig mit dem angefochtenen Bescheid) ergeben hat, dass die von Ihnen als Liquidator vertretene Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt über ein Bankkonto bei der Unicredit Bank Austria AG mit der IBAN N-2 verfügte.
Da Sie im Beschwerdeverfahren vorbrachten, dass dieses im Zuge der Kontenregisterabfrage dem Finanzamt bekanntgegebene Bankkonto Ihnen selbst gehöre, hingegen die GmbH in Liqu. kein Bankkonto besitze, werden Sie ersucht, innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens Ihre Behauptung durch geeignete Unterlagen, wie eine Bestätigung der Bank über die Besitzverhältnisse zum nachzuweisen, zumal die bescheidmäßig zur Überweisung bestehender Guthaben als Drittschuldnerin verpflichtete Unicredit Bank Austria AG keine diesbezüglichen Einwendungen vorbrachte."
---//---
Dieser Vorhalt wurde hinterlegt, jedoch von der Post als nicht behoben retourniert, weshalb auch keine Beantwortung erfolgte.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Laut den Eintragungen im Firmenbuch wurde die Bf. mit Generalversammlungsbeschluss vom aufgelöst und P-1 als deren Gesellschafter-Geschäftsführer als Liquidator bestellt. Die GmbH wurde bis dato im Firmenbuch nicht gelöscht und betreibt offenbar ohne Wissen des Finanzamtes durchgehend an der im Firmenbuch eingetragenen früheren Adresse A-1, ein Verkaufslokal sowie einen Online-Shop mit dem nach wie vor selben Geschäftszweig des Sportnahrungsmittelvertriebes.
Das gegenständliche, aufgrund der Kontenregisterabfrage dem Finanzamt bekanntgegebene Bankkonto bei der UniCredit Bank Austria AG, dessen Guthaben gepfändet wurde, lautet auf die Gesellschaft und nicht auf den Liquidator.
2. Beweiswürdigung
Dieser Sachverhalt ergab sich durch Einsichtnahme in die Kontenregisterabfrage des Finanzamtes vom , den historischen Firmenbuchauszug, die historischen Street-View-Bilder sowie die Homepage "E-1", die zusammengenommen ein stimmiges Bild ergeben und denen somit mehr Glaubwürdigkeit zukommt als den unbewiesenen Behauptungen des Bf., der es außerdem vorgezogen hat, während des laufenden Verfahrens seinen Wohnsitz in Österreich trotz seines nach wie vor aufrechten Aufenthaltes im Inland abzumelden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
a) Forderungspfändung
Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, sind gemäß § 226 BAO in dem von der Behörde festgesetzten bzw. vom Abgabepflichtigen bekannt gegebenen Ausmaß vollstreckbar.
Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei gemäß Abs. 2 mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Die Pfändung ist gemäß Abs. 3 mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen. Gemäß Abs. 4 kann der Drittschuldner das Zahlungsverbot anfechten oder beim Finanzamt die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.
Als Grundlage für die Einbringung ist gemäß § 229 BAO über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis auszufertigen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.
Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen gemäß § 4 AbgEO die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.
Zwar ist gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO ein Rechtsmittel gegen Bescheide, welche dem Abgabenschuldner nach der Pfändung die Verfügung über das gepfändete Recht und das für die gepfändete Forderung bestellte Pfand untersagen, unstatthaft, doch ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsmittel, soweit damit die gegen den Drittschuldner gemäß § 65 AbgEO erlassenen Bescheide bekämpft werden, zulässig ().
Dem gegenständlichen Pfändungsbescheid liegt ein Rückstandsausweis vom zu Grunde, der vollstreckbare Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von € 46.382,48 ausweist.
Die für den Betrag von € 42.445,48 vorgenommene Forderungspfändung bestand daher zu Recht.
b) Pfändungsgebühren und Barauslagenersatz
Gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO hat der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens anlässlich einer Pfändung eine Pfändungsgebühr im Ausmaß von 1% vom einzubringenden Abgabenbetrag zu entrichten. Wird jedoch an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1% vom abgenommenen Geldbetrag.
Gemäß § 26 Abs. 2 AbgEO sind die im Abs. 1 genannten Gebühren auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner die Schuld erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat.
Außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren hat der Abgabenschuldner gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen.
Gemäß § 26 Abs. 5 AbgEO werden Gebühren und Auslagenersätze mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden; sie sind mit Bescheid festzusetzen, wenn sie nicht unmittelbar aus einem Verkaufserlös beglichen werden (§ 51).
Nach herrschender Auffassung ist die Pfändungsgebühr eine reine Amtshandlungsgebühr. Sie wird insbesondere wegen der der Behörde bei Durchführung der Pfändung auflaufenden Kosten erhoben und ist sohin nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch dann zu entrichten, wenn die durchgeführte Amtshandlung zu keiner Pfändung führte, weil wie im gegenständlichen Fall auf dem Bankkonto offenbar bisher kein Guthaben bestand, das seitens der Bank an das Finanzamt abgeführt hätte werden können.
Da die Pfändungsgebühr bereits auf Grund der Tatsache anfällt, dass eine Amtshandlung im Vollstreckungsverfahren (Pfändung) durchgeführt wird und für die Abgabenbehörde kein Anlass bestand, an der Zulässigkeit der durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen zu zweifeln, war das Finanzamt nicht nur berechtigt, sondern nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 26 Abs. 1 lit. a AbgEO iVm § 26 Abs. 2 AbgEO iVm § 26 Abs. 3 AbgEO) verpflichtet, den angefochtenen Bescheid zu erlassen.
Da in der Beschwerde gegen die Festsetzung der Gebühren und Auslagen kein darauf gerichtetes Vorbringen erstattet, sondern lediglich auf das angeblich dem Liquidator gehörende Bankkonto verwiesen wurde, war festzustellen, dass die gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO in Höhe von 1% vorgeschriebenen Vollstreckungsgebühren in Höhe von € 424,45 ebenso wie die gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO vorgeschriebenen Barauslagen in Höhe von insgesamt € 6,62 zu Recht festgesetzt wurden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr dem klaren Gesetzeswortlaut sowie der dargestellten Judikatur des VwGH.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 226 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 65 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 229 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 4 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 26 Abs. 2 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 26 Abs. 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 26 Abs. 5 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102632.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at