TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.09.2023, RV/5100056/2023

Nachversteuerung gemäß § 10 Abs. 5 EStG 1988 bei Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils, wenn die Wertpapiere, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag beansprucht wurde, zurückbehalten werden.

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2023/15/0026.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/5100056/2023-RS1
Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 5 EStG 1988 führt ein Ausscheiden der Wertpapiere aus dem Betriebsvermögen infolge Zurückbehaltung bei Veräußerung des gesamten Mitunternehmensanteils, für die ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht wurde, vor Ablauf der Behaltefrist zu einer Nachversteuerung, der den Veräußerungsgewinn erhöht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter *** Mag. R.*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Gernot Tews, Salzburger Straße 65, 4600 Wels, und ACCURATA Steuerberatungs GmbH & Co KG, Rechte Kremszeile 62, 3500 Krems/Donau, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Hinweis

Dieses Erkenntnis wirkt gegen alle Beteiligten, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO).

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist die Frage strittig, ob bei der Veräußerung eines Mitunternehmensanteils ohne Übertragung der Wertpapiere, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag geltend gemacht wurde, vor Ablauf der in § 10 Abs. 5 EStG 1988 vorgesehenen Behaltefrist, eine Nachversteuerung vorzunehmen ist (Rechtsansicht der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid betreffend Einkünftefeststellung für das Jahr 2021 vom bzw. in der ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom sowie in der Stellungnahme zur Beschwerde im Vorlagebericht vom ) oder nicht (Rechtsansicht der Bf. in der Beschwerde vom ).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

***1*** war auch in den Jahren 2017 bis Kommanditist der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.). In den Jahren 2017 bis 2020 hat der ***1*** einen investitionsbedingten Gewinnfreibetrag für Wertpapiere iS des § 10 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 in der nachstehend angeführten Höhe geltend gemacht, wobei er diese Wertpapiere in seinem Sonderbetriebsvermögen gehalten hat:
2017: € 31.777,00
2018: € 19.297,28
2019: € 23.807,06
2020: € 3.078,05
Summe der Jahre 2017 bis 2020: € 77.960,09

Dieser betreffend der in den Jahren 2017 bis 2020 angeschafften Wertpapiere geltend gemachte investitionsbedingte Gewinnfreibetrag wurde in den Einkünftefeststellungsbescheiden der Bf. dieser Jahre bei ***1*** entsprechend ausgewiesen (Einkünftefeststellungsbescheide vom betreffend das Jahr 2017, vom betreffend das Jahr 2018, vom betreffend das Jahr 2019 und vom für das Jahr 2020).

Der Anteil von ***1*** an der Bf. wurde von diesem in seinem Privatvermögen gehalten.

Im Jahr 2021 hat ***1*** seinen gesamten Kommanditanteil an der Bf. an die ***2*** gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 dritter TS EStG 1988 veräußert, wobei die in seinem Sonderbetriebsvermögen gehaltenen Wertpapiere, für die er in den Jahren 2017 bis 2020 insgesamt einen investitionsbedingten Gewinnfreibetrag iHv € 77.960,09 geltend gemacht hat, nicht übertragen, sondern zurückbehalten hat.

Die Wertpapiere, für die ***1*** in den Jahren 2017 bis 2020 insgesamt einen investitionsbedingten Gewinnfreibetrag iHv € 77.960,09 geltend gemacht hat, sind weder infolge höherer Gewalt noch infolge eines behördlichen Eingriffes aus dem Sonderbetriebsvermögen von ***1*** als Mitunternehmer bei der Bf. ausgeschieden.

In der für das Jahr 2021 am abgegebenen Einkünftefeststellungserklärung der Bf. wurde hinsichtlich ***1*** ein Veräußerungsgewinn in Höhe von ***3*** erklärt und in einer Beilage zur Erklärung angeführt, dass keine Nachversteuerung des GFB erfolgt ist, weil die Wertpapiere nach wie vor von ***1*** gehalten würden. Diesbezüglich wurde auf einen Aufsatz von Beiser im SWK-Heft 9 vom verwiesen.

Mit Einkünftefeststellungsbescheid vom für das Jahr 2021 wurde vom Finanzamt Österreich von der Einkünftefeststellungserklärung für 2021 insoweit abgewichen als der Veräußerungsgewinn von ***1*** um € 77.960,09 erhöht wurde. In der Begründung dieses Bescheides wurde auf ein Gespräch mit dem Vertreter verwiesen.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Bf. mit über Finanzonline am eingebrachten Schreiben vom Beschwerde erhoben und sich gegen die Nachversteuerung des in den Jahren 2017 bis 2020 geltend gemachten investitionsbedingten Gewinnfreibetrages iHv
€ 77.960,09 gewendet, in dem der Antrag gestellt wurde, den Veräußerungsgewinn ohne die Nachversteuerung der Wertpapiere erklärungsgemäß mit ***3*** festzusetzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde diese Beschwerde vom Finanzamt Österreich als unbegründet abgewiesen. Diese Beschwerdevorentscheidung wurde an den gemäß § 81 BAO Vertretungsbefugten der Bf. am nachweislich übermittelt. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung wurde von der Bf. am fristgerecht ein Vorlageantrag gestellt.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Österreich die Beschwerde vom betreffend Einkünftefeststellung 2021 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben der Bf., die dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes sowie einer Abfrage der Einkünftefeststellungsbescheide 2017 bis 2020 im Abgabeninformationssystem des Bundes (AIS/DB2) bzw. einer Firmenbuchabfrage betreffend die Bf. (FN ***4***) und ist zwischen den Parteien nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 10 Abs. 1 EStG 1988 kann bei natürlichen Personen bei der Gewinnermittlung eines Betriebes ein Gewinnfreibetrag nach Maßgabe der Ziffern 1 - 7 gewinnmindernd geltend gemacht werden. Bei Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, können nur die Gesellschafter den Gewinnfreibetrag im Sinne des Abs. 1 in Anspruch nehmen. Daher konnte der ***1*** als Mitunternehmer der Bf. den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag für Wertpapiere in den Jahren 2017 bis 2020 im Rahmen der Gewinnermittlung der Bf. in Anspruch nehmen, weil der Anteil an der Bf. nicht im Betriebsvermögen eines Betriebs des ***1*** gehalten wurde.

***1*** hat den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag als Mitunternehmer der Bf. in den Jahren 2017 bis 2020 für Wertpapiere in Anspruch genommen.

§ 10 Abs. 5 EStG 1988 lautet wie folgt:

Scheiden Wirtschaftsgüter, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen aus oder werden sie ins Ausland - ausgenommen im Falle der entgeltlichen Überlassung in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes - verbracht, gilt Folgendes:

1. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag ist insoweit gewinnerhöhend anzusetzen. Der gewinnerhöhende Ansatz hat im Jahr des Ausscheidens oder des Verbringens zu erfolgen.
2. Im Fall des Ausscheidens von Wohnbauanleihen unterbleibt insoweit der gewinnerhöhende Ansatz, als im Jahr des Ausscheidens begünstigte Wirtschaftsgüter im Sinne des Abs. 3 Z 1, die die Voraussetzungen für den Freibetrag erfüllen, angeschafft oder hergestellt werden (Ersatzbeschaffung). Auf den Fristenlauf des angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgutes wird die Behaltedauer der ausgeschiedenen Wohnbauanleihe angerechnet. Die Frist kann jedoch nicht vor jenem Zeitpunkt enden, zu dem die Frist für die ausgeschiedene Wohnbauanleihe geendet hätte. Soweit Wirtschaftsgüter der Ersatzbeschaffung dienen, kann ein Freibetrag nicht in Anspruch genommen werden. Wirtschaftsgüter, die der Ersatzbeschaffung dienen, sind als solche im Verzeichnis gemäß Abs. 7 Z 2 auszuweisen.
3. Werden Wohnbauanleihen, für die ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen wurde, vorzeitig getilgt, können zur Vermeidung einer Nachversteuerung anstelle begünstigter körperlicher Wirtschaftsgüter innerhalb von zwei Monaten nach der vorzeitigen Tilgung auch Wohnbauanleihen angeschafft werden (Wohnbauanleihenersatzbeschaffung). In den ersatzbeschafften Wohnbauanleihen setzt sich der Lauf der Frist gemäß Abs. 3 hinsichtlich der vorzeitig getilgten Wohnbauanleihen unverändert fort. Soweit Wohnbauanleihen der Ersatzbeschaffung dienen, kann ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag nicht in Anspruch genommen werden. Wohnbauanleihen, die der Ersatzbeschaffung dienen, sind im Verzeichnis gemäß Abs. 7 Z 2 als solche auszuweisen.

Im beschwerdegegenständlichen Fall hat ***1*** seinen gesamten Mitunternehmeranteil an der Bf. im Jahr 2021 veräußert und die im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen Wertpapiere zurückbehalten. Im Jahr 2021 war die in § 10 Abs. 5 EStG 1988 vorgesehene Behaltefrist für die 2017 bis 2020, für die ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht wurde, noch nicht abgelaufen.

Wird der gesamte Mitunternehmeranteil entgeltlich übertragen und das Sonderbetriebsvermögen zurückbehalten, liegt hinsichtlich des Sonderbetriebsvermögens eine Entnahme ins Privatvermögen vor (vgl. zB Kauba in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, Tz 265/2 zu § 23 EStG; Quantschnigg/Schuch; ESt-HB, Tz 37.6 zu § 23 EStG).

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 5 EStG 1988 führt aber ein Ausscheiden der Wertpapiere aus dem Betriebsvermögen, für die ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht wurde, vor Ablauf der Behaltefrist zu einer Nachversteuerung, der den Veräußerungsgewinn erhöht (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen, EStG, 16. Aufl. (2023), Rz 29 zu § 10; Heinrich in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG23, Tz 62/1 und 76 zu § 10 EStG; ; ).

Soweit von der Bf. unter Hinweis auf die Ausführungen von Beiser in der SWK 2017, 498, vermeint wird, dass sich die Wertpapiere, die sich bis zur Mitunternehmeranteilsveräußerung im Sonderbetriebsvermögen von ***1*** befunden haben, nunmehr im "notwendigen nachträglichen Betriebsvermögen auf der Aktivseite" von ***1*** befinden würden, fehlt es dieser Ansicht an einer gesetzlichen Deckung.

Von Beiser wird die von ihm vertretene Ansicht, dass bei einer Zurückbehaltung von Wertpapieren anlässlich der Betriebsveräußerung durch den Veräußerer es zu keiner Nachversteuerung gem. § 10 Abs. 5 EStG 1988 kommen soll, zum einen damit begründet, dass es Ziel des Gewinnfreibetrages gewesen wäre, einen Ausgleich für die Tarifbegünstigung des
§ 67 EStG 1988 zu schaffen. Wie von Atzmüller (SWK 2017, 655) dargelegt wird, gilt dieses vom Gesetzgeber verfolgte Ziel aber nur für den Grundfreibetrag (vgl. S. 12 der Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des SteuerreformG 2009, BGBl I Nr. 26/2009, 54 der Beilagen XXIV. GP - Regierungsvorlage: "Für Gewinne bis 30 000 Euro stellt der Gewinnfreibetrag - als Gegenstück zur Sechstelbegünstigung von unselbstständig Erwerbstätigen (§ 67) - eine reine Steuerentlastungsmaßnahme dar. Insofern erhält er die Bezeichnung "Grundfreibetrag"."). Überdies kann eine für den außerbetrieblichen Bereich geschaffene Tarifbegünstigung schon systematisch nicht mit Regelungen für den betrieblichen Bereich verglichen werden. So ist eine "Behaltefrist" für ein ausgezahltes und lohnversteuertes Gehalt gar nicht denkbar bzw. umsetzbar.

Andererseits vermeint Beiser, dass deswegen, weil die Wertpapiere auch im Privatvermögen im wirtschaftlichen Eigentum (§ 24 BAO) des bisherigen Betriebsinhabers verbleiben, eine Nachversteuerung sachlich (Art. 7 B-VG) nicht geboten wäre. Diese Ansicht kann vom Bundesfinanzgericht im Einklang mit Atzmüller (aaO) nicht geteilt werden, weil sich aus den Regelungen des § 10 Abs. 5 Z 2 und Z 3 EStG 1988 über die Ersatzbeschaffung, die die Nachversteuerung hintanhalten, ergibt, dass es sich beim investitionsbedingten Gewinnfreibetrag um eine Begünstigung im Interesse der Stärkung des Betriebskapitals handelt, weil in den angeschafften Wertpapieren für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag beansprucht wurde Liquidität gespeichert ist und sie auch der Stärkung der Bonität (leichterer Erhalt von Betriebsmittelkrediten) dienen. Liegt aber kein Betrieb beim bisherigen Betriebsinhaber infolge Veräußerung bzw. bei Betriebsaufgabe mehr vor, können die angeschafften Wertpapiere auch mangels Betriebes keiner Stärkung der Kapitalausstattung eines Betriebes dienen und hätte die im Gesetz vorgesehene Behaltefrist keinen Sinn mehr wie von Atzmüller (aaO unter Punkt 3.) überzeugend dargelegt wird.

In der RdW 2020, 471, wird von Beiser seine Ansicht, dass bei einem Verbleib der Wertpapiere im Vermögen des bisherigen Betriebsinhabers keine Nachversteuerung gemäß § 10 Abs. 5 EStG 1988 zu erfolgen hat, wenn bei Betriebsaufgabe die Behaltefrist noch nicht abgelaufen ist, auch damit begründet, dass sich aus der Regelung des § 32 Z 2 EStG 1988 ergeben würde, dass durch die betrieblich veranlasste Anschaffung der Wertpapiere die Betriebsvermögenseigenschaft der Wertpapiere aufrecht erhalten würde, weil in der im Gesetz vorgesehenen Behaltefrist ein Tilgungs-, Auszahlungs- bzw. Verwertungshindernis für die Wertpapiere bestehen würde (Punkt 6.1.).

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass sowohl die Lehre (Quantschnigg/Schuch, aaO, Tz 11.2 zu
§ 32 EStG; Ebner in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG22, Tz 88 zu § 32 EStG; Jakom/Kanduth-Kristen, EStG, 2023, Rz 28 zu § 32) als auch der VwGH () die Ansicht vertreten, dass § 32 Z 2 EStG 1988 nur für jene Wirtschaftsgüter gilt, die nach der Betriebsaufgabe noch einen engen Zusammenhang zum Betrieb aufweisen und dieser enge Zusammenhang nur dann bejaht werden kann, wenn es sich um Wirtschaftsgüter handelt, die außerhalb des beendeten Betriebes praktisch nicht mehr eigenständig privat nutzbar sind, sondern nur mehr abgewickelt werden können. Bei Wertpapieren, aus denen sich ein laufender Ertrag ergibt bzw. die jederzeit veräußert bzw. auch unentgeltlich übertragen werden können, kann keine Rede davon sein, dass diese im Privatvermögen nicht nutzbar wären. Auch die in § 10 Abs. 5 EStG 1988 vorgesehene Behaltefrist kann nicht als ein Hindernis für die Verwertung im Sinne einer Übertragung - sei es entgeltlich oder unentgeltlich - angesehen werden.

Bei Wirtschaftsgütern, die ehemals dem Betrieb gedient haben, und die der Steuerpflichtige auch nach Beendigung des Betriebes selbständig nutzen kann - dies trifft auf Wertpapiere wie im vorstehenden Absatz dargelegt zu - liegen im Falle einer nachträglichen Wertänderung keine Einkünfte iS des § 32 Z 2 EStG 1988 vor (vgl. Quantschnigg/Schuch, aaO, Tz 11.4 zu § 32 EStG mwN), sodass der Zusammenhang mit dem Betrieb schon im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bzw. der Zurückbehaltung bei einer Betriebsveräußerung verloren gegangen ist bzw. in den Worten von Beiser ab diesem Zeitpunkt keine kausale (und finale) Verknüpfung mit dem aufgegebenen/veräußerten Betrieb mehr gegeben ist.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen, weil durch die Veräußerung des Mitunternehmeranteils durch ***1*** an der Bf. im Jahr 2021 und der Zurückbehaltung der Wertpapiere, für die in den Jahren 2017 bis 2020 ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht und in den Einkünftefeststellungen dieser Jahre auch berücksichtigt wurde, es zu einem Ausscheiden aus dem (Sonder)betriebsvermögen vor Ablauf der Behaltefrist des § 10 Abs. 5 EStG 1988 gekommen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage der Nachversteuerung von mit Wertpapieren gedeckten Gewinnfreibeträgen bei einer Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils und der Zurückbehaltung der Wertpapiere, die sich im Sonderbetriebsvermögen befunden haben, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag beansprucht wurde, existiert zwar eine einheitliche Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts. Da jedoch eine Rechtsprechung des VwGH bis dato fehlt, war die Revision zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100056.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at