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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.07.2023, RV/4100471/2019

1. Vermietung und Verpachtung - Liebhaberei oder Einkunftsquelle? 2. Keine Werbungskosten und keine Vorsteuern für die von der Bf. privat genutzte Wohnung.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4100471/2019-RS1
Der Anordnung des § 12 Abs. 2 lit. a UStG 1994 iVm § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988 zufolge sind in Bezug auf ein Gebäude, bei welchem einzelne Bereiche überwiegend Wohnzwecken des Unternehmers gewidmet sind, die Umsatzsteuern, welche auf eben diese Räume entfallen, vom Vorsteuerausschluss erfasst.
RV/4100471/2019-RS2
Bei außerbetrieblichen Einkünften (Vermietung und Verpachtung) ist einkommensteuerrechtlich zwingend eine Aufteilung nach den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen vorzunehmen (vgl. ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin I. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Hauptstr 23-25, 2225 Zistersdorf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Umsatzsteuer 1998 bis 2011 sowie Feststellung von Einkünften 1999 bis 2011 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** nach der am im Beisein der Schriftführerin *** durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Es erfolgt eine Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1999 bis 2011 sowie die Veranlagung zur Umsatzsteuer für die Jahre 1998 bis 2011.

Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1999 bis 2011 werden gemäß § 188 BAO wie folgt festgestellt und entfallen davon auf die Beteiligten die angeführten Beträge:


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Jahr
Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung
Anteil Ehegatte
Anteil Ehegattin
1999
  1. 1.745,50 €
  1. 872,75 €
  1. 872,75 €
2000
  1. 3.971,95 €
  1. 1985,98 €
  1. 1985,97 €
2001
  1. 267,04 €
  1. 133,52 €
  1. 133,52 €
2002
2.397,68 €
1.198,84 €
1.198,84 €
2003
4.692,60 €
2.346,30 €
2.346,30 €
2004
4.299,05 €
2.149,53 €
2.149,52 €
2005
9.048,00 €
4.524,00 €
4.524,00 €
2006
2.816,85 €
1.408,43 €
1.408,42 €
2007
7.683,42 €
3.841,714 €
3.841,71 €
2008
3.865,19 €
1.932,60 €
1.932,59 €
2009
7.215,84 €
3.607,92 €
3.607,92 €
2010
8.594,86 €
4.297,43 €
4.297,43 €
2011
  1. 3.445,47 €
  1. 1.722,74 €
  1. 1.722,73 €

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben betreffend Umsatzsteuer 1998 bis 2011 sind den dem Erkenntnis angeschlossenen Beilagen "Berechnungsblatt Vorsteuer lt. BFG" sowie "Berechnung d. USt 1998 bis 2011 lt. BFG" zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.), eine aus einem Ehepaar bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts, erwarb mit Kaufvertrag vom xx.xx.1998 eine Liegenschaft in KG xxx in Ort 1-BL 1 ("Ort 1-BL 1") in BL 1 ("Bundesland (BL) 1") im Ausmaß von x.xxx m². Der Ehegatte war im Zeitpunkt des Erwerbes 48 Jahre alt und seine Ehegattin im 47. Lebensjahr. Ihren Hauptwohnsitz hatten die Ehegatten in Ort 2-BL 2 ("Ort 2-BL 2") in BL 2 ("Bundesland (BL) 2") gemeldet.

Am xx.xx.1999 erhielten sie zum Antrag vom xx.xx.1998 die Baubewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses samt Garage und Einfriedung. Sie beabsichtigten die Vermietung von Ferienwohnungen.

Am gab die Bf. die "Prognose I für 1999 bis 2006" beim Finanzamt ab. Sie erwartete jährliche Mieteinnahmen von ca. S 150.000,00. Die Fertigstellung des Gebäudes prognostizierte sie für "voraussichtlich im Winter 2001 oder Frühjahr 2002". Entsprechend der angeschlossenen Prognose werde voraussichtlich ab 2002 ein positives Ergebnis erzielt. Handschriftlich war beigefügt "Totalüberschuss ab 2006!".

Die Bf. ging für 2002 von vorliegenden "cirka-Zahlen" aus:


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Mieteinnahmen 2000
S 160.000,00
AfA
  1. S 35.000,00
1/10 Absetzung für Einrichtung
  1. S 40.000,00
Gemeindeabgaben, Strom, Heizkosten, Gebäudeversicherung, Rauchfangkehrer
  1. S 45.000,00
Zinsaufwand
  1. S 25.000,00
Überschuss
S 15.000,00

Für die Folgejahre gab sie folgende Ergebnisse bekannt und merkte zu den "Verlusten" 1999 bis 2001 an, dass diese unter der Voraussetzung anfallen würden, dass die Fahrtkosten zwischen dem Ort 2-BL 2 und dem Ort 1-BL 1anerkannt würden:


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1999
Verlust
S 41.170,00
2000
Verlust
S 34.000,00
2001
Verlust
S 30.000,00
2002
Überschuss
S 15.000,00
2003
Überschuss
S 20.000,00
2004
Überschuss
S 25.000,00
2005
Überschuss
S 30.000,00
2006
Überschuss
S 30.000,00

Über Vorhalt vom , eine Prognoserechnung abzugeben und bekannt zu geben, wann mit einem Gesamteinnahmenüberschuss zu rechnen sei, gab die Bf. eine Prognoserechnung bis 2009 ("Prognose II") ab.

Im Jahr 2011 veräußerte die Bf. die Liegenschaft.

Nach vorerst erklärungsgemäßer Veranlagung in vorläufigen Umsatzsteuer- und Feststellungsbescheiden erließ das Finanzamt endgültige Umsatzsteuerbescheide 1998 bis 2011 und endgültige Nichtfeststellungsbescheide 1999 bis 2011 vom .

Seit Beginn der Vermietung im Jahre 1999 seien bis 2011 fast ausschließlich Werbungskostenüberschüsse von insgesamt - € 15.817,14 angefallen. In der vorgelegten Prognoserechnung werde mit positiven Ergebnissen ab 2002 und einem Totalüberschuss ab 2006 ausgegangen. Da die Erzielung eines positiven Gesamtüberschusses innerhalb des Beobachtungszeitraumes von 20 Jahren als nicht realistisch angenommen werden könne, zudem für 2012 keine Einnahmen aus der Vermietung erklärt seien, werde die Vermietung als Liebhaberei qualifiziert. Die Werbungskostenüberschüsse sowie die Entgelte und Vorsteuern wurden nicht veranlagt und Vorsteuern nicht gewährt.

In der Beschwerde brachte die Bf. vor, dass die Ergebnisse 2006 bis 2009 laut Prognose II faktisch - zumindest teilweise - überschritten worden seien. Die Liegenschaft sei 2011 verkauft worden. Bei Fortführung der Prognose würde sich über einen Zeitraum von 20 Jahren laut beigelegter Prognoserechnung jedenfalls ein positiver Gesamtüberschuss ergeben. Die Wohnungen hätten sie aus gesundheitlichen Gründen verkaufen müssen. Sowohl der bereits 2007 aus gesundheitlichen Gründen pensionierte Ehegatte, der massive Probleme mit einem Beckenschiefstand und der Wirbelsäule habe, als auch die Ehegattin, die eine schwere Diabetes bereits mit Schädigungen an den Augen habe, könnten die Wegstrecke von Ort 2-BL 2 in den Ort 1-BL 1 (einfache Strecke 375 km) aus gesundheitlichen Gründen weder mit dem Auto noch mit der Bahn zurücklegen. Es sei aber notwendig, zumindest einige Male im Jahr persönlich vor Ort zu sein, um gewisse Aufgaben zu erledigen, bzw. um die Mietobjekte auch einer gewissen Kontrolle zu unterziehen. Aufgrund der negativen Entwicklung des Gesundheitszustandes sei ein vorzeitiger Verkauf unvermeidbar gewesen. Da diese Entwicklung nicht absehbar gewesen sei und bei Betrachtung eines Zeitraumes von 20 Jahren ein Gesamtüberschuss erzielt worden wäre, begehrte die Bf. die Anerkennung als Einkunftsquelle.

Im weiteren Verfahren forderte das Finanzamt "sämtliche Kreditverträge, die im Zusammenhang mit dem Erwerb bzw. der Errichtung oder Sanierung des Mietobjektes stehen" an, des Weiteren ein Anlagenverzeichnis, die Instandsetzungsaufwendungen und Auskunft über die vom mittels Aktenvermerk angekündigte Veräußerung des Einfamilienhauses.

In dem mit datierten Aktenvermerk der Sachbearbeiterin heißt es wie folgt:

"Tel. vom mit dem Ehegatten:

Der Ehegatte gibt an, dass sich zwei Wohnungen - 1 Wohnung mit 100 m², 1 Wohnung mit 40 m² im Gebäude befinden.

Weiters gibt er an, dass seit Jahren schon die Absicht besteht, das Gebäude zu verkaufen - bisher wurde kein Käufer gefunden. Schreiben des Ehegatten folgt."

In der Vorhaltsbeantwortung vom legte die Bf. vor:

  1. Aufstellung der Werbungskosten

  2. Prognoserechnung 2000 des Ehegatten. Versehentlich sei in der Beschwerde angeführt gewesen, dass eine von einem Steuerberater erstellte Prognoserechnung existiere.

  3. Kreditantrag

  4. Zinsbestätigungen für die Jahre 2006, 2007 und 2010

  5. händische Aufzeichnung der Instandsetzungsaufwendungen der Jahre 2001 - 2007
    Kaufvertrag über die Veräußerung 2011

  6. Diverse Arztbriefe des Ehegatten und der Ehegattin

  7. Bescheid über den Anspruch der Ehegattin auf Pflegegeld

  8. Prognoserechnung für das Mietobjekt von 1999-2019 ("Prognose III") mit einem ausgewiesenen Gesamt-Einnahmenüberschuss von € 30.162,25

Zum Aktenvermerk vom über die Verkaufsabsicht des Ehegatten führte die Vertretung an, dass es sich dabei um ein Missverständnis handeln müsse. Es habe keine Verkaufsabsicht bestanden. Die Vermietung sei von Anbeginn auf Dauer mit der Absicht, Gewinne zu erzielen, ausgerichtet gewesen.

Laut Stellungnahme und Prognoserechnung sei bereits ab 2013 mit einem positiven Gesamtüberschuss zu rechnen gewesen. Selbst bei vorsichtiger Schätzung und rückläufigen Einnahmen hätte mit einem Gesamtüberschuss von rund € 30.000,00 gerechnet werden können.

Ihr Kind sei nach einem schweren Unfall pflegebedürftig geworden (Pflegestufe 6).

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung. Durch den Verkauf im Jahr 2011 liege ein abgeschlossener Zeitraum vor, in dem die Bf. einen Werbungskostenüberschuss von € 15.817,14 erzielt habe. Trotz der Prognoserechnung III (Gesamt-Einnahmenüberschuss von € 30.162,25) mit Ablauf des Jahres 2019 bleibe das Finanzamt bei der Liebhaberei. Es seien laufende und zukünftige Instandhaltungen in nur geringem Ausmaß vorhanden. Dass mit keinem größeren Instandhaltungsaufwand zu rechnen sei, stehe im Widerspruch zur allgemeinen Lebenserfahrung. Ab 2009 würden die Zinsaufwendungen nur mehr ein Drittel der zuvor geltend gemachten Zinsen betragen. Die dazu angeforderten Finanzierungsunterlagen (Kreditverträge) wurden nicht vorgelegt, lediglich ein Kreditantrag sowie die Rückzahlungsbestätigungen für 2006, 2007 und 2010. In der Prognoserechnung sei eine zu erwartende (inflationsbedingte) Steigerung der Betriebskosten nicht berücksichtigt.

Die Bf. brachte den Vorlageantrag ein. Es kam zu einem Vertreterwechsel zur nunmehrigen Vertretung durch einen Rechtsanwalt. Gemäß § 2 Abs. 3 LVO bestehe für die entgeltliche Überlassung von Gebäuden ein Beobachtungszeitraum von 25, höchstens 28 Jahren, und nicht der vom Finanzamt mit 20 bzw. 23 Jahren angenommene.

Der Gesundheitszustand des Ehegatten sei in Folge einer Verkeimung bei einer Hüftoperation weiterhin schlecht, weshalb angeregt werde, eine mündliche Verhandlung nicht in der Außenstelle Klagenfurt, sondern in der Außenstelle Wien durchzuführen.

Es kam zu einem weiteren Vorhalteverfahren beim BFG und wurden folgende Feststellungen getroffen:

  1. Das Gebäude besteht aus insgesamt drei Wohnungen, zwei Wohnungen mit jeweils 100 m² und einer Wohnung mit 40 m².

  2. Gefragt nach dem Grund der Anschaffung der Liegenschaft in einer Entfernung von 376 km vom Hauptwohnsitz gaben die Ehegatten an: "Wir wollten uns ein neues Heim schaffen, weil wir das Bundesland 1 lieben."

  3. Zur Aufforderung, anhand entsprechender Unterlagen nachzuweisen, dass die Bf. die Absicht hatte, die Vermietung zumindest bis zur Erzielung eines gesamtpositiven Ergebnisses zu betreiben, gab sie an:
    "Wir hatten die Absicht, dass wir zwei Wohnungen vermieten und eine für uns privat zu nutzen, um unsere geringen Pensionen etwas aufzubessern."

  4. Zwei Wohnungen wurden an Feriengäste vermietet, eine Wohnung wurde privat genutzt. Die Vermietung erfolgte hauptsächlich in der Sommersaison.

  5. Die Bewerbung der Vermietung erfolgte durch Eigenwerbung (Internet).

  6. Die Vermietung haben die Ehegatten selbst betrieben. Den Mieterwechsel und die Reinigungsarbeiten haben sie selbst durchgeführt, weil sie großteils vor Ort waren. Wenn sie nicht vor Ort waren, sind sie angereist. Für die Mieter waren sie selbst die Ansprechpartner.

  7. Sie sind laut ihren Angaben in diesen Jahren mit dem PKW 296.000 km gefahren, davon etwa 70% in ihr Haus im Ort 1-BL 1. Die Fahrten zum Mietobjekt und die Fahrtkosten in den einzelnen Jahren waren unterschiedlich hoch.

  8. Das Kind der Ehegatten hatte am xx.xx.2005 einen Unfall. Die Eltern haben ihr Kind von Juli 2005 bis Dezember 2008 selbst gepflegt.

  9. Unstrittig sind gesundheitliche Beeinträchtigungen der Ehegatten. Der Ehegatte hatte schon seit längerem Hüftprobleme, wurde 2009 an der Hüfte und mittlerweile schon dreimal an der Hüfte operiert. Die Ehegattin kann seit einem inoperablen Achillessehnenriss im Jahr 2011 keine Stufen mehr steigen. Weiters ist sie an schwerer Diabetes erkrankt und sieht deswegen sehr schlecht. Sie hat die Pflegestufe 2 (seitens des Finanzamtes unwidersprochen gebliebene Ausführungen der Bf. in der Vorhaltsbeantwortung vom ).

  10. Die Bf. hat in den Steuererklärungen keine Privatanteile bei den Werbungskosten und Vorsteuern in Abzug gebracht.

Das Finanzamt vertrat nach dem ergänzenden Vorhalteverfahren nunmehr die Ansicht, dass die Erkrankung der Bf. eine Unwägbarkeit und die Einkünfte aus Vermietung eine Einkunftsquelle sei. Es sei jedoch ein Privatanteil für die privat genutzte Wohnung auszuscheiden. Strittig zwischen den Parteien ist, ob die Ehegatten eine große oder eine kleine Wohnung für ihre eigenen Wohnbedürfnisse nutzten:

Das Finanzamt geht davon aus, dass die Ehegatten für ihren eigenen Wohnbedarf eine 100 m² große Wohnung genutzt haben. Demnach wäre ein Privatanteil von 41,66% (100 m² von 240 m²) auszuscheiden. Aus der Vorhaltsbeantwortung vom gehe hervor, dass die Ehegatten einen engen Bezug zum Bundesland 1 haben ("weil wir das Bundesland 1 lieben"). Von Beginn an hätten die Ehegatten die Vermietung von zwei Wohnungen geplant. Die Ehegatten haben die Vermietung selbst vor Ort betrieben und die Reinigungsarbeiten durchgeführt. Das Vorbringen der Rechtsvertretung, dass die Ehegatten lediglich die kleine Wohnung mit 40 m² und nur sporadisch die große Wohnung mit 100 m² benutzt hätten, erscheine nicht glaubwürdig; die Angaben stünden zum Teil in Widerspruch mit der von den Ehegatten selbst verfassten Vorhaltsbeantwortung vom bzw. dem Aktenvermerk vom . Ein wesentlicher widersprüchlicher Punkt sei, dass die Behauptung der Parteienvertretung der geplanten gänzlichen Vermietung seitens der Bf. nie im Raum gestanden sei. Die Rechtsvertretung ziele lediglich darauf ab, eine im Raum stehende Nachversteuerung so gering wie möglich zu halten.

Bereits im Aktenvermerk vom sei festgehalten, dass eine Wohnung mit 100 m² und eine Wohnung mit 40 m² vermietet werde. Aus dem dokumentierten Telefonat ergebe sich, dass eine Wohnung mit 100 m² schon immer für die Privatnutzung vorgesehen gewesen sei, andernfalls hätten die Ehegatten im besagten Telefonat auf die Unmöglichkeit der Vermietung der zweiten 100 m² großen Wohnung hingewiesen.

In Gesamtbetrachtung der Stellungnahmen und unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung sowie der vorgenannten Umstände sei davon auszugehen, dass Personen mit dem Vorhaben, ihre Liebe zum Bundesland 1 auszuleben und sich häuslich niederzulassen, für die Benützung einer 100 m² großen anstatt einer 40 m² großen Wohnung entschieden haben werden. Eine andere Argumentation wäre in Bezug auf den Aktenvermerk vom aktenwidrig.

Sollte das Bundesfinanzgericht der Ausscheidung eines Privatanteiles von 41,66 % nicht folgen, müsste ein höherer als der von der Rechtsvertretung genannte Privatanteil von 16,67 % angesetzt werden, weil die Bf. laut Rechtsvertretung auch hin und wieder die große Wohnung genutzt habe.

Das Finanzamt legte noch eine Tabelle vor, in der es die Kürzung der Vorsteuern und Werbungskostenüberschüsse um 41,66% auswies.

Die Bf. brachte vor, dass der vom Finanzamt angesetzte Privatanteil von 41,66 % nicht korrekt sei. Maßgeblich für die Ertragsberechnung sei, dass das gesamte Objekt vermietet werden sollte. Da eine ständige Belegung nicht habe erreicht werden können, hätten sie entweder zumeist die 40 m² große Wohnung während ihres Aufenthaltes zur Durchführung der notwendigen Erhaltungsarbeiten benützt. Fallweises sei es so gewesen, dass eine 100 m² große Wohnung, die eben bedauerlicherweise frei gewesen sei, benützt worden sei. Der Privatanteil errechne sich bei der 40 m² großen Wohnung mit 16,67 %.

Die Bf. begehrte, der Beschwerde Folge zu geben und in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides von 1998 bis 2011 keine Umsatzsteuer vorzuschreiben. Der Ehegatte habe eine Pension von rund € 1.400,00 seine Ehegattin eine Pension von unter € 1.000,00.

Die Richterin hielt den Parteien zur Wahrung des Parteiengehörs noch vor, dass nicht die Werbungskostenüberschüsse um einen Privatanteil zu vermindern wären, sondern die Werbungskosten. Sie teilte den Parteien die bezüglich der Kürzung der Werbungskosten entsprechend adaptierten Zahlen laut Tabelle des Finanzamtes mit:


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Jahr
Einnahmen
WK
ergobt
Privatanteil 41,66%
der WK
Einkünfte
aus VuV
1999
-
- 2.991,94
- 2.991,94
1.246,44
- 1.745,50
2000
-
- 6.808,28
- 6.808,28
2.836,33
- 3.971,95
2001
5.757,67
- 10.326,90
- 4.569,23
4.302,19
- 267,04
2002
9.278,98
- 11.795,16
- 2.516,18
4.913,86
2.397,68
2003
12.042,72
- 12.598,76
- 556,04
5.248,64
4.692,60
2004
11.560,00
- 12.445,92
- 885,92
5.184,97
4.299,05
2005
17.154,55
- 13.895,35
3.259,20
5.788,80
9.048,00
2006
10.932,73
- 13.911,35
- 2.978,62
5.795,47
2.816,85
2007
15.309,09
- 13.071,09
2.238,00
5.445,42
7.683,42
2008
10.865,46
- 11.999,10
- 1.133,64
4.998,83
3.865,19
2009
13.542,73
- 10.844,85
2.697,88
4.517,96
7.215,84
2010
14.562,73
- 10.229,46
4.333,27
4.261,59
8.594,86
2011
-
- 5.905,85
- 5.905,85
2.460,38
- 3.445,47
Summe
121.006,66
- 136.824,01
- 15.817,35
57.000,88
41.183,53

Weder das Finanzamt noch die Bf. erhoben gegen die rechnerische Ermittlung der Zahlen einen Einwand.

Die Anregung der Bf., die mündliche Verhandlung in der Außenstelle Wien durchzuführen, nahm die Richterin aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht auf. Begründet wurde dies mit der Zuständigkeit der Außenstelle Klagenfurt, den Ergebnissen des ergänzend durchgeführten Vorhalteverfahrens vor dem BFG, der Außerstreitstellung der Einkunftsquelleneigenschaft durch das Finanzamt und dem Umstand, dass die Bf. steuerlich vertreten sei. Strittig sei nunmehr die Höhe des Privatanteiles (Beschluss vom ).

Der Ehegatte teilte der Richterin im Schreiben vom mit, dass er und seine Ehegattin aufgrund dauernder Reiseunfähigkeit an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werden.

In der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Bf. sowie ihrer Rechtsvertretung beantragte das Finanzamt, die Vermietung als Einkunftsquelle zu veranlagen, jedoch einen Privatanteil von 41,66% bei den Werbungskosten und Vorsteuern auszuscheiden.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. hat 1998 eine Liegenschaft erworben und 2011 verkauft. Sie hat ein Einfamilienhaus mit drei Wohneinheiten - zwei Wohnungen á 100 m² und eine Wohnung á 40 m² - errichtet. Eine 100 m² große und eine 40 m² große Wohnung nutzte die Bf. im Rahmen der von ihr selbst betriebenen Vermietung.

Unstrittig ist, dass der Verkauf des Vermietungsobjektes aufgrund nach Beginn der Vermietung eingetretener gesundheitlicher Beeinträchtigungen der Ehegatten erfolgte, die der Bf. die Fortführung der von ihr selbst durchgeführten Vermietung nicht mehr ermöglichte. Unstrittig ist auch, dass unter Außerachtlassen der Unwägbarkeit der Erkrankung der Ehegatten bei Fortführung der Vermietung bis zum Ablauf des Jahres 2019 ein Gesamteinnahmenüberschuss erzielbar gewesen wäre.

Die Bf. hat keine Unterlagen vorgelegt, aus denen zu ersehen gewesen wäre, welche Wohnungen im Rahmen der Vermietung angeboten wurden. Sie hat für sich im Beschwerdezeitraum eine 100 m² große Wohnung genutzt. Der bis dato noch nicht berücksichtigte Privatanteil der Vorsteuern und Werbungskosten laut Erklärung beträgt 41,66%.

1. Erwägungen

Das Bejahen der Einkunftsquelleneigenschaft erfolgte auf der Grundlage der ergänzenden Ermittlungen vor dem BFG und dem Ergebnis, dass die Erkrankungen der Ehegatten erst nach Beginn der Vermietung schlagend wurden und daher nicht vorhersehbar waren. An der Erzielbarkeit eines Gesamteinnahmenüberschusses innerhalb eines Zeitraumes von 20 bzw. 23 Jahren bestand nunmehr kein Zweifel, dies selbst dann, wenn man die Ansicht vertreten hätte, dass allenfalls Zinsen nicht vollständig in den Ergebnissen erfasst waren.

Aufgrund der Angaben der Bf. ist unstrittig, dass in den Steuererklärungen Privatanteile weder bei den Werbungskosten noch bei den Vorsteuern ausgeschieden waren.

Für die Entscheidung betreffend die Nutzung der 100 m² großen Wohnung für eigene Wohnzwecke der Bf. - und somit einem Privatanteil von 41,66% - waren die Ausführungen im Aktenvermerk vom entscheidend; weiters die Angaben der Bf., dass sich die Ehegatten in dem Bundesland 1, das sie lieben, "ein Heim schaffen wollten" und sie auch selbst die Vermietung führten und abwickelten. Zudem hat die Bf. keine Unterlagen vorgelegt, aus denen zu ersehen gewesen wäre, welche Wohnung im Rahmen der Vermietung bzw. dass die beiden großen Wohnungen für die Vermietung genutzt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 erster Satz UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 Lieferungen oder sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 oder der §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 sind.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen und von Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 5 gehören, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Bei den einzelnen Einkünften dürfen gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge und gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden.

Das BFG geht beim vorliegenden Sachverhalt davon aus, dass die Ehegatten eine 100 m² große Wohnung für ihre privaten Wohnbedürfnisse genutzt haben.

Im Erkenntnis des 2010/13/0067, ist unter Hinweis auf Vorjudikatur festgehalten, dass der VwGH in dem (Einkünfte aus Vermietung betreffenden) Erkenntnis vom , VwSlg. 8448/F, ausgesprochen hat, dass § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 autonom anwendbar ist. Soweit die gemischte Nutzung eines Gebäudes darauf zurückzuführen ist, dass ein Bereich des Gebäudes als private Wohnung des Unternehmers Verwendung findet, ergibt sich der anteilige Vorsteuerausschluss (auch abschließend) aus § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, wobei dieser Vorsteuerausschluss auch durch das Beibehaltungsrecht nach Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der 6. EG-RL gedeckt ist. Diese Auffassung zum Vorsteuerausschluss hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise im Erkenntnis vom , 2009/15/0210, bekräftigt (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom , 2010/15/0085, unter Hinweis u. a. auf die hg. Erkenntnisse vom , 2009/15/0217 und 2009/15/0222).

Weiters wird festgehalten, dass bei außerbetrieblichen Einkünften (Vermietung und Verpachtung) hingegen (Anm.: anders als bei betrieblichen Gebäuden) einkommensteuerrechtlich zwingend eine Aufteilung nach den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen vorzunehmen ist (vgl. auch Beiser, SWK 2009, S 629 Pkt. 3.); die "80/20-Regel setzt nach ertragsteuerlichen Kriterien Betriebsvermögen (also betriebliche Einkünfte) voraus" (vgl. Schuchter/Kollmann in Melhardt/Tumpel, UStG, § 12 Rz 217).

Im Erkenntnis des 2009/15/0222, in dem ein Beschwerdeführer 6,23% eines Gebäudes als Büroraum unternehmerisch und 93,77% für eigene Wohnzwecke nutzte, hielt der VwGH fest, dass Aufwendungen des Unternehmers für die seinen privaten Wohnzwecken dienende Wohnung nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung darstellen. Werden wie im Beschwerdefall einzelne Räume eines Gebäudes unternehmerisch und andere Räume für eigene Wohnzwecke genutzt, richtet sich die Ermittlung des zu nicht abziehbaren Aufwendungen führenden Anteils grundsätzlich nach der anteiligen Nutzfläche (vgl. näher zur Berechnung das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0100).

Der Anordnung des § 12 Abs. 2 lit. a UStG 1994 iVm § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988 zufolge sind daher in Bezug auf ein Gebäude, bei welchem einzelne Bereiche überwiegend Wohnzwecken des Unternehmers gewidmet sind, die Umsatzsteuern, welche auf eben diese Räume entfallen, vom Vorsteuerausschluss erfasst.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies Folgendes:

Das BFG sieht beim vorliegenden Sachverhalt keine Anhaltspunkte, vom Vorliegen einer Einkunftsquelle sowie hinsichtlich der erst nach Beginn der Vermietung schlagend werdenden Erkrankung der Ehegatten von einer Unwägbarkeit abzugehen. Angesichts der zwei vermieteten Wohnungen hatte die Beurteilung der Vermietung als Einkunftsquelle oder Liebhaberei unter dem Blickwinkel der "kleinen" Vermietung zu erfolgen.

Die Ehegatten haben eine Wohnung im Ausmaß von 100 m² für ihre eigenen privaten Wohnzwecke genutzt. Die damit zusammenhängenden Aufwendungen sind daher dem Bereich der privaten Lebensführung zuzurechnen.

Mangels anderer Angaben sind daher nach dem anteiligen Flächenverhältnis 41,66% der von der Bf. geltend gemachten Vorsteuern nicht zum Abzug zuzulassen.

Die Vorsteuern laut Bf. und die Privatanteile sind dem dem Erkenntnis beiliegenden "Berechnungsblatt Vorsteuern lt. BFG" zu entnehmen. Die Beträge wurden der Bf. bereits mit der Stellungnahme des Finanzamtes vom bekannt gegeben und hat sie gegen die Berechnung keinen Einwand erhoben.

Ebenso sind die auf die privat genutzte Wohnung entfallenden Aufwendungen dem Bereich der privaten Lebensführung des § 20 EStG 1988 zuzurechnen. Folglich sind die auf die privat genutzte Wohnung entfallenden Aufwendungen (41,66% der von der Bf. geltend gemachten Werbungskosten, siehe die in Pkt. "I. Verfahrensgang" festgehaltene Tabelle) bei der Ermittlung der Einkünfte auszuscheiden.

Nach all dem Gesagten hat nun eine Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1999 bis 2011 sowie eine Veranlagung zur Umsatzsteuer 1998 bis 2011 zu erfolgen. Jedoch ist ein Privatanteil von 41,66% von den Werbungskosten und Vorsteuern in Abzug zu bringen. Dem Begehren der Bf. konnte somit teilweise Folge gegeben werden.

2. Un/Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall steht die Anerkennung als Einkunftsquelle sowohl umsatz- als auch einkommensteuerrechtlich außer Streit. Die Höhe des Privatanteils an Werbungskosten und Vorsteuern wurde im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffen. Die Ausscheidung eines Privatanteiles von den Werbungskosten ist im klaren Wortlaut des Gesetzes begründet. Die Nichtgewährung der auf die privat genutzte Wohnung entfallenden Vorsteuer findet im Gesetz bzw. in der o. a. Judikatur des VwGH Deckung.

Beilagen:
Berechnungsblatt Vorsteuern lt. BFG
Berechnung d. USt 1998 bis 2011 lt. BFG

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Privatanteil
Vorsteuer
Einkunftsquelle
eigene Wohnzwecke
Vermietung und Verpachtung
Liebhaberei
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100471.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at