TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.10.2023, RV/2100298/2023

Rückforderung von Familienbeihilfe wegen Überschreitens der höchstzulässigen Studiendauer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum 4/2021 bis 2/2022 betreffend die Tochter ***1***, SVNR des Beschwerdeführers ***2***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am wurde ein Anspruchsüberprüfungsschreiben zur Familienbeihilfe an den Beschwerdeführer (Bf.) versendet, mit dem Nachweise betreffend Studienabschluss und Einkommen der Tochter abverlangt wurden. Diese wurden vorgelegt.
Die Tochter des Bf. schloss das Bachelorstudium ***3*** am *Tag**.3.2022 ab. Die Familienbeihilfe wurde zunächst mit März 2022 eingestellt, im Zuge einer näheren Prüfung aufgrund eines neuen Familienbeihilfenantrages wurde Familienbeihilfe für den Zeitraum 4/2021 bis 2/2022 zurückgefordert, weil im Bachelorstudium die gesetzliche Studiendauer von 6 Semestern plus 2 Toleranzsemestern überschritten worden sei. Inklusive eines Verlängerungssemesters aufgrund von COVID-19 bestehe ein Anspruch auf Familienbeihilfe nur bis März 2021.

Gegen den Rückforderungsbescheid vom erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde vom und führte aus, dass das Studium fortlaufend betrieben und Prüfungen erfolgreich absolviert worden seien. Pandemiebedingt seien die ***4*** nicht in dem Maße angeboten worden, wie es für einen raschen Abschluss des Bachelorstudiums notwendig sein würde, weshalb die Tochter bereits Prüfungen des Masterstudiums parallel vorgezogen habe.

Die Beschwerde wurde am mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) abgewiesen und wie im Rückforderungsbescheid begründet, dass die Zeiträume, in denen Familienbeihilfe zustehe, alle ausgeschöpft worden seien und Prüfungen aus dem Masterstudium ohne abgeschlossenes Bachelorstudium keinen Beihilfenanspruch auslösen könnten.
Die BVE wurde am bei der örtlichen Post-Geschäftsstelle hinterlegt und am behoben.
Ein Vorlageantrag wurde am eingebracht. In diesem wird ausgeführt, dass immer alle geforderten Bescheinigungen fristgerecht vorgelegt worden seien, das Finanzamt den Familienbeihilfenbezug bestätigt und die Familienbeihilfe ausbezahlt habe. Daher ergebe sich nun die Schieflage, die das Finanzamt zu verantworten habe. Das Gesetz normiere durch § 26 Abs. 1 FLAG eine Rückzahlungsverpflichtung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe, schließe diese Rückzahlungsverpflichtung aber insbesondere aus, soweit der unregelmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt (als auszahlende Stelle) verursacht worden sei. Bitte um Erklärung, worin die Schuld des Bf. bestehe bzgl. der Rückforderung der ausbezahlten Familienbeihilfe.

Das Finanzamt wies im Vorlagebericht vom darauf hin, dass der Vorlageantrag als verspätet eingebracht zurückzuweisen sei.
Die BVE sei am an die Hauptwohnsitzadresse der Bf. versendet und am bei der örtlichen Post-Geschäftsstelle hinterlegt worden. Beginn der Abholfrist war der . Mit diesem Tag gelte gem. § 17 ZustellG die BVE als zugestellt und habe damit die Frist zur Stellung eines Vorlageantrages zu laufen begonnen.
Eingebracht sei dieser am worden und damit zu spät eingebracht worden.
Das Finanzamt beantrage daher, den Vorlageantrag gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen.
Inhaltlich werde auf die Begründungen der ergangenen Bescheide verwiesen.
Das Bachelorstudium ***3*** habe eine gesetzliche Studiendauer von 6 Semestern plus 2 Toleranzsemester.
Für Verzögerungen aufgrund von COVID stehe gem. § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 ein Verlängerungssemester zu. Die Familienbeihilfe sei für alle diese Zeiträume durchgehend gewährt worden. Darüber hinaus bestehe kein Anspruch.
Die Tochter des Bf. habe ein Bachelorstudium als Hauptstudium absolviert. Dass sie Prüfungen aus dem Masterstudium ablegte, zähle gem. FLAG und StudfG nicht zum Studienerfolg. So sei auch bei zwei parallel betriebenen Studien dem Finanzamt ein Studium als Hauptstudium bekanntzugeben, nach welchem der Studienerfolg beurteilt werde.

§ 26 Abs 1 FLAG bestimme: Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Aus § 26 Abs. 1 FLAG ergebe sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Es komme nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von Familienbeihilfe an, also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; , 2005/13/0142).
Anders als der Bf. vermeine, stehe einer Rückforderung nach derzeitiger Rechtslage auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden sei (vgl. ; , 2008/15/0329; , 2007/15/0162; , 2008/15/0002; , 2006/13/0174; , 2001/13/0048; , 2001/13/0160; , 2002/13/0079; , 2000/15/0183; , 97/15/0013).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Tochter des Bf. hat mit , also mit dem Wintersemester 2016/2017 das Bachelorstudium ***5*** ***6*** begonnen.
Dieses Studium dauert sechs Semester, die gesetzliche Studiendauer geht also bis zum Sommersemester 2019.
Aufgrund der COVID-19-Pandemie kam es zu Studienverzögerungen aufgrund nicht ausreichend vorhandener ***7***.
Die Tochter hat das Bachelorstudium mit *Tag**.3.2022 abgeschlossen und im Anschluss daran das Masterstudium begonnen.
Prüfungen für das Masterstudium im Ausmaß von 30,5 ECTS wurden bereits im Studienjahr 2021/2022 vorgezogen. Im **Monat** 2022 vollendete die Tochter das 24. Lebensjahr.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und dem elektronischen Familienbeihilfenakt und ist nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Zur Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages:

Gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 Bundesabgabenordnung (BAO) kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).
Gemäß
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO ist § 260 Abs. 1 BAO für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 249 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde bei der Abgabenbehörde einzubringen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. …
Wird eine Bescheidbeschwerde
innerhalb der Frist gemäß § 245 beim Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; das Verwaltungsgericht hat die bei ihr eingebrachte Bescheidbeschwerde unverzüglich an die Abgabenbehörde weiterzuleiten.

§ 245 BAO und § 249 BAO gelten gemäß § 264 Abs. 4 BAO auch für Vorlageanträge.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Die Zurückweisung nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt gemäß
§ 264 Abs. 5 BAO dem Verwaltungsgericht.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht.
Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Gemäß § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Erledigungen werden gemäß § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

§ 17 ZustellG (Hinterlegung)
§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird.
Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Die BVE wurde am bei der örtlichen Postgeschäftsstelle hinterlegt. Aus der Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Schriftstückes geht hervor, dass dieses ab abholbereit war. Die BVE gilt damit gemäß § 17 Abs. 3 3. Satz ZustellG mit diesem Tag als zugestellt, und damit dem Bf. rechtswirksam bekanntgegeben.
Die Rechtsmittelfrist von einem Monat hätte daher am geendet. Da dieser Tag aber ein Sonntag war, ist der (ein Montag) nach § 108 Abs. 3 BAO als letzter Tag der Frist anzusehen.
Der am über FinanzOnline eingebrachte Vorlageantrag erfolgte daher rechtzeitig.

Zur Rückforderung der Familienbeihilfe:

§ 2 FLAG 1967 lautet:
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, …. ….

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,
d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

§ 15 FLAG 1967 lautet:
§ 15. (1) Für Personen, die im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, finden die während dieses Zeitraumes vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen im unmittelbaren Anschluss an den Anspruchszeitraum bis März 2021 in Bezug auf dieses Kind weiter Anwendung, solange während dieses Zeitraumes keine andere Person anspruchsberechtigt wird.
(2) Für die Maßnahme nach Abs. 1 ist ein Betrag von höchstens 102 Mio. Euro aus Mitteln des COVID 19-Krisenbewältigungsfonds bereitzustellen.

§ 26 FLAG 1967 lautet:
§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.
(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
(4) Die Oberbehörde ist ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist
§ 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Die Tochter hat das Bachelorstudium ***5*** ***6*** an der ***8*** im WS 2016/2017 begonnen - die vorgesehene Studienzeit beträgt sechs Semester plus zwei Toleranzsemester, da das Bachelorstudium nicht in Studienabschnitte gegliedert ist. Die zwei Toleranzsemester verlängern die vorgesehene Studiendauer bis zum Ende des SS/2020 ().
Aufgrund der pandemiebedingten Studienbeeinträchtigungen ist nach § 2 Abs. 9 FLAG 1967 für ein weiteres Semester Familienbeihilfe zu gewähren.
Weil im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe bestand, ist nach § 15 FLAG 1967 bis März 2021 weiter Familienbeihilfe zu gewähren.

Ein Familienbeihilfenanspruch ab April 2021 setzt den Abschluss des Bachelorstudiums voraus.
Wird ein Studienabschnitt innerhalb der vom FLAG 1967 für diesen vorgesehenen Zeit (also i.d.R. Mindeststudienzeit plus "Toleranzsemester" und hier plus COVID-Verlängerungssemester) nicht abgeschlossen, fällt der Anspruch auf Familienbeihilfe weg.
Dass Prüfungen aus dem Masterstudium vorgezogen wurden, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Das Masterstudium kann erst nach erfolgreichem Abschluss des Bachelorstudiums begonnen werden, für welches aber der erforderliche Abschluss innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Zeit nicht vorgelegt werden konnte.
Universitäre, vorgezogene Leistungen des Masterstudiums bei fehlendem Abschluss des Bachelorstudiums vermögen einen Familienbeihilfenanspruch (für das noch aufrechte Bachelorstudium) nicht zu begründen.

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ist zwingendes Recht, das auf individuelle, der Bestimmung nicht entsprechende Studienverläufe keine Anwendung findet. Aus dem Wortlaut des Gesetzes ist nicht abzuleiten, dass fehlende Prüfungen durch Ablegung anderer Prüfungen des nächsten Studienabschnittes oder eines anschließenden Masterstudiums kompensiert werden können (vgl. auch , dass aufgrund der gebotenen ex-ante Betrachtung die Gesamtstudiendauer nicht relevant sei, zu folgendem Sachverhalt: Student beendet den ersten, an sich 4 Semester umfassenden Studienabschnitt nicht innerhalb des Toleranzsemesters zeitgerecht, zieht aber wesentliche Prüfungen des zweiten Abschnittes vor und verkürzt damit die 5 Semester dauernde Studienzeit für den zweiten Abschnitt auf 3 Semester, womit er eine Gesamtstudiendauer von 11 Semester nicht überschreitet.)

Angesichts der aufgezeigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der die ständige Rechtsprechung des BFG folgt, besteht bei der derzeitigen Rechtslage, die auf den tatsächlichen Studienverlauf und ein durchaus übliches Vorziehen von Prüfungen aus nachfolgenden Studienabschnitten (oder hier: des folgenden Masterstudiums), zu wenig Rücksicht nimmt, auch im gegenständlichen Fall für das BFG keine andere Entscheidungsmöglichkeit.

Schließlich sei auch noch angemerkt, dass das BFG in der Entscheidung vom , RV/7100874/2018 verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nicht gehegt und daher von einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof nach Art. 140 Abs. 1 Zif. 1 B-VG abgesehen hat; ausschlaggebend war dafür insbesondere der Umstand, dass die Gliederung eines Diplomstudiums in Studienabschnitte nicht willkürlich erfolgt, sondern sich aus den jeweiligen universitären Anforderungen an eine sinnvolle Studiengliederung ergibt und üblicherweise ein Studienabschnitt auf dem vorangehenden aufbaut (wie es auch bei einem anschließenden Masterstudium der Fall ist). Es wurde auch als nicht unsachlich erkannt, wenn der Gesetzgeber das Ziel eines möglichst raschen Studienverlaufs durch Abstellen auf den einzelnen Studienabschnitt als kleinere Einheit und nicht durch Abstellen auf das gesamte Studium umsetzt.

Schlussendlich hat der unabhängige Finanzsenat in seiner Entscheidung vom , RV/3026-W/07, ausgesprochen, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe für einen weiteren Studienabschnitt nur dann besteht, wenn der vorhergehende Abschnitt rechtzeitig (unter Berücksichtigung von Toleranzsemestern) abgeschlossen wurde, auch wenn das Vorziehen von Prüfungen nach der jeweiligen Studienordnung möglich ist. Gegen diese Entscheidung wurde Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, der eine Behandlung der Beschwerde jedoch mit Beschluss vom , B 1214/08, abgelehnt hat. Die Beschwerde wurde an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten, das Verfahren von diesem aber mit Beschluss vom , 2008/13/0208, eingestellt.

Zur Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung).

Selbst wenn es aufgrund einer unrichtigen bzw. unvollständigen Würdigung des Sachverhaltes zu einer weiteren Auszahlung der Familienbeihilfe kommt, steht dies einer Rückforderung zu Unrecht gewährter Familienbeihilfe nicht entgegen.
Auch dass der Bf. auf Grund der Mitteilungen und der Weitergewährung der Familienbeihilfe davon ausging, ihm stünden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu, hindert eine Rückforderung nicht.

Wie der VwGH judiziert, normiert § 26 Abs. 1 FLAG 1967 eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. mit Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung wie Erkenntnisse ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH steht es der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. ).
Vgl. zur umfangreichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung auch die ausführlichen Hinweise von Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26 Rz 12 ff mwN.

Aufgrund der sich aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergebenden objektiven Erstattungspflicht besteht für die Abgabenbehörde insofern kein Vollzugsspielraum. Nach der genannten Gesetzesstelle hat vielmehr derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Im Geltungsbereich des § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ist das Risiko einer irrtümlich gezahlten Leistung trotz fehlender Erkennbarkeit des Behördenfehlers vom Leistungsempfänger zu tragen ( mit Hinweis auf das zu § 31 Abs. 2 KBGG ergangene Erkenntnis des ).

Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. zB ; und und ; ).

Da im beschwerdegegenständlichen Zeitraum keine den Familienbeihilfenanspruch begründende Berufsausbildung bei der Tochter des Bf. nach der Gesetzeslage gegeben ist und die Rückerstattungspflicht des § 26 Abs. 1 FLAG 1967 - auch dem BFG - kein Ermessen einräumt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Hinweis:

Aufgrund der geltenden Gesetzeslage besteht materiell kein Anspruch auf Familienbeihilfe bei beschwerdegegenständlich gegebenem Sachverhalt.
Im Falle einer allenfalls gegebenen Unbilligkeit der Einhebung nach Lage des Falles steht der Bf. die Möglichkeit eines entsprechend begründeten Nachsichtsantrages gemäß § 236 BAO offen.
Es steht der Bf. frei, allenfalls beim Finanzamt einen Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO einzubringen. Ein Nachsichtsverfahren ist ein von der Rückforderung getrenntes Verfahren. Die Gewährung einer Nachsicht liegt im Ermessen des Finanzamtes (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26, Rz 78).
Über eine Nachsicht ist nicht im gegenständlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Rückforderungsbescheid vom BFG zu entscheiden. Das Nachsichtsverfahren ist ein eigenes Verwaltungsverfahren, welches das Finanzamt aufgrund eines entsprechenden Antrages gegebenenfalls zu entscheiden hat.

Weiters kann gemäß § 26 Abs. 4 FLAG 1967 die Oberbehörde, (das ist derzeit die für die Vollziehung des FLAG 1967 zuständige Bundesministerin im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab), in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre. Hierbei handelt es sich nach den Durchführungsrichtlinien (zitiert nach Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. Auflage, § 26 Rz 73) um eine Maßnahme der Dienstaufsicht.

Das FLAG 1967 räumt der jeweiligen Partei des Verwaltungsverfahrens aber keinen Anspruch auf Ausübung des im § 26 Abs. 4 FLAG 1967 genannten Aufsichtsrechtes ein (vgl. ; ).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis folgt der ständigen Rechtsprechung des VwGH.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at