Mit der Auflösung ("dissolution") ist eine Limited Company beendet
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Kommanditist***, ***Kommanditist-Adr***, als Rechtsnachfolger der ***Bf-KG***, ***Bf-KG-Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des seinerzeitigen ***Finanzamtes A*** vom betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988, Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2007 bis 2010, beschlossen:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
I. Verfahrensgang
Die ***Bf-KG*** bewirtschaftete im Streitzeitraum in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft an der Adresse ***Bf-KG-Adr***, eine Pizzeria.
Im Zuge einer die Jahre 2007 bis 2010 umfassenden gemeinsamen Prüfung der Lohnabgaben wurde der bei einer Außenprüfung gemäß § 147 BAO für die Streitjahre festgestellte Lohnaufwand in folgender Höhe den Bemessungsgrundlagen für die Lohnabgaben hinzugerechnet:
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2007 | 2008 | 2009 | 2010 |
175.410,93 € | 213.997,17 € | 169.752,39 € | 46.270,92 € |
Das Finanzamt folgte dieser Feststellung und erließ die nunmehr streitgegenständlichen Haftungs- und Abgabenbescheide.
Die Adressierung dieser Bescheide wurde wie folgt vorgenommen:
***Bf-KG***
z.H. ***Kommanditist***
[...]
In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wurde ausgeführt, der Behörde sei bekannt gewesen, dass die involvierten Personen als ortsabwesend gemeldet gewesen seien und daher von einer Prüfungsabsicht der lohnabhängigen Abgaben erst wesentlich später informiert hätten werden können. Es würden nun die nötigen Lohnunterlagen nachgereicht und werde der Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom , die an die ***Bf-KG***, z.Hd. Herr ***Kommanditist***, [...], adressiert ist, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt aus, es sei zwar eine Ortsabwesenheit für das Ehepaar [...] und [...] für die Zeit vom bis bei der Post angemerkt gewesen, aber ein Prüfer der WGKK habe Herrn [...] am [...] im Lokal [...] angetroffen. Ermittlungen des Finanzamtes zufolge würde sich das Ehepaar ortsabwesend melden, tatsächlich aber sowohl am Wohnort als auch am Betriebsort anwesend sein. Am 25.11. sei mangels Reaktion auf die Prüfungs-ankündigung der Prüfungsauftrag wie auch die Einladung zur Schlussbesprechung für durch Einwurf in den Postkasten [...] in der [...] (Wohnadresse von Fr. [...] und Hr. [...]) zugestellt worden. Die in der Beschwerde angekündigte Nachreichung von "Lohnunterlagen" sei bis dahin nicht erfolgt.
In weiterer Folge wurde ein Vorlageantrag von
[...]
(***Bf-KG***)
[...]
eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt,
dass die behauptete Zustellung in den unbekannten Briefkasten [...], sei nicht nachvollziehbar, da es einen solchen nicht gebe und keiner in dieser Form beschriftet sei,
dass Herr [...] am [...] (zu seinem Geburtstag) angetroffen worden sei, sei auszuschließen, da zu diesem Zeitpunkt nachweislich sein Aufenthaltsort nicht in Österreich gewesen sei.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Die Beschwerdeführerin ist eine Kommanditgesellschaft. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet.
Laut Firmenbuch (FN [...]) fungierten als unbeschränkt haftende Gesellschafter der Beschwerdeführerin:
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von | bis | |
[...] | ||
[...] | ||
[...] | ||
[...] | ||
[...] LIMITED | --------------- |
Als Kommanditist fungierte ab Herr [...].
Die [...] LIMITED mit Sitz in [...], England, wurde am **.05.2007 als Private Limited Company by Shares unter der Company Number [...] beim Registrar of Companies for England and Wales im Companies House (Cardiff) eingetragen ("incorporated") und am **.05.2010 aufgelöst ("dissolved"). Herr [...] fungierte vom ("appointed") bis ("resigned") als Director.
Die nach der Außenprüfung ergangenen Bescheide vom waren wie folgt adressiert:
***Bf-KG***
z.H. ***Kommanditist***
[...]
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen sowie Auszügen aus dem Firmenbuch und dem Registrar of Companies for England and Wales.
3. Rechtliche Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Zurückweisung)
3.1.1. Betreffend Bescheidadressat
Nach der Bestimmung des § 131 Z 4 iVm § 161 UGB wird eine Kommanditgesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst.
Eine Analogie zu § 131 Z 4 greift auch Platz, wenn Gesellschafter wegfallen, die juristische Personen sind. Die Auflösung der juristischen Person ist nach herrschender Lehre dem "Tod" iSd § 131 Z 4 UGB gleichzuhalten (vgl Straube/Ratka/Rauter, UGB - Wiener Kommentar zum Unternehmensgesetzbuch UGB, § 131 Tz 15).
Auch der OGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass die Löschung einer Private Limited Company im Register nach dem englischen Recht konstitutiv wirkt und die Beendigung (dissolution) bewirkt, dass die Existenz der Gesellschaft als Rechtsträger (juristische Person) aufhört und die Vertretungsbefugnisse enden (vgl und die dort weitere angeführte Judikatur und Lehrmeinungen).
Mit der Auflösung der [...] LIMITED (Company Number [...]) am wurde die Existenz dieser Gesellschaft als Rechtsträger beendet und erloschen die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Vertretungsbefugnisse. Damit fiel der einzige Komplementär weg und es verblieb nur noch der Kommanditist als einziger beschränkt haftender Gesellschafter der Beschwerdeführerin.
Mit der Beendigung ("dissolution") der [...] LIMITED am und dem damit einhergehenden Wegfall des einzigen Komplementärs der Beschwerdeführerin, war die Kommanditgesellschaft als Personengesellschaft nicht mehr existent.
Gemäß § 142 UGB erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation, wenn nur noch ein Gesellschafter verbleibt. Diesfalls geht das Gesellschaftsvermögen im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen über. Bei Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 19 Abs 1 BAO gehen die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Der Gesamtrechtsnachfolger tritt sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht an die Stelle des Rechtsvorgängers.
Gemäß § 81 Abs 6 BAO bleibt die bei Beendigung der Personenvereinigung (Personen-gemeinschaft) bestehende Vertretungsbefugnis, sofern dem nicht andere Rechtsvorschriften entgegenstehen, insoweit und solange aufrecht, als nicht von einem der zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) oder vertretungsbefugten Person dagegen Widerspruch erhoben wird.
Umgelegt auf den zu beurteilenden Sachverhalt und die Adressierung der angefochtenen "Bescheide" ist davon auszugehen, dass die angefochtenen "Bescheide" vom an den Kommanditisten als Rechtsnachfolger der Beschwerdeführerin, der ***Bf-KG***, und nicht an die Beschwerdeführerin zu adressieren gewesen wären. Es handelt sich daher bei den angefochtenen, als Bescheide intendierten Erledigungen um Nichtbescheide.
3.1.2. Betreffend Unwirksamkeit der angefochtenen "Bescheide"
Gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung oder mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.
Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter sind als unzulässig zurückzuweisen (Ritz/Koran, BAO7, § 260 Tz 8, mit weiteren Nachweisen).
Kein Bescheid liegt z.B. vor, wenn die an sich Bescheidcharakter aufweisende Erledigung an keine Rechtsperson, sondern an eine nicht mehr existente Personengesellschaft gerichtet ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die gegen die als Haftungs- und Abgaben-bescheide intendierten Erledigungen eingebrachte Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die Bestimmung des § 274 Abs 3 Z 1 BAO iVm § 274 Abs 5 BAO abgesehen werden, da die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfolge der Zurückweisung im Fall einer Beschwerde gegen eine an eine nicht mehr existente Personengesellschaft gerichtete Erledigung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist daher zu verneinen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 161 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 § 131 Z 4 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 § 142 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 § 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 81 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 274 Abs. 3 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 274 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Kommanditgesellschaft Rechtsnachfolger Private Limited Company Komplementär Personengesellschaft Bescheidcharakter Gesamtrechtsnachfolge dissolution Auflösung Beendigung Kommanditist |
Verweise | Straube/Ratka/Rauter, UGB - Wiener Kommentar zum Unternehmensgesetzbuch UGB, § 131 Tz 15 Ritz/Koran, BAO 7. Aufl., § 260 Tz 8 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102265.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at