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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.08.2023, RV/4100122/2022

Werbungskosten iZm im Ausland erzielten Einkünften aus nsA

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Engljähringer & Fleisch Steuerberater OG, Bahnhofstraße 21, 6830 Rankweil, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 (ergangen zu Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) verzog im Streitjahr 2019 mit seiner Gattin +A* von ***Stadt1*** (Deutschland) nach ***Stadt2***. Laut ZMR unterhalten die beiden Eheleute seit dem in ***Stadt2***, ***Adr2***, ihren Hauptwohnsitz.

Der Bf ist seit bei einem Schweizer Unternehmen als Vertriebsleiter angestellt und bezieht aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nsA. Der Dienstort des Bf liegt in ***T**/CH.

In seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2019 beantragte der Bf ua. die steuerliche Berücksichtigung diverser Werbungskosten, wie etwa Aufwendungen im Zusammenhang mit einer doppelten Haushaltsführung (€ 4.275) sowie Familienheimfahrten (€ 835).

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt um Beantwortung diverser sachverhaltsrelevanter Fragen sowie um Vorlage von Beweismitteln.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom teilte der Bf dem Finanzamt Nachstehendes mit:

  1. Anschrift des Familienwohnsitzes: ***Adr2***, ***Stadt2*** - Kopie der Meldezettel liegt bei.

  2. Die kürzeste Strecke zu meinem Arbeitsplatz (***Str10***, CH-***T***) beträgt 552km. Zumal es keine vernünftige Alternative mit öffentlichen Verkehrsmitteln gibt bin ich auf das Auto angewiesen (Diesel, Mautgebühren, Abnützung).

  3. Am Beschäftigungsort bin ich in einem Einbettzimmer (ca. 16m2) im Landgasthaus ***B***, ***Adr1*** untergebracht - die Überweisungsbeträge von meinem Konto finden Sie in den Anlagen. Arbeitsweg ca. 10km.

  4. Zumal meine Frau, Mitte August 2020 den Rentenantrag gestellt hat, und wir die Wohnung in ***Stadt2*** als Alterssitz sehen und unsere Verwandten in ***BundeslandA*** leben sind wir nach 27 Jahren 2019 zurück in die Heimat gezogen.

  5. Meine Frau war von Ende September 2019 bis Ende August 2020 arbeitslos, und seit im Ruhestand.

Im Einkommensteuerbescheid 2019 zuerkannte das Finanzamt Werbungskosten in Höhe von € 1.892,80.

In der dazu ergangenen Bescheidbegründung führte die Behörde aus, dass Aufwendungen für Familienheimfahrten (großes Pendlerpauschale abzüglich Dienstgeberkostenersätze) und die Kosten der doppelten Haushaltsführung ab September 2019 als Werbungskosten berücksichtigt worden seien. Das Einkommen und die Quellensteuer seien vom vorgelegten Lohnzettel anteilig für vier Monate berechnet worden.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Bescheidbeschwerde führte der Bf Folgendes aus:

(..) zur ermittelten Einkommenssteuer möchte ich folgende Punkte anführen, die in unserem Umzugsjahr weder in Deutschland noch in der Schweiz, als auch nicht in Österreich berücksichtigt wurden:

1) Meiner Frau wurde aufgrund unseres Umzuges aus Deutschland kein Arbeitslosengeld (beginnend mit dem ) zugestanden. Auch in Österreich erhielt sie bis Ende Oktober kein Arbeitslosengeld. Für die verbleibenden 2 Monate wurde ein Arbeitslosengeld von jeweils 815,10 € bezahlt.

2) Meine Frau ist schwerbehindert- GdB 50% - und musste/muss für Medikamente und Behandlungen ca. 80,- € monatlich zuzahlen.

3) Zur Finanzierung der Wohnung musste ein Ergänzungskredit von 50.000,- € aufgenommen werden - dieser wird mit jeweils monatlich 550,-€ getilgt.

4) Des Weiteren folgten Zahlungen von:
a. Grunderwerbssteuer (12.180 €)

b. Eintragsgebühren (8.828 €)
c. Notariats- und Magistratskosten (261,50 € + 67,20 €)

5) Der Umzugaus ***Stadt1*** (nurSpeditionskosten) betrug4.749,31€.

6) Unsere beiden Autos mussten zugelassenund umgemeldetwerden:
a. Überprüfungskosten (BMW
***D***) 180 € + 180 €
b. Kraftfahrzeugsteuer NoVA 2, 230,33 € + 287,90 €

7) Mein Sohn ***S** befand sich im letzten Semester seines Studiums,welches ich in der Form von
a. Anteilige Mietkosten 425

b. Taschengeld 575 € mitfinanzierte.

8) Durchmeine Arbeitsstätte in der Schweiz ist es mir nicht möglichbei der gesetzlichen Krankenkasse versichert zuwerden, und ich musste mich als Grenzgängerbei der ***Versich1*** privatversichern - monatliche Zahlungenvon 495,25€.

9) Ebenso führeich Unfall- und Arbeitslosenversicherung (794 € monatlich) sowie die Pensionskasse (1.025 €monatlich) in der Schweiz ab.

10) Wie bereits angegeben, beträgtdie kürzeste Strecke zu meinem Arbeitsplatz (***Adr3***) 552km, die täglicheStrecke von meiner Unterkunft zurArbeitsstätte beträgt ca. 10km. Abzüglichvon Urlaub und Dienstreisen fallen somit ca. 4.500 kmmonatlich an. Bei 6 Litern Verbrauchauf100km benötigeich ca. 270 Liter Diesel bzw. 300 €reine Treibstoffkosten (ohne Abnützungund Servicekosten). Die Mautkosten habe ich mit einer Jahresvignetteabgedeckt.

11) Die Tilgungdes Fahrzeugkreditesbeträgt 345 €monatlich.

12) Die Unterbringungskosten im Landgasthaus ***B***, ***Adr1*** betragen monatlich ca. 450 €(500 CHF).

13) Die Lebenshaltungskosten (Essen und Trinken) in der Schweiz sind ca. doppelt so teuer wie in ***Stadt2***, was monatlich ca. 200-250 € ausmacht. (…)"

Im weiteren Verfahrensverlauf erließ das Finanzamt mit Datum einen Ergänzungsvorhalt mit folgendem Inhalt:

"1. Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten:

Aufwendungen iZm einer doppelten Haushaltsführung sind gem. § 16 EStG steuerlich zu berücksichtigen, wenn sie durch die Erwerbstätigkeit veranlasst sind und eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann.

  • - Seit wann sind Sie in der Schweiz beschäftigt? Legen Sie den aktuellen Dienstvertrag vor.
    - Warum haben Sie Ihren Wohnsitz 2019 von Deutschland nach
    ***Stadt2*** und nicht in die Nähe ihres Ortes der Erwerbstätigkeit in der Schweiz verlegt?

2. Außergewöhnliche Belastungen für Ihre Ehegattin:

Mehraufwendungen infolge einer vom Sozialministeriumservice (SMS) festgestellten Behinderung und damit verbundene Kosten für Arzt-/Medikamente sind primär als außergewöhnliche Belastung gem. §34 EStG bei Ihrer Gattin selbst zu berücksichtigen. Bei Ihnen als Partner kommt eine Berücksichtigung nur in Betracht, wenn Ihre Ehepartnerin im Kalenderjahr 2019 Einkünfte von nicht mehr als 6.000 Euro erzielt hat.

Zur Überprüfung der Voraussetzungen legen Sie daher den Schweizer Einkommensteuerbescheid 2019 Ihrer Gattin, die Feststellung ihrer Behinderung durch den SMS und den belegmäßigen Nachweis der Kosten für Arzt-/Medikamente vor.

3. Auswärtiges Studium des Sohnes:

Tatsächliche Kosten iZm der auswärtigen Berufsausbildung eines Kindes können steuerlich nicht abgesetzt werden, es kommt allenfalls der Pauschbetrag gem. § 34 Abs. 8 EStG in Betracht. Zur Anspruchsüberprüfung wird Folgendes benötigt:

- Welches Studium absolviert Ihr Sohn, seit wann und wo?

- Legen Sie für 2019 den Studiennachweis vor.

4. Zu den Pflichtversicherungsbeiträgen legen Sie bitte Folgendes vor:

- Mehrere Monatslohnnachweise für 2019

- Polizze und Zahlungsnachweis für die Krankenversicherung bei der ***Versich1***"

Mit Vorhaltsbeantwortung vom nahm der Bf dazu Stellung und führte aus, dass er seit dem bei seinem jetzigen Dienstgeber, der Firma ***Fa1*** AG mit Sitz in CH-***AdrCH***, beschäftigt sei. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung sei ein Umzug aus Deutschland in die Schweiz angedacht worden. Durch die Verschlechterung des Gesundheitszustandes seiner Schwiegermutter und der bevorstehenden Pensionierung seiner (schwerbehinderten) Gattin habe er und seine Gattin schlussendlich beschlossen, ihren gemeinsamen Wohnsitz nach ***BundeslandA*** zu verlegen. Daraus habe sich auch die Notwendigkeit des Wochenpendelns ergeben.

Der angeforderte Einkommenssteuerbescheid sei im Orginal der Behörde zugeleitet worden; er (Bf) müsste aus diesem Grunde eine Kopie anfordern; alternativ würden die einzelnen monatlichen Gehaltsabrechnungen (bis auf die Monate August und September) dienlich gemacht werden können.

Zum Nachweis der Schwerbehinderung seiner Ehegattin würde der bezughabende Feststellungsbescheid sowie eine Kopie des Schwerbehindertenausweises beiliegen. Seine Gattin würde Medikamente aus Deutschland beziehen, da sie auf das adäquate österreichische Medikament (***F*** Migränetabletten 8-12 Stück /Monat 5 EUR/Stk.) allergisch reagiert habe. Weiters seien anerlaufene Kosten für Chiropraktiker, Physiotherapien und Alternativbehandlungen seitens der Gesundheitskasse nur anteilig oder gar nicht übernommen worden. Einen Nachweis über deren Verausgabung in Form von Belegen können er nicht mehr erbringen. Seine Gattin sei 2019 arbeitslos gewesen.

Sein Sohn ***S** habe sich im Streitjahr im letzten Semester seines Masterstudiums "***Mus1***" am ***Uni1*** in ***Stadt3*** befunden.

Der Bf legte zur Untermauerung seines Vorbringens eine Reihe von Urkunden bei (Arbeitsvertrag mit Firma ***Fa1*** AG vom ; Lohnabrechnungen mit Firma ***Fa1*** AG ohne die Monate August und September; Jahreslohnkonto - Kumulativjournal Mitarbeiter; Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen betreffend Gattin +A* vom ; Behindertenpass gültig ab ; Schwerbehindertenausweis gültig ab ausgestellt von ***AmtDTL*** ***Stadt1***; Schwerbehindertenausweis gültig ab , ausgestellt vom Zentrum Bayern Familie und Soziales; Studienbestätigungen der Universität "***Uni1***" betreffend Sohn ***S**; Anbot der ***Versich1*** Versicherungen AG über Produkt "Privat rundum für Grenzgänger samt Nachweis der Prämienüberweisungen).

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die Behörde der Beschwerde teilweise Folge und zuerkannte hinsichtlich der Abgeltung von Aufwendungen für den studierenden Sohn ***S** den Pauschbetrag nach § 34 Abs. 8 EStG 1988. Andererseits wurde der angefochtene Bescheid zum Nachteil des Bf abgeändert und blieb den bislang gewährten Werbungskosten die Anerkennung versagt. Bescheidmäßig ausgewiesen wurde lediglich das Werbungskostenpauschale von 132 €.

In ihrer Bescheidbegründung führte die Behörde wörtlich aus:

1. Behinderung und Kosten iZm Ärzten und Medikamenten betreffend die Gattin

Eine steuerliche Berücksichtigung der Minderung der Erwerbsfähigkeit kommt für 2019 nicht in Betracht.
Gem. § 35 Abs. 2 EStG ist die Tatsache und der Grad der Behinderung durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen nachzuweisen. Ein solcher Nachweis liegt in Ihrem Fall erst ab vor. Zuvor von Schweizer Behörden
(Anm: es waren deutsche Behörden) vorgenommene Feststellungen gelten nicht als geeigneter Nachweis. Für die steuerliche Berücksichtigung von Arzt- und Medikamentenkosten als außergewöhnliche Belastung gem. § 34 EStG ist der belegmäßige Nachweis erforderlich. Die Behauptung allein, dass solche Kosten angefallen sind, ist keinesfalls ausreichend.

2. Kosten iZm dem Umzug von Deutschland nach ***Stadt2***

Bestimmte Kosten iZm einem Umzug können als Werbungskosten gem. § 16 EStG berücksichtigt werden, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist. Eine berufliche Veranlassung kann beim erstmaligen Antritt eines Dienstverhältnisses oder beim Wechsel des Dienstgebers vorliegen. Sie sind seit Oktober 2018 durchgehend bei Ihrem Schweizer Arbeitgeber ***Fa1*** AG beschäftigt. In Ihrem Fall erfolgte der Umzug nach ***Stadt2*** entsprechend Ihren eigenen Ausführungen ausschließlich aus privaten Gründen. Da die berufliche Veranlassung fehlt, stellen sämtliche von Ihnen in diesem Zusammenhang erklärten Aufwendungen steuerlich nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung dar.

3. Kosten iZm dem Musikstudium Ihres Sohnes ***S** in ***Stadt3***

Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 Abs. 8 EStG, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Voraussetzung ist ferner, dass die Absicht besteht, durch ernsthaftes und zielstrebiges Bemühen das Ausbildungsziel zu erreichen und die vorgeschriebenen Prüfungen abzulegen (vgl. dazu ). Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen wird die außergewöhnliche Belastung durch einen Pauschbetrag von 110 Euro monatlich (1.320 Euro jährlich) berücksichtigt. Die Berücksichtigung höherer tatsächlich nachgewiesener Kosten ist unzulässig (vgl. dazu ). Da sich Ihr Sohn laut Aktenlage im Jahr 2019 in der Endphase seines Masterstudiums am ***Uni1*** in ***Stadt3*** befunden und 2020 dieses abgeschlossen hat, wird Ihnen der Pauschbetrag gem. § 34 Abs. 8 EStG zuerkannt.

4. An die ***Versich1*** geleistete Krankenversicherungsbeiträge

Dem vorgelegten Leistungskatalog ist zu entnehmen, dass von der bei der ***Versich1*** abgeschlossene Versicherung "***Versich1*** Privat rundum für Grenzgänger" folgende Leistungen umfasst sind: Kosten der stationären und ambulanten Heilbehandlung, Krankenhaustaggeld, Rehabilitationskosten, Kurtagegeld, Transportkosten, Auslandsreiseversicherung, Bergungs- Krankenhausrücktransport und Überführungskosten, ärztliche Beratungskosten und Prämienrückerstattung unter bestimmten Voraussetzungen. Damit handelt es sich zweifelsfrei nicht um Pflichtbeiträge in die Krankenversicherung, weshalb eine Berücksichtigung als Werbungskosten gem. § 16 EStG nicht in Betracht kommt. Vielmehr liegen Prämienzahlungen in eine freiwillige Privatversicherung vor. Solche Prämien waren allenfalls bis als Sonderausgaben gem. § 18 EStG absetzbar, wenn der zugrundeliegende Vertrag vor dem abgeschlossen wurde. Da die erforderlichen Kriterien nicht erfüllt sind, ist weder eine steuerliche Berücksichtigung unter dem Titel Werbungskosten iSd § 16 EStG noch als Sonderausgaben iSd § 18 EStG möglich.

5. Unterbringungs- und erhöhte Lebenshaltungskosten in der Schweiz und Kosten für ***BundeslandA*** von dort nach ***Stadt2***

Die in diesem Zusammenhang bisher zuerkannten Kosten für Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten stehen aus folgendem Grund nicht zu:

Sie waren seit 2018 in der Schweiz beschäftigt und hatten Ihren Familienwohnsitz in Deutschland. 2019 haben Sie Ihren Familienwohnsitz aus privaten Gründen nach ***Stadt2*** verlegt. Ihre Gattin war 2019 arbeitslos und ab 2020 in Pension.

Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Eine Unzumutbarkeit für die Wohnsitzverlegung in die Nähe Ihres Beschäftigungsortes in der Schweiz liegt in Ihrem Fall nicht vor, da Ihre Gattin nicht in ***Stadt2*** erwerbstätig war und steuerlich relevante Einkünfte daraus erzielte. Die Wohnsitzbegründung erfolgte aus rein privater Veranlassung weit entfernt vom Beschäftigungsort. Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung wurde auch nicht behauptet und liegen andere Gründe dafür laut Aktenlage nicht vor.

Der VwGH hat im Erkenntnis vom , 2008/15/0157, folgende Meinung vertreten: "Die DHHF ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist. Eine berufliche Veranlassung in diesem Sinn liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, weg verlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt.

Damit sind die durch die Unterbringung in der Schweiz erwachsenen Mehraufwendungen nicht beruflich veranlasst und demnach auch nicht als Werbungskosten gem. § 16 EStG abzugsfähig. (..)"

Mit Eingabe vom beantragte der Bf die Vorlage seiner Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht.

In seinem Vorlageantrag führte der Bf replizierend aus, dass die Schwerbehinderung seiner Ehegattin (MdE 50%) bereits seit vom "Zentrum Bayern Familie und Soziales" festgestellt worden sei. Diese Feststellung sei später auch durch das "Hessische Amt für Versorgung und Soziales" bestätigt und verlängert worden. Seine Gattin habe vor Ablauf der Ausweisgültigkeit in Österreich einen entsprechenden Antrag eingebracht. Als Folge sei ihr die unbefristete Anerkennung als Schwerbehinderte zuerkannt worden. Weites sei die Anerkennung von Schwerbehinderten gemeinschaftsrechtlich geregelt.

Richtig sei allerdings, dass Belege, die die anerlaufenen Kosten detailliert aufschlüsseln bzw. nachweisen würden, nicht mehr vorhanden seien.

Zum Punkt 2 der Beschwerdevorentscheidung entgegnete der Bf, dass die Entscheidung den ehelichen Wohnsitz von Deutschland nach ***BundeslandA*** zu verlegen aus verschiedenen Gründen heraus getroffen worden sei. Einerseits sei der Bf und seine Gattin österreichische Staatsbürger und würden auch die Familienangehörigen im Inland leben. Andererseits sei er in der Zeit vor der Verlegung des Familienwohnsitzes nach ***BundeslandA*** von ***Stadt1*** in die Schweiz gependelt, was von der Distanz her der Wegstrecke zwischen dem jetzigen Wohnsitz in ***Stadt2*** und dem Arbeitsplatz in der Schweiz entspreche. Tatsache sei, dass er seinen Arbeitsplatz bei der Firma ***Fa1*** AG in ***T**/CH behalten habe und nun zwischen ***Stadt2*** und ***T** pendle. Damit sei der von der Judikatur geforderte objektive Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und der doppelten Haushaltsführung gegeben.

In Bezug auf die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltslasten für seinen studierenden Sohn (Pkt 3 BVE) wandte der Bf ein, dass der gewährte Pauschbetrag von € 110 monatlich "eine Schande" sei; eine ausbildungsadäquate Anstellung seines Sohnes sei während des Lockdowns unmöglich gewesen.

Was die bei der ***Versich1*** Versicherung AG abgeschlossene Krankenversicherung für Grenzgänger anbelangt, so führte der Bf ins Treffen, dass er - wie jeder andere Dienstnehmer - eine Krankenversicherung benötigt habe und benötige. Er habe versucht sich bei der ÖGKK im Rahmen einer Freiwilligenversicherung versichern zu lassen, was ihm aber verwehrt geblieben sei. Letztlich sei ihm nur der Abschluss einer privaten Krankenversicherung übrig geblieben. Es möge zutreffen, dass einige Leistungen besser seien bei einer gesetzlichen Krankenversicherung, aber aus diesem Grunde festzustellen, dass keine adäquaten Pflichtbeiträge vorliegen würden und damit eine gänzliche Steuerpflicht anzunehmen, sei unvertretbar.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vor.

In ihrem Vorlagebericht führte die Behörde zum Punkt "Stellungnahme" aus:

(..) Dazu wird auf die ausführliche Begründung in der BVE vom hingewiesen und ergänzend Folgendes vorgebracht:

ad Krankenversicherungsbeiträge

Abweichend von der in der BVE dargelegten Rechtsansicht ergibt sich Folgendes:

Gem. § 16 Abs. 1 Z 4 lit e EStG 1988 sind Werbungskosten ua. Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht, insoweit, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen. Wesentliches Tatbestandsmerkmal ist hier das Bestehen einer gesetzlichen Versicherungspflicht. Eine Versicherungspflicht nach österreichischem Recht besteht für den Bf nicht, da er keinerlei inländische Einkünfte erzielt, an die eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung anknüpfen könnte. Die strittigen Prämienzahlungen werden geleistet für die bei der ***Versich1*** abgeschlossene Versicherung "***Versich1*** Privat rundum für Grenzgänger". Lt. Infoblatt des Bundesamtes für Gesundheit der Schweizerischen Eidgenossenschaft müssen Personen mit Wohnsitz im Ausland, die in der Schweiz arbeiten, grundsätzlich eine Krankenversicherung in der Schweiz abschließen. Es wurde jedoch ua. mit Österreich eine Sondervereinbarung getroffen, damit sich diese Personen im Wohnland versichern können (Optionsrecht). In diesem Fall kann laut Internetrecherchen eine private Krankenversicherung für sogenannte Grenzgänger abgeschlossen werden. Eine solche hat der Bf bei der ***Versich1*** abgeschlossen und zahlt die entsprechenden Beiträge monatlich ein. Dass er in der Schweiz keine KV-Pflichtbeiträge bezahlt hat, ist dem Jahreslohnkonto zu entnehmen.

Damit stellen die strittigen Prämienzahlungen eine verpflichtende Form der Krankenversicherung dar, da damit aufgrund des Optionsrechtes die Krankenversicherungspflicht in der Schweiz entfällt. Der Begriff Pflichtbeiträge in § 16 Abs. 1 Z 4 lit e EStG richtet sich nach dem österreichischen Sozialversicherungsrecht. Es ist daher die allgemeine Höchstbeitragsgrundlage für Unselbständige anzuwenden. Für das Kalenderjahr 2019 beträgt diese 5.220 Euro. Anzuwenden ist der Beitragssatz von 7,65 %. Daraus ergibt sich, dass die an die ***Versich1*** zu leistenden Krankenversicherungsbeiträge mit einem Betrag von 4.791,96 Euro als Werbungskosten berücksichtigt werden können.

Es wird daher beantragt, der Beschwerde teilweise stattzugeben und die KV-Beiträge in Höhe von 4.791,96 Euro als Werbungskosten anzuerkennen."

Mit Eingabe vom brachte das Finanzamt in einer ergänzenden Stellungnahme vor, dass Beiträge zu einer gesetzlichen Unfall- und Arbeitslosenversicherung, sofern diese aufgrund zwingender Vorschriften vorgeschrieben werden und sie der österreichischen gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen, gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit f EStG 1988 ebenso Werbungskosten darstellen würden. Auch würden Beiträge zu ausländischen Pensionskassen gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. h EStG 1988, sofern diese aufgrund einer ausländischen gesetzlichen Verpflichtung zu leisten seien, als Werbungskosten abzugsfähig sein.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf zog im Jahre 2019 mit seiner Gattin von ***Stadt1***/Deutschland nach ***Stadt2***/Österreich. Die verwaltungspolizeiliche Meldung der beiden Eheleute in Österreich erfolgte am . Als Hauptwohnsitz scheint im ZMR "***Stadt2***, ***Adr2***" auf.

Der Bf ist seit bei einem Schweizer Arbeitgeber (Firma ***Fa1*** AG, CH- ***AdrCH***) in leitender Position beschäftigt und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nsA. Der Arbeitsplatz des Bf befindet sich in der Schweiz (***). Der Bf hatte sich in der Nähe zu seinem Arbeitsort ein Zimmer angemietet. Der Bf pendelte im Streitjahr nach seinen Angaben in regelmäßigen Abständen (wöchentlich) zwischen seinem Familienwohnsitz in ***Stadt2*** und seinem Berufswohnsitz in der Schweiz.

Die Gattin des Bf ist Schmerzpatientin und aus diesem Grunde als behindert eingestuft (MdE 50%). Die erste aktenkundige Einstufung als behindert erfolgte bereits im Jänner 2014 durch das Zentrum Bayern Familie und Soziales. Die erste aktenkundige Einstufung in Österreich (MdE ebenso 50%) erfolgte durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (BASB Landesstelle ***BundeslandA***) im Jahr 2020.

Der Sohn des Bf betrieb im Streitjahr am ***Uni1*** in ***Stadt3*** ein Masterstudium (***Mus1***).

2. Beweiswürdigung

Das Gericht legt seiner Entscheidung die aktenkundigen Urkunden, insbesondere das schriftlich erstattete Vorbringen des Bf sowie die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, der Beschwerdevorentscheidung sowie den nachgelagerten Eingaben zugrunde.

3. Rechtliche Beurteilung

1. Arzt- und Behandlungskosten für behinderte Gattin

Die Bestimmung des § 35 EStG 1988 ordnet an:

(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

  1. durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

  2. bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratetoder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-) Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6.000 Euro erzielt,

  3. durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 21 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienbeihilfengesetzes 1967 gewährt wird

underhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld, Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) (…)

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbstätigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

  1. Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl Nr. 183/1947)

  2. die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern

  3. in allen übrigen fehlten sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen."

(3) Es wird jährlich gewährt


Tabelle in neuem Fenster öffnen
bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von
ein Freibetrag von Euro
(…)
45% bis 54%
401
(..)
(..)

(4) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden. (..)"

Der vom Antragsteller vorzulegenden amtlichen Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen kommt feststellende, gegenüber den Abgabenbehörden bindende Wirkung zu. Dies hat den Vorteil, dass im Abgabenverfahren häufig schwer zu lösende medizinische Streitfragen nicht ausgetragen werden müssen, der Abgabepflichtige den Abgabenbehörden gegenüber aber auch nicht einwenden kann, die in der von ihm vorgelegten amtlichen Bescheinigung enthaltenen Feststellungen träfen nicht zu und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei etwa ein höheres.

In Streit steht, ob Aufwendungen aus dem Titel der Behinderung der Gattin des Bf bei diesem steuerlich zu berücksichtigen sind, zumal im Streitjahr 2019 keine amtliche Bescheinigung des für die Feststellung der MdE zuständigen österreichischen Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumsservice SMS) vorliegt. Im Umkehrschluss stellt sich die Frage, ob die durch deutsche Ämter bzw. Behörden festgestellte MdE im Rahmen der steuerlichen Beurteilung des gegenständlichen Falles anzuerkennen sind.

Für eine wechselseitige Anerkennung der Einstufung des Grades der Behinderung bzw. der MdE durch in- und ausländische Behörden liegt keine Rechtsgrundlage vor. Im österreichischen Recht findet sich kein gesetzliches Gebot, welches die Anerkennung von durch eine ausländische Behörde erfolgte Einstufung der MdE im Bereiche des Steuerrechts rechtfertigen würde. Bi- bzw. multilateralen Abkommen, die Grundlage für eine gegen- bzw. wechselseitige Anerkennung böten, wurden bislang nicht abgeschlossen.

Die Einstufung der Gattin des Bf als Behinderte durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumsservice) erfolgte erst im Jahre 2020.

Da das Ergebnis dieser Einstufung ausschließlich pro futuro Rechtswirksamkeit entfalten kann, somit eine Rückwirkung auf vorherliegende Zeiträume aus rechtlichen Gründen nicht zulässig ist, war die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

Es können daher weder der Freibetrag nach § 35 (3) EStG 1988 noch tatsächliche aus dem Titel der Behinderung erlaufene Kosten in Abzug gebracht werden. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass der Bf tatsächlich erwachsene Kosten, die aus der Behinderung seiner Gattin resultieren, in keiner Lage des Verfahrens nachgewiesen hat.

2. Kosten iZm dem Umzug von Deutschland nach ***Stadt2***

Umzugskosten sind dann Werbungskosten, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist; ansonsten zählen Umzugskosten zu den Kosten der privaten Lebensführung. Abgesehen von den Fällen, in denen der Arbeitgeber einen Umzug fördert (bspw. Verpflichtung zum Bezug einer Dienstwohnung) kann eine berufliche Veranlassung nur beim Umzug zur Vermeidung eines unzumutbar langen Arbeitsweges angenommen werden.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist der Bf seit bei einem Schweizer Arbeitgeber beschäftigt. Bis zu seinem Umzug nach Österreich war der Familienwohnsitz des Bf in ***Stadt1***/Deutschland situiert. Die Distanz zwischen ehemaligen Familienwohnsitz in Deutschland und dem Arbeitsplatz in der Schweiz ist laut Vorbringen des Bf nahezu ident mit jener zwischen dem neuen Familienwohnsitz in ***Stadt2*** und dem Schweizer Arbeitsplatz (rund 550 km).

Im Verwaltungsverfahren führte der Bf private Gründe ("..zumal meine Frau Mitte August 2020den Rentenantrag gestellt hat, und wir die Wohnung in ***Stadt2*** als Alterswohnsitz sehen und unsere Verwandten in ***Stadt2*** leben, sind wird nach 27 Jahren zurück in die Heimat gezogen..") an, welche ausschlaggebend für den Umzug nach Österreich gewesen waren.

Ein Werbungskostencharakter von Umzugskosten ist demnach offenkundig nicht gegeben. Ein derartiger wäre dann gegeben gewesen, wenn der Bf seinen Familienwohnsitz von Deutschland in die Schweiz verlagert hätte.

3. Unterbringungskosten in der Schweiz (Kosten einer doppelten Haushaltsführung) und erhöhte Lebenshaltungskosten in der Schweiz; Kosten für Fahrtenzwischen Berufswohnsitz und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten)

Der Bf hatte verlegte im Jahre 2019 seinen Familienwohnsitz von Deutschland nach Österreich, wobei dieser seinen Arbeitsplatz in der Schweiz beibehielt. Seine Gattin war im Beschwerdejahr in Österreich arbeitslos und ging im August 2020 in Pension.

In rechtlichen Hinsicht gilt: Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor bzw. sind diese weggefallen (zB Ehepartner beendet seine berufliche Tätigkeit), können die Kosten für die berufliche Begründung eines zweiten Haushaltes am Beschäftigungsorte vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dabei ist von einer angemessenen Frist auszugehen, die sich nach den Möglichkeiten der Beschaffung eines Familienwohnsitzes im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes orientiert. Die Beurteilung der Frage, ob bzw. wann dem Steuerpflichtigen die Verlegung seines Familienwohnsitzes zumutbar ist, kann nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraumes abhängig gemacht werden; es sind vielmehr die Verhältnisse des Einzelfalles zu prüfen ().

Im Allgemeinen wird für verheiratete Steuerpflichtige ein Zeitraum von zwei Jahren, für alleinstehende Arbeitnehmer ein Zeitraum von sechs Monaten ausreichend sein, um im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes einen Familienwohnsitz zu begründen.

Im vorliegenden Fall allerdings hegte der Bf keineswegs die Absicht seinen Familienwohnsitz von Deutschland in die Schweiz zu verlegen, sondern erfolgte innerhalb des ersten Jahres nach dem Wechsel des Arbeitsplatzes eine (Rück-)Verlegung des Familienwohnsitzes nach ***BundeslandA***. Der Bf gab dadurch in eindeutiger Weise zu erkennen, dass nach Begründung eines HWS in ***Stadt2*** eine weitere Verlegung des Familienwohnsitzes in die Schweiz nicht beabsichtigt war. Dies geht auch aus dem mit der belangten Behörde im Zuge des Verwaltungsverfahrens geführten Schriftverkehr unzweifelhaft hervor. Daraus folgt, dass die Grundvoraussetzung für eine steuerliche Anerkennung einer (vorübergehenden) doppelten Haushaltsführung, nämlich die klar und eindeutig bestehende Absicht des Steuerpflichtigen den Familienwohnsitz in die Nähe des neuen Tätigkeitsortes zu verlegen, bei der gegenständlichen Sachlage nicht vorliegt. Auch war die Gattin des Bf, zumindest in der Zeit nach Verlegung des Wohnsitzes nach Österreich, bis zu ihrer Pensionierung in 2020, nicht berufstätig.

Da im Lichte des Steuerrechtes die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung gegenständlich nicht vorliegen, können auch Kosten für Familienheimfahrten nicht Berücksichtigung finden. Voraussetzung für die Anerkennung von Aufwendungen der genannten Art ist nämlich, dass die Anspruchsvoraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung vorliegen.

Strittig ist weiters, ob dem Bf ein kaufkraftbedinger Verpflegungsmehraufwand entstanden ist, der als beruflich veranlasst anzusehen ist und damit unter dem allgemeinen Werbungskostenbegriff fällt:

Die Kaufkraft des Geldes gibt im Allgemeinen an, welche Menge an Gütern oder Dienstleistungen mit einem bestimmten Geldbetrag gekauft werden kann. Eine im Verhältnis zum Ausland geringere Kaufkraft des Gehaltes liegt daher vor, wenn mit den in Euro ausbezahlten inländischen Bezügen im Ausland Waren und Dienstleistungen nicht in derselben bzw. vergleichbaren Menge und Qualität erworben werden können, wie dies im Inland der Fall ist (vgl. dazu )

Inwieweit bei einem Arbeitnehmer, der in der Schweiz für einen Schweizer Arbeitgeber tätig ist und den Lohn in Schweizer Franken ausbezahlt erhält, ein solcher kaufkraftbedingter Verpflegungsmehraufwand entstehen soll, ist nach Auffassung des Gerichtes nicht nachvollziehbar. Bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation kann ein währungsbedingter Kaufkraftverlust eo ipso nicht eintreten.

4. Ausbildungskosten Sohn ***S**

Die Bestimmung des § 34 Abs. 8 EStG 1988 ordnet an, dass Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung gelten, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Voraussetzung ist ferner, dass die Absicht besteht, durch ernsthaftes und zielstrebiges Bemühen das Ausbildungsziel zu erreichen und die vorgeschriebenen Prüfungen abzulegen (vgl. dazu ). Bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen wird die agB durch einen Pauschbetrag von 110 € monatlich (1.320 € jährlich) berücksichtigt. Eine Berücksichtigung der tatsächlich erwachsenen (Unterhalts)Kosten ist gesetzlich nicht vorgesehen und unzulässig ().

Unstrittig ist, dass der Sohn ***S** sein Masterstudium am ***Uni1*** ernsthaft und zielstrebig betrieben hat und dieses im Jahre 2020 beendete.

Demzufolge war der Pauschbetrag nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 für vier Monate (September bis Dezember; 440 € ) zu berücksichtigen.

5. Beiträge zur Krankenversicherung an ***Versich1*** Versicherungen AG

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit e EStG 1988 sind Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht insoweit Werbungskosten, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen.

Nach österreichischer Rechtslage besteht für den Bf keine Versicherungspflicht, da er keinerlei inländische Einkünfte erzielt, an die eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung anknüpfen. Die strittigen Prämienzahlungen werden geleistet für die bei der ***Versich1*** abgeschlossene Versicherung "***Versich1*** Privat rundum für Grenzgänger".

Wie das Finanzamt in seinem Vorlagebericht festhält, hat der Bf laut Jahreslohnkonto in der Schweiz keine KV-Pflichtbeiträge zur Einzahlung gebracht. Laut durchgeführter Recherche existiere zwischen der Schweizer Eidgenossenschaft und Österreich eine Sondervereinbarung dahingehend, die dem Dienstnehmer die Möglichkeit einräume, sich in seinem Wohnsitzstaat versichern zu lassen. Bei Anwendung dieser Option könne eine private Krankenversicherung für sogenannte Grenzgänger abgeschlossen werden. Der Bf habe bei der ***Versich1*** Versicherungen AG eine derartige Versicherung abgeschlossen und Zahlung der geleisteten Versicherungsprämien nachgewiesen. Damit würden nach Ansicht der Behörde die strittigen Prämienzahlungen eine verpflichtende Form der Krankenversicherung darstellen, zumal aufgrund des Optionsrechtes die Krankenversicherungspflicht in der Schweiz entfallen würde. Die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 4 lit e EStG 1988 ordne an, dass sich der Begriff "Pflichtbeiträge" nach dem österreichischen Sozialversicherungsrecht richte und daher die allgemeine Höchstbeitragsgrundlage für Unselbständige anzuwenden sei. Diese betrage für das Jahr 2019 € 5.220. Unter Anwendung des Beitragssatzes von 7,65% ergäbe sich ein als Werbungskosten anzuerkennender Betrag von 4.791,96 € p.a.

Das Gericht teilt die im Vorlagebericht vertretene Rechtsauffassung der Behörde. Da der Bf in der Schweiz nicht krankenversichert ist und auch in Österreich nicht pflichtversichert ist - eine solche sei ihm laut Beschwerdevorbringen verwehrt geblieben - stellen die an die ***Versich1*** Versicherungen AG geleisteten Prämienzahlungen ein Äquivalent zu den inländischen Pflichtbeiträgen in die gesetzliche Krankenversicherung dar. Der Höhe nach sind die steuerwirksamen Prämien mit der Höchstbeitragsgrundlage unter Anwendung des jeweiligen Beitragssatzes zu begrenzen.

Der Beschwerde war diesbezüglich (teilweise) Folge zu geben und ein Betrag von 1.597,32 € (für die Monate September bis Dezember als Werbungskosten anzusetzen.

6.Restliche im Beschwerdeschriftsatz aufgezeigten Positionen

a) Ergänzungskredit

Der zur Finanzierung der ETW aufgenommene Ergänzungskredit (50.000 €) bzw. dessen Tilgungsrate iHv 550 € stellen keine Werbungskosten dar. Eine berufliche Veranlassung des Erwerbes einer Eigentumswohnung in ***Stadt2*** ist, wie bereits ausgeführt, nicht erkennbar.

Ebenso wenig sind die Kreditraten als Sonderausgaben zu qualifizieren, zumal die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 (ua. Nachweis, dass der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem abgeschlossen wurde) nicht vorliegen.

b) Nebenkosten anlässlich Erwerb der ETW Gasometergasse

Den genannten Positionen kommt ebenso kein Werbungskostencharakter zu; eine berufliche Veranlassung in Bezug auf die Anschaffung der ETW ist nicht gegeben.

c) Überprüfungskosten und Kraftfahrzeugsteuer für 2 PKW (BMW ***D***) sowie Tilgung KFZ Kredit

Ebenso wenig stellen diese Aufwendungen Werbungskosten dar, da der Umzug des Bf und seiner Ehegattin von Deutschland nach Österreich als privat veranlasst gilt.

d) Unfall- und Arbeitslosenversicherung, Pensionskasse

Der Bf bringt vor, dass er Unfall- und Arbeitslosenversicherung (monatlich 794 €) sowie Zahlungen in die Pensionskasse (monatlich € 1.025) in der Schweiz abführe.

Beiträge von Arbeitnehmern zu einer ausländischen Pflichtversicherung (Unfall- und Arbeitslosenversicherung) die einer inländischen Sozialversicherung entspricht, sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988, als Werbungskosten zum Abzug zugelassen (; RV/7105895/2015).

Bei den Beiträgen zur Unfall- und Arbeitslosenversicherung handelt es sich nach Schweizer Recht um Pflichtbeiträge, deren Abzug gesetzlich vorgesehen ist (vgl. KMU Portal der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu "ALV" und "Unfallversicherung" unter www.kmu.admin.ch). Ebenso obligatorisch sind Beiträge des Arbeitnehmers zu AHV (Alters- und Hinterlassensversicherung; s. obige Homepage).

Beiträge zu einer ausländischen Pensionskasse sind ebenso als Werbungskosten abzugsfähig, wenn diese aufgrund einer ausländischen gesetzlichen Verpflichtung zu leisten sind (§ 16 Abs. 1 Z 4 lit. h EStG).

Arbeitnehmer die das 17. Lebensjahr überschritten haben und einen Jahreslohn von über CHF 21.510 (für 2021) beziehen, sind obligatorisch in der Pensionskasse (2. Säule) versichert (Quelle: www.die-pensionskasse.ch). Demnach stellen Pensionskassenzahlungen an ausländische PK, soweit diese verpflichtend sind und nicht darüberhinausgehend als PK-Zusatzversicherung geleistet werden, Werbungskosten dar.

Laut dem im Akt einliegenden Lohnkonto 2019 ("Kumulativjournal Mitarbeiter") wurden vom Dienstgeber des Bf in den Monaten September bis Dezember folgende Beiträge an AHV, ALV SUVA (Unfallversicherung) sowie Leistungen für die PK einbehalten bzw. abgeführt (Beträge in CHF):


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Sept
Okt
Nov
Dez
Summen
AHV
599,05
599,05
894,70
599,05
2.691,85
ALV
135,85
135,85
135,85
135,85
543,40
SUVA
64,20
64,20
64,20
64,20
256,80
PK
900,60
900,60
900,60
900,60
3.602,40

Dies ergibt eine Gesamtsumme an abzugsfähigen Werbungskosten für Sozialversicherung und Pensionsvorsorge von CHF 7.094,45. Unter Zugrundlegung des für 2019 für die Umrechnung (von CHF in Euro) anzuwendenden Steuerwertes von 0,885473 ergibt dies einen Betrag von € 6.281,95.

Für das Streitjahr ergibt sich somit folgende Steuerbemessungsgrundlage bzw. Abgabenhöhe (Beträge in Euro):


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Einkünfte aus nsA lt FA
46.507,74
-WK lt Pkt 5
-1.597,32
-WK lt Pkt 6 d
-6.281,95
Gesamtbetrag Einkünfte aus nsA lt BFG
38.628,47
-Sonderausgaben
-60,00
-Pauschbetrag § 34 (8)
-440,00
Einkommen § 2 (2) EStG
38.128,47
Steuer:
0% für die ersten 11.000
0,00
25% für weitere 7.000
1.750,00
35% für weitere 13.000
4.550,00
42% für restliche 7.128,47
2.993,95
Steuer vor Abzug von Absetzbeträgen
9.293,95
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Steuer nach Abzug von Absetzbeträgen
8.893,95
Einkommensteuer
8.893,95
Ausländische Steuer
-7.904,53
Festgesetzte Einkommensteuer (ger.)
989,00

Begründung nach § 25a (1) VwGG

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

All die genannten Voraussetzungen liegen gegenständlich nicht vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100122.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at