Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 04.10.2023, RV/7103205/2023

Verspätet eingebrachter Vorlageantrag gegen in Databox zugestellte BVE

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021,
Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß 260 Abs. 1 lit. b Bundesabgabenordnung (BAO) iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

Mit Schreiben erinnerte das Finanzamt den Beschwerdeführer (Bf.), dass er zur Abgabe einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung verpflichtet sei, weil sein Arbeitgeber den Familienbonus Plus steuermindernd berücksichtigt habe. Um überprüfen zu können, ob dieser zu Recht gewährt worden sei, würden noch ergänzende Informationen vom Bf. benötigt. Diese Informationen solle er in seiner Steuererklärung bekannt geben, damit sein Einkommensteuerbescheid zu keiner Nachforderung führe.
Der Bf. wurde aufgefordert, über seinen FinanzOnline-Zugang die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung bis spätestens zu übermitteln.

Nachdem in der Folge eine Abgabenerklärung nicht eingebracht worden war, erließ das Finanzamt am den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2012, der eine Nachforderung in Höhe von € 2.932,00 ergab, mit folgender Begründung:
Sie haben uns trotz Erinnerung keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung übermittelt, obwohl Sie dazu gemäß § 42 EStG 1988 verpflichtet sind. Wird der Verpflichtung zur Einreichung einer Steuererklärung nicht nachgekommen, ist das Finanzamt zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO berechtigt. Ihre Veranlagung erfolgte daher auf Basis der uns vorliegenden Informationen (Lohnzettel Ihres Arbeitgebers, Kontrollmitteilungen, automatisch übermittelte Sonderausgaben, etc.).
Den Familienbonus Plus konnten wir nicht berücksichtigen, weil Sie keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung abgegeben und somit den Familienbonus Plus nicht beantragt haben. Wir konnten daher nicht überprüfen, ob dieser von Ihrem Arbeitgeber in der Lohnverrechnung zu Recht berücksichtigt wurde.

Am brachte der Bf. über FinanzOnline Beschwerde gemäß § 243 BAO gegen die Arbeitnehmerveranlagung 2021 ein und machte folgende Angaben:
Allgemeine Daten
Anzahl der (inländischen gehalts- oder pensionsauszahlenden Stellen im Jahr 2021
1
Bei Ihnen wurde der Familienbonus Plus bereits vom Arbeitgeber bei der
Ja
Lohnsteuerberechnung berücksichtigt. Soll er auch bei der Arbeitnehmerveranlagung
berücksichtigt werden, müssen Sie ihn im Block "Kinder" beantragen. …
Pendlerpauschale/-euro, Werbungskosten
Pendlerpauschale - tatsächlich zustehender Gesamtbetrag
1.224,00
Pendlereuro - tatsächlich zustehender Gesamtbetrag
364,67
Genaue Bezeichnung Ihrer beruflichen Tätigkeit
Soldat
Fachliteratur
172,00
Beruflich veranlasste Reisekosten
80,00
Kosten für Familienheimfahrten
400,00
Sonstige Werbungskosten
600,00
Kinder
1. Kind
[Familien- oder Nachname, Vorname, Geburtsdatum]
Unterhaltsleistungen
Insgesamt im Jahr 2021 geleistete Unterhaltszahlungen:
5.340,00
Höhe der monatlichen Unterhaltszahlungen
445,00
2. Kind
[Familien- oder Nachname, Vorname, Geburtsdatum]
Unterhaltsleistungen
Insgesamt im Jahr 2021 geleistete Unterhaltszahlungen:
5.340,00
Höhe der monatlichen Unterhaltszahlungen
445,00
Begründung
Reiche die Arbeitnehmerveranlagung nach! Fahrkostenzuschlag, Alimente etc wurden nicht berücksichtigt

Das Finanzamt richtete folgendes Ergänzungsersuchen vom an den Bf.:
Bitte beantworten Sie die nachstehenden Fragen innerhalb der angeführten Frist und legen Sie zumNachweis der Richtigkeit Ihrer Angaben die erforderlichen Unterlagen bei. Übermitteln Sie nur Kopien und keine Originaldokumente!
Frist zur Beantwortung bis zum: 05.07.2023Ergänzungspunkte:

Sie haben Werbungskosten beantragt (Fachliteratur, Reisekosten Familienheimfahrten, sonstige
Werbungskosten). Bitte schicken Sie uns dazu die KOPIEN DER BELEGE und eineKOSTENAUFSTELLUNG mit einer genauen Aufteilung der Kosten nach Themen sortiert. JederKostenpunkt muss Datum, Bezeichnung der Kostenart und den Betrag aufweisen. Bitte teilen Sie unsauch Ihren beruflichen Aufgabenbereich mit und informieren Sie uns, wie die Ausgaben mit IhremBeruf zusammenhängen. Begründen Sie daher die konkrete berufliche Notwendigkeit jeder Position inder Kostenaufstellung. Haben Arbeitgeber oder Förderstellen wie z. B. Land oder Arbeiterkammer IhreKosten ganz oder teilweise ersetzt? Dann geben Sie uns bitte die Höhe bekannt.
Bei beantragten Reisekosten benötigen wir eine Reisekostenaufstellung, aus der das Datum, Ziel und
Zweck der Reise sowie die beantragten Reisekosten ersichtlich sind.
Bei beantragter Fachliteratur benötigen wir eine Aufstellung mit Anschaffungstag, Buchtitel und
Einzelpreis sowie die einzelnen Belege.
Aus welchen Gründen werden Familienheimfahrten beantragt? Wo wohnt Ihre Familie? Wo befand sich
Ihre Arbeitsstelle? Bitte geben Sie die Strecke für die Familienheimfahrten an. Wie oft im Monat habenSie diese Strecke zurückgelegt?
Sie haben das Pendlerpauschale/den Pendlereuro beantragt. Bitte schicken Sie uns je Arbeitgeber einen
Ausdruck aus dem Pendlerrechner. Den Pendlerrechner finden Sie unter www.bmf.qv.at/pendlerrechner.

Am brachte der Bf. über FinanzOnline einen Antrag auf Fristverlängerung bezüglich der Vorhaltsbeantwortung ein: Ich bitte um Verlängerung des Ergänzungsansuchens.
Ein Termin, bis zu dem die Fristverlängerung beantragt wurde, ist aus dem Ansuchen nicht ersichtlich. Eine bescheidmäßige Fristerstreckung durch das Finanzamt ist nach dem Akteninhalt nicht erfolgt.

Nach über einem Monat nach dem Fristende laut Ergänzungsersuchen wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab mit folgender Begründung:
Das Ergänzungsersuchen vom wurde von Ihnen nicht beantwortet. Die angefordertenBelege wurden nicht vorgelegt.
Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung erfolgte über FinanzOnline.

Den Vorlageantrag gemäß § 264 (1) BAO brachte der Bf. am ebenfalls über FinanzOnline ein wie folgt:
Da meine Unterlagen nicht berücksichtigt wurden! Da ich alle Unterlagen beisammen habe bitte ich sie diese zu berücksichtigen! Bitte um Antwort auf mein Anliegen.

Die Beschwerdevorlage seitens des Finanzamtes erfolgte mit nachfolgendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer beantragte Werbungskosten. Via Vorhalt wurde er zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert. Die Vorhaltefrist wurde bis verlängert. Nachweise wurden trotz Aufforderung nicht vorgelegt.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde am in die Databox zugestellt. Der Vorlageantrag wurde am über FinanzOnline eingebracht.
Stellungnahme:
Der Vorhalt wurde nicht beantwortet. Im Zuge des Vorlageantrages wurden keine Unterlagen übermittelt. Der Vorlageantrag ist verspätet. Die Zurückweisung wird beantragt.

II. Rechtslage

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist ein nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageantrag zurückzuweisen.

Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (und damit gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt gelten), ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat.
Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (vgl. Ritz, BAO6, § 98 Tz 4, mit zahlreichen Judikaturhinweisen).

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist zufolge des § 109 BAO für den Beginn einer Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden u.a. nach Monaten bestimmte Fristen mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monates, der durch seine Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

III. Erwägungen

Der Bf. ist laut Auskunft der Finanz-Grunddatenverwaltung
FON-Teilnehmer: Ja
elektronische Zustellung: Ja

Die Beschwerdevorentscheidung ist am in die Databox des Bf. zugestellt worden (Signaturblock der Beschwerdevorentscheidung: Datum/Zeit: 2023-08-18T17:27:55+02:00; vgl. auch die Beschwerdevorlage: Sachverhalt).
Eine Ortsabwesenheit von der Abgabestelle iSd § 98 Abs. 2 BAO wurde vom Bf. nicht behauptet.

Nach Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen in gleichgelagerten Fällen ist der im Signaturblock angegebene Tag im Allgemeinen jener Tag, an welchem der Bescheid in die Databox eingebracht wurde, weil diese Einbringung in der Regel innerhalb einer Stunde ab Erstellung der Amtssignatur erfolgt.

Die Beschwerdevorentscheidung vom 18. August 20123 wurde dem Bf. somit nachweislich an diesem Tag elektronisch in die Databox zugestellt (auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an). Damit begann die einmonatige Frist des § 264 Abs. 1 BAO zufolge des § 109 BAO am , zu laufen und endete gemäß § 108 Abs. 2 BAO am (Montag).

Der am über FinanzOnline gestellte Vorlageantrag wurde somit verspätet eingebracht.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Zurückweisung des Vorlageantrages ergibt sich aus dem eindeutigen Gesetzestext, es liegt daher keine zu lösende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103205.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at