Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.10.2023, RV/6100541/2017

Wirksame Zustellung in die Databox trotz fehlender Mailverständigung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin BE in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Frau ***1*** ist im Jahr 2020 verstorben.

Sie hatte einen FinanzOnline-Zugang und nicht nach § 5 Abs 3 FOnV auf die elektronische Zustellung verzichtet.

Die Verstorbene brachte am die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 elektronisch per FinanzOnline ein.

Mit Einkommensteuerbescheid 2016 vom wurde die Einkommensteuer mit 487 Euro festgesetzt.

Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte am elektronisch in die FinanzOnline-Databox der Verstorbenen.

Am erhob sie über FinanzOnline Beschwerde gegen diesen Bescheid. Begründend wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs 1 EStG lägen nicht vor, sodass es sich um eine Antragsveranlagung gem. § 41 Abs. 2 EStG handle. Sie ziehe daher ihren Antrag auf Veranlagung zurück und beantrage die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Der Einkommensteuerbescheid sei ihr erst bekannt geworden, als sie am die postalische Mahnung vom über den Rückstand von 487 Euro erhalten habe. Erst zu diesem Zeitpunkt habe sie in FinanzOnline den Einkommensteuerbescheid entdeckt und geöffnet. Eine frühere Verständigung sei ihr nicht zugegangen. Sie habe mit Datum auch ihre E-Mailadresse eingetragen, um in Zukunft per Mail über die Hinterlegung in FinanzOnline verständigt zu werden. Die Beschwerde sei daher rechtzeitig erhoben. Gleichzeitig wurde als Vorsichtsmaßnahme ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO gestellt.

Die Beschwerde wurde dem Finanzamt am auch per Fax übermittelt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde zurück. Der Einkommensteuerbescheid 2016 sei am in die Databox zugestellt worden. Die Beschwerdefrist von einem Monat habe am geendet, weshalb die Beschwerde vom als nicht fristgerecht zu werten sei.

Im fristgerecht gestellten Vorlageantrag vom wurde ergänzend vorgebracht, dass die Bestimmung des § 5b Abs 2 Finanz-Online-Verordnung 2006 idF BGBl. II 2016/46 dem Sachlichkeitsgebot widerspreche und daher verfassungswidrig sei, sodass eine Verordnungsprüfung einzuleiten sei. Wenn nämlich keine E-Mailadresse eingetragen sei, könne auch keine Verständigung durchgeführt werden. Es sei für einen Einkommensteuerpflichtigen absolut unüblich, dass man ständig bei FinanzOnline nachschaue, ob nicht der Einkommensteuerbescheid dort abgelegt worden sei. Eine solche Zustellung, von der die Behörde genau wisse, dass die E-Mailadresse nicht eingetragen sei und daher der Nutzer nicht automatisch verständigt werde, widerspreche auch dem Überraschungsverbot. Die Behörde wisse in so einem Fall ganz genau, dass es nur vom Zufall abhänge, ob ein Nutzer, der keine E-Mailadresse (wenngleich aus einem Versehen) bekannt gegeben habe, die Databox seines FinanzOnline-Accounts wiederkehrend überprüfe und die Wahrscheinlichkeit sehr hoch sei, dass nicht ständig nachgesehen werde, wo diese Möglichkeit für einen normalen Einkommensteuerpflichtigen nur einmal im Jahr genutzt werde. Die Nichteintragung einer E-Mailadresse komme wohl auch einer Nichtzustimmung der elektronischen Zustimmung gleich, sodass der Einkommensteuerbescheid postalisch zuzustellen gewesen wäre.
Seltsamerweise sei die Mahnung vom sehr wohl postalisch übermittelt worden und nicht bei FinanzOnline hinterlegt worden, weil die belangte Behörde offenkundig gesehen habe, dass diese über FinanzOnline mangels einer E-Mailadresse nicht zustellbar wäre. Die Behörde lege hier offensichtlich zweierlei Maßstäbe an. Einen, wo sie sich verschweige, wenn es darum gehe, dass eine gar nicht bestehende Abgabenschuld zum Nachteil der Bf rechtskräftig werden solle und einen anderen, wenn es darum gehe, dass diese nicht berechtigte Abgabenschuld eingemahnt werden solle.
Es werde eine Senatsentscheidung mit mündlicher Verhandlung beantragt.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

***2*** ist Erbin nach ***1*** und hat laut Einantwortungsbeschluss vom die unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben.

Nach § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. Die unbedingt erbserklärte Erbin ***2*** ist Gesamtrechtsnachfolgerin und tritt somit in materiell- und verfahrensrechtlicher Hinsicht bezüglich aller Rechte und Pflichten in die gesamte Rechtsstellung der Erblasserin ***1*** ein.

Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, obliegen gemäß § 272 Abs 4 BAO dem Berichterstatter auch zunächst die Erlassung von Zurückweisungen (§ 260).

Gem. § 260 Abs 1 lit. b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung oder Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Nach § 245 Abs 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist für den Beginn der Frist nach § 109 BAO der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekannt gegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).

Erledigungen werden laut § 97 Abs 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß lit a leg. cit. bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Elektronisch zugestellte Dokumente gelten gemäß § 98 Abs 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.

Gemäß § 5b Abs 1 FOnV 2006 haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Gemäß § 5b Abs 2 FOnV 2006 idgF kann jeder Teilnehmer in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.

Entscheidend für die Zustellung ist alleine der Zeitpunkt, in dem die Daten in der Databox einlangen. Auf das tatsächliche Einsehen in die Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken des Bescheides) kommt es nicht an (vgl. Ritz, BAO7, § 98 Tz 4, zB ; ; ).

Die zusätzliche Verständigung des Empfängers per E-Mail ist eine reine Serviceleistung, an die keine Rechtsfolge geknüpft ist (vgl. Ritz, BAO7, § 98 Tz 4, , ). § 5b Abs 2 FOnV idgF spricht von der elektronischen Adresse, die der Teilnehmer in FinanzOnline angeben kann, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist, womit deutlich ist, dass der allfälligen Informations-Mail die wirksame Zustellung bereits vorausgegangen ist. Daher hindert im gegenständlichen Fall die (versehentliche) Nichtangabe einer E-Mailadresse (bzw. die nicht erteilte Zustimmung) zur Verständigung über die Zustellung per E-Mail durch die FinanzOnline-Teilnehmerin nicht die Wirksamkeit der Zustellung in die Databox (vgl. ; ). Die behauptete Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 5b Abs 2 FOnV idgF ist nicht zu erkennen.

Die Wirksamkeit der Zustellung des gegenständlichen Bescheides in die Databox wird auch nicht dadurch berührt, dass in der Folge die im Vorlageantrag angesprochene Mahnung vom per Post zugestellt wurde.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 273 Abs 5 iVm Abs 3 Z 1 BAO abgesehen werden. Angemerkt wird, dass die Beschwerdeführerin zum Erörterungstermin am , zu dem das Bundesfinanzgericht zur Erörterung der Sach- und Rechtslage im gegenständlichen Fall und der damit zusammenhängenden - noch zu entscheidenden - Beschwerdesache RV/6100561/2017 betreffend die Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO, nicht erschienen ist.

Durch die Zustellung am endete die einmonatige Beschwerdefrist (§ 245 Abs 1 BAO) am . Die am eingebrachte Beschwerde war daher nicht fristgerecht und gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfolge der Zurückweisung einer nicht fristgerecht eingebrachten Bescheideschwerde ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Beurteilung von Tatfragen ist einer Revision nicht zugänglich.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5b Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100541.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at