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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.10.2023, RV/5100470/2023

Kein gesamter Familienbonus Plus für den Kindesvater wenn die Mutter auch den Familienbonus Plus beantragt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020
Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit reichte der Beschwerdeführer die Arbeitnehmerveranlagung für 2000 elektronisch beim Finanzamt ein und beantragte darin unter anderem den gesamten Familienbonus Plus (FABO+) sowie den Unterhaltsabsetzbetrag für zwei Kinder.
Im Einkommensteuerbescheid 2000 vom wurden sodann der gesamte FABO+ sowie der Unterhaltsabsetzbetrag für zwei Kinder berücksichtigt.

Mit reichte die Kindesmutter der unterhaltsberechtigten Töchter des Beschwerdeführers die Arbeitnehmerveranlagung für 2000 elektronisch beim Finanzamt ein und beantragte unter anderem darin ebenfalls den gesamten Familienbonus Plus (FABO+) sowie den Unterhaltsabsetzbetrag für zwei Kinder.
Am erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2000 der Kindesmutter unter Berücksichtigung des jeweils halben FABO+ für die zwei Kinder. Das Finanzamt begründete den Ansatz des halben FABO+ für zwei Kinder bei der Kindesmutter, da bereits vom Beschwerdeführer und Kindesvater die andere Hälfte des FABO+ für zwei Kinder in seiner Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht worden sei.

Daraufhin erließ das Finanzamt mit einen Einkommensteuerbescheid 2020 (Änderung gem. § 295a BAO zu Bescheid vom ) mit welchem beim Beschwerdeführer nur mehr jeweils der halbe FABO+ für die zwei Kinder zuerkannt worden ist. Begründend dazu führte das Finanzamt aus, dass nur die Hälfte des FABO+ zustehe, da für die zwei Kinder die Familienbeihilfebezieherin (hier die Kindesmutter) die andere Hälfte des FABO+ beantragt habe.

Mit erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom und begründet dieses wie folgt:
"Gemäß Bescheidbegründung der hier angefochtenen 2 Änderungsbescheide hat die Kindesmutter (KM) erst 2022 und sohin 3 Jahre verspätet (als rückwirkendes Ereignis benannt) die andere (ihre) Hälfte des Familienbonus Plus für 2019 und 2020 beantragt.

Es ist sohin unklar, wieso die KM nicht zeitnah im Jahr 2020 (für 2019) und 2021 (für 2020) ihre Hälfte des Familienbonus Plus beantragt hat. Es besteht daher berechtigt Grund zu der Annahme, dass die KM nunmehr falsche Angaben macht und diesentgegen der Vereinbarungen gemäß Unterhaltsbeschluss Bezirksgericht Wiener Neustadt vom, Zahl: 17 Pu 87/19t-86 mit der Begründung: "Vorstehende Beschlussfassung gründet sich aufdas Einverständnis der beteiligten Parteien, pflegschaftsgerichtliche Bedenken stehen nicht entgegen".

Dem gegenseitigen Einverständnis (Vergleich) lag zu Grunde: Der Vater stimmte der höherenUnterhaltsverpflichtung mit der Maßgabe zu, dass die Mutter (weil arbeitslos) im Gegenzug auf dieGeltendmachung ihres Anteils des Familienbonus Plus zu Gunsten des Vaters verzichtete, sodass der Vaterfür beide Kinder den ganzen Absetzbetrag (also EUR 3.000 p.a.) geltend zu machen berechtigt war. Dies fürdie Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, sohin für 2019 und 2020.

Hilfsweise wäre daher die Kindesmutter demzufolge (im Sinne gleicher Rechte und Pflichten, auchhinsichtlich Datenschutz, wie das üblicherweise auch vom Kindesvater in Unterhaltssachen verlangt wird), gemäß § 102 AußStrG zur Vorlage der Einkommensnachweise für 2019 und 2020 aufzufordern.

Es soll geklärt werden, wieso die KM plötzlich nach 3 Jahren im Nachhinein - und entgegen desobgenannten mit ON 86 geschlossenen Unterhaltsvergleiches - über ein steuerpflichtiges Einkommenverfügt haben soll, wo sich doch im Zuge der Unterhaltsfestsetzung mit Beschluss ON 86 per herausgestellt hat, dass die KM arbeitslos ist und Arbeitslosengeld bezieht.

Zum Arbeitslosengeld wird ausgeführt:
Gemäß
§ 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 ist das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfeoder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen von der Einkommensteuer befreit.Eine Beschäftigung hat die KM bekanntlich erst 2021 wieder aufgenommen, deswegen der hierSteuerpflichtige und Beschwerdeführer für 2021 auch nur noch seine Hälfte des Familienbonus Plus geltendgemacht hat.

Es ist aber auch von der veröffentlichten Rechtsliteratur auszugehen, vgl.:https://www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/familie/finanzielle-entlastung-von-familien/familiensteuerentlastung/familienbonus-plus.html

Es wird daraus zitiert:
Der Familienbonus Plus ist ein Steuerabsetzbetrag, der die jährliche Steuerlast direkt reduziert.
Bei getrennt lebenden Eltern kann der Familienbonus Plus, wenn der getrennt lebende undunterhaltspflichtige Elternteil regelmäßig den Unterhalt leistet und den Unterhaltsabsetzbetrag geltendmacht, auf beide Eltern zu je 750 Euro aufgeteilt werden oder auch von einem Elternteil zur Gänze beantragtwerden. Einigen sich die Eltern nicht auf eine Aufteilung, können beide die Hälfte des Familienbonus Plusgeltend machen.
Wenn einer der beiden getrennt lebenden Elternteile für den Großteil der Kinderbetreuungskosten
aufkommt (mehr als die Hälfte der Kosten und mindestens 1.000 Euro jährlich), gilt folgende Regelung: derElternteil, der überwiegend die Kinderbetreuungskosten getragen hat, kann bei der Veranlagung 90 Prozent des Familienbonus Plus, das heißt 1.350 Euro, beantragen; der andere getrennt lebende Elternteil erhält indiesem Fall nur 10 Prozent (150 Euro). Diese Regelung ist bis einschließlich 2021 befristet. Zahlt der getrenntlebende und unterhaltsverpflichtete Elternteil keinen Unterhalt, steht diesem auch kein Familienbonus Pluszu. Der andere Elternteil erhält in diesem Fall den Familienbonus Plus in voller Höhe.
Zitat-Ende.

Aus dieser Rechtsliteratur iVm. den tatsächlichen Gegebenheiten leitet sich für diese 2 Beschwerden ab:
1. Gemäß dem benannten geschlossenen Unterhaltsvergleich nach ON 86 vor dem
Bezirksgericht WienerNeustadt war der Vater {hier Steuerzahler und Beschwerdeführer) vereinbarungsgemäß berechtigt, für2019 und 2020 den Familienbonus Plus zur Gänze geltend zu machen, sohin EUR 3.000, - pro Jahr fürbeide Kinder.
2. Festgestellt wird dazu außerdem, dass der Unterhaltspflichtige (hier Beschwerdeführer) zur
Geltendmachung des Absetzbetrages die regelmäßige und vollständige Bezahlung seiner Unterhaltspflichten nachzuweisen hatte und auch nachgewiesen hat.
3. Darüber hinaus ist infolge Arbeitslosigkeit der Mutter zwanglos davon auszugehen, dass hinsichtlich der
Einkommenslage der Kindesmutter in den Jahren 2019 und 2020 und der Höhe des vom Vater bezahltenUnterhalts der Vater allein für den Großteil der geldwerten Kinderbetreuungskosten aufgekommen ist,sodass ihm schon aus diesem Grund zumindest 90% des Familienbonus Plus zustehen, jedenfalls nicht bloß die Hälfte.
Daraus ergibt sich:
Die Abänderung der 2 benannten ursprünglichen Einkommensteuerbescheide von Familienbonus Plus von
- 3.000,- auf - 1.500,- ist ein Verstoß gegen den mit ON 86 per 25,11.2019 gerichtlich geschlossenenUnterhaltsvergleiches und sohin unzulässig."

In der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 mit folgender Begründung ab:
"Gemäß § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b EStG 1988 in der Fassung BGBl I 96/2020 ist der Familienbonus Plus bei der Veranlagung entsprechend der Antragstellung für ein Kind, für das ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, folgendermaßen zu berücksichtigen:
• entweder beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht,
• oder beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem der Unterhaltsabsetzbetrag
zusteht, jeweils zur Hälfte.
Dass dem Beschwerdeführer (Bf) für seine 2009 geborenen Kinder im Jahr 2020 ein Unterhaltsabsetzbetrag zugestanden hatte und ihm dadurch auch ein Anspruch auf den Familienbonus Plus vermittelt worden war, war im gegenständlichen Fall unstrittig. In Streit stand hingegen die Höhe des anzuerkennenden Familienbonus Plus, da beide berechtigten Elternteile (der Bf sowie die familienbeihilfenberechtigte Kindesmutter) diesen Bonus beantragt hatten. Aus der zitierten Bestimmung des
§ 33 Abs. 3a Z 3 lit. b EStG 1988 ergibt sich klar, dass der Gesetzgeber bei der Berücksichtigung des Familienbonus Plus dem Prinzip der Antragstellung gefolgt ist.
Eine ebenso klare Regelung sieht
§ 33 Abs. 3a Z 3 lit. c EStG 1988 für Fälle vor, in denen der Familienbonus von beiden Anspruchsberechtigten in einer Höhe beantragt wird, die insgesamt über das zustehende Ausmaß hinausgeht: "Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen."
Das bedeutet, dass in einem solchen Fall jeweils die Hälfte des zustehenden Betrages zu berücksichtigen ist. Darauf, ob und inwieweit die Berücksichtigung des Familienbonus Plus beim Antragsteller tatsächlich eine steuerliche Auswirkung zeitigt, stellt der Gesetzgeber in dieser eindeutigen Regelung nicht ab. Daraus ergibt sich, dass es den beiden Anspruchsberechtigten bei ihrer Antragstellung freisteht, darauf Bedacht zu nehmen, bei welchem von ihnen der Familienbonus die höhere steuerliche Auswirkung zeitigt. Die Behörde ist bei der Zuerkennung des Familienbonus Plus jedoch an die Anträge der beiden Anspruchsberechtigten gebunden. Wenn beide, wie im gegenständlichen Fall, den Familienbonus in voller Höhe (das sind beim Bf gemäß
§ 33 Abs. 3a Z 1 EStG 1988 insgesamt 1.500,00 € pro Kind) geltend machen, so ist sie verpflichtet, in Befolgung der gesetzlichen Bestimmung des § 33 Abs. 3a Z 3 lit. c EStG 1988 den insgesamt den Betrag von 1.500,00 € pro Kind auch jeweils zur Hälfte bei den Anspruchsberechtigten zu berücksichtigen (je 750,00 €).

Laut Aktenlage ist der Antrag der familienbeihilfenberechtigten Kindesmutter auf Zuerkennung des Familienbonus Plus für das Jahr 2020 nach wie vor aufrecht. Aufgrund der zitierten eindeutigen Gesetzeslage konnte daher dem Bf ein höherer Familienbonus nicht zuerkannt werden. Im Falle einer späteren Zurückziehung (= möglich innerhalb von fünf Jahren ab Rechtskraft des Bescheides) gemäß § 33 Abs. 3a Z 3 lit. d EStG 1988 besteht die Möglichkeit einer Bescheidänderung gemäß § 295a BAO.
Zur Möglichkeit, dem Bf allenfalls nach der Übergangsregelung des
§ 124b Z 336 EStG 1988 einen Familienbonus Plus im Ausmaß von 90% zuzuerkennen, ist Folgendes festzuhalten:
§ 124b Z 336 EStG 1988 idF BGBl I 62/2018 lautet folgendermaßen: "§ 34 Abs. 9 und § 106a, jeweils in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 62/2018 sind letztmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2018 anzuwenden. Abweichend von § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b kann in der Veranlagung für die Kalenderjahre 2019 bis 2021 für ein Kind, für das ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, entweder der Familienbeihilfenberechtigte oder der Steuerpflichtige, der den gesetzlichen Unterhalt im Kalenderjahr zur Gänze leistet, 90% des nach § 33 Abs. 3a Z 1 oder Z 2 zustehenden Familienbonus Plus beantragen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
a) Es erfolgte eine Betreuung des Kindes entsprechend § 34 Abs. 9 Z 2 und 3 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 62/2018.
b)
Der Antragsteller hat im Kalenderjahr mehr als die Hälfte der Aufwendungen für diese Kinderbetreuung geleistet, c) Der Antragsteller hat im Kalenderjahr zumindest 1 000 Euro für diese Kinderbetreuung aufgewendet. Wird dem Antrag entsprochen, stehen dem anderen Antragsberechtigten 10% des nach § 33 Abs. 3a Z 1 oder Z 2 zustehenden Familienbonus Plus zu. Für das Jahr 2019 gemäß § 63 ausgestellte Freibetragsbescheide, in welchen Kinderbetreuungskosten berücksichtigt sind, treten außer Kraft. Freibetragsbescheide gemäß
§ 63 für die Kalenderjahre 2019 und 2020 sind ohne die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten (§ 34 Abs. 9) zu erlassen."
Die unter lit. a) der zitierten Gesetzesstelle geforderte Betreuung des Kindes gemäß
§ 34 Abs. 9 Z 2 und 3 EStG 1988 in der Fassung vor BGBl I 62/2018 hat zur Voraussetzung, dass das Kind zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (siehe § 34 Abs. 9 Z 2 EStG 1988 idF vor BGBl I 62/2018).
Da die 2009 geborene Kinder des Beschwerdeführers zu Beginn des Kalenderjahres 2020 das zehnte Lebensjahr unstrittig schon vollendet hatten, waren die angeführten Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Familienbonus Plus in Höhe von 90% im Jahr 2020 nicht erfüllt. Dem Bf konnte daher auch aufgrund dieser Gesetzesbestimmung ein höherer Familienbonus Plus nicht gewährt werden. Insgesamt konnte dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung eines höheren Familienbonus Plus, als bereits im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2020 berücksichtigt, nicht stattgegeben werden und war das diesbezüglich Beschwerdebegehren abzuweisen."

Im Vorlageantrag vom argumentierte der Beschwerdeführer im Wesentlichen, dass ihm aufgrund der pflegschaftsrechtlichen Übereinkunft und des dazugehörigen Beschlusses der gesamte FABO+ zustehe. Die Diplomrechtspflegerin des zuständigen Bezirksgerichtes habe dem Beschwerdeführer im Rahmen eines Unterhaltsverfahrens mündlich mitgeteilt, dass dieser während der Zeit, in der die Kindesmutter arbeitslos sei, den gesamten FABO+ geltend machen könne, da bei der Kindesmutter in diesem Fall ohnehin keine steuerlichen Auswirkungen seien. Im Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes vom , Gz. 17 Pu 87/19t - 86, bezüglich der Festsetzung des Unterhaltes für die Kinder des Beschwerdeführers ist bezüglich eines allfälligen FABO+ nichts angeführt und es wird darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung mit dem Einverständnis der beteiligten Parteien erfolgt sei.

Mit legte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde samt Akt vor und beantragte zugleich die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Aus den vorgelegten Aktenteilen, wie bereits teilweise im Verfahrensgang ausgeführt, ergibt sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer beantragte in der Arbeitnehmerveranlagung 2020 den Unterhaltsabsetzbetrag und den gesamten FABO+ für seine zwei im Jahr 2009 geborenen Kinder, für welche die Kindesmutter das gesamt Jahr 2020 Familienbeihilfe bezogen hatte. Die zwei Kinder des Beschwerdeführers (Zwillinge) hatten im Jahr 2020 das zehnte Lebensjahr vollendet. Im Einkommensteuerbescheid 2020 vom wurde dem Beschwerdeführer der gesamte FABO+ für zwei Kinder antragsgemäß zuerkannt.

Die Kindesmutter beantragte im Jahr 2022 im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für 2020 ebenfalls den gesamten FABO+ für zwei Kinder. Im Rahmen der Bescheiderstellung wurde der Kindesmutter vom Finanzamt lediglich der halbe FABO+ für zwei Kinder gewährt, da die andere Hälfte des FABO+ dem Kindesvater, der seiner Unterhaltspflicht nachgekommen ist, zusteht.

Daraufhin wurde mit ein gemäß § 295a BAO geänderter Einkommensteuerbescheid 2020 vom Finanzamt an den Beschwerdeführer übermittelt, in welchem unter Hinweis auf die von der Kindesmutter konsumierte andere Hälfte des FABO+ dem Beschwerdeführer der zuvor gewährte gesamte FABO+ auf die Hälfte reduziert worden ist.
Diesen Einkommensteuerbescheid 2020 vom bekämpft der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die mit der Kindesmutter getroffene Unterhaltsvereinbarung. Im Beschluss des zuständigen BG dazu ist jedenfalls nichts schriftlich betreffend einer Aufteilung des FABO+ vermerkt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den von der belangten Behörde elektronisch vorgelegten Aktenteilen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b EStG 1988 in der Fassung BGBl I 96/2020 ist der Familienbonus bei der Veranlagung entsprechend der Antragstellung für ein Kind, für das ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, folgendermaßen zu berücksichtigen:

• entweder beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht,
• oder beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils zur Hälfte.

Dass dem Beschwerdeführer für seine zwei im Jahr 2009 geborenen Kinder (Zwillinge) im Jahr 2020 ein Unterhaltsabsetzbetrag zustand und ihm dadurch auch ein Anspruch auf den Familienbonus Plus vermittelt wurde, war im gegenständlichen Fall unstrittig. Strittig ist hingegen die Höhe des anzuerkennenden Familienbonus Plus, da beide berechtigten Elternteile (der Beschwerdeführer sowie die familienbeihilfenberechtigte Kindesmutter) diesen Bonus beantragten. Aus der zitierten Bestimmung des § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b EStG 1988 ergibt sich klar, dass der Gesetzgeber bei der Berücksichtigung des Familienbonus Plus dem Prinzip der Antragstellung gefolgt ist.
Eine ebenso klare Regelung sieht § 33 Abs. 3a Z 3 lit. c EStG 1988 für Fälle vor, in denen der Familienbonus von beiden Anspruchsberechtigten in einer Höhe beantragt wird, die insgesamt über das zustehende Ausmaß hinausgeht: "Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen."

Das bedeutet, dass in einem solchen Fall jeweils die Hälfte des zustehenden Betrages zu berücksichtigen ist. Darauf, ob und inwieweit die Berücksichtigung des Familienbonus Plus beim Antragsteller tatsächlich eine steuerliche Auswirkung hat, stellt der Gesetzgeber in dieser eindeutigen Regelung nicht ab. Daraus ergibt sich, dass es den beiden Anspruchsberechtigten bei ihrer Antragstellung freisteht, darauf Bedacht zu nehmen, bei welchem von ihnen der Familienbonus die höhere steuerliche Auswirkung zeitigt. Das Finanzamt ist bei der Zuerkennung des Familienbonus Plus jedoch an die Anträge der beiden Anspruchsberechtigten gebunden. Wenn beide, wie im gegenständlichen Fall, den Familienbonus in voller Höhe (das sind beim Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 3a Z 1 EStG 1988 insgesamt 1.500,00 Euro pro Kind) geltend machen, so ist die Abgabenbehörde verpflichtet, in Befolgung der gesetzlichen Bestimmung des § 33 Abs. 3a Z 3 lit. c EStG 1988 den gesamten Betrag von 1.500,00 Euro pro Kind auch jeweils zur Hälfte bei den Anspruchsberechtigten zu berücksichtigen (je 750,00 Euro).

Laut Aktenlage ist der Antrag der familienbeihilfenberechtigten Kindesmutter auf Zuerkennung des Familienbonus Plus für das Jahr 2020 nach wie vor aufrecht. Aufgrund der zitierten eindeutigen Gesetzeslage kann daher dem Beschwerdeführer ein höherer Familienbonus nicht zuerkannt werden.

Zur Möglichkeit, dem Beschwerdeführer allenfalls nach der Übergangsregelung des § 124b Z 336 EStG 1988 einen Familienbonus Plus im Ausmaß von 90% zuzuerkennen, muss jedoch die nachfolgend erläuterte Bestimmung des § 124b Z 336 EStG 1988 idF BGBl I 62/2018 anwendbar sein. Diese lautet folgendermaßen: "§ 34 Abs. 9 und § 106a, jeweils in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 62/2018 sind letztmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2018 anzuwenden. Abweichend von § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b kann in der Veranlagung für die Kalenderjahre 2019 bis 2021 für ein Kind, für das ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, entweder der Familienbeihilfen-berechtigte oder der Steuerpflichtige, der den gesetzlichen Unterhalt im Kalenderjahr zur Gänze leistet, 90% des nach § 33 Abs. 3a Z 1 oder Z 2 zustehenden Familienbonus Plus beantragen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
a) Es erfolgte eine Betreuung des Kindes entsprechend § 34 Abs. 9 Z 2 und 3 in der Fassung vor dem Bundesgesetz
BGBl. I Nr. 62/2018.
b) Der Antragsteller hat im Kalenderjahr mehr als die Hälfte der Aufwendungen für diese Kinderbetreuung geleistet.
c) Der Antragsteller hat im Kalenderjahr zumindest 1.000 Euro für diese Kinderbetreuung aufgewendet. Wird dem Antrag entsprochen, stehen dem anderen Antragsberechtigten 10% des nach § 33 Abs. 3a Z 1 oder Z 2 zustehenden Familienbonus Plus zu. Für das Jahr 2019 gemäß § 63 ausgestellte Freibetragsbescheide, in welchen Kinderbetreuungskosten berücksichtigt sind, treten außer Kraft. Freibetragsbescheide gemäß § 63 für die Kalenderjahre 2019 und 2020 sind ohne die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten (§ 34 Abs. 9) zu erlassen."

Die unter lit. a) der oben zitierten Gesetzesstelle geforderte Betreuung des Kindes gemäß § 34 Abs. 9 Z 2 und 3 EStG 1988 in der Fassung vor BGBl I 62/2018 hat zur Voraussetzung, dass das Kind zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (siehe § 34 Abs. 9 Z 2 EStG 1988 idF vor BGBl I 62/2018). Da die im Jahr 2009 geborenen Kinder des Beschwerdeführers zu Beginn des Kalenderjahres 2020 das zehnte Lebensjahr unstrittig schon vollendet hatten, waren die angeführten Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Familienbonus Plus in Höhe von 90% im Jahr 2020 nicht erfüllt. Dem Beschwerdeführer kann daher auch aufgrund dieser Gesetzesbestimmung kein höherer Familienbonus Plus als die Hälfte des regulären Familienbonus Plus nicht gewährt werden.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, es gebe eine - nicht verschriftlichte - Übereinkunft im Unterhaltsverfahren betreffend die zwei Kinder, wonach dem Beschwerdeführer der gesamte Familienbonus Plus zustünde, ist festzuhalten, dass davon das gesetzlich festgeschriebene Antragsrecht im Einkommensteuergesetz im Zusammenhang mit dem Familienbonus Plus niemals berührt werden kann. Eine pflegschaftsrechtliche oder zivilrechtliche Vereinbarung kann nicht über zwingend normiertem Steuerrecht stehen. Die Nichtbefolgung solcher Vereinbarungen und die Behandlung oder Sanierung allfällig daraus resultierender Folgen sind somit auch nicht Sache eines Abgabenverfahrens sondern Sache der Pflegschafts- oder Zivilgerichte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung waren nicht zu beurteilen und es wurde auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Für die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision besteht daher kein Anlass.

Linz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100470.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at