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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.10.2023, RV/7103146/2023

Abweisung eines Antrages auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe wegen nach Vollendung des 21. Lebensjahres erfolgten Eintritts der dauernden Erwerbsunfähigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung von Familienbeihilfe und erhöhter Familienbeihilfe für das Kind ***Bf1*** ab dem , Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe sowie Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe vom

Mit oben angeführten Eingaben stellte die dem am ***3*** geborenen Bf. gerichtlich beigegebene Erwachsenenvertretung Anträge auf Gewährung von Familienbeihilfe und erhöhter Familienbeihilfe.

Hierbei wurde zum Nachweis des Vorliegens einer erheblichen Behinderung des Bf. auf die den angeführten Anträgen beigelegten Unterlagen, denen gemäß dem Bf. seitens der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) vermittels Bescheid vom seit dem eine auf den §§ 86, 252, 260, 266 und 292 ASVG basierende Waisenpension zuerkannt worden sei, seitens der deutschen Rentenversicherung ob Erwerbsunfähigkeit des Bf. ab dem eine Erwerbsunfähigkeitsrente zur Auszahlung gelangt sei und ab dem eine Neubemessung in Form einer Erhöhung des Pflegegelds erfolgt sei, hingewiesen. Dem ebenfalls beigelegten - am ***10*** schlussendlich in die gerichtlich verfügte Beigabe eines Sachwalters - mündenden - psychiatrischen Gutachten Dris. ***2*** vom ist zu entnehmen, dass der seit dem Jahre 1982 von Dauersozialhilfe lebende Bf. sich seit 1983 in ständiger psychiatrischer Betreuung befunden hat.

Gutachten des Sozialministeriumservice vom

In Anbetracht einer mit datierten die Erledigung des beim Finanzamt am eingegangenen Antrages vom urgierenden Eingabe wurde der Bf. im Sozialministeriumservice untersucht, wobei diesem mit Gutachten vom ein ab dem bestehender Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 % sowie ebenfalls eine ab dem eingetretene dauernde Erwerbsunfähigkeit attestiert wurde.

Abweisungsbescheid vom

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und erhöhter Familienbeihilfe mit nachstehender Begründung abgewiesen:

"Der Erhöhungsbetrag wegen einer erheblichen Behinderung wird als Zuschlag zur allgemeinen Familienbeihilfe gewährt. Da für Ihr Kind die allgemeine Familienbeihilfe nicht zusteht, kann auch der Erhöhungsbetrag nicht ausgezahlt werden.

Sie haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Sie voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sind. Die Erwerbsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Bei Ihnen trifft dies nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Laut Sachverständigengutachten vom wurde Ihnen ein Grad der Behinderung von 50 % ab zuerkannt. Die dauernde Erwerbsunfähigkeit wurde ab zuerkannt, das war nach Vollendung des 21. Lebensjahr.

Der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und der Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung war daher abzuweisen."

Beschwerde vom

Die seitens der Erwachsenenvertretung mit Eingabe vom gegen obigen Abweisungsbescheid erhobene Beschwerde wurde wie folgt begründet:

In der Begründung des zuvor erwähnten Bescheids wird angeführt, dass der Erhöhungsbetrag wegen einer erheblichen Behinderung als Zuschlag zur allgemeinen Familienbeihilfe gewährt wird. Da der betroffenen Person jedoch die allgemeine Familienbeihilfe nicht zusteht, kann auch der Erhöhungsbetrag nicht ausgezahlt werden. Zusätzlich wird angeführt, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, wenn eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit besteht und diese vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein muss. Dies würde dem vorliegenden Bescheid vom zufolge bei Hm. ***Bf1*** nicht vorliegen. Hierbei wird Bezug auf das Sachverständigengutachten vom genommen, in welchem der Grad der Behinderung von 50% (scheinbar willkürlich) ab zuerkannt wird. Dies würde ein Zeitpunkt nach Vollendung des 21. Lebensjahres sein.

Festzuhalten ist, dass das betreffende Sachverständigengutachten vom dem Verein ***4*** als gerichtlich bestellter Erwachsenenvertreter nicht vorliegt und sohin während des aufrechten Verfahrens zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen der erhöhten Familienbeihilfe nicht Stellung hierzu genommen werden konnte. Die belangte Behörde hat somit das Recht auf rechtliches Gehör iSd § 115 Abs. 2 BAO sowie das Verbot von Überraschungsentscheidungen verletzt, wodurch das Verfahren und der angefochtene Bescheid mit einem erheblichen und unheilbaren Mangel belastet wurde.

Im Sachverständigengutachten der PVA vom wird von einer vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit zumindest zum Zeitpunkt der Untersuchung ausgegangen. Da die PVA mit den Bescheiden vom sowie die Waisenpensionen zuerkannte, erkannte die PVA die Voraussetzungen für die Zuerkennung ebendieser Leistungen unter Berücksichtigung womöglich weiterer für die betreffenden Verfahren relevanter Informationen an. Insbesondere im Bescheid vom bezog sich PVA bei der Zuerkennung der Waisenpension nach dem verstorbenen Vater ***5*** auf die Rechtsgrundlage ASVG §§ 86, 252, 260, 266, 292 und 324. Insbesondere im ASVG § 252 Abs. 2 Z 3 wird erwähnt, dass die Kindeseigenschaft auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres besteht, wenn und solange (...) das Kind seit der Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des in Z 1 oder des in Z 2 genannten Zeitraumes infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig ist".

In der Begründung der genannten Bescheide führte die PVA aus, dass die Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus gebührt, solange infolge Krankheit oder Gebrechens Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Daraus kann logisch zwingend nur geschlossen werden, dass beim Beschwerdeführer bereits vor Erreichen des 18. Lebensjahres eine Krankheit oder ein Gebrechen vorlag, das den Eintritt der Erwerbsfähigkeit verhinderte.

Alleine aufgrund der Tatsache also, dass PVA mit den vorliegenden Bescheiden vom und die Zuerkennung der Waisenpensionen gewährte und diese wie oben ausgeführt begründete, ist von einem Eintritt der Erwerbsunfähigkeit des Hrn. ***Bf1*** vor dem 21. Lebensjahr oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag auszugehen. In dem anfänglich erwähnten Sachverständigengutachten der PVA vom wird zudem erwähnt, dass Hr. ***Bf1*** die Gesellenprüfung die Lehre "Maurer" positiv abgeschlossen hat.

Da die Waisenpensionen unbefristet gewährt wurden und ebendiese Leistungen laufend noch ausbezahlt werden, ist davon auszugehen, dass die Erwerbsunfähigkeit gegenwärtig noch gegeben ist."

Gutachten vom

Auf Grund oben angeführter Beschwerde wurde seitens des Sozialministeriumservice - unter Bezugnahme auf das als Ergebnis einer Untersuchung erstellte Vorgutachten vom - ein Aktengutachten nachstehenden Inhalts erstellt:

ZusammenfassungrelevanterBefunde(inkl. Datumsangabe):

Vorgutachten FLAG mit Untersuchung, Dr. ***6***,

letzte Begutachtung1/16 mit 50%, paranoide Schizophrenie

Darin zitierte Befunde; PVA Bewilligung der I-Pension von 8/84: Schizophrenie, 1983 und 1982 Psychiatrisches Krankenhaus ***13*** wegen paranoider Schizophrenie, sonst keine Spitalsbehandlungen Paranoide Schizophrenie 50 % - unterer Rahmensatz, da Betreuung im Alltag notwendig

GdB vorliegend seit 1/82

rückwirkende Anerkennung ab 1/1982aufgrund des Befundes der PVA von 1984 mit dokumentierten KH Aufenthalten ab 1982, eine weitergehende Rückwirkung ist aufgrund der vorgelegten Befunde nicht möglich.

Die Erwachsenenvertretung argumentiert in einem Schreiben vom dass die Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen bereits vor dem 18. Lebensjahr bestanden haben muss, da dem AW die Zuerkennung der Waisenpension nach seinem verstorbenen Vater ***5*** bestätigt wurde.

Vorliegende Befunde:

Gutachten zur Beurteilung des Pflegebedarfes MA 15,10/1993; gelernter Maurer, leidet an einer paranoiden Schizophrenie, bezieht seit 1982 Sozialhilfe

Handelskammer NÖ,

Lehrberuf und Lehrzeit Maurer, -

Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 27.8.198

Frühere Krankheiten; 1983 und 1982 Psychiatrie ***13***, wegen paranoider Schizophrenie, sonst keine Spitalsbehandlungen

erlernter Beruf Maurer, mit Gesellenprüfung abgeschlossen, zuletzt als Kellner gearbeitet.

Arbeitslos seit 1983

Behandlung/en/ Medikamente/ Hilfsmittel:

aktuell nichtfeststellbar Vorgutachteneine Liste von 11/2016

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

paranoide Schizophrenie unterer Rahmensatz, da Betreuung im Alltag erforderlich

Pos. Nr. 50

Gesamtgrad der Behinderung 50 V. H.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

keine

Stellungnahme zu Vorgutachten:

keine Änderung

GdB liegt vor seit; 01/1982

Begründung- GdB liegt rückwirkend vor:

GdB von 50 % vorliegend seit 01/1982- laut ärztlichem Gutachten zur Invaliditätspensionsversicherung der Arbeiter und Angestellten , frühere Krankheiten; psychiatrische Aufnahme wegen paranoider Schizophrenie 1983, 1982- somit wird Jänner1982 als Datum des rückwirkendfeststellbaren GdB von50% gewählt

Ob ein GdB von 50 vor diesem Datum bestanden hat, ist aufgrund der ho. vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht ausreichend sicher ableitbar

Herr ***Bf1*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

JA

Dies besteht seit: 01/1982

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Der AW ist aufgrund seiner chronisch paranoiden Schizophrenie am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht erwerbsfähig.

Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom

In der Folge wurde der Beschwerde des Bf. mit BVE vom mit nachstehender Begründung der Erfolg versagt:

"Sie haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Sie voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sind. Die Erwerbsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Bei Ihnen trifft dies nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Laut Gutachten vom wurde Ihnen die dauernde Erwerbsunfähigkeit ab Jänner 1982 bescheinigt. Die Erwerbsunfähigkeit ist nach dem 21.Lebensjahr eingetreten. Eine erst nach dem 21.Lebensjahr außerhalb einer allfälligen Berufsausbildung eingetretenen Behinderung begründet keinen Anspruch auf die Familienbeihilfe. Die Beschwerde war abzuweisen."

Vorlageantrag vom

Unter Bezugnahme auf das bisherige Beschwerdevorbringen wurde im Vorlageantrag vom ergänzend nachstehendes ausgeführt:

Die belangte Behörde begründet ihre Beschwerdevorentscheidung damit, dass "laut Gutachten vom [...] Ihnen die dauernde Erwerbsunfähigkeit ab Jänner 1982 bescheinigt [wurde]. Die Erwerbsunfähigkeit ist nach dem 21.Lebensjahr eingetreten. Eine erst nach dem 21.Lebensjahr außerhalb einer allfälligen Berufsausbildung eingetretenen Behinderung begründet keinen Anspruch auf die Familienbeihilfe. Die Beschwerde war abzuweisen".

In jenem Gutachten vom führt Dr. ***7*** betreffend den Eintritt des GdB mit 01/1982 aus: "psychiatrische Aufnahme wegen paranoider Schizophrenie 1983,1982 - somit wird Jänner 1982 als Datum des rückwirkendfeststellbaren GdB von 50 % gewählt Ob ein GdB von 50 vor diesem Datum bestanden hat, ist aufgrund der ho. vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht ausreichend sicher ableitbar".

Die belangte Behörde hat es in diesem Zusammenhang unterlassen, das Vorbringen des Beschwerdeführers rechtlich zu würdigen und stützt ihre Entscheidung einzig auf die (mangelhaften) Ausführungen im Sachverständigengutachten. Die belangte Behörde hätte erkennen müssen, dass die Einschätzung des Eintritts des GdB mit 01/1982 vom Sachverständigen einzig aus dessen ärztlicher Expertise erfolgte, aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers aber eine anderslautende rechtliche Würdigung vorzunehmen war.

Plakativ für die unrichtige rechtliche Beurteilung der belangten Behörde sind die für die Waisenpension und die erhöhte Familienbeihilfe beinahe gleichlautenden rechtlichen Grundlagen:

So besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs 1 lit c FLAG:

für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen....

Zudem besteht Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 FLAG für

erheblich behinderte Kinder:

Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als sechs Monaten. Der Grad der Behinderung muß mindestens so vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Vergleichsweise besteht der Anspruch auf Waisenpension gemäß § 260 ASVG:

Anspruch auf Waisenpension haben nach dem Tode des (der) Versicherten die Kinder im Sinne des § 252 Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 2. Über das vollendete 18. Lebensjahr hinaus wird Waisenpension nur auf besonderen Antrag gewährt.

Die Kindeseigenschaft iSd § 260 ASVG wird in § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG wie folgt angenommen:

Die Kindeseigenschaft besteht auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind seit der Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des in Z 1 oder des in Z 2 genannten Zeitraumes infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig ist.

Es ist daher denkunmöglich, dass ein Anspruch auf Waisenpension - der im Übrigen als strengere Voraussetzung die Vollendung des 18. Lebensjahres statuiert - nicht aber ein Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe besteht, wenngleich die gemeinsamen Voraussetzungen der dauerhaften Erwerbsunfähigkeit erfüllt sind. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde nur zum rechtlich richtigen Schluss kommen können, dass der Eintritt der dauerhaften Erwerbsunfähigkeit aufgrund erheblicher Behinderung bereits vor der Vollendung des 18. Lebensjahres, sohin auch vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten sein muss.

Entgegen dem Sachverständigengutachten vom ist die dauerhafte Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Außerstandeseins, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ab dem vollendeten 18. Lebensjahr, sohin ab , eingetreten und wird dies auch schriftlich von der PVA bestätigt. Die diesbezüglichen Bestätigungen der PVA nehmen jeweils Bezug auf jenes Aktenzeichen (***12*** / ***11***) mit welchem die Waisenpension bescheidmäßig zuerkannt wurde.

Im Sachverständigengutachten der PVA vom findet sich unter der Überschrift, Ärztliche Beurteilung":

"Bei dem 30 j. PW findet sich eine Geisteskrankheit im Sinne einer Schizophrenie mit akustischen Halluzinationen, Körperveränderungen und hochgr. Gestörten Realitätssinn. Der PW ist derzeit nicht in der Lage einer geregelten Tätigkeit nachzugehen. Es Wird empfohlen vorübergehende Pensionierung anzunehmen...'

Die dort angesprochene "Pensionierung" (iS des Anspruchs auf Waisenpension) hatte stets die Voraussetzung, dass die Kindeseigenschaft auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres aufgrund dauerhafter Erwerbsunfähigkeit angenommen wurde und bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres die dauerhafte Erwerbsunfähigkeit aufgrund Krankheit oder Gebrechens eingetreten sein musste. In diesem Sinne erkannte die PVA dem Beschwerdeführer die Waisenpension zu. Insofern ist - auch nach aktuellen Kriterien - anzunehmen, dass im Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres (darum auch im Zeitpunkt der Vollendung des 21. Lebensjahres) eine schwerwiegende Krankheit (im Sinne eines GdB von zumindest 50%) Vorgelegen ist. Der Tatsache, dass die Leistung der Waisenpension nach wie vor durchgehend gewährt wurde und ausbezahlt wird, legt nahe, dass der Umstand weiterhingegeben ist. Zudem wurde Pflegegeld Stufe 4 zuerkannt.

Ergänzend sei angemerkt, dass das durch medizinische Sachverständigengutachten bewiesene Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit bereits zum Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres auch nicht durch den Umstand beseitigt wird, dass zwischenzeitlich einer Beschäftigung nachgegangen wurde (Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 252 ASVG, Rz 72).

Der Vollständigkeit halber wird auf die Mangelhaftigkeit des Verfahrens hingewiesen.

Der Beschwerdeführer stellte mit seiner Beschwerde vom den Antrag, dass das Bundesfinanzgericht in der gegebenen Sache selbst entscheiden möge. Gemäß § 262 Abs. 2 BAO hätte die belangte Behörde keine Beschwerdevorentscheidung erlassen dürfen."

Ergänzende - in Form eines mit der Erwachsenenvertretung am geführten Telefonates - gepflogene Ermittlungen des Finanzamtes zeitigten, dass die Zuerkennung der Waisenpension durch die PVA exklusiv auf dem - einzigen - aus Anlass der Beantragung der Invaliditätspension erstellten psychiatrischen Gutachten vom gründet.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

In der Folge legt das BFG dem Erkenntnis nachstehenden auf der Aktenlage und den Parteienvorbingen fußenden Sachverhalt zu Grunde:

Der am ***3*** geborene Bf. hat eine Lehre als Maurer begonnen und diese - via Absolvierung der Gesellenprüfung erfolgreich abgeschlossen. Laut vorliegendem mit datierten Versicherungsdatenauszug hat der Bf. in Österreich als "Arbeiter" im Zeitraum vom bis zum Versicherungszeiten von rund 13 Monaten, Im Zeitraum zwischen und solche von rund 11 Monaten, im Zeitraum vom bis zum solche von 7 Tagen bzw. letztmalig vom bis zum solche von 2 Tagen erworben.

Dem seitens der Deutschen Rentenversicherung ***8*** für den Bf. am erstellten Versicherungsverlauf ist zu entnehmen, dass dieser im Zeitraum vom bis zum in Deutschland Pflichtbeitragszeiten erworben, respektive an diesen ab dem eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zur Auszahlung gelangt ist.

Am wurde der seit dem Jahr 1983 arbeitslosen, bzw. seit dem Jahr 1982 in psychiatrischer Behandlung befindliche Bf. ob eines Antrages auf Bewilligung der Invaliditätspension untersucht, wobei der - im Auftrag der PVA - tätig werdende Facharzt diesem mit der Diagnose Schizophrenie eine vorübergehende Invalidität (Erwerbsunfähigkeit) attestierte.

In Anbetracht eines im Auftrag des BG ***9*** erstellten psychiatrischen, die Diagnose Schizophrenie beinhaltenden Gutachtens Dris. ***2*** wurde für den Bf. mit dg. Beschluss vom ***10*** eine Sachwalterschaft (nunmehr Erwachsenenvertretung) begründet.

Mit Bescheid der PVA vom wurde dem Bf. ein ab dem bestehender Anspruch auf Waisenpension nach dessen verstorbenen Vater bestätigt.

Vorgenannten Bescheid sowie die Tatsache des ab erfolgten Bezugs der deutschen Erwerbsunfähigkeitsrente nahm die Erwachsenenvertretung des Bf. als Anlass zur Stellung eines mit datierten Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe und erhöhter Familienbeihilfe.

In Ansehung eines amtsärztlichen mit datierten Gutachtens demgemäß dem Bf. ein ab Jänner 1991 bestehender Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 %, respektive eine ebenfalls ab Jänner 1991 eingetretene dauernde Erwerbsunfähigkeit attestiert wurde, wurde der Antrag mit Bescheid vom ab dem abgewiesen. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in der Aktenlage ist der Bescheid vom in Rechtskraft erwachsen.

Im Zuge der am erfolgten Antragsstellung auf Gewährung von Familienbeihilfe und erhöhter Familienbeihilfe sowie aus Anlass der Beschwerdeerhebung wurden im Sozialministeriumservice neuerlich mit sowie vom datierte Gutachten erstellt, welche dem Bf. - unter Bezugnahme auf alle im Verfahren vorgelegten Befunde - unisono einen ab dem bestehenden Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 % sowie eine ebenfalls ab eingetretene dauernde Erwerbsunfähigkeit attestierten.

2. Streitgegenstand

Vor dem Hintergrund des unter Punkt 1 gargelegten Sachverhalts steht die Anspruchsberechtigung des Bf. auf Gewährung der Familienbeihilfe sowie erhöhten Familienbeihilfe, respektive umgekehrt die Rechtmäßigkeit des ab auf Abweisung nämlichen Anspruchs lautende Bescheids vom auf dem Prüfstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Während sich die belangte Behörde auf die Ergebnisse der die Zuge des Verwaltungsverfahrens erstellten Gutachten des Sozialministeriumservice stützt, spricht die Vertretung des Bf. diesen die Schlüssigkeit mit dem Hinweis, dass die PVA durch auf Basis der Bestimmungen des ASVG erfolgte Zuerkennung der Waisenpension den Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit des Bf. bereits ab dem 18. Lebensjahr anerkannt, bzw. diesen Umstand in der an die Erwachsenenvertretung gerichtete Bestätigung vom expressis verbis bekräftigt hat, ab.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Prozessuale Vorbemerkungen

Ein Bescheid über die Abweisung eines Antrages auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe "ab" einem bestimmten Anspruchszeitraum, ohne im Spruch einen Endpunkt festzusetzen, gilt nach der ständigen Rechtsprechung somit jedenfalls für den Zeitraum bis einschließlich jenes Kalendermonats, in welchem der Bescheid erlassen wird, ungeachtet dessen, ob sich zwischen dem Anfangszeitpunkt und diesem Zeitpunkt die Sach- oder Rechtslage geändert hat. Ein solcher Bescheid gilt jedoch über diesen Zeitpunkt der Bescheiderlassung hinaus solange weiter, als sich die der Bescheiderlassung zugrundeliegende Sach- und Rechtslage nicht ändert (vgl. , unter Verweis auf , und ).

Wird somit nach Erlassung eines solchen Bescheides neuerlich ein Antrag auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe gestellt, so hat das Finanzamt zu prüfen, ob oder zu welchem Zeitpunkt sich die Sach- und Rechtslage geändert hat. Für den Zeitraum vom Zeitpunkt, ab dem die Familienbeihilfe neuerlich beantragt wurde, bis zu einem späteren Zeitpunkt, in dem sich die Sach- und Rechtslage gegenüber dem ersten Bescheid geändert hat (auch wenn dieser Zeitpunkt nach dem Zeitpunkt der Erlassung des ersten Bescheides liegt), liegt durch den ersten Bescheid res iudicata vor. Für diesen Zeitraum ist der neuerliche Antrag zurückzuweisen. Eine meritorische Entscheidung über den neuerlichen Antrag hat nur insoweit zu erfolgen, als sich die Sach- oder Rechtslage seit Erlassung des Bescheides über den seinerzeitigen Antrag geändert hat und dem neuerlichen Antrag auch nach Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht vollinhaltlich entsprochen wird ().

In Ansehung vorstehender Ausführungen und der Tatsache, dass mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom der Antrag der Bf. auf Gewährung der Familienbeihilfe und erhöhten Familienbeihilfe ab September 2015 abgewiesen wurde, wäre seitens des Finanzamtes - angesichts via Gutachten vom bestätigter Maßen unverändert gebliebener Sach- und Rechtslage - dem Antrag vom mit einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache (res iudicata) zu begegnen gewesen.

Dadurch, dass das Finanzamt obgenannten Antrag mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen hat anstatt richtigerweise als unzulässig zurückgewiesen hat, wurde der Bf. jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. z.B. ).

3.2. Anspruch des Bf. auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe

3.2.1. Gesetzesgrundlagen

Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres (während einer späteren Berufsausbildung bis zum 25. Lebensjahr) eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 10 Abs. 3 FLAG 1967 werden die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4 FLAG) höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt.

Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes erheblich behinderte Kind. Als erheblich behindert gilt ein Kind gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich nicht mehr als sechs Monaten.

Als erheblich behindert gilt gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v.H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind (für Begutachtungen nach dem Stichtag ) § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) dem Finanzamt Österreich auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

3.2.2. Volljährige Kinder

Die Norm des § 8 FLAG 1967 bestimmt in ihren Abs. 3 bis 6, unter welchen Bedingungen der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe zusteht.

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 sowie jene des § 6 Abs. 2 lit. d leg. cit. (bezüglich des Eigenanspruches) regeln weiters, unter welchen Voraussetzungen bei Behinderungen der Grundbetrag an Familienbeihilfe gewährt werden kann:

Dieser steht für volljährige Kinder zu, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufs­ausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Hierbei ist auch eine Behinderung im psychischen Bereich als geistige Behinderung iSd obigen Bestimmungen anzusehen (s ). Für die Verlängerung der Frist bis zum 25. Lebensjahr ist entscheidend, dass eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b oder lit h vorliegt.

Demgegenüber ist bei volljährigen Kindern, denen nicht schon aus anderen Gründen als aus dem Titel der Behinderung der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht, der Grad der Behinderung ohne jede Bedeutung, und würde er auch 100 % betragen (s auch ; ).

Es ist auch bei einer Behinderung von 100 % nicht ausgeschlossen, dass der Betreffende imstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (). Allerdings ist bis zum 25. (27.) Lebensjahr auch § 2 Abs. 1 lit. h (§ 6 Abs. 2 lit. g) zu beachten (s § 2 Rz 33). Besteht also keine vor dem 21. (25.) Lebensjahr eingetretene dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, steht weder Grund- noch Erhöhungsbetrag zu. Besteht eine derartige Unterhaltsunfähigkeit, steht sowohl Grund- als auch Erhöhungsbetrag zu (Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 8, II. Erhebliche Behinderung [Rz 10 - 35]).

3.2.3. Erwerbsunfähigkeit

In den Erkenntnissen vom , 99/12/0236, und vom , 2003/12/0174, stellte der VwGH zum Begriff der Erwerbsfähigkeit im Pensionsgesetz fest, dass dieser im allgemeinen Sprachgebrauch bedeute, in der Lage zu sein, durch eigene Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt zu verdienen. Diese Fähigkeit sei nach der Rechtsprechung zwar abstrakt zu beurteilen (dh, es sei nicht entscheidend, ob die in Frage kommenden Tätigkeiten gerade am Arbeitsmarkt verfügbar seien oder nicht, es müsse sich aber um eine Beschäftigung handeln, die grundsätzlich Gegenstand des allgemeinen Arbeitsmarktes sei); es komme aber sehr wohl darauf an, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Einsatzfähigkeit für bestimmte Tätigkeiten (Berufsbilder) vorliegen.

Hierbei sei weiters zu berücksichtigen, ob die Einsatzfähigkeit auch im Hinblick auf die üblichen Erfordernisse in der Arbeitswelt (z.B. Einhaltung der Arbeitszeit oder Fähigkeit zur Selbstorganisation) noch gegeben sei.

3.2.4. Allgemeine Ausführungen zum Begriff Gutachten

Ein Gutachten ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustands auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhaltes durch einen oder mehrere Sachverständige. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen, verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen, stützen. Alleine die Möglichkeit, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmter Sachverhalt vorgelegen sein könnte, reicht dabei keinesfalls aus, diesen Sachverhalt gutachterlich als gegeben anzusehen und zu bestätigen (vgl. z.B. ; ).

3.2.5. Bescheinigung des Sozialministeriumservice

Der Nachweis des Grades der Behinderung bzw. die Feststellung, ob bzw. ab wann eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit vorliegt, ist gemäß den Bestimmungen des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 durch eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Das nach dieser Bestimmung abzuführende qualifizierte Nachweisverfahren hat Feststellungen über die Art und das Ausmaß des Leidens sowie auch der konkreten Auswirkungen der Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit in schlüssiger und damit nachvollziehbarer Weise zu enthalten (vgl. , ) und bildet die Grundlage für die Entscheidung, ob die erhöhte Familienbeihilfe zusteht.

Im Fall, dass ein volljähriger Antragsteller die erhöhte Familienbeihilfe beantragt bzw. für diesen die erhöhte Familienbeihilfe beantragt wird, haben sich die Feststellungen darauf zu erstrecken, ob die Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres (oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetreten ist (vgl. etwa ).

Es dürfen dabei andere als behinderungskausale Gründe (wie z.B. mangelnde oder nicht spezifische Ausbildung, die Arbeitsplatzsituation, Arbeitsunwilligkeit, oÄ) für die Beurteilung ebenso wenig herangezogen werden wie eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes (etwa durch Folgeschäden) nach Vollendung des 21. Lebensjahres.

Im Erkenntnis vom , Ra 2014/16/0010 stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass eine geistige oder körperliche Behinderung durchaus die Folge einer Krankheit sein könne, die schon seit längerem vorliege (bei angeborenen Krankheiten oder genetischen Anomalien etwa seit Geburt), sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiere. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führe, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirke, sei der Tatbestand des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 erfüllt. Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußere noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend)einer Behinderung führe. Maßgeblich sei der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintrete, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirke.

3.2.6. Berufsbefugnis - Ärzte im Sozialministeriumservice

Festgehalten wird zunächst, dass die allgemeinärztliche Berufsbefugnis den gesamten Bereich der Medizin auf allen Fachgebieten der medizinischen Wissenschaft umfasst, sofern der Arzt über die entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt und nicht bestimmte Tätigkeiten besonders qualifizierten (Fach-)Ärzten vorbehalten sind. Ein Arzt für Allgemeinmedizin ist daher grundsätzlich zur Erstattung eines Gutachtens befugt (vgl. ).

Es ist nicht rechtswidrig, wenn das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen sich bei der Erstattung von Bescheinigungen gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 zur Berufsausübung berechtigter Ärzte, die in die bei dieser Behörde gem § 90 KOVG 1957 zu führende Sachverständigenliste, nicht aber in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Seite 337 Sachverständigen und Dolmetscher nach dem SDG eingetragen sind, als Amtssachverständige bedient. Weder das Behinderteneinstellungsgesetz noch das FLAG enthalten eine Regelung aus der erschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtung bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an ().

3.2.7. Diagnoseerstellung durch die sachverständigen Ärzte des Sozialministeriumservice:

Die vom Sachverständigen bei der Aufnahme des Befundes anzuwendende Methode hängt ausschließlich von objektiven fachlichen Gesichtspunkten ab ().

Die sachverständigen Ärzte des Sozialministeriumservice ziehen für ihre zu treffenden Feststellungen (Höhe des Grades der Behinderung, Zeitpunkt des Eintrittes des Behinderungs-grades, Feststellungen, ob und seit wann eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit vorliegt) neben der Anamnese und Untersuchung die Kenntnisse der Medizin und ihr eigenes Fachwissen heran.

Geht es um die Feststellung des Eintrittes der Erwerbsunfähigkeit, hat der Sachverständige nur die Möglichkeit, neben seiner ärztlichen Erfahrung allenfalls vorhandene andere Hinweise wie Befunde, Krankenhausaufenthalte etc. heranzuziehen.

Der Sachverständige kann aufgrund seines medizinischen Fachwissens ohne Probleme den aktuellen Gesundheitszustand des Erkrankten beurteilen. Bei einem Antragsteller, der zum Untersuchungszeitpunkt bereits älter als 68 Jahre ist, lässt sich aber kaum oder nur in Ausnahmefällen die Feststellung zu treffen, ob die Erwerbsunfähigkeit tatsächlich bereits vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist.

Nach der Judikatur des VwGH dürfen aber Sachverständige die Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen stützen (vgl. für ).

Psychische Erkrankungen zählen zu den Krankheiten, die in unterschiedlicher Intensität auftreten, häufig einen schleichenden Verlauf nehmen und sich mit zunehmendem Alter verschlechtern (können). Daher ist die Feststellung, ob die psychische Erkrankung bereits vor dem 21. Lebensjahr zu einer Erwerbsunfähigkeit geführt hat, besonders schwierig ().

Somit wird es primär am Antragsteller oder der Antragstellerin, allenfalls vertreten durch ihre Sachwalter, liegen, den behaupteten Sachverhalt, nämlich dass bereits vor der Vollendung des 21. Lebensjahres eine Erwerbsunfähigkeit vorgelegen ist, klar und ohne Möglichkeit eines Zweifels nachzuweisen (siehe ; ).

Fehlen derartige Befunde, warum auch immer, können die vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen naturgemäß nur mit hoher Wahrscheinlichkeit den Tatsachen entsprechen (, vgl. auch ).

3.2.8. Erhöhte Mitwirkungspflicht bei Begünstigungsvorschriften - Möglichkeiten des Antragstellers

Nach der Judikatur des VwGH besteht bei Begünstigungsvorschriften und in Fällen, in denen die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörde eingeschränkt sind, eine erhöhte Mitwirkungs-pflicht.

Der Antragsteller hat die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. , ).

Werden vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin Beweismittel vorgelegt, ist es Sache des Sachverständigen, die Tauglichkeit an Hand seiner Sachkunde zu beurteilen (Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 8, II. Erhebliche Behinderung [Rz 10 - 35] unter Verweis auf ).

3.2.9. Bindung an die Gutachten des Sozialministeriumservice (SMS)

Der Grad der Behinderung und die Feststellung, ob bzw. ab wann eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit vorliegt, ist gemäß den Bestimmungen des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 durch eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Das nach dieser Bestimmung abzuführende qualifizierte Nachweisverfahren hat Feststellungen über die Art und das Ausmaß des Leidens sowie auch der konkreten Auswirkungen der Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit in schlüssiger und damit nachvollziehbarer Weise zu enthalten (vgl. , ) und bildet die Grundlage für die Entscheidung, ob die erhöhte Familienbeihilfe zusteht.

Das Finanzamt und das Bundesfinanzgericht dürfen die Gutachten nur insoweit prüfen, ob diese vollständig, nachvollziehbar und schlüssig sind und im Fall mehrerer Gutachten oder einer Gutachtensergänzung nicht einander widersprechen (vgl. ; ; Erkenntnisse VwGH jeweils vom , 2009/16/0307 und 2009/16/0310). Erforderlichenfalls ist für deren Ergänzung zu sorgen (; ; ). Ein Abweichen ist nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung möglich (, ).

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des VwGH eine andere Form der Beweisführung nicht zu gelassen ist ( u.a.).

Ein Gutachten ist

• vollständig, wenn es die von der Behörde oder dem Gericht gestellten Fragen beantwortet (sofern diese zulässig waren)

• nachvollziehbar, wenn das Gutachten von der Beihilfenstelle und vom Gericht verstanden werden kann und diese die Gedankengänge des Gutachters, die vom Befund zum Gutachten führten, prüfen und beurteilen kann und

• schlüssig, wenn es nach der Prüfung auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit immer noch überzeugend und widerspruchsfrei erscheint.

. Schlüssigkeit der Gutachten vom und vom

In der Feststellung des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit mit Datum durch die Fachärzte des SMS vermag das BFG aus nachstehenden Gründen keine Unschlüssigkeit zu erblicken.

Ausgehend von den Ausführungen des - von den Fachärzten des SMS unisono als relevanten Befund qualifizierten - Gutachtens der PVA vom , wonach sich der Bf. erstmals im Jahre 1982 in psychiatrische Behandlung in der Krankenanstalt ***13*** begeben hat, drängt sich nach dem Dafürhalten des Verwaltungsgerichts - logischen Prinzipen folgend - die seitens des SMS getroffene Festlegung des Eintrittszeitpunkts mit geradezu auf.

In diesem Zusammenhang stellt die negative Feststellung der Unmöglichkeit einer weiteren Vorvorlegung des Eintrittszeitpunkts der Erwerbsunfähigkeit mangels Vorlage, respektive Vorhandenseins älterer, sprich vor dem erstellter Befunde die Schlüssigkeit des Feststellungszeitpunktes keineswegs in Frage, sondern ist diese geradezu als verstärkende Stütze für den Einklang der Festlegung desselben mit den realen Verhältnissen anzusehen.

Angesichts vorstehender Ausführungen sind die Gutachten als schlüssig zu werten und ergo dessen einer ab dem bestehenden Anspruchsberechtigung des Bf. auf Gewährung von Familienbeihilfe und erhöhter Familienbeihilfe eine Absage zu erteilen.

. Zu den Einwendungen des Bf.

Dem Einwand des Bf., wonach die Gewährung der Waisenpension dokumentiert, dass die PVA auf den Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung dessen 18. Lebensjahres ansiedelt, ist zu entgegnen, dass ungeachtet der Tatsache, dass vorgenannte, auf den Bestimmungen des ASVG fußende Feststellung für das ausschließlich an schlüssige Sachverständigen gebundene Verwaltungsgericht nicht von Relevanz ist, anzumerken verbleibt, dass angesichts der Tatsache, dass der Bf. - wie unter Punkt 1 angeführt - im Alter zwischen 18 und 24 Jahren ob Entfaltung einer beruflichen Tätigkeit evidenter Maßen sowohl im Inland als auch in Deutschland Versicherungszeiten erworben hat, diese dem Bf. mit Schreiben der PVA vom bestätigte Feststellung - in Lichte der Bestimmungen des FLAG - als nicht in Korrelation mit den tatsächlichen Verhältnissen stehend zu erachten ist.

Ebenso wenig ist der Einklang zwischen obiger Feststellung und den Ausführungen im als "Feststellungsgrundlage" herangezogenen Gutachten vom zu erkennen.

Der im Vorlageantrag in Richtung der rechtswidrigen Erlassung der mit datierten BVE abzielende Einwand geht ebenfalls ins Leere, da nach der Bestimmung des § 262 Abs. 2 BAO das Unterbleiben der Erlassung einer BVE nicht nur einen Antrag im Beschwerdeschriftsatz (lit. a leg. cit), sondern gemäß lit. b leg. cit. kumulativ eine durch die Abgabenbehörde zu bewirkende Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht innerhalb von drei Monate ab ihrem Einlangen (sprich ab dem ) erfordert.

Zusammenfassend war wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Bei der Frage des Eintritts der dauernden Erwerbsunfähigkeit handelt es sich um eine Tatfrage und ist das Bundesfinanzgericht an vom Sozialministerium erstellte Gutachten de facto gebunden. Demzufolge war eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuzulassen.

Wien, am

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