Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.09.2023, RV/5100064/2023

Studienwechsel nach dem fünften Semester.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff: ***OB***, über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Zeiträume April 2021 bis September 2022 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Das Finanzamt ersuchte die Beschwerdeführerin (Bf.) in einem Anspruchsüberprüfungsschreiben vom um Vorlage eines Nachweises über den Studienabschluss ihrer Tochter ***K1***.
Die Bf. legte in der Folge eine Inskriptionsbestätigung für das Wintersemester 2022/2023 für den Bachelorstudiengang Gesundheits- und Krankenpflege an der Fachhochschule Salzburg vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom forderte daraufhin das Finanzamt unter Verweis auf die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in Höhe von insgesamt 4.530,00 Euro zurück, welche die Bf. für ihre Kinder ***K1***, VNR: ***001***, (für die Zeiträume April 2021 bis September 2022), ***K2***, VNR: ***002***, (für die Zeiträume April 2021 bis Juni 2021) und ***K3***, VNR: ***003***, (für die Zeiträume April 2021 bis September 2022) bezogen hatte, zurück.
Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass bei einem Studienwechsel nach dem dritten gemeldeten Semester Familienbeihilfe dann zustehe, wenn die absolvierten Semester aus dem Vorstudium zur Gänze angerechnet worden seien (§ 17 Studienförderungsgesetz 1992). Wenn ein Studienwechsel zu einem Wegfall der Familienbeihilfe führe, bestehe erst wieder Anspruch, wenn im neuen Studium so viele Semester absolviert worden seien wie im vorigen (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992).
Im Rückforderungsbetrag sei auch die anteilige Geschwisterstaffel für die Kinder ***K2*** und ***K3*** enthalten, für die die Bf. im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten habe.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , in der zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vorgebracht wurde:
Die Tochter der Bf., ***K1***, habe im Juni 2018 die Matura abgelegt und im Oktober 2018 mit dem Studium Recht und Wirtschaft an der Universität Salzburg begonnen. Es habe sich gezeigt, dass mit dem Corona-bedingten Lockdown im Sommersemester 2020 kein reguläres Studium mehr möglich gewesen sei und unter diesen entmutigenden Umständen ein Abschluss in der Regelzeit nicht einzuhalten sei. Da in dieser Zeit bereits viel vom Pflegenotstand berichtet worden sei, habe sich die Tochter der Bf. im September 2020 zur Aufnahmeprüfung für Gesundheits-und Krankenpflege an der Fachhochschule Salzburg angemeldet. Nach der Verständigung über die Aufnahme im Dezember und der Mitteilung, dass der Lehrgang ab März 2021 stattfinden werde, sei der Studienwechsel erfolgt. Das Ansuchen um Anrechnung von Prüfungen aus dem Vorstudium sei negativ beschieden worden.
Die Corona-bedingten Einschränkungen hätten die Entscheidung für einen Wechsel des Studiums erschwert. Vor Erhalt einer positiven Aufnahmeentscheidung sei ein Umstieg zu einem Studium an der Fachhochschule nicht sinnvoll gewesen.
Der Studienwechsel sei nach dem dritten Semester erfolgt, wobei nach Einschätzung von JuristInnen des Referats für Sozialpolitik (siehe Beilage) das Sommersemester 2020 außer Betracht bleiben sollte. Laut § 17 Abs. 2 Z. 2 Studienförderungsgesetz würden Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt worden seien, nicht als Studienwechsel gelten.
Der geplante Abschluss des Bachelorlehrgangs Gesundheits-und Krankenpflege werde im Jänner 2024 erfolgen. Die Kosten des Studiums (Studiengebühren der FH, Wohn- und Fahrtkosten) würden bei weitem die Familienbeihilfe übersteigen, sodass nicht von einem beihilfenschädlichen Wechsel gesprochen werden könne. Auch für die Praktika an den Krankenhäusern ohne Entgelt müssten die Kosten für Unterkunft und Fahrt selbst getragen werden. Die seit September 2022 beschlossene finanzielle Unterstützung komme sehr spät.
Die Tochter der Bf. werde den Beruf nach dem Abschluss des Bachelorlehrgangs im Wintersemester 2023/24 ausüben. Sie sei überzeugt, die richtige Berufswahl getroffen zu haben. Die grundlegende Auseinandersetzung mit Wirtschafts- und Rechtsfragen im Einstiegsstudium komme sicherlich in der Ausübung des Pflegeberufs zum Tragen. Die Ausbildung der drei Kinder der Bf., für die keine Studienbeihilfe bezogen werde, bedeute eine enorme finanzielle Herausforderung, die die Bf. gerne auf sich nehme. Der Bescheid über die Rückforderung der Familienbeihilfe sei ein herber Rückschlag.
Die Bf. ersuche daher, die besonderen Umstände (Corona-Jahr), die Wahl eines Studiums im notwendigen Pflegebereich (Mangelberuf), die Eigenleistung der Finanzierung für drei Kinder in Ausbildung zu berücksichtigen. Durch den Wechsel komme keine Verzögerung und damit Verlängerung des Anspruchs zustande, da eine Mindeststudiendauer infolge der Corona-bedingten Einschränkungen an der Universität (Professoren waren nicht erreichbar, hohe Durchfallquoten bei Hauptprüfungen) unrealistisch sei.
Die Bf. habe die Familienbeihilfe in gutem Glauben bezogen und die jeweils erforderlichen Unterlagen beigebracht. Sie ersuche daher, der Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid stattzugeben und eine Neuberechnung der Familienbeihilfe für ihre drei Kinder vorzunehmen.

Das Finanzamt wies in der Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.
Zur Begründung führte die Behörde nach Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen an, dass die Tochter der Bf. das Bachelorstudium Recht und Wirtschaft an der Universität in Salzburg von Oktober 2018 bis Februar 2021 betrieben habe. Im Sommersemester 2021 sei sie zum Bachelorstudium Gesundheits- und Krankenpflege an der Fachhochschule Salzburg gewechselt. Da das Bachelorstudium Recht und Wirtschaft nach dem fünften inskribierten Semester abgebrochen worden sei, habe es sich um einen schädlichen Studienwechsel gehandelt. Dies bedeute, dass das Kind solange keinen Anspruch auf Familienbeihilfe mehr vermittle wie im Vorstudium Semester absolviert worden seien. Somit wäre eine Wartezeit für einen neuerlichen Anspruch für die Zeit von fünf Semestern entstanden. Dieser Zeitraum verkürze sich aber auf vier Semester, da das Sommersemester 2020 in Bezug auf die Wartezeit nicht zu berücksichtigen sei. Somit bestehe ab dem Sommersemester 2021 für die Dauer von vier Semestern kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Zur Begründung brachte die Bf. in Ergänzung zu ihrer Beschwerde im Wesentlichen vor:
Wie aus den Bestätigungen des Studienerfolgs ersichtlich sei, seien auch im SS 2020 ("Coronasemester") erfolgreich die erforderlichen ECTS-Punkte erbracht worden. Die Entscheidung ihrer Tochter für den Pflegeberuf sei stark von den Corona-Erfahrungen mitbestimmt worden (die Bf. selbst sei Dipl. Krankenpflegerin und auf einer Coronastation im Einsatz gewesen). Im September 2020 sei die Anmeldung zum Lehrgang für Gesundheits-und Pflegeberufe erfolgt. Das Aufnahmeverfahren sei im Oktober gewesen und die positive Entscheidung über die Aufnahme sei im Dezember 2020 erfolgt, sodass das Studium im März 2021 aufgenommen worden sei. Die Ausschreibungen zur Anmeldung für den Pflegelehrgang seien nur im Frühjahr und Herbst. Die Bf. ersuche um Berücksichtigung des Sommersemesters 2020, wie bereits in Aussicht gestellt, und der Zeit des Aufnahmeverfahrens im WS 2020.
Der Studienwechsel sei für die Gesellschaft ein wertvoller und notwendiger Studienwechsel als Beitrag zum Pflegemangel und kein schädlicher Studienwechsel wie in der Abweisung der Beschwerde ausgeführt. Im Vergleich zur Förderung von Quereinsteigern und Anderen in der Pflegeausbildung stelle die mit dem Studienwechsel verbundene Rückforderung der Familienbeihilfe eine Ungleichbehandlung dar und werde als Bestrafung empfunden, zumal mit der Ausbildung erhebliche finanzielle Aufwendungen verbunden seien (Studiengebühren, Fahrkosten, Wohnkosten auch an den Praktikumsorten).
Die Bf. verweise auch auf die Ausführungen in der Beschwerde und beantrage diese dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen

Das Finanzamt legte in der Folge die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Tochter der Beschwerdeführerin (Bf.), ***K1***, studierte ab dem Wintersemester 2018/2019 bis einschließlich Februar 2021 "Recht und Wirtschaft" (Bachelorstudium) an der Paris Lodron Universität Salzburg. Im Sommersemester 2021 (ab März 2021) begann sie das Bachelorstudium Gesundheits- und Krankenpflege an der Fachhochschule Salzburg. Ihr wurden aus dem Vorstudium keine Prüfungen angerechnet.
Die Bf. bezog für ihre Tochter im Zeitraum April 2021 bis September 2022 Familienbeihilfe in Höhe von 3.310,50 Euro und Kinderabsetzbeträge in Höhe von 1.051,20 Euro.
Der gemäß § 8 Abs. 3 Z. 3 FLAG 1967 für die weiteren Kinder der Bf., ***K2*** und ***K3***, gewährte Betrag betrug im Rückforderungszeitraum insgesamt 168,30 Euro.

2. Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Finanzamt Österreich vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.

3. Rechtslage

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (nachfolgend: FLAG 1967) Familienbeihilfe gewährt wird, steht gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 26 FLAG 1967 ist gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 letzter Satz auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich gemäß § 2 Abs. 9 FLAG 1967 im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c) …

d) …

Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt (§ 10 Abs. 1 FLAG 1967).

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Folgende Regelungen des § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) idF BGBl. I Nr. 54/2016 sind für den vorliegenden Fall von Bedeutung:

"§ 17.

(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,

4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,

5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.

(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden."

4. Rechtliche Beurteilung

Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben u.a. Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die sich in Berufsausbildung befinden, wobei auch ein Studium - bei entsprechendem Studienerfolg - als Berufsausbildung den Familienbeihilfenanspruch begründet.

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 StudFG angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Studienwechsel iSd § 17 StudFG vor, wenn die/der Studierende das von ihr/ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt ( mwN).

Unstrittig ist, dass die Tochter der Bf. im März 2021 nach fünf Semestern des Bachelorstudiums "Recht und Wirtschaft" an der Paris Lodron Universität Salzburg zum Bachelorstudium Gesundheits- und Krankenpflege an der Fachhochschule Salzburg wechselte.

Nachdem feststeht, dass die Tochter der Bf. das Studium gewechselt hat, ist § 17 StudFG anzuwenden.

Mit dem Verweis in § 2 Abs. 1 lit. b 10. Satz FLAG 1967 ist der Begriff "günstiger Studienerfolg" im Sinne des § 17 StudFG auch für die Beurteilung, ob eine Berufsausbildung vorliegt, maßgeblich.

Kein günstiger Studienerfolg und damit ein für den Anspruch auf Familienbeihilfe "schädlicher" Studienwechsel liegt nach § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG vor, wenn das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt wird.

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Studienwechsel nach fünf Semestern erfolgte. Dieser Studienwechsel fällt somit unter § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG.

Nach § 17 Abs. 2 Z. 2 StudFG liegt kein "schädlicher" Studienwechsel vor, wenn dieser durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurde.
Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Fall, wenn ein Ereignis eintritt, das eine erfolgreiche Fortsetzung des bisher betriebenen Studiums unmöglich macht (vgl. ). Nur ein das Vorstudium, nicht jedoch andere Studien spezifisch behindernder Grund führt einen Studienwechsel "zwingend" herbei ().
Davon ist im beschwerdegegenständlichen Fall aber nicht auszugehen, da die Tochter der Bf. trotz der ins Treffen geführten Corona-bedingten Einschränkungen des Studienbetriebes nicht daran gehindert war, das von ihr betriebene Bachelorstudium "Recht und Wirtschaft" erfolgreich fortzusetzen.

Wird ein Studium nach dem dritten inskribierten Semester - wie hier beim Bachelorstudium "Recht und Wirtschaft"- gewechselt, bedeutet dies nach § 17 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 17 Abs. 3 StudFG und § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, dass für das Folgestudium grundsätzlich keine Familienbeihilfe zusteht, solange das vorangegangene Studium gedauert hat. Eine Anrechnung von Vorstudienzeiten wurde gegenständlich nicht vorgenommen, sodass sich gemäß § 17 Abs. 3 StudFG die Wartezeit im neuen Studium auch nicht verkürzt. Obwohl das vorangegangene Bachelorstudium fünf Semester (vom Wintersemester 2018/2019 bis zum Sommersemester 2021) gedauert hat, beträgt diese Wartezeit im vorliegenden Fall dennoch nur vier Semester, weil das Sommersemester 2020 ("COVID-Semester") für die Folgen des Studienwechsels nicht heranzuziehen ist.

Im Beschwerdefall bestand daher bei dem nach dem Wintersemester 2020/2021, somit nach dem fünften inskribierten Semester tatsächlich erfolgten Studienwechsel gemäß § 17 Abs. 3 StudFG für die ersten vier Semester (d.h. bis einschließlich Wintersemester 2022/2023) des neu gewählten Bachelorstudiums Gesundheits- und Krankenpflege an der Fachhochschule Salzburg daher kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Ab dem Sommersemester 2023 (März 2023) besteht bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (Berufsausbildung) wieder ein Anspruch.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge irrelevant (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 13, mit Anführung der VwGH-Judikatur).

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren kommt es nur darauf an, ob die Bf. die in Rede stehenden Beträge zu Unrecht erhalten hat. Dem Bundesfinanzgericht ist bei seiner Entscheidung auch kein Ermessen eingeräumt. Die von der Bf. ins Treffen geführten besonderen Umstände, etwa die erschwerten Studienbedingungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, die Entscheidung ihrer Tochter für einen Mangelberuf im Pflegebereich oder die finanzielle Belastung im Zusammenhang mit der Ausbildung ihrer Kinder konnten daher bei der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung keine Berücksichtigung finden.

Fehlt es somit an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist gemäß § 33 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 FLAG 1967 auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 10).

Aus den angeführten Gründen musste daher die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden.

5. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die im gegenständlichen Fall zu klärende Rechtsfrage des Anspruches auf Gewährung von Familienbeihilfe im Falle eines Studienwechsels nach dem dritten Studiensemester wurde im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielsweise ; ) entschieden, sodass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen und eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof daher nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100064.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at