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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.10.2023, RV/2100974/2020

Bei Vorliegen von vorsätzlicher Abgabenkürzung kommt die längere Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs. 3 BAO zur Anwendung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***1***, in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO Austria GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Am Belvedere 4, 1100 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Körperschaftsteuer 2009 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde ein Prüfungsauftrag für die Vornahme einer Außenprüfung gemäß § 147 BAO erlassen und ein namentlich bezeichnetes Prüfungsorgan bestimmt.
Gegenstand der Außenprüfung waren: Prämie Forschung, Prämie Bildung, Kapitalertragsteuer, Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Zusammenfassende Meldung, Prämie Auftragsforschung für die Zeiträume 2009-2014.

Mit Selbstanzeige vom wurden seitens der Bf. unter Punkt 2 ff "Notwendige Korrekturen betreffend die Körperschaftsteuer (Verrechnungspreise)" wie folgt offengelegt:

"Einleitend möchten wir anmerken, dass im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Verrechnungen auch immer geprüft werden muss, ob nicht eine korrespondierende Änderung im jeweils anderen Land notwendig ist. Sollten dabei sog. Verständigungsverfahren im Sinne des Artikel 25 OECD Musterabkommen erforderlich sein, behält sich Bf. vor, solche Verfahren einzuleiten.

2.1 Offenlegung der bedeutsamen Umstände
a) Subcontractors (Sub-Unternehmen/Freiberufler)
Im Rahmen von internationalen Projekten für ausländische Kunden von ausländischen Bf. Gesellschaften werden Mitarbeiter von Bf. eingesetzt. Ein Teil dieser internationalen Projekte beinhaltet die Systemintegration, d.h. eine Softwareerweiterung wird in die bestehende IT-Umgebung der Kunden integriert. Diese Tätigkeiten werden mitunter durch von Bf. beauftragte externe Sub-Unternehmer/Freiberufler durchgeführt.
Bisher wurden diese Sub-Unternehmer/Freiberufler von Bf. auf Basis der vereinbarten Stundensätze (durchschnittlich EUR 60) an ausländische Gesellschaften der Bf.- Gruppe ohne Gewinnaufschlag weiterverrechnet. Nicht weiterverrechnet wurden das IT-Equipment und Büroräume sowie andere direkte und indirekte Kosten.
Bei der oben genannten Prüfung des Modells ist im Zuge der Vorbereitung auf die Außenprüfung aufgefallen, dass die Verrechnung der Sub-Unternehmer/Freiberufler möglicherweise unvollständig erfolgte. Im Rahmen der Weiterbelastung von 2011 bis 2014 wurden ca. 40.000 Stunden ohne Berücksichtigung indirekter Kosten sowie eines Gewinnaufschlags verrechnet. Für die weiterbelasteten Stunden der Jahre 2006 bis 2009 wurde die durchschnittliche Steuernachzahlung der Jahre 2011 bis 2014 in Höhe von TEUR 45 pro Jahr herangezogen. Im Jahr 2010 erfolgte keine entsprechende Weiterbelastung.
Im Zusammenhang mit der Verrechnung eines etwaigen Gewinnaufschlages stellt sich allerdings die Frage, ob Bf. nicht "nur" als "Vermittler" der Leistungen der Subcontractors auftrat. Aus Abschnitt 7.36 der OECD Leitlinien könnte entnommen werden, dass eine 1:1 Weiterbelastung angemessen sein könnte, wenn eine bloße Vermittlerrolle vorlag. Da im vorliegenden Fall nicht auszuschließen ist, dass Bf. mehr als nur ein "Vermittler" von Dienstleistungen war, werden für die Jahre 2011 bis 2014 die entsprechenden Beträge gewinnerhöhend nacherklärt.
Zu dem bisher abgerechneten durchschnittlichen Stundensatz von EUR 60,00 wurde ein aus den angefallenen Gesamtkosten abgeleiteter Gemeinkostensatz zw. EUR 8,97 und EUR 9,70 addiert. Die so errechneten Vollkosten wurden weiters um einen Gewinnaufschlag von 8% erhöht. Die Differenz des bisherigen Verrechnungssatzes zu dem wie oben ausgeführten errechneten Stundensatz von ca. EUR 15 wurde mit der Anzahl der Stunden für Subcontractors multipliziert. Die ermittelte Anpassung wurde aus Gründen der Vorsicht um einen Sicherheitsaufschlag von 20% erhöht.
Weiters wurde die aus dem Sachverhalt resultierende Steuernachzahlung großzügig aufgerundet, um etwaige finanzstrafrechtlichen Risiken auszuschließen.
Im entsprechenden Vertrag ist eine Teilung des Restgewinnes vorgesehen, der durch die Erhöhung der Stundensätze reduziert wird. Etwaige sich daraus ergebende Gewinnminderung konnten noch nicht abschließend beurteilt werden und sind in der nachstehenden Berechnung noch nicht berücksichtigt worden. Daher behalten wir uns das Recht vor, diese Beträge nach genauer Sachverhaltsprüfung im Zuge der Außenprüfung bzw. im Rechtsmittelverfahren zu korrigieren.

Grundsätzlich beträgt die Verjährungsfrist für die Körperschaftsteuer- soweit die Abgabe nicht hinterzogen ist - fünf Jahre (§ 207 Abs. 2 BAO) und beginnt mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (§ 208 Abs. 1 BAO). Der Abgabenanspruch entsteht bei der Körperschaftsteuer mit Ablauf des Kalenderjahres (§ 4 Abs. 2 Z. 2 BAO). Die fünfjährige Verjährungsfrist verlängert sich durch nach außen erkennbare Amtshandlungen der Abgabenbehörde zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen um ein Jahr (§ 209 Abs. 1 BAO). Hinsichtlich der Anwendung der 5-jährigen Verjährungsfrist auf die noch nicht absolut verjährten Verkürzungen ist zu beachten, dass Bf. jährlich unter der Steuer-Nr. 123/4567 beim Finanzamt Körperschaftsteuererklärungen abgibt und jährlich mit Bescheid zur Körperschaftsteuer veranlagt wird, was jedenfalls hinsichtlich jener Abgaben, die noch unter die 5-jährige Verjährungsfrist fallen - also für die der Abgabenanspruch bis entstanden ist, zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist von 5 auf 6 Jahre führt. Eine weitere Unterbrechungshandlung im jeweiligen Verlängerungsjahr (§ 209 Abs. 1 zweiter Satz BAO) - das wäre hinsichtlich der Veranlagung 2010 im Jahr 2015 und hinsichtlich der Veranlagung liegt nach unseren Informationen nicht vor.
Die Verjährungsfrist beträgt lediglich für hinterzogene Abgaben (vorsätzliche Abgabenhinterziehung) zehn Jahre. Im vorliegenden Sachverhalt handelt es sich um Fahrlässigkeit, die maximal als grobe Fahrlässigkeit einzustufen ist. Die abgabenrechtliche Bemessungsverjährung ist sohin für nicht vorsätzlich hinterzogene Abgaben für die Jahre bis inklusive 2009 bereits eingetreten, weshalb die Körperschaftsteuer für diesen Zeitraum nicht mehr festgesetzt werden kann.
Die finanzstrafrechtliche Verjährung beträgt grundsätzlich fünf Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört (
§ 33 Abs. 1 und 2 FinStrG). Durch das wiederkehrende Setzen von strafbaren Handlungen könnte das Finanzamt die Ansicht vertreten, dass die finanzstrafrechtliche Verjährungsfrist noch nicht eingesetzt hat (§ 31 Abs. 1 FinStrG): "Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedroht Verhalten aufhört." Bei Finanzvergehen, die in die Zuständigkeit der Finanzstrafbehörde fallen, erlischt die Strafbarkeit jedenfalls, wenn seit dem Beginn der zehn Jahre verstrichen sind (§ 31 Abs. 5 FinStrG). Die finanzstrafrechtliche Verfolgungsverjährung ist sohin für die Jahre bis inklusive 2005 bereits eingetreten und die Finanzvergehen für diesen Zeitraum können nicht mehr verfolgt werden.
Demnach trifft die Bf. aus dem genannten Sachverhalt folgende Abzugssteuerverpflichtung, wobei für diese die Jahre 2006 bis 2009 bereits verjährt sind:

Wie bereits erwähnt wurden dabei, vorbehaltlich einer allenfalls notwendig werdenden noch detaillierteren Prüfung, die durchschnittlichen Stunden von 2011 bis 2014 (40.090: 4= 10.022,50) mit der Differenz der bisher durchschnittlich verrechneten Stundensätze und den zu verrechnenden durchschnittlichen Stundensätze (14,89) multipliziert. Bei der Berechnung der Steuerschuld wurde diese aus Gründen der Vorsicht um einen Sicherheitsaufschlag von 20% erhöht. Weiters wurde die aus dem Sachverhalt resultierende Steuernachzahlung großzügig aufgerundet.

b) EasyTax Sub-Unternehmer (Anm.: für Streitjahr nicht relevant)

c) Verrechnung anhand von Personalkostensätzen

Bf. erbrachte im Zeitraum 2006 bis 2014 sowohl Helpdesk-Dienstleistungen als auch Unterstützungsleistungen im Rahmen grenzüberschreitender Beauftragungen an ausländische Kunden von ausländischen Bf.- Gesellschaften. Die Arbeitsstunden für diese Tätigkeiten wurden zum Teil zum Personalkostensatz (PKS) abgerechnet. Im Zuge der Vorbereitung auf die Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass der verwendete PKS nicht sämtliche angefallenen Personalkosten deckte, sondern lediglich das Bruttogehalt ohne Berücksichtigung von Boni oder anderweitigen monetären Kompensationen für z.B. Überstunden beinhaltete. Bei den Stunden, die nicht mittels PKS sondern mit einem "pauschalen" Prozentsatz der sog. Standard Billing Rate (SBR) abgerechnet wurde, wurde angenommen, dass die variable Vergütung mit den pauschalen Zuschlägen abgegolten ist. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei der "PKS-Abrechnung" ein Fehler unterlief, beabsichtigt Bf. für die Jahre 2006 bis 2014 nachstehende Beträge gewinnerhöhend nach zu erklären.

Für den bereits verjährten Zeitraum 2006 bis 2010 wurden die durchschnittlichen Stunden des Zeitraumes 2010 bis 2014 (74.276: 5 = 14.855,20) mit dem durchschnittlichen Mehrerlös je Stunde (1,23) des Zeitraumes 2010 bis 2014 errechnet. Bei der Berechnung der Steuerschuld wurde diese aus Gründen der Vorsicht um einen Sicherheitsaufschlag von 20% erhöht.
Weiters wurde die aus dem Sachverhalt resultierende Steuernachzahlung großzügig aufgerundet.

….

2.2. Steuerliche Konsequenzen und Darlegung der Verfehlung

3. Zusammenfassung

3.2 Körperschaftsteuer (Verrechnungspreise)

Die Körperschaftsteuer (Verrechnungspreise) für den bereits verjährten Zeitraum 2006 - 2009 beträgt EUR 204.000 und der darauf entfallende Erhöhungsbetrag § 29 Abs. 6 FinStrG beläuft sich auf EUR 61.200. Für diese bemessungsverjährte Abgabennachforderung samt Erhöhungsbetrag gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG von insgesamt EUR 265.200 stellen wir aufgrund der damit verbundenen Härte der sofortigen Entrichtung gemäß § 29 Abs. 2 FinStrG in Verbindung mit § 212 BAO den Antrag auf Stundung bis zum Abschluss der Außenprüfung, wiewohl unseres Erachtens dieser Betrag nicht fällig ist, da dafür bereits Verjährung eingetreten ist.
…"

Mit Feststellungsbescheid Gruppenträger 2009 vom wurde das Einkommen gemäß § 9 Abs. 6 Z 2 KStG 1988 mit 2.926.685,27 €, anrechenbare Ausländische Steuer mit 7.306,65 und ausländische Einkünfte mit 146.133,00 € festgestellt. Diese Feststellung beruht auf den Ausführungen des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO vom (eingefügtes Berechnungsblatt nach Seite 8 des Berichtes).

In der weiteren Folge wurde vom Finanzamt ein gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2009 vom erlassen, indem die Körperschaftsteuer auf Basis eines körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens von 389.679,54 € unter Anrechnung von 7.000 € (Mindestkörperschaftsteuer) und 7.306,65 € mit 375.372,89 € berechnet wurde. Die Differenz zur bisherigen Steuer des Körperschaftsteuerbescheides vom in Höhe von 83.759,13 € wurde zur Zahlung vorgeschrieben.

In ihrer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid führte die Bf. u.a. Folgendes aus:
"…
Hinsichtlich der Anwendung der 5-jährigen Verjährungsfrist auf die noch nicht absolut verjährten Verkürzungen ist zu beachten, dass die Beschwerdeführerin jährlich unter der Steuer-Nr. xxx beim Finanzamt Körperschaftsteuererklärungen abgibt und jährlich mit Bescheid zur Körperschaftsteuer veranlagt wird, was jedenfalls hinsichtlich jener Abgaben, die noch unter die 5-jährige Verjährungsfrist fallen - also für die der Abgabenanspruch bis entstanden ist, zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist von 5 auf 6 Jahre führt. Eine weitere Unterbrechungshandlung im jeweiligen Verlängerungsjahr - das wäre hinsichtlich der Veranlagung 2009 im Jahr 2015 liegt nach unseren Informationen nicht vor.
Die Verjährungsfrist beträgt nur für hinterzogene Abgaben (vorsätzliche Abgabenhinterziehung) zehn Jahre. Ob eine Abgabe hinterzogen ist, ist eine Vorfrage? Für die Annahme der zehn Jahre betragenden Verjährungsfrist ist weder ein rechtskräftiger Schuldausspruch im Finanzstrafverfahren, noch die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens erforderlich. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt jedoch eine eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus. Die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen. Diese Beurteilung hängt nicht davon ab, ob der Prüfungsauftrag auf
§ 99 Abs. 2 FinStrG Bezug genommen hat.
Die Beurteilung der Vorfrage hat ausdrücklich in der Begründung des Bescheides zu erfolgen. Aus der Begründung muss sich somit ergeben, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse sowie auf Grund welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung die Annahme der Hinterziehung gerechtfertigt ist. Die Unschuldsvermutung gem. Art 6 MRK gilt auch für die Beurteilung der hinterzogenen Abgaben.
Im Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2009 vom wird auf die bescheidmäßigen Feststellungen zu Steuernummer yyy (Feststellungsbescheid Gruppenträger) verwiesen. Im Feststellungsbescheid Gruppenträger 2009 vom führt die Abgabenbehörde in der Begründung wie folgt aus: "Die Veranlagung erfolgte unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind."
In diesem Zusammenhang ist jedoch ausdrücklich festzuhalten, dass die Abgabenbehörde weder in der Bescheidbegründung, noch im Bericht über die Außenprüfung die subjektive Tatseite festgestellt und keine Beweise zum Verdacht der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung aufgenommen hat. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt laut höchstgerichtlicher Rechtsprechung eine eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus. Da es im vorliegenden Fall an eindeutigen, ausdrücklichen und nachprüfbaren bescheidmäßigen Feststellungen mangelt und die Beurteilung der Vorfrage nicht ausdrücklich in der Begründung des Bescheides erfolgt ist, bleibt für die Ausdehnung der Verjährungsfrist auf zehn Jahre gesetzlich kein Raum. Die abgabenrechtliche Bemessungsverjährung für nicht vorsätzlich hinterzogene Abgaben für die Jahre bis inklusive 2009 ist daher bereits eingetreten. Für diesen Zeitraum kann daher keine KÖSt mehr festgesetzt werden.
Aus diesem Grund stellen wir den Antrag den Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2009 vom ersatzlos aufzuheben."

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde gemäß § 260 BAO zurückgewiesen. In ihrer gesondert ausgefertigten Bescheidbegründung führte die belangte Behörde nach Wiederholung des Verfahrensganges und Beschwerdevorbringens u.a. Folgendes aus:
"

Seitens der Abgabenbehörde wird festgehalten, dass resultierend aus den Prüfungsfeststellungen zunächst im Feststellungsbescheid des Gruppenträgers für 2009 vom (gemeint: ) die Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage um EUR 335.036,53 erhöht wurde. Auf Basis der Bestimmungen des § 295 (1) BAO erfolgte am die nunmehr bekämpfte Änderung des Körperschaftsteuerbescheides der Gruppe für das Jahr 2009. Durch die genannte Anpassung der Bemessungsgrundlage erhöhte sich die festzusetzende Körperschaftsteuer um EUR 83.759,13.
Hinsichtlich der im Zuge der Außenprüfung erfolgten Feststellungen wurde allerdings ein niederschriftlich dokumentierter Rechtsmittelverzicht vereinbart. Dieser umfasst hinsichtlich der Körperschaftsteuer den Zeitraum 2008 bis 2014 und somit auch das nun angefochtene Veranlagungsjahr 2009.
Sofern die Beschwerdeführerin entgegen der Rechtsauffassung der Abgabenbehörde davon ausgeht, der vom nichtverjährungsfähigen Feststellungsbescheid abgeleitete Körperschaftsteuerbescheid der Gruppe 2009 hätte auf Grund der Bestimmungen des
§ 207 Abs. 2 erster Satz BAO trotz Rechtsmittelverzichtes nicht ergehen dürfen, so sei an dieser Stelle auf die ebenfalls am ergangene Begründung zur Beschwerdevorentscheidung betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid vom über die Festsetzung eines Abgabenerhöhungsbetrages gemäß § 29 (6) FinStrG verwiesen. In diesem Dokument wird die monierte inhaltliche Rechtswidrigkeit insofern widerlegt, als die Abgabenbehörde darin begründend ausführt, dass im streitgegenständlichen Verfahren sehr wohl von einer willentlichen und wissentlichen Abgabenverkürzung auszugehen war. Somit gelangen die Bestimmungen des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO bezüglich einer verlängerten Verjährungsfrist zur Anwendung.
Letztlich war die gegenständliche Beschwerde somit auf Grund eines niederschriftlich dokumentierten Rechtsmittelverzichtes als unzulässig (
§ 273 BAO) zurückzuweisen. Ein gültig abgegebener Rechtsmittelverzicht ist weder zurücknehmbar noch kann er widerrufen werden ()."

In der verwiesenen Beschwerdevorentscheidung vom sind folgende Ausführungen zu entnehmen:

"Im Sinne einer umfassenden Betrachtung erfolgt im weiteren Verlauf dieser Beschwerdevorentscheidung dennoch eine Argumentation, die sich auf die Gesamtheit der selbst angezeigten Verkürzungen bezieht.
Feststellung des subjektiven Tatbildes:
Den Einwänden der Beschwerdeführerin folgend, wird an dieser Stelle zunächst der Behauptung widersprochen, es seien im Prüfungsverlauf weder Ermittlungen betreffend das subjektive Tatbild vorgenommen noch entsprechende Beweise aufgenommen worden. Fakt ist, dass hinsichtlich des zunächst als Verdacht geäußerten Sachverhaltes einer Abgabenhinterziehung gemäß
§ 33 FinStrG in der Folge sehr konkret ermittelt wurde. Es wurden seitens der Außenprüfung die Kollegen der Steuerfahndung hinzugezogen, die wiederum in ständigem Austausch mit der Staatsanwaltschaft standen. Darüber hinaus wurden zwecks Beweisführung Beschuldigteneinvernahmen durchgeführt und protokolliert. Demnach gelangte die Abgabenbehörde sehr wohl zur Überzeugung, dass die selbst angezeigten Abgabenverkürzungen der Beschwerdeführerin willentlich und wissentlich erfolgten.

Im Anschluss werden beispielhafte Feststellungen dargelegt, aus denen unter anderen hervorgeht, warum es die Abgabenbehörde als erwiesen sieht, dass die selbst angezeigten Abgabenverkürzungen willentlich und wissentlich erfolgten.
Zunächst wird festgehalten, dass vorsätzlich handelt, wer ein Tatbild mit Wissen und Wollen verwirklicht. Vorsätzliches Handeln beruht zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (vgl. ; ,
99/15/0098).
Aus
§ 29 Abs. 1 FinStrG ergibt sich, dass eine Verfehlung, wie die schuldhafte Begehung eines Finanzvergehens, in Form eines Anbringens des Selbstanzeigers darzulegen ist, um einen Strafaufhebungsgrund geltend zu machen. Die Bekanntgabe einer Verfehlung ist auch nicht Gegenstand der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§§ 119, 120 BAO), weil sie nicht von einer Abgabenvorschrift der BAO, sondern von einer Vorschrift des FinStrG verlangt wird. Daher ist nach den Vorgaben des Finanzstrafrechts eine über abgabenrechtliche Bestimmungen hinausgehende Darlegungsverpflichtung zu einem Fehlverhalten gegeben. Demnach kann nur jemand eine Strafaufhebung anstreben, der auch vermeint straffällig geworden zu sein.
Für den subjektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung ist es erforderlich, dass die Täterin den Steueranspruch kennt und weiß, dass sie unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen macht und dadurch der Steueranspruch beeinträchtigt wird. Gemäß
§ 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Die Beschwerdeführerin handelte demnach sowohl hinsichtlich der wahrheitswidrigen Nichtabfuhr der Abzugssteuer als auch hinsichtlich der unrichtig festgesetzten Verrechnungspreise mit Eventualvorsatz. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass bei der Erstellung der jeweiligen Steuererklärungen die Qualifizierung der Gestellungsverträge ebenso thematisiert wurde, wie die Handhabung betreffend die Verrechnungspreise. Zudem ließ sich die Beschwerdeführerin dahingehend kompetent steuerlich vertreten, womit eine Unkenntnis sowohl hinsichtlich der Bestimmungen des § 99 EStG als auch betreffend die Vorschriften bezüglich Verrechnungspreise ausgeschlossen werden kann. Da somit einerseits die Problemstellungen offensichtlich waren und man sich andererseits einer qualifizierten steuerlichen Vertretung bediente, ist nach Meinung der Abgabenbehörde erwiesen, dass man es zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat, dass dadurch Steuern hinterzogen wurden.
Schlussfolgerungen dahingehend, dass die festgestellten und selbst angezeigten Abgabenverkürzungen seitens der Beschwerdeführerin wissentlich und willentlich erfolgten, gehen zudem aus jenen Anzeigen hervor, die der Abgabenbehörde übermittelt wurden. Zunächst langte sowohl beim Finanzamt Graz Stadt als auch beim Finanzamt Graz Umgebung ein mit datiertes und als Selbstanzeige bezeichnetes Schriftstück ein. In diesem Dokument wird der Behörde mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin durch künstlich niedrig angesetzte Verrechnungspreise gegenüber der Konzernmutter 15 Millionen Euro nicht deklariert habe. Aus dieser Formulierung können Schlussfolgerungen hinsichtlich einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 (1) FinStrG gezogen werden beziehungsweise sind Irrtum oder leichte Fahrlässigkeit auf Basis einer derart dargelegten Geschäftsgebarung auszuschließen.
Dass jener Geschäftsführer, der in diesem Schreiben als Absender genannt wird, das Verfassen dieses Schreibens bestreitet, vermag die diesbezügliche Schlussfolgerung der Abgabenbehörde als Ausfluss der freien Beweiswürdigung nicht zu widerlegen. Es erscheint zwar glaubhaft, dass dieses Dokument nicht von der genannten Person geschrieben wurde, jedoch muss es sich beim Verfasser um eine hinsichtlich der Geschäftsgebarung informierte Person handeln. Aus Sicht der Abgabenbehörde ist dieses Schreiben somit zwar nicht als Selbstanzeige, sehr wohl aber als eine detailliert und plausibel formulierte anonyme Anzeige zu werten. Auch daraus geht das Argument hervor, wonach die steuerliche Problemstellung betreffend Verrechnungspreise im Unternehmen bekannt gewesen sein muss. Somit ist nach Meinung der Abgabenbehörde ein weiteres Mal erwiesen, dass man es zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat, dass dadurch Steuern hinterzogen wurden.
Darüber hinaus wurden dem Außenprüfer mit Eingangsstempel der Großbetriebsprüfung vom zwei weitere Anzeigen mit nahezu identem Inhalt übermittelt. In diesen Schreiben wird thematisiert, dass es im Unternehmen Vertragsgestaltungen mit dem Ziel gegeben habe, keine Abzugssteuer zu entrichten. Als Verfasser dieser Dokumente wird "ein Mitarbeiter aus Graz" genannt. Analog dem Schreiben vom gehen auch aus dieser Anzeige detaillierte Informationen, wie Schilderungen über Aufgabenverteilungen und Organisationsabläufe hervor, die eine Schlussfolgerung hinsichtlich einer willentlich und wissentlich herbeigeführten Abgabenverkürzung nahelegen. Auch diese Information, wonach innerhalb des Unternehmens Diskussionen über Vertragsgestaltungen mit ausländischen Arbeitskräften stattgefunden haben, belegen, dass man es durch ein Unterlassen einer sachgerechten steuerlichen Klärung zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat, dass dadurch Steuern hinterzogen wurden.
Weitere Schlussfolgerungen der Abgabenbehörde für eine wissentlich und willentlich herbeigeführte Abgabenverkürzung gehen aus der Einvernahme von Herrn Mag. W. hervor.
Herr Mag. W. fungierte zu dieser Zeit als Geschäftsführer und gibt neben Aussagen, wonach er und Herr Gr. konzernintern mehrfach auf die Problematik der Verrechnungspreise hingewiesen haben, gemäß Seite 6 des Vernehmungsprotokolls beispielsweise an, man sei betreffend Abzugssteuern bereits im Vorfeld einer Betriebsprüfung im Jahr 2009 auf mögliche Konsequenzen aus der Bilanzposition Fremdleistungen hingewiesen worden. Die in dieser Einvernahme mehrfach getätigte Aussage, man habe sich letztlich auf die Konzernleitung beziehungsweise die deutsche Steuerabteilung verlassen, vermögen die in Österreich bewirkten Abgabenverkürzungen keinesfalls recht zu fertigen. Letztlich dokumentieren auch diese Aussagen, dass man unrichtige Verrechnungspreise nicht versehentlich ansetzte und eine Entrichtung der Abzugssteuern nicht bloß "vergessen" wurde, sondern das Wissen um etwaige steuerliche Folgen sehr wohl bekannt war. Resultierend daraus sieht es die Abgabenbehörde daher auch dahingehend als erwiesen, dass man es zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat, dass dadurch Steuern hinterzogen wurden.

Zusammengefasst liegt nach Meinung der Abgabenbehörde betreffend jenen Teil des Abgabenerhöhungsbetrages, der aus den Feststellungen zu den Verrechnungspreisen resultiert, ein gültiger Rechtsmittelverzicht vor. Darüber hinaus erfüllt das Verhalten der Beschwerdeführerin die im Finanzstrafgesetz vorgegebenen Tatbilder in objektiver und subjektiver Hinsicht.
…"

In ihrem rechtzeitig überreichten Vorlageantrag führte die Bf. u.a. Folgendes aus:

"1. Körperschaftsteuer
Zunächst verweisen wir zur Anwendbarkeit der zehn Jahre betragenden Verjährungsfrist auf unsere Ausführungen in den beiden Beschwerden. Mangels stichhaltigen Nachweises der subjektiven Tatseite kommt diese nicht zur Anwendung. So nicht aufgrund der untenstehenden Stellungnahme der Beschwerde ohnehin stattgegeben wird, würden wir in einem gesonderten Schriftstück bzw. anlässlich der mündlichen Verhandlung zu den einzelnen Punkten (S 3 bis 5 der Beschwerdevorentscheidung vom über die Beschwerde gegen den Bescheid vom über die Festsetzung eines Abgabenerhöhungsbetrages) im Detail Stellung nehmen.
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass selbst für den Fall, dass das BFG entgegen unserer Rechtsauffassung zur Ansicht gelangt, dass sowohl die zehnjährige Verjährungsfrist gern § 209 Abs. 3 als auch nach
§ 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO zur Anwendung käme, diese für das Jahr 2008 bereits eingetreten ist.
Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Der Abgabenanspruch entsteht bei der KöSt mit Ablauf des Kalenderjahres. Für das Jahr 2008 entsteht der Abgabenanspruch somit per . Kommt nun entgegen unserer Rechtsansicht die verlängerte Verjährungsfrist von zehn Jahren zur Anwendung, so endet die Verjährungsfrist gem. § 209 Abs. 3 als auch nach
§ 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO am . Dies ist im gegenständlichen Verfahren insofern von Bedeutung als im Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2009 Gewinnerhöhungen aus der Außenprüfung aus 2008 (!) enthalten sind (siehe dazu Beilage Niederschrift S.11 und S. 13). Ein Bescheid für das Jahr 2008 konnte nach Auskunft der Abgabenbehörde aus technischen (!) Gründen nicht erlassen werden, weshalb rechtswidrig eine Berücksichtigung - ob aufgrund der für 2008 jedenfalls eingetretenen (absoluten) Verjährung sei dahingestellt - im Jahr 2009 stattfand.
Da der Abgabenbescheid erst am erlassen wurde, war zu diesem Zeitpunkt der Abgabenanspruch aus 2008 bereits sowohl nach § 209 Abs. 3 als auch nach
§ 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO festsetzungsverjährt. Geht man hingegen richtigerweise davon aus, dass die gewöhnliche Verjährungsfrist gem. § 207 Abs. 2 erster Satz BAO von 5 Jahren zur Anwendung kommt, so ist - auch unter Berücksichtigung von Verlängerungsjahren - Verjährung jedenfalls eingetreten.
Ferner sei darauf hingewiesen, dass auch
§ 209a BAO im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung käme, als die Abgaben bereits im Zeitpunkt der Bescheiderlassung festsetzungsverjährt waren und vor Verjährung keine Beschwerde anhängig war.
Aufgrund obiger Ausführungen kann somit festgehalten werden, dass der Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2009 zumindest insofern teilweise rechtswidrig ist, als darin Abgaben berücksichtigt wurden, die zum Zeitpunkt der Festsetzung jedenfalls festsetzungsverjährt waren und über welche nicht -weil rechtswidrig - im Abgabenbescheid 2009 (sondern im - allerdings verjährten - Körperschaftsteuerbescheid 2008) hätte abgesprochen werden dürfen. Auf diesem Wege wurde die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit einer Überprüfung im Rechtsmittelwege entzogen.
Die Abgabenbehörde bringt in ihrer Beschwerdevorentscheidung vor, dass anlässlich der erfolgten Feststellungen der Außenprüfung ein niederschriftlich dokumentierter Rechtsmittelverzicht vereinbart wurde. Dieser umfasse hinsichtlich der Körperschaftsteuer den gesamten Zeitraum 2008 bis 2014 und somit auch das gegenständlich angefochtene Veranlagungsjahr 2009.
Der Eintritt der Verjährung ist im Abgabenverfahren von Amts wegen und in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen. Es war zum Zeitpunkt der Abgabe des Rechtsmittelverzichts jedoch nicht absehbar, dass die Abgabenbehörde einen Bescheid für bereits festsetzungsverjährte Abgaben erlassen würde, da eine Prüfung der Festsetzungsverjährung nach h.L. u Rsp. von Amts wegen wahrzunehmen ist. Dementsprechend steht im konkreten Fall keine andere Möglichkeit offen, um die fälschicherweise nicht berücksichtigte, jedoch bereits eingetretene Verjährung geltend zu machen. Der abgegebene Rechtsmittelverzicht erstreckt sich in seinem Umfang nicht auf die Geltendmachung dieser Gründe.
Ferner ist der Rechtsmittelverzicht auch insofern unwirksam, als hier ein wesentlicher Irrtum - nämlich im Hinblick auf den Eintritt der Verjährung - vorliegt, der von der Behörde veranlasst wurde (vgl
2003/14/0005); dies auch deswegen, da die Behörde nicht Ihrer Verpflichtung nachgekommen ist, die Verjährung amtswegig zu berücksichtigen; Feststellungen hinsichtlich der inneren Tatseite (und somit hinsichtlich der anzuwendenden Verjährungsfrist) erfolgten erst Jahre nach dem Zeitpunkt des Rechtsmittelverzichts in der Beschwerdevorentscheidung; im Außenprüfungsbericht oder der Bescheidbegründung fehlen sie vollständig. In diesem schutzwürdigen Vertrauen wurde der Abgabepflichtige geschädigt. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Behörde aus den Umständen der Irrtum des Abgabepflichtigen offenbar - bei Zugrundelegung der verkehrsüblichen Sorgfalt - hätte auffallen müssen. Ferner wurde auch im Veranlagungsjahr 2009 bereits verjährte Abgabenansprüche aus dem Wirtschaftsjahr 2008 berücksichtigt, was jedenfalls als irrtumskausales Verhalten seitens der Abgabenbehörde zu werten ist: durch Berücksichtigung von das Jahr 2008 betreffende Bemessungsgrundlagen im Abgabenbescheid 2009 wurde der Abgabepflichtige an der ordnungsgemäßen Verfolgung seiner Rechte gehindert. Ein Rechtsmittelverzicht wäre unter diesen Voraussetzungen - d.h. bei Kenntnis des vollen Sachverhalts - keinesfalls abgegeben worden. Dies umso mehr als das Rechtschutzbedürfnis bei einem vor Bescheiderlass erfolgenden Rechtsmittelverzicht erhöht ist. Ein solcher kommt daher insbesondere nur dann in Betracht, wenn zwischen Abgabenbehörde und Abgabepflichtigen Übereinstimmung über die Prüfungsfeststellungen und ihre abgabenrechtliche Würdigung besteht. Gerade dies war nicht der Fall, da im Vorfeld eine Berücksichtigung der Außenprüfungsergebnisse im Abgabenbescheid 2008 und nicht 2009 avisiert wurde.

3. Zusammenfassung und Anträge

Zusammenfassend kann daher zur Körperschaftsteuer festgehalten werden:
- Die Anwendbarkeit der zehn Jahre betragenden Verjährungsfrist mangels stichhaltigen Nachweises der subjektiven Tatseite kommt nicht zur Anwendung.
- Darüber hinaus sei darauf verwiesen, dass für das auch
§ 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO zur Anwendung käme, und die Verjährung somit Jahr 2008 bereits eingetreten ist. Die Behörde kam der amtswegig zu berücksichtigenden Verjährung nicht nach, sondern setzte rechtswidrig Gewinnerhöhungen des Jahres 2008 im Bescheid des Jahres 2009 fest.
- Auch Feststellungen hinsichtlich der inneren Tatseite (und somit hinsichtlich der anzuwendenden Verjährungsfrist) erfolgten erst Jahre nach dem Zeitpunkt des Rechtsmittelverzichts im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung. Im Außenprüfungsbericht oder der Bescheidbegründung fehlen Erwägungen dazu vollständig. In diesem schutzwürdigen Vertrauen wurde der Abgabepflichtige geschädigt. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Behörde aus den Umständen der Irrtum des Abgabepflichtigen offenbar - bei Zugrundelegung der verkehrsüblichen Sorgfalt - hätte auffallen müssen.
- Ferner wurde auch im Veranlagungsjahr 2009 bereits verjährte Abgabenansprüche aus dem Wirtschaftsjahr 2008 berücksichtigt, was jedenfalls als irrtumskausales Verhalten seitens der Abgabenbehörde zu werten ist: durch Berücksichtigung von das Jahr 2008 betreffende Bemessungsgrundlagen im Abgabenbescheid 2009 wurde der Abgabepflichtige an der ordnungsgemäßen Verfolgung seiner Rechte gehindert. Ein Rechtsmittelverzicht wäre unter diesen Voraussetzungen - d.h. bei Kenntnis des vollen Sachverhalts - keinesfalls abgegeben (ergänzt: worden).
…"

In ihrem Vorlagebericht führte die belangte Behörde als Replik zum Vorlageantrag u.a. Folgendes aus:
"…
Nach Meinung der Abgabenbehörde liegt zum einen mangels eines von der Behörde verursachten Irrtums ein aufrechter Rechtsmittelverzicht vor. Zum anderen besteht hinsichtlich des angefochtenen Bescheides eine Bindungswirkung an den zu Grunde liegenden Feststellungsbescheid des Gruppenträgers.
Konkret schließt nach der zitierten Judikatur (
2003/14/0005) und Literatur (Ritz, BAO-Kommentar2, § 255 Tz 8) nur ein von der Behörde veranlasster wesentlicher Irrtum des Steuerpflichtigen die Rechtswirksamkeit eines von ihm abgegebenen Rechtsmittelverzichtes iSd § 255 BAO aus. Demnach müsste sich die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt des Rechtsmittelverzichts hinsichtlich der für das Jahr 2009 festzusetzenden Beträge geirrt haben und dieser Irrtum darüber hinaus von der Behörde veranlasst worden sein.
Dies ist jedoch aus mehrfachen Gründen auszuschließen. Zunächst ist festzuhalten, dass die im Veranlagungsjahr 2009 festgesetzten Beträge aus dem Jahr 2008 seitens der Beschwerdeführerin insofern mit einer Ungenauigkeit behaftet waren, als man in der Selbstanzeige "sicherheitshalber" einen 20%igen Aufschlag berücksichtigte. Die zusammengefasste zeitliche Zuordnung der nachzuversteuernden Arbeitsleistungen im Veranlagungsjahr 2009 erfolgte gemäß Außenprüfungsbericht mit Zustimmung der steuerlichen Vertretung. Der Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt des Rechtsmittelverzichtes somit klar, welche Beträge im Prüfungsverfahren dem Veranlagungsjahr 2009 zugeordnet werden und welche abgabenrechtlichen Konsequenzen daraus resultieren. Darüber hinaus vertrat man gemäß Seite 3 der Selbstanzeige vom bereits vor Prüfungsbeginn die Ansicht, die Abzugssteuerverpflichtung für die Jahre 2006 bis 2010 sei verjährt und gab trotzdem einen Rechtsmittelverzicht ab. Auf Basis dieses Sachverhaltes kann somit keinesfalls von einem durch die Behörde veranlassten Irrtum ausgegangen werden.
Im Übrigen betrifft die Zuordnung der selbstangezeigten Beträge gemäß § 24a Abs. 1 Z 2 KStG das Einkommen des Gruppenträgers. Der dafür maßgebliche Feststellungsbescheid 2009 des Gruppenträgers vom wurde aber nicht bekämpft. Gegen den an dieser Stelle angefochtenen abgeleiteten Körperschaftsteuerbescheid der Gruppe 2009 kann gemäß
§ 252 Abs. 1 BAO nicht mit der Begründung vorgegangen werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien."

Ergänzend gehen aus der Aktenlage noch folgende Umstände hervor:
Mit Bescheid vom wurde dem Antrag der Bf. vom auf Feststellung einer Gruppe gemäß § 9 Abs. 8 KStG 1988 ab der Veranlagung 2005 stattgegeben. Darin wurde der Gruppenträger (Bf.) und ein Gruppenmitglied genannt.

Wie bereits vorhin von der belangten Behörde ausgeführt wurden der Feststellungsbescheid Gruppenträger 2009 am erlassen und das Einkommen des Gruppenträgers mit 2.926.685,27 € festgestellt. Im Außenprüfungsbericht wurde dies wie folgt dargestellt:

Zur Erläuterung sei darauf hingewiesen, dass sich die Tz. 2 und Tz. 3 wie folgt zusammensetzen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Tz. 2
€ 149.234,02 (2008)
€ 149.234,02 (2009)
€ 298.468,04
Tz. 4
€ 18.284,25 (2008)
€ 18.284,25 (2009)
€ 36.568,50


Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. am Beschwerde und führt u.a. Folgendes aus:
"Im Jahr 2009 hatte die Gesellschaft einen (restlichen) Verlustabzug in Höhe von EUR 1.367.967,11, der im Rahmen der ursprünglichen Veranlagung 2009 vom geltend gemacht wurde. Dieser Verlustabzug war, wie auch dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom zu entnehmen ist, zu Recht im Wirtschaftsjahr 2009 in oa. Höhe als Gruppenverlust anzusetzen. Aus nicht dargelegten Gründen wurde der zu Recht in der Steuererklärung 2009 erklärte Verlustabzug iHv EUR 1.367.967,11 ebenso im Feststellungsbescheid Gruppenträger 2009 von der Außenprüfung nicht berücksichtigt, obwohl sich dieser ausdrücklich im Beiblatt zur Berechnung der Körperschaftsteuer 2009 aus dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung findet (siehe anbei). Außerdem findet sich in Tz 7 des Berichtes die Feststellung, dass der Abzug rechtmäßig im Jahr 2009 stattfindet und lediglich im Jahr 2010 eine Berichtigung des Verlustabzuges durch die Außenprüfung erfolgen soll. Der Bescheid für das Jahr 2009 erging damit nicht in Einklang mit den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung und ist sohin um den nicht berücksichtigten Verlustabzug für das Jahr 2009 iHv EUR 1.367.967,11 zu korrigieren."

Mit Finanzonline-Eingabe vom führte die Bf. Folgendes aus:
" … als steuerliche Vertreter des oben angeführten Klienten geben wir, wie vorab telefonisch besprochen, hiermit bekannt, dass wir unsere Beschwerde vom gegen folgenden Bescheid: Feststellungsbescheid Gruppenträger vom gem. § 256 Abs. 1 BAO vor Bekanntgabe der Entscheidung zurücknehmen und begründen dies wie folgt: Der Beschwerdegrund gegen den genannten Bescheid ist weggefallen, da der Ende 2008 für Folgejahre verbleibende Verlustvortrag iHv EUR 1.367.976,11 zur Gänze im Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2009 als Verlustabzug berücksichtigt wird. Wir ersuchen Sie daher die Beschwerde hinsichtlich des genannten Bescheides gem. § 261 BAO als gegenstandslos zu erklären, für den Fall, dass der Bescheid im Einklang mit dem übermittelten Entwurf Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2009 erlassen wird."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die überreichte Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid Gruppenträger 2009 als zurückgenommen erklärt. Gegen diese Entscheidung wurde kein Vorlageantrag eingebracht.

Mit Schreiben vom wurde die Bf. zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat geladen. Die Zustellung der Ladung erfolgte an die einschreitende steuerliche Vertreterin am .

Mit Schriftsatz vom wurde seitens der Bf. auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat verzichtet. Somit ging die Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Einzelrichter über.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

In objektiver Hinsicht wurde der hier strittige Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2009 vom gemäß § 295 Abs. 1 BAO zum Bescheid vom abgeändert und in seiner Begründung auf die bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes zu Steuernummer (Gruppenträger) verwiesen. Inhaltlich basiert der Bescheid auf den rechtskräftigen Feststellungen des Feststellungsbescheides vom .

Strittig ist gegenständlich
1. ob die Beschwerde infolge des von der belangten Behörde behaupteten Rechtsmittelverzichts zulässig ist,
2. ob die Abgaben für das Jahr 2009 bereits verjährt sind und
3. ob die im Feststellungsbescheid 2009 festgestellten das Jahr 2008 betreffenden Einkommensteile als absolut verjährt anzusehen seien.

1.1. Zulässigkeit der Beschwerde infolge unwirksamen Rechtsmittelverzichtes:

In der Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung der Bf. vom geht aus Beilage 1, Punkt 5 Folgendes hervor:
"5. Rechtsmittelverzicht:
Im Zuge der Schlussbesprechung vom wurde mit den Vertretern der Bf. M.W. und DI. J.St. sowie Mag. R.R. als steuerlicher Vertreter ein Rechtsmittelverzicht gemäß
§ 255 BAO gegen die Bescheide Umsatzsteuer, Zusammenfassende Meldung, Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer und Abzugssteuern gemäß § 99 Abs. 1 Z 5 EStG für die Zeiträume 2008-2015 mit der Außenprüfung vereinbart."
Weitere Unterlagen darüber sind dem Bundesfinanzgericht nicht bekannt.

1.2. Verjährung der Körperschaftsteuer 2009:

Entsprechend den nicht weiter bestrittenen Ausführungen der Bf. kann die reguläre abgabenrechtliche Verjährung mit Ende 2015 angenommen werden.

Die von der Abgabenbehörde reklamierte längere Verjährungsfrist von zehn Jahren erfordert Feststellungen, wonach eine Abgabe vorsätzlich verkürzt wurde. Im Außenprüfungsbericht finden sich darüber keine Ausführungen.

Erst im Beschwerdeverfahren verwies die belangte Behörde darauf, dass ihres Erachtens eine vorsätzliche Tatbegehung einer Abgabenhinterziehung vorliege und stützt sich dabei auf die bereits erwähnte Selbstanzeige und auf die von der Steuerfahndung durchgeführten Einvernahmen.

Von der Steuerfahndung wurde Frau S.E. in Beisein ihres Verteidigers und des Prüfungsorganes der Großbetriebsprüfung am zwischen 8:55 Uhr und 9:40 Uhr einvernommen, wobei einzelne Passagen hier wörtlich wiedergegeben werden:
"

Frage: Bitte schildern Sie den Inhalt Ihrer Tätigkeit in den Jahren 2006 bis 2016?
Antwort: Anfangs machte ich allgemeine Finanztätigkeit wie Fakturierung, Reisekostenverwaltung, etc., und seit 2010 bin ich in der Bilanzierung tätig damit ist gemeint die Vorbereitung von Monats- und Jahresabschlüssen und auf Nachfrage ob ich mit der laufenden Verbuchung von Geschäftsfällen befasst bin, gebe ich an, dass dies nicht zu meinem Tätigkeitsbereich gehört.
Frage: Welche Ausbildung haben Sie für Ihre Tätigkeit absolviert?
Antwort: Die BHAK und dann den Buchhalterlehrgang am WIFI.
Frage: Wer waren bzw. sind Ihre unmittelbaren Vorgesetzten im Zeitraum 2006 bis 2016?
Antwort: Hr. Mag. W. im Finanzbereich sowie die weiteren Geschäftsführer und in weiterer Folge im Konzern die Finanzverantwortlichen.
Frage: Waren Sie im Zuge Ihrer Tätigkeit unmittelbar in Entscheidungen der Geschäftsleitung eingebunden?
Antwort: Nein
Frage: Wurden Ihnen hinsichtlich Ihrer Tätigkeit vom Vorgesetzten oder der Geschäftsleitung Weisungen erteilt - wenn ja in welchem Umfang?
Antwort: Die laufenden Tätigkeiten waren klar definiert, die Kontrolle meiner Tätigkeiten erfolgte direkt durch die Geschäftsführung oder eben vom Finanzverantwortlichen im Konzern.
Frage: Wer war Ihr direkter Vorgesetzter?
Antwort: Grundsätzlich war es Mag. W. für die laufenden Tätigkeiten, ansonsten aber natürlich auch die anderen Geschäftsführer.

Frage: Von wem wurden die Rechnungen der konzerninternen Dienstleistungen - z.B. Beratungsleitungen der ***X*** - erstellt?
Antwort: Ich habe ja auch eine Zeit lang die Fakturierung betreut, man hat gewusst, dass es konzernintern festgelegte Preise gibt, wie diese zustande kommen habe ich zu keinem Zeitpunkt gewusst, sie waren auch fix im SAP System hinterlegt. Es gab von Seiten der Bf. keinen Gestaltungsspielraum.
Frage: Wer war für Sie die "Konzernleitung"?
Antwort: Ich hatte nur Kontakt zum Konzern in Frankfurt. Es sitzt auch die "Steuerabteilung" in Frankfurt, von dort wurden die Preise vorgegeben. Wer von uns (damit meine ich die Bf.) aus der Geschäftsleitung involviert war, weiß ich nicht genau.
Frage: Haben Sie bezüglich der Verrechnungspreisproblematik irgendwelche Erkenntnisse oder Wahrnehmungen, dass diese Themen in der Geschäftsleitung diskutiert wurden?
Antwort: Unmittelbar war ich damit nicht involviert, ich habe lediglich im Zuge der jährlichen Wirtschaftsprüfung in den dortigen Besprechungen mitbekommen, dass dies immer wieder ein Thema war. Auf Nachfrage im Zuge welcher Jahresabschlussprüfungen dieses Thema besprochen wurde, gebe ich an, dass das meiner Erinnerung nach erstmalig im Zuge des Jahresabschlusses 2014 thematisiert wurde und auch 2015 sowie auch jetzt für die Prüfung 2016.
..."

Weiters wurde von der Steuerfahndung der damals für das Rechnungswesen zuständige Geschäftsführer Mag. W. am von 8:55 Uhr bis 11:15 Uhr in Beisein der Organe der Großbetriebsprüfung und des Steuerberaters Mag. K.H. (als Vertrauensperson) als Beschuldigter einvernommen, wobei einzelne Passagen hier wörtlich wiedergegeben werden:
" …
Frage: Bitte schildern Sie Ihre berufliche Laufbahn bei der Bf. GmbH.
Antwort: Ich habe 1998 direkt nach meinem Studium direkt bei der Fa. Bf. als Leiter der kaufmännischen Abteilung begonnen. Im Jahr 2001 wurde mir dann Prokura erteilt, und schließlich wurde ich 2005 zum Geschäftsführer ernannt.
Frage: Welche Ausbildung haben Sie für Ihre Tätigkeit absolviert?
Antwort: Ich habe Betriebswirtschaft studiert.
Frage: Wer war in der Geschäftsführung für das Rechnungswesen verantwortlich?
Antwort: Seit der Übernahme der Bf. durch B. P. im Jahr 2005 hat sich der Bereich des Rechnungswesens so gestaltet, dass es von der Konzernmutter strikte Vorgaben gab, und bei der Bf. lediglich eine Controllingabteilung übrig geblieben ist. Für diesen Bereich in der Bf. war ich verantwortlich. Ich kann das so erklären, dass sämtliche Vorgaben das Rechnungswesen betreffend von der Konzernmutter aus Frankfurt gekommen sind. Es wurde von dort vorgegeben, dass monatlich Abschlüsse nach UGB und IFRS gemacht werden mussten. Auch wurde der jeweilige Wirtschaftsprüfer vorgegeben, und letztlich auch alles was den Bereich der Verrechnungspreise betrifft. Betreffend die Verrechnungspreise kann ich als Beispiel schildern, dass wenn ein Mitarbeiter der Bf. bei einer Schwestergesellschaft gearbeitet hat, er seine geleisteten Stunden direkt im SAP System erfasst hat, und das System daraufhin eine Rechnung mit dem vorgegebenen Stundensatz generiert hat. Der Einfluss der Bf. auf die Festlegung dieser Stundensätze war de facto nicht gegeben.
Frage: Haben Sie die Entscheidungen im Rechnungswesen alleine getroffen oder in Abstimmung mit der Geschäftsleitung oder Konzernleitung?
Antwort: Ich verweise auf das bereits oben Gesagte im Bereich des Rechnungswesen haben wir strikte Vorgaben der Konzernzentrale. Ganz allgemein zur Geschäftsführung vor Ort kann ich angeben, dass zu meiner Zeit immer drei Geschäftsführer bestellt waren, und es keine inhaltliche Trennung der Aufgaben gab. In der Praxis war es freilich so, dass ich aufgrund meiner Ausbildung verstärkt im kaufmännischen Bereich tätig war.
Frage: Wer war für die Verrechnung der Dienstleistungen an diverse Auftraggeber verantwortlich?
Antwort: Bei der Verrechnung der Leistungen bei der Bf. muss unterschieden werden, zwischen jenen Leistungen die die Bf. direkt an Kunden verkauft hat, und jenen die über Vermittlung von Konzernzugehörigen Gesellschaften verkauft wurden. Im ersten Bereich waren wir unmittelbar verantwortlich für die Vertragsgestaltung mit unseren Kunden. Im zweiten genannten Bereich waren wir im stärkeren Ausmaß an die Vorgaben des Konzerns gebunden. Wir waren letztlich Zulieferer für andere Konzerngesellschaften. Dieser Bereich des sogenannten Intercompany Geschäftes ist ab dem Jahr 2014 deutlich stärker geworden. Zu dieser Zeit haben Hr. Gr. und ich konzernintern mehrmals um Überprüfung der vorgegebenen Verrechnungspreise ersucht. Es wurde allerdings nie etwas geändert, sodass ich davon ausgehen musste, dass die vorgegebenen Verrechnungspreise der Höhe nach in Ordnung sind.
Frage: Zum Thema Verrechnungspreise: Warum wurden die Aufwendungen nicht weiterverrechnet?
Antwort: Zum Thema der Verrechnung der sogenannten Subcontractorleistungen kann ich angeben, dass es diesbezüglich eine konzerninterne Weisung gab, dass diese Leistungen eins zu eins weiter zu verrechnen sind. Auch in diesem Zusammenhang haben wir intern darauf gedrängt, dass diese Verrechnungspraxis auf ihre steuerliche Anerkennung überprüft wird, gemeint ob das in Österreich so sein darf. Es gab dazu auch einen umfangreichen Mail-Schriftverkehr. Zumindest teilweise kann ich diesen Mail-Verkehr zur Verfügung stellen.
Frage: Wie kam es zur Beauftragung der Verrechnungspreisstudie von PWC?
Antwort: Das war dann wohl letztlich Ausfluss unserer Bemühungen aus dem Jahr 2014. Es gab im Vorfeld bereits im glaublich Sommer oder Herbst 2014 bereits ein erstes Gutachten der KPMG Graz. Dieses hat unsere Unsicherheit noch bestärkt, und ist es uns mit weiteren Bemühungen, auch vor dem Hintergrund, dass wir die österreichische Steuererklärung zu unterschreiben hatten, gelungen, die Konzernmutter zur Beauftragung des Gutachtes von PWC Wien zu bewegen.
Frage: Warum wurde die erste Verrechnungspreisstudie vom nicht akzeptiert?
Antwort: Nach Erhalt dieser ersten Verrechnungspreisstudie vom war konzernintern Feuer am Dach. Es gab unmittelbar darauf ein Meeting in Frankfurt, an dem neben mir auch Hr. Gr. für die Bf. teilgenommen hat. Weiters waren dort Hr. H.R., Hr. M. N., H.-W. W., Hr. R. Sch., Hr. D. S. (CFO).
Inhalt dieser Besprechung war die erste PWC Verrechnungspreisstudie. Die Ergebnisse dieser Studie wurden vonseiten der Vertreter der Konzernmutter als falsch empfunden. Das Ergebnis dieser Besprechung war letztlich, dass die Studie nochmals unter Mitwirkung des ehemaligen (damals pensionierten) Taxdirectors für GSA (Germany Swizerland Austria) M.G.
Dieser hat speziell von uns besonderes Vertrauen genossen, da er einerseits 40 Jahre Tax-Erfahrung hatte, und andererseits mir bekannt war, dass er einen besonders kritischen Zugang zu Verrechnungspreisen hatte. Weiteres Resultat war dann letztlich die zweite Studie vom . Ich möchte in diesem Zusammenhang auf unsere ständigen Bemühungen gegenüber der Konzernleitung sich diesem Thema entsprechend anzunehmen, verweisen. Ich werde der Steuerfahndung zeitnah eine schriftliche chronologische Darstellung unsere seinerzeitigen Bemühungen übermitteln.
…. (hier nicht relevant)
Frage: Bitte schildern Sie den Prozess zur Verbuchung von Eingangsrechnungen von Fremdleistern?
Antwort: Üblicherweise hat es ausgesehen, dass die Techniker der Bf. geäußert haben, welche Fremdleister beauftragt werden sollen. In einem nächsten Schritt wurde von der Legalabteilung in Frankfurt der entsprechende Vertrag aufgesetzt und auf Basis dieses Vertrages wurde die Leistung erbracht. Von Seiten der Bf. wurden die geleisteten Stunden laufend erfasst, und auf dieser Basis wurde am Ende die erhaltene Eingangsrechnung inhaltlich kontrolliert. Nach positiver Kontrolle wurde die Rechnung zur Zahlung freigegeben.
Auf Nachfrage wo diese Subcontracterarbeitnehmer tatsächlich tätig waren, gebe ich an, dass das von Fall zu Fall unterschiedlich war, und es sicherlich auch Fälle gab, in denen die Mitarbeiter nicht in Österreich tätig waren z.B. (direkt beim Kunden im Ausland). Jedenfalls muss die Bf. über solche Aufzeichnungen verfügen, aus denen auch der konkrete Arbeitsort hervorgeht.
…."

1.3. Feststellungsbescheid 2009 mit Einkommensteilen aus dem Jahr 2008:

Wie bereits im Verfahrensgang ausgeführt, betreffen im Feststellungsbescheid 2009 Organträger die Hälfte der Zurechnungen das Jahr 2008. Dies ergibt sich aus der von der steuerlichen Vertreterin überreichten Offenlegung gemäß § 29 FinStrG betreffend die Abzugssteuer und Körperschaftsteuer (Verrechnungspreise) 2006-6/2016 vom (Punkt 2.1. a und c) und sind in objektiver Hinsicht als unstrittig anzusehen.

2. Beweiswürdigung

Ad 1.1.:
Die Feststellung beruht auf der unstrittigen Aktenlage.

Ad 1.2.: Aus der Zeugenaussage der S.E. erhellt sich, dass diese dem für das Rechnungswesen verantwortlichen Geschäftsführer Mag. W. unterstellt war und auf dessen Anweisungen handelte. Mit der laufenden Verbuchung der Eingangsrechnungen habe sie aus früheren Tätigkeiten bei der Bf. gewusst, dass es konzernintern festgelegte Preise gab, die mehr oder weniger von der Konzernmuttergesellschaft vorgegeben wurden. Die Verrechnungspreisproblematik hat sie bei den dortigen Besprechungen mitbekommen, dass diese ein Thema waren. Folglich kann daraus ein grundsätzliches Wissen der verantwortlichen Organe daraus auch abgeleitet werden.

In ähnlicher Weise spricht auch die Beschuldigtenverantwortung des Geschäftsführers, wenn er angibt, dass es seitens der Konzernmutter fixe Vorgaben gegeben habe und die Situation der Bf. so dargestellt, dass es bei der Bf. lediglich eine Controllingabteilung gab, die der Konzernmutter monatliche Abschlüsse zu liefern gehabt habe. Seine Verantwortlichkeit als Geschäftsführer wird von ihm so dargestellt, dass er lediglich als weisungsverpflichtetes Organ der Muttergesellschaft gehandelt habe, weil diese die Stundensätze vorgegeben hatte. Das grundsätzliche Problem der Verrechnungspreisproblematik ist der inländischen Geschäftsleitung zwar bewusst gewesen, eine Überprüfung der Verrechnungspreise hat aber nicht stattgefunden, sodass er von der Richtigkeit ausgegangen sei. Mit anderen Worten ließ er es ohne weitere Handlungen dabei bewenden. Die später beauftragten Gutachten aus dem Jahr 2014 können auf die bereits eingereichten Steuererklärungen und unrichtigen Steuerfestsetzungen am des Jahres 2009 keinen Einfluss gehabt haben. Der verantwortliche Geschäftsführer Mag. W. ließ den Steuerschaden eintreten. Dieser wurde mit Wissen und Wollen auch billigend in Kauf genommen, indem er die unrichtigen Steuererklärungen unterfertigte.

Ad 1.3.: Die Feststellung beruht auf der unstrittigen Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1. Rechtsmittelverzicht:
3.1.1. Gesetzliche Bestimmungen:

§ 255 BAO
(1) Auf die Einbringung einer Bescheidbeschwerde kann verzichtet werden. Der Verzicht ist schriftlich oder mündlich zu erklären.
(2) Vor Erlassung eines Bescheides kann ein Verzicht rechtswirksam nur abgegeben werden, wenn aus der Verzichtserklärung (Niederschrift) hervorgeht, dass dem Verzichtenden im Zeitpunkt ihrer Abgabe der Inhalt des zu erwartenden Bescheides, bei Abgabenbescheiden die Grundlagen der Abgabenfestsetzung, die Höhe der Abgabe und die Abweichungen von den bisherigen Festsetzungen, bekannt waren. Eine Abschrift der Niederschrift ist dem Abgabepflichtigen auszufolgen.
(3) Eine trotz Verzicht eingebrachte Bescheidbeschwerde ist unzulässig (§ 260). Die Möglichkeit, den Bescheid hinsichtlich der Fälligkeit einer festgesetzten Abgabe anzufechten, bleibt unberührt.

3.1.2. rechtliche Würdigung:

Ein Rechtsmittelverzicht ist jedoch nur dann rechtswirksam, wenn aus der Verzichtserklärung (Niederschrift) hervorgeht, dass dem Verzichtenden im Zeitpunkt der Abgabe seiner Erklärung der Inhalt des zu erwartenden Bescheides, bei Abgabenbescheiden die Grundlagen der Abgabenfestsetzung, die Höhe der Abgabe und die Abweichungen von den bisherigen Festsetzungen, bekannt war. Als Inhalt des zu erwartenden Bescheides ist der Inhalt des Spruches gemeint. Dafür spricht, dass sich der Verzicht nur auf den Spruch des Bescheides bezieht und dass die für Abgabenbescheide geltende speziellere Regelung nur Teile des Spruches aufzählt.
Bei Abgabenbescheiden ist ausdrücklich geregelt, dass die Grundlagen der Abgabenfestsetzung, die Höhe der Abgabe sowie die Abweichungen von der bisherigen Festsetzung bekannt sein müssen. Diese Abweichungen werden in der Praxis lediglich auf die Abweichungen in der Abgabenfestsetzung bezogen, wofür die übliche Terminologie (wonach Abgaben "festgesetzt" werden, während Bemessungsgrundlagen "festgestellt" werden) spricht. Die Daten, die bei Abgabenbescheiden dem Verzichtenden bekannt sein müssen, sind Spruchbestandteile, wozu auch die Nachforderung bzw. Gutschrift gehört (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 255, Tz. 13, 14)

Dies alles konnte den oa. wörtlich wiedergegebenen Ausführungen in der Niederschrift über Schlussbesprechung zur Außenprüfung nicht entnommen werden, sodass von einer die Bf. nicht weiter bindenden Erklärung kein Rechtsmittel erheben zu wollen auszugehen war. Auf Grund dieser Zusage entfielen auch nähere Feststellungen und Würdigungen hinsichtlich der Anwendung der Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO. Zur Bedeutung des Rechtsmittelverzichts äußerte sich das BMF (, 11 0502/134-Pr.2/82) wie folgt: "Er kommt dann in Betracht, wenn zwischen Abgabenbehörde und Abgabepflichtigen Übereinstimmung über die Prüfungsfeststellungen und ihre abgabenrechtliche Würdigung besteht. Der Rechtsmittelverzicht ist eine vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, das Abgabenverfahren zu vereinfachen. Beim Abschluss einer Betriebsprüfung eingesetzt vermag er die Prüfungsdauer zu verkürzen, der Bericht kann vereinfacht und die Auswertung des Berichtes beschleunigt werden" (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 255, Tz. 15). Eine allfällige Unwirksamkeit bzw. Ungültigkeit des Rechtsmittelverzichts ist in einer Beschwerde gegen den betreffenden Bescheid geltend zu machen ().

Da entsprechend der vorhin ausgeführten rechtlichen Beurteilung kein rechtsgültiger Rechtsmittelverzicht vorliegt, braucht auf die von der Bf. allfällig erhobenen Einwendungen von vorliegenden Irrtümern der Bf. bei Abgabe des Verzichtes nicht mehr eingegangen werden.

3.2. Verjährung

3.2.1. Gesetzliche Bestimmungen

§ 207 BAO
(1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.
Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.

§ 208 BAO

Die Verjährung beginnt
a
) in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird;
b) in den Fällen des § 207 Abs. 3 mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Voraussetzung für die Verhängung der genannten Strafen oder für die Anforderung der Kostenersätze entstanden ist;
c) in den Fällen des § 207 Abs. 4 mit dem Ablauf des Jahres, in dem die rückzufordernden Beihilfen, Erstattungen, Vergütungen oder Abgeltungen geleistet wurden;
d) in den Fällen des § 200 mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Ungewißheit beseitigt wurde;
e) in den Fällen des Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses im Sinn des § 295a mit Ablauf des Jahres, in dem das Ereignis eingetreten ist.

§ 209 BAO
(1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (
§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.
(2) Die Verjährung ist gehemmt, solange die Geltendmachung des Anspruches innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist.
(3)
Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe verjährt spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4). In den Fällen eines Erwerbes von Todes wegen oder einer Zweckzuwendung von Todes wegen verjährt das Recht auf Festsetzung der Erbschafts- und Schenkungssteuer jedoch spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der Anzeige. (1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.

§ 8 FinStrG
(1) Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

§ 33 FinstrG

(1) Der Abgabenhinterziehung macht sich schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
(2) …
(3) Eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 ist bewirkt,
a) mit Bekanntgabe des Bescheides oder Erkenntnisses, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten,
b) wenn Abgaben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) wurden,
c) mit Bekanntgabe des Bescheides oder Erkenntnisses, mit dem Abgabengutschriften, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu Unrecht oder zu hoch festgesetzt wurden,
d) wenn Abgabengutschriften, die nicht bescheidmäßig festzusetzen sind, zu Unrecht oder zu hoch geltend gemacht wurden,
e) wenn eine Abgabe zu Unrecht erstattet oder vergütet oder eine außergewöhnliche Belastung zu Unrecht abgegolten wurde, oder
f) wenn auf einen Abgabenanspruch zu Unrecht ganz oder teilweise verzichtet oder eine Abgabenschuldigkeit zu Unrecht ganz oder teilweise nachgesehen wurde.

Außer Streit steht, dass der hier in Rede stehende Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2009 außerhalb der regulären fünfjährigen, aber innerhalb der verlängerten Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben ergangen ist.

Strittig ist, ob die subjektive Tatseite, ob Vorsatz iSd § 33 Abs. 1 FinStrG vorliegt, wobei bedingter Vorsatz genügt. Für das Vorliegen des Tatbestandes der Abgabenhinterziehung ist entscheidend, ob neben einer (objektiven) Abgabenverkürzung ausreichend festgestellte Sachverhaltselemente den Schluss darauf zulassen, dass das Entstehen der Abgabepflicht tatsächlich erkannt oder zumindest ernstlich für möglich gehalten worden war und damit eine auf eine Abgabenverkürzung gerichtete subjektive Einstellung bejaht werden kann. Auch bedingter Vorsatz (dolus eventualis) setzt eine solche (die Abgabenverkürzung in Kauf nehmende) zielgerichtete subjektive Einstellung voraus ().

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Eine Abgabenverkürzung ist nach § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten, bewirkt.
Nach § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (bedingter Vorsatz). Vorsätzlich handelt, wer ein Tatbild mit Wissen und Wollen verwirklicht (). Eine vorsätzliche Steuerhinterziehung kann nur angenommen werden, wenn der Vorsatz alle Tatumstände erfasst; dies gilt auch für den bedingten Vorsatz (; ). Der Täter muss wissen und wollen, dass er eine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt und dass diese Pflichtverletzung zur Abgabenverkürzung führt. Bei Verletzungsdelikten hat sich das Bedenken und Beschließen auf den tatbildmäßigen Erfolg zu beziehen. Aus dem Gesamtbild muss sich ein eindeutiger Beweis für das Vorliegen des Vorsatzes auf alle Merkmale des Tatbestandes sowie auf alle einzelnen, dem Abgabepflichtigen zur Last gelegten Tathandlungen gegeben sein ().
Bedingter Vorsatz ist gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, somit als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist bzw. sich damit abfindet (; , Ra 2017/15/0059). Davon spricht man, wenn der Täter intellektuell erkannt hat, dass ein Verhalten zu einer Steuerverkürzung führen kann und er diesen Erfolg billigend in Kauf nimmt (Kotschnigg in: Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 33 Rz 216 und die dort zitierte OGH- bzw. VwGH-Rechtsprechung). Auch bedingter Vorsatz setzt grundsätzlich eine (die Abgabenverkürzung in Kauf nehmende) zielgerichtete subjektive Einstellung des Täters voraus, auf deren Vorhandensein oder Nichtvorhandensein nur aus seinem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten unter Würdigung aller sonstigen Sachverhaltselemente geschlossen werden kann (; ; ).

Vorsätzliches Handeln wiederum beruht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (vgl. , mwN; ; , mwN; , mwN).

3.2. Übernahme der Einkünfte aus dem Feststellungsbescheid 2009

  • 3.2.1. Gesetzliche Bestimmungen:

  • § 252 BAO

  • (1) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

  • (2) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Abgaben-, Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind, so gilt Abs. 1 sinngemäß.

  • (3) Ist ein Bescheid gemäß § 295 Abs. 3 geändert oder aufgehoben worden, so kann der ändernde oder aufhebende Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die in dem zur Änderung oder Aufhebung Anlass gebenden Bescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

  • § 295 BAO
    (1) Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist.

  • (2) Ist ein Bescheid von einem Abgaben-, Meß-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid abzuleiten, so gilt Abs. 1 sinngemäß.

  • (2a) Ist ein Bescheid von einem Bescheid gemäß § 48 Abs. 2 oder 4 abzuleiten, ist er ungeachtet des Eintritts der Rechtskraft oder der Verjährung im Fall der nachträglichen Erlassung oder Aufhebung des Bescheides von Amts wegen aufzuheben oder insoweit abzuändern, als der Bescheid sich auf den Spruch des abgeleiteten Bescheides auswirkt.

  • (3) Ein Bescheid ist ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, auch ansonsten zu ändern oder aufzuheben, wenn der Spruch dieses Bescheides anders hätte lauten müssen oder dieser Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, wäre bei seiner Erlassung ein anderer Bescheid bereits abgeändert, aufgehoben oder erlassen gewesen. Mit der Änderung oder Aufhebung des Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des anderen Bescheides oder der nachträglich erlassene andere Bescheid rechtskräftig geworden ist.

  • 3.2.1. rechtliche Würdigung

  • Der gegenständlichen Beurteilung liegt ein gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2009 vor.

  • Dieser Bescheid fußt auf den bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes vom .

  • Im Feststellungsbescheid wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte des Gruppenträgers bindend festgestellt. Wenn nun die Bf. in ihrer Beschwerde einwendet, Teile dieses Bescheides wären gemäß § 209 Abs. 3 erster Satz BAO absolut verjährt, weil sie Abgaben aus dem Jahr 2008 betreffen, ist ihr zu erwidern, dass dies dem Spruch des Feststellungsbescheides vom nicht zu entnehmen ist und sie in Wahrheit Feststellungen des Feststellungsbescheides Gruppenträger 2009 anficht, die bereits rechtskräftig geworden sind. Abgesehen davon wurde dieser Bescheid noch mit einer anderen Begründung (fehlende Berücksichtigung eines Verlustabzuges) beeinsprucht (s. Beschwerde vom ), aber letztendlich nicht mehr aufrechterhalten (Zurücknahme der Beschwerde und Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschwerdevorentscheidung). Der Bf. war die Berechnung des Feststellungsbescheides des Prüfers auf Grund der Übermittlung des Außenprüfungsberichtes bekannt und die Berechnungsgrundlagen wurden überdies der bf. Selbstanzeige entnommen.

  • Entsprechend der oa. Gesetzesbestimmungen können derartig unterlassene Anfechtungen und Unrichtigkeiten des Feststellungsbescheides im Verfahren des abgeleiteten Bescheides nicht mehr mit der Begründung angefochten werden, dass Einkünfte- oder Einkommensbestandteile aus dem Jahr 2008 zu Unrecht im Feststellungsbescheid 2009 einbezogen wurden. Im gegenständlichen Verfahren über einen abgeleiteten Körperschaftsteuerbescheid können nicht Teile des Feststellungsbescheides 2009 mit der Begründung materieller Unrichtigkeit eliminiert werden, da sonst die Wirkungen abgabenrechtlicher Feststellungsbescheide ausgehebelt werden. Aus dem Feststellungsbescheid geht klar hervor, dass die Einkünfte und das Einkommen des Gruppenträgers für das Jahr 2009 in der entsprechenden Höhe bindend festgestellt wurden. Daher erübrigen sich weitere Ausführungen darüber, ob Einkommensbestandteile des Feststellungsbescheides zu Recht oder zu Unrecht miteinbezogen wurden. § 252 Abs. 1 bis 3 schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein; Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen (; , 94/13/0273; , 2000/15/0001; , 2002/14/0005; , 2004/13/0069) Eine solche Abweisung setzt voraus, dass der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist ().

  • Was den Einwand des Vorliegens absoluter Verjährung anlangt, ist auszuführen, dass es materiell-rechtlich eindeutig um eine Körperschaftsteuer für das Jahr 2009 geht, die absolut erst nach dem als verjährt anzusehen wäre, wobei der angefochtene Bescheid früher erlassen wurde.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Verfahren werden vorwiegend Fragen der Beweiswürdigung releviert, denen keine grundsätzliche Bedeutung zukommen. In rechtlicher Hinsicht wird auf die oben angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 252 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 2 Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 6 Z 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 8 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 33 Abs. 1 und 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100974.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at