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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.09.2023, RV/1100281/2019

Ermittlung des Nutzungsverhältnisses bei einem teilweise betrieblichen Zwecken dienenden und teilweise privat genutzten Gebäude

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2014, ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer erklärte im Streitjahr ua. aus einem bis Februar 2014 betriebenen Handel mit KFZ-Teilen resultierende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -1.256,52 €.

2. Im Zuge einer die Jahre 2013 und 2014 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung ermittelte die Prüferin abweichend von dem der Erklärung zugrundeliegenden Nutzungsverhältnis des Gebäudes (82,13% privat bzw. 17,87% betrieblich) eine private Nutzung von 77,71% und eine betriebliche Nutzung von 22,29%, erhöhte die Betriebsausgaben entsprechend und brachte Einkünfte aus der Veräußerung betrieblicher Grundstücke in Höhe von 34.198,41 € in Ansatz. Begründend wurde ausgeführt, bei der Überprüfung der vorgelegten Nutzflächenberechnung sei festgestellt worden, dass das privat genutzte Badezimmer doppelt erfasst worden sei und Räume, die gemeinschaftlichen Zwecken dienten (zB Stiegenhaus, Heizraum, Tankraum etc.) gänzlich als privat genutzte Räume berücksichtigt worden seien. Solche Räume, die von vornherein gemeinschaftlichen Zwecken dienten, würden das Aufteilungsverhältnis nicht beeinflussen und seien dem betrieblichen bzw. dem privaten Bereich anteilig zuzurechnen.

3. Den Feststellungen der Prüferin Rechnung tragend brachte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2014 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -1.434,92 € sowie dem besonderen Steuersatz (25%) unterliegende Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen in Ansatz.

4. In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen eingewendet, dass ein Gebäude, welches zu einem Teil betrieblichen Zwecken und zu einem anderen Teil privaten Wohnzwecken des Unternehmers diene, nach der Art der Nutzung aufzuteilen sei und dabei zunächst - je nach Überwiegen - jeder Raum als betrieblicher oder als privater Raum einzustufen sei. Entscheidende Bedeutung komme sohin der auf den einzelnen Raum bezogenen Überwiegensprüfung zu. Die Aufteilung des Gebäudes ergbe sich sodann aus dem Verhältnis der Summe der Nutzflächen. Räume, die an und für sich von vornherein gemeinschaftlichen Zwecken dienten (zB Heizraum, Tankraum, Stiegenhaus) würden das Aufteilungsverhältnis grundsätzlich nicht beeinflussen. Dem Finanzamt sei insoweit zuzustimmen, als das privat genutzte Badezimmer doppelt erfasst worden sei; dieser Umstand führe aber lediglich zu einer geringfügigen Erhöhung des betrieblichen Anteils. Bei der Beurteilung der als Heizraum bzw. Keller bezeichneten Räumlichkeiten als gemischt genutzte Räume sei eine Überwiegensprüfung nicht vorgenommen worden. Lediglich aufgrund der Bezeichnung der Räume im Bauplan würden Räumlichkeiten, welche seit jeher (ab Benützung des Gebäudes) fast ausschließlich privat genutzt worden seien, weil sich in diesen außer den Zählvorrichtungen für Wasser und Strom nur private Gegenstände befänden, nicht zu gemischt genutzten Räumen. Diese blieben trotz der Zählvorrichtungen privat genutzte Räumlichkeiten und stellten somit notwendiges Privatvermögen dar. Aufgrund der überwiegenden Privatnutzung (mehr als 80%) des gemischt genutzten Gebäudes liege insgesamt notwendiges Privatvermögen vor und könne es daher zu keiner Entnahme von Betriebsvermögen und somit auch nicht zu einer steuerpflichtigen Aufdeckung von stillen Reserven kommen.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Die sich in den in Rede stehenden Räumlichkeiten befindlichen Zählvorrichtungen für Wasser und Strom würden einer gänzlichen Zuordnung des Heizraums und des Kellers zum privaten Bereich entgegenstehen und habe daher eine Aufteilung dieser gemeinschaftlichen Zwecken dienenden Gebäudeteile nach dem ermittelten Aufteilungsschlüssel zu erfolgen. Der betrieblich genutzte Teil des Gebäudes betrage somit 22,29% und führe die Beendigung der Tätigkeit daher zu einer - mit der Aufdeckung der stillen Reserven verbundenen - Entnahme des betrieblich genutzten Gebäudeteiles.

6. Mit Vorlageantrag beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

7. Nach entsprechendem Vorhalt des Bundesfinanzgerichts teilte das Finanzamt, nachdem die Prüferin das Gebäude am noch einmal besichtigt hatte, mit Schreiben vom unter Anschluss zahlreicher Fotos mit, im Zuge der Nachschau sei festgestellt worden, dass sich im zweiten Untergeschoß in der im Plan als "Keller 6" (25,6 m2) bezeichneten Räumlichkeit die Heizungsanlage samt Lagerraum für die Pellets sowie der Warmwasserboiler befänden. Entgegen dem ursprünglichen Plan sei dieser Raum fensterlos und der Zutritt lediglich über den im Plan mit "Heizen" bezeichneten Raum (14 m2) über einen Durchgang möglich. Der Raum "Heizen" sei sowohl über den Gang als auch von außen zugänglich. Der in der Wand versenkte Stromkasten befinde sich entgegen der bisherigen Annahme im ersten Untergeschoß im Raum mit der planmäßigen Bezeichnung "Keller 1". Dieser Raum sei aber ohnehin bereits im Zuge der Außenprüfung dem privaten Bereich zugeordnet worden. Aufgrund der tatsächlichen (überwiegenden) Nutzung des Kellers 6 als Heizraum und dem Umstand, dass dieser ausschließlich über den Durchgangsraum "Heizen" erreichbar sei, gehe das Finanzamt weiterhin davon aus, dass beide Räumlichkeiten im Gesamtausmaß von 39,8 m2 von vornherein gemeinschaftlichen Zwecken gedient hätten und das festgestellte Aufteilungsverhältnis (betriebliche Nutzung 22,29%, private Nutzung 77,71%) somit nicht beeinflusst worden sei.

8. Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer daraufhin die Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Den Ausführungen des Finanzamtes hielt er entgegen, der Sachverhalt hinsichtlich der Nutzung der Räume sei nicht korrekt festgestellt worden, da Räumlichkeiten, die ausschließlich privat genutzt würden, als gemischt genutzt eingestuft worden seien. So werde der Heizraum nicht betrieblich genutzt, weil die Garage nicht vom Heizraum aus beheizt worden sei, sondern mit einem eigenen Ofen. Das Holz dafür sei im Kellerraum direkt unter der Garage gelagert worden.

9. Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt dazu mit, die Angabe des Beschwerdeführers, dass die Garage nicht vom Heizraum aus beheizt worden sei, decke sich mit den Unterlagen des Finanzamtes. Dies sei im Rahmen der Außenprüfung auch so vermerkt worden. Da jedoch die Beheizung anderer betrieblich genutzter Gebäudeteile (zB Arbeitszimmer) vom Heizraum aus erfolgt sei, ändere sich der Standpunkt des Finanzamtes hinsichtlich der gemischten Nutzung der beiden Räume ("Keller 6" und "Heizen") nicht.

II. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat im Streitjahr neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus selbständiger Arbeit und sonstigen Einkünften aus einem bis Ende Februar 2014 in seinem Wohngebäude ausgeübten Handel mit KFZ-Teilen resultierende negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt.

Das Gebäude erstreckt sich über drei Geschoße (Erdgeschoß und zwei Untergeschoße), die gesamte Nutzfläche beträgt (nach Abzug des in der vom Beschwerdeführer vorgelegten Ermittlung des Nutzflächenverhältnisses doppelt erfassten Bades) 369,20 m2. Außer Streit steht sowohl die betriebliche Nutzung des Arbeitszimmers (5,40 m²) und der mit einem eigenen Holzofen beheizten Garage (36,00 m²) im Erdgeschoß sowie des Kellers 2 im ersten Untergeschoss (26,30 m²) als auch die von der Prüferin vorgenommene Zuordnung der Gänge im Erdgeschoß (10,60 m²) und im ersten Untergeschoß (15,10 m²) zum gemischt genutzten Bereich. Strittig ist einzig die Beurteilung des im zweiten Untergeschoß gelegenen Kellers 6 (25,80 m²) samt Vorraum (14,00 m²) zum gemischt genutzten Bereich.

Wie von der Prüferin im Zuge der am durchgeführten Nachschau festgestellt, befindet sich im Keller 6 die Heizungsanlage samt Lagerraum für die Pellets sowie der Warmwasserboiler. Der Raum hat keine Fenster und ist nur über den im Plan mit "Heizen" bezeichneten Raum (14,00 m2) zugänglich. Den vorgelegten Fotos zufolge werden in beiden Räumen (auch) private Gegenstände gelagert.

III. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Entnahmen sind nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 alle nicht betrieblich veranlassten Abgänge von Werten (ua. von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens).

Wirtschaftsgüter sind grundsätzlich dem (notwendigen) Betriebsvermögen zuzurechnen, wenn sie zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind und ihm tatsächlich dienen (vgl. , und , mwN).

Grundsätzlich ist die Zugehörigkeit zum Betriebvermögen für das Wirtschaftsgut als Ganzes zu beurteilen (vgl. , und ); es ist - bei überwiegender betrieblicher oder privater Nutzung - somit entweder zur Gänze dem Betriebsvermögen oder zur Gänze dem Privatvermögen zuzurechnen. Wird hingegen ein Gebäude zu einem Teil betrieblich und zum anderen Teil privat genutzt, ist das Gebäude nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für Zwecke der Ermittlung der Abgabenbemessungsgrundlagen in einen betrieblichen und in einen privaten Teil aufzuteilen; davon ist nur dann Abstand zu nehmen, wenn der betrieblich oder der privat genutzte Teil von bloß untergeordneter Bedeutung ist (vgl. , und , mwN). Als Richtschnur für eine solche untergeordnete Bedeutung kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine 20%-Grenze angenommen werden (vgl. , mwN, und , mwN). Maßgeblich für die vorzunehmende Aufteilung ist dabei jeweils die konkrete Nutzung der Räumlichkeiten in jenem Streitjahr, dessen Abgabenbemessungsgrundlagen es zu ermitteln gilt (vgl. , mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Aufteilung des Gebäudes grundsätzlich nach dem Verhältnis der Nutzflächen zu erfolgen. Für Zwecke der Aufteilung des Gebäudes ist zunächst jeder Raum als betrieblicher oder privater Raum einzustufen; dies erfolgt nach der ausschließlichen oder zeitlich überwiegenden betrieblichen oder privaten Nutzung des Raumes; der Aufteilungsschlüssel des Gebäudes ergibt sich sodann aus dem Verhältnis der Summe der Nutzflächen der betrieblichen Räume zur Summe der Nutzflächen der privaten Räume (vgl. , mwN, sowie , und ). Gebäudeteile (Räume), die von vornherein gemeinschaftlichen Zwecken dienen, wie zB ein Stiegenhaus oder ein Heizraum, beeinflussen das Aufteilungsverhältnis dabei nicht, sondern sind entsprechend dem Verhältnis der anderen Räumlichkeiten aufzuteilen (vgl. , mwN, , mwN, und , mwN). Solche Räume werden dem betrieblichen bzw. privaten Bereich somit anteilig zugerechnet.

Vor diesem Hintergrund kann dem Finanzamt nicht entgegengetreten werden, wenn es den Keller 6, in dem sich die Heizungsanlage samt Lagerraum für die Pellets sowie der Warmwasserboiler befinden und den Vorraum über den allein der Zugang zum Heizraum möglich ist, als gemischt genutzte Räumlichkeiten angesehen und solcherart nach dem Aufteilungsschlüssel dem betrieblichen bzw. privaten Bereich zugerechnet hat. Dass in diesen Räumen - abgesehen davon, dass die Fotos die tatsächliche Nutzung im Streitjahr nicht zu belegen vermögen - private Gegenstände gelagert wurden, vermag daran nichts zu ändern. Ebenso steht dieser Beurteilung nicht entgegen, dass die betrieblich genutzte Garage mit einem eigenen Holzofen geheizt wurde, ändert dies doch nichts daran, dass jedenfalls das betriebliche Arbeitszimmer und die gemischt genutzten Gänge über die Hausanlage beheizt und mit Warmwasser versorgt wurden.

Der angefochtene, von einem betrieblich genutzten Anteil von 22,29% ausgehende Bescheid kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden und konnte der Beschwerde daher kein Erfolg beschieden sein.

Soweit der Beschwerdeführer im Schreiben vom die Entscheidung durch den gesamten Senat sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, ist darauf zu verweisen, dass ein Rechtsanspruch auf eine Entscheidung durch den Senat (§ 272 BAO) und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 274 BAO) einen entsprechenden Antrag - soweit hier relevant - in der Beschwerde oder im Vorlageantrag voraussetzt. Anträge, die erst in einem ergänzenden Schriftsatz gestellt werden, genügen nicht (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 272 Tz 4, mwN, bzw. § 274 Tz 3, mwN, sowie , 2009/15/0212, betreffend mündliche Verhandlung vgl. auch , mwN).

Nachdem im Beschwerdefall ein entsprechender Antrag weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag, sondern erst im ergänzenden Schriftsatz vom gestellt wurde, bestand somit kein Rechtsanspruch auf eine Entscheidung durch den Senat bzw. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und war den Anträgen des Beschwerdeführers daher nicht näher zu treten.

IV. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Beschwerdefall strittige Frage des Ausmaßes der betrieblichen bzw. privaten Nutzung des in Rede stehenden Gebäudes wurde auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100281.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at