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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.10.2023, RV/7102485/2022

Steuerpflicht von Leistungen aus Altersrentenversicherungen. Vorliegen einer Abgabenhinterziehung?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Helmut Moritz, Schottenbastei 6, Tür 8, 1010 Wien, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2011 - 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin (Bf.) für die Jahre 2010-2018 durchgeführten Außenprüfung wurden nachstehende, für das gegenständliche Beschwerdeverfahren relevante Feststellungen getroffen:

"Tz 1:Selbstanzeige vom

Am brachte die Abgabepflichtige Selbstanzeige betreffend Einkommensteuer 2008 bis 2016 und legte dabei für den Prüfungszeitraum folgende Besteuerungsgrundlagen offen:

Wiederkehrende Bezüge Kz. 800EUR

201046.931,14
2011
52.554,80
2012
53.745,17
2013
51.132,40
2014
47.163,84
2015
53.642,85
2016
52.516,69

…..

Bei den offengelegten Einkünften handelt es sich um Einkünfte iSd § 29 Abs 1 EStG (Wiederkehrende Bezüge), die nach Maßgabe des Überschreitens der Versicherungsleistungen über den Wert der Gegenleistung steuerpflichtig sind. Die Versicherungsleistungen resultieren aus dem Abschluss von zwei Er- und Ablebensversicherungen bei der in der Schweiz ansässigen Helvetia Schweizerische Lebensversicherungsgesellschaft AG. Die Versicherungsleistungen der 1. Versicherung mit der ***Polizze Nr. 1*** führten zu einem Überschreiten der Versicherungsleistungen über die Gegenleistung im Jahr 2004, die Versicherungsleistungen der 2. Lebensversicherung mit der ***Polizze Nr.: 2*** überstiegen die Gegenleistung im Jahr 2009. Für den Prüfungszeitraum 2011 bis 2018 erstreckt sich somit die Steuerpflicht iSd § 29 EStG auf die Versicherungsleistungen beider Verträge.

….

Tz 3: Wiederaufnahme 2017

Im Zeitpunkt der Erstbescheidausfertigung betreffend Einkommensteuer 2017 hatte die Abgabenbehörde keineKenntnis davon, dass die Abgabepflichtige im betreffenden Jahr Einkünfte aus Kapitalvermögen in Form vonausländischen Kapitalerträgen bei der der in der Schweiz ansässigen Bank Julius Baer & Co Ltd. bezogen hat. In derKenntniserlangung dieser Umstände liegen neue Tatsachen iSd § 303 BAO vor. Da die damit verbundenensteuerlichen Auswirkungen nicht bloß als geringfügig einzustufen waren, war im Rahmen der Interessensabwägungdem Prinzip der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen, weshalb dieAbgabenbehörde zur Verfügung eines Wiederaufnahmebescheides berechtigt war.

Tz 4: Verlängerung der Verjährungsfrist

Im gegenständlichen Fall verlängert sich die Verjährungsfrist hinsichtlich Einkommensteuer 2011 bis 2016 gemäߧ 207 Abs. 2 BAO von 5 auf 10 Jahre, da die Abgabepflichtige sowohl für die maßgeblichen Jahre desPrüfungszeitraums, als auch für die Jahre davor, innerhalb der bestehenden Erklärungsfristen nicht offenlegte, dasssie steuerpflichtige Sonstige Einkünfte in Form von Wiederkehrenden Bezügen aus zwei unterschiedlichenLebensversicherungen bezogen hatte. Sie bewirkte damit unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-,Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung im Sinne des § 33 FinStrG, die wiederum zurentsprechenden Verlängerung der Verjährungsfrist führte."

Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt Österreich die Einkommensteuer für die Jahre 2011-2015 unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung fest.

Gegen diese Bescheide erhob die Bf. durch ihren steuerlichen Vertreter Beschwerden und führte im Wesentlichen aus, dass die Bf. Zahlungen aus einer Schweizer Lebensversicherung beziehe. Sie sei davon ausgegangen, dass Lebensversicherungen gem. § 27 Abs 5 Z 3 EStG nach einer Laufzeit von 10 Jahren steuerfrei sind. Aus einem den Beschwerden beiliegenden Beitrag auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen sei ersichtlich, unter welchen Voraussetzungen (Einmalzahlung, Laufzeit) eine Versicherung steuerpflichtig sein könne. Dass die Zahlungen einer Steuerpflicht gem. § 29 EStG unterliegen können, sei mit keinem Wort erwähnt. Da die Bf. alle auf der Homepage des BMF angeführten Voraussetzungen erfüllt habe, sei sie zu Recht davon ausgegangen, dass sie mit den Zahlungen keiner Steuerpflicht unterliege.

Darüber hinaus habe die Bf. die Zahlungen ohnehin der Abgeltungssteuer nach dem Steuerabkommen mit der Schweiz unterworfen. Ihr sei damals versichert worden, dass mit diesr Zahlung alle Steuerschulden abgegolten wären.

Nach einem Hinweis ihrer Bank habe die Bf. sofort eine Selbstanzeige erstattet.

Aus den angeführten Gründen habe die Bf. zu Recht davon ausgehen können, dass die Versicherungsleistungen nicht der Steuerpflicht unterliegen. Daher liege auch keine vorsätzliche Steuerverkürzung vor, weshalb die verlängerte Verjährungsfrist gem. § 207 ff BAO nicht zur Anwendung komme. Die beschwerdegegenständlichen Jahre seien daher bereits verjährt.

Mit Beschwerdevorentscheidung der Abgabenbehörde vom wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass im Zeitpunkt der Bescheidausfertigung betreffend Einkommensteuer 2015 auch ohne Berücksichtigung der verlängerten Verjährungsfrist iSd § 207 Abs. 2 BAO keine Verjährung eingetreten wäre. Das Recht, die Einkommensteuer für 2015 festzusetzen, wäre mit Ablauf des Jahres 2020 verjährt. Im Jahr 2020 sei allerdings eine Amtshandlung durch die Behörde in Form einer Ankündigung für eine Außenprüfung erfolgt, welche eine Verlängerungshandlung darstelle, wodurch sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, sohin bis zum Ablauf des Jahres 2021 verlängert habe. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der mit terminisierte Prüfungsbeginn infolge der Corona-Krise und des zu diesem Zeitpunkt verhängten Lockdowns in das Jahr 2021 verschoben werden musste. Der Einkommensteuerbescheid 2015 vom sei somit noch innerhalb der abgabenrechtlichen Verjährungsfrist erlassen worden.

Weiters wurde ausgeführt, dass die Einkommensteuer 2011 bis 2015 nicht verjährt sei, weil die Abgabe hinterzogen worden sei. Das subjektive Element in Form des Vorsatzes erschließe sich aus der Summe folgender Sachverhaltsindizien:

1. Verletzung der erhöhten Mitwirkungspflicht bei gegenständlichem Auslandssachverhalt:

Die Bf. beziehe Leistungen aus zwei unabhängig voneinander in der Schweiz von ihrem Eheatten im Jahr 1987 abgeschlossenen Lebensversicherungen.

Die erste, mit einer Einmalprämie finanzierte Versicherung mit der ***Polizze Nr. 1*** habe ab dem Jahr 1988 zu periodischen Rentenzahlungen geführt. Die zweite, durch Prämienzahlungen angesparte und in weiterer Folge in Form eines Einmalerlags in die betreffende Versicherung übergeleitete Versicherung mit der ***Polizze Nr.: 2*** habe ab dem Jahr 1993 zu periodischen Rentenzahlungen geführt.

Infolge des Überschreitens der Rentensumme über den Wert der Gegenleistung hätten die Rentenzahlungen zu steuerpflichtigen Einkünften in Form von wiederkehrenden Bezügen iSd § 29 EStG geführt. Für die vereinnahmten Rentenzahlungen aus der ersten Versicherung habe ab dem Jahr 2004, für jene aus der zweiten Versicherung ab dem Jahr 2009 Steuerpflicht bestanden.

Darüber hinaus habe die Bf. im Beschwerdezeitraum in der Schweiz noch über ein Bankkonto verfügt, auf dem die betreffenden Rentenzahlungen eingingen. Auch diesen Sachverhalt habe die Bf. dem zuständigen Finanzamt ursprünglich nicht angezeigt. Für die auf dem ausländischen Bankkonto befindlichen Vermögenswerte habe sie sogar die anonyme, und in den meisten Fällen höhere Abgeltungssteuer in Kauf genommen, um eine Offenlegung der im Ausland veranlagten Vermögenswerte zu vermeiden.

Da gegenständlich ein Auslandssachverhalt vorliege, für dessen Aufklärung die Bf. eine erhöhte Mitwirkungspflicht treffe, wäre es erforderlich gewesen, den Sachverhalt von Anbeginn an offenzulegen. Die Bf. hätte dem FA gegenüber anzeigen müssen, dass sie in der Schweiz über ein Bankkonto oder Wertpapierdepot verfüge, und darüber hinaus noch Einnahmen aus zwei Lebensversicherungen beziehe. Sie hätte dafür Sorge tragen müssen, dass sich das österreichische FA von vornherein ein vollständiges und wahrheitsgetreues Bild vom Auslandssachverhalt verschaffen kann.

Tatsächlich sei dieser Sachverhalt der österreichischen Behörde erstmals im Rahmen der am eingebrachten Selbstanzeige zur Kenntnis gebracht worden. Die Offenlegung sei somit zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Bf. bereits 30 Jahre lang Zahlungen aus Lebensversicherungen erhalten und 14 Jahre lang Steuerpflicht bestanden habe. Es liege somit eine Verletzung der erhöhten Mitwirkungspflicht vor.

2. Pauschale Nachversteuerung als Indiz für eine Vermeidung der Offenlegung

In Ausübung des den Abgabepflichtigen durch das zwischen Österreich und der Schweiz abgeschlossene, im Jahr 2012 in Kraft getretene Steuerabkommen eingeräumten Wahlrechts habe sich die Bf. bewusst gegen eine Offenlegung ihrer Vermögenswerte entschieden und die anonyme, pauschale Nachversteuerung gewählt.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Bf. bewusst sein müssen, dass ihr Sachverhalt möglicherweise zu einer Steuerpflicht in Österreich führen könnte. Dennoch habe sie es unterlassen, fachkundigen Rat einzuholen, ob mit der gewählten Gestaltungsvariante in Form der Abgeltungssteuer auch eine mögliche Steuerpflicht der Leistungen ihrer beiden Lebensversicherungen abgegolten sei. Dabei dürfte ihr diese Problematik durchaus bewusst gewesen sein, wenn sie in ihrer Beschwerde darauf hinweise, dass ihr damals versichert worden sei, mit der Zahlung der Abgeltungssteuer seien sämtliche Steuerschulden, also auch jene aus den Rentenzahlungen ihrer beiden Lebensversicherungen, abgegolten.

3. Steuerpflicht bestand für die Rentenzahlungen bereits ab 2004

Aus der Selbstanzeige gehe hervor, dass die Rentenzahlungen der ersten Lebensversicherung erstmals 2004 den Wert der Gegenleistung von CHF 915.667,40 überschritten haben und daher Steuerpflicht ab dem Jahr 2004 bestanden habe. Insgesamt sei es in Bezug auf die erste Lebensversicherung zu einer Verkürzung von Besteuerungsgrundlagen in Höhe von EUR 443.405,03 (CHF 598.257,20) gekommen.

Die Summe der Rentenzahlungen der zweiten Lebensversicherung hätte erstmals im Jahr 2009 den Wert der Gegenleistung in Höhe von CHF 325.994,70 überschritten und insgesamt sei es in Bezug auf die zweite Lebensversicherung zu einer Verkürzung von Besteuerungsgrundlagen in Höhe von EUR 98.242,97 (CHF 118.907,30) gekommen.

Aus den Rentenzahlungen der beiden Lebensversicherungen ergebe sich somit für den Zeitraum 2004 bis 2016 insgesamt eine Verkürzung von Besteuerungsgrundlagen in Höhe von EUR 541.647,27, wovon EUR 230.892,26 bereits verjährt und eine Abgabenfestsetzung diesbezüglich nicht mehr möglich sei. Die abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht erstrecke sich über einen ununterbrochenen Zeitraum von 13 Jahren.

4. Vermögenszuwachs für die Bf. betrug insgesamt 1,7 Mio. Euro

Da die Prämienleistung für die beiden Lebensversicherungen durch den Ehegatten der Bf. erfolgt sei, habe die Bf. somit keinen Vermögensabgang zu verzeichnen gehabt. Die an sie ausbezahlten Renten hätten für sie von Beginn weg einen Vermögenszuwachs dargestellt. Bereits vor Beginn des Beschwerdezeitraums habe der Vermögenszuwachs rund EUR 1,2 Mio. betragen. Insgesamt habe sie im Zeitpunkt der Einreichung der Selbstanzeige einen Vermögenszuwachs von rund EUR 1,7 Mio. zu verzeichnen gehabt.

5. Hinweis auf fortgeschrittenes Alter ist für den Beschwerdezeitraum nicht maßgeblich

Die Bf. sei zum Zeitpunkt des Beginns der Rentenzahlungen im Jahr 1988 50 Jahre alt gewesen, zum Zeitpunkt der Begründung der Steuerpflicht im Jahr 2004 66 Jahre. Die Bf. habe somit 16 Jahre Zeit gehabt, sich Kenntnis über die steuerlichen Pflichten ihrer beiden Lebensversicherungen zu verschaffen. Der Umstand, dass sie sich im Jahr 2012, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sie bereits 74 Jahre alt war, bewusst gegen eine Offenlegung ihrer Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich ihrer in der Schweiz veranlagten Vermögenswerte entschied, lasse erkennen, dass sie im maßgeblichen Zeitraum sehr wohl in der Lage gewesen sei, ihre steuerlichen Pflichten in Zusammenhang mit der Offenlegung ihrer Einkünfte zu erkennen und wahrzunehmen.

6. Rentenzahlungen bildeten Haupteinkunftsquelle für die Bf.

Die Bf. habe im Beschwerdezeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Form einer Pension der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Höhe von rund EUR 5.000 pro Jahr (Kz. 245) bezogen. Weitere Einkünfte seien nicht offengelegt worden. Auch sei der Aktenlage nicht zu entnehmen, dass Einkünfte anderer, im gemeinsamen Haushalt mit der Bf. lebenden Personen vorlägen. Die Lebenshaltungskosten der Bf. hätten somit zur Gänze aus ihrem Einkommen abgedeckt werden müssen. Dies sei allerdings mit einem Einkommen von jährlich EUR 5.000 nicht möglich.

Es sei daher davon auszugehen, dass die in der Schweiz bezogenen Rentenzahlungen aus den beiden Lebensversicherungen in Verbindung mit den auf dem Schweizer Bankkonto befindlichen Vermögenswerten hauptsächlich zur Deckung der Lebenshaltungskosten beigetragen haben.

Die grundsätzliche Kenntnis um eine Steuerpflicht sei einer in Österreich Ansässigen zumutbar, und zwar auch dann, wenn die zugrundeliegenden Einkünfte im Ausland bezogen worden sind. Der Bf. hätte somit klar sein müssen, dass im Ausland bezogene Einkünfte zu einer Steuerpflicht in Österreich führen können, und sie gegebenenfalls die Einkunftsquelle ihrem FA gegenüber offenzulegen gehabt hätte. Der Bf. musste auch bewusst gewesen sein, dass sie sich nicht - wie bei ihrer inländischen Pension - auf einen Steuerabzug durch Dritte verlassen konnte. Dass sie es dennoch unterlassen habe, ihre Haupteinkunftsquelle dem FA gegenüber offenzulegen und stattdessen über einen Zeitraum von nahezu 30 Jahren ihre Rentenzahlungen brutto für netto bezogen habe, sei wohl nur dem Vorliegen einer subjektiven Tatseite zurechenbar.

7. Hinweis auf Steuerabgeltung kann nicht für zukünftige Zeiträume gelten

Der Argumentation der Bf., dass sie die auf ihrem Schweizer Bankkonto befindlichen Vermögenswerte durch Zahlung eines Abgeltungsbetrages versteuert hätte und ihr damals versichert worden sei, dass damit sämtliche Steuerschulden abgegolten seien, könne schon insofern nicht gefolgt werden, als mit der Zahlung eines Abgeltungsbetrages lediglich Steuerbeträge für die Vergangenheit umfasst sein können. Wenn sich die Bf. im Jahr 2012 nach Inkrafttreten des Steuerabkommens bewusst für die Variante der anonymen Steuerabgeltung entschieden habe, so könne dies lediglich Steuerbeträge für Zeiträume betreffen, für die der Abgabenanspruch bereits entstanden sei (bis 2011). Keine Abgeltungswirkung könen der Zahlung eines Einmalbetrages für zukünftige Zeiträume zukommen. Um dieser Argumentation Schlüssigkeit zu verleihen, hätte die Bf. zumindest die Besteuerungsgrundlagen für die Zeiträume ab 2012 offenlegen müssen. Dies sei allerdings erst im Rahmen der Selbstanzeige im Jahr 2018 erfolgt.

8. Hinweis auf aktuelle Informationen der BMF-Homepage lässt keine Rückschlüsse für den Beschwerdezeitraum zu

Auf eine im Jahr 2021 veröffentlichte Information könne keine zielführende Argumentation gestützt werden, weshalb im Beschwerdezeitraum 2011 bis 2015, und in den Jahren davor, eine Offenlegung von Besteuerungsgrundlagen unterblieben sei. Zudem werde am Ende der Information zum Punkt Rentenversicherung ausgeführt, dass Unterschiedsbeträge zwischen Einzahlungs- und Auszahlungsbeträge steuerpflichtig sind, und als tarifsteuerpflichtige Einkünfte in die Abgabenerklärung aufzunehmen seien. Aus der betreffenden BMF-Homepage könne somit abgeleitet werden, dass Rentenzahlungen eine Steuerpflicht begründen können, und die Besteuerungsgrundlagen in einer Abgabenerklärung offenzulegen seien.

9. Keine Einholung eines fachkundigen Rates durch die Bf.

Als letztes Element für das Vorliegen einer subjektiven Tatseite sei zu erwähnen, dass es die Bf. über einen Zeitraum von nahezu 30 Jahren verabsäumt habe, in nachprüfbarer Art und Weise fachkundigen Rat einzuholen, ob die in der Schweiz bezogenen Rentenzahlungen in Österreich der Steuerpflicht unterliegen. Die Beschwerde enthält zwar einen vagen Hinweis, dass der Bf. im Rahmen der Entrichtung der Abgeltungssteuer versichert worden sei, dass damit sämtliche Steuerschulden abgegolten seien, eine Verifizierung dieser Aussage sei allerdings mangels konkreter Angaben dazu nicht möglich. Es müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass die Bf. erstmals im Rahmen der Erstellung der Selbstanzeige fachkundigen Rat eingeholt hat. Zu diesem Zeitpunkt habe allerdings bereits seit 14 Jahren Steuerpflicht bestanden, und der Vermögenszuwachs aus den Rentenzahlungen bereits mehr als 1,7 Mio. Euro betragen.

10. Zusammenfassung

Unstrittig liege für den Beschwerdezeitraum eine Abgabenverkürzung vor. Unstrittig sei ferner, dass die Bf. ihre Anzeige- Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt habe, da die Bf. für die Zeiträume ab 2004 Einkommensteuererklärungen einreichen hätte müssen.

Dafür, dass die Bf. vorsätzlich gehandelt habe, sprächen folgende Indizien: Der Bf. sei die grundsätzliche Kenntnis einer Steuerpflicht von Einkünften zumutbar, und zwar auch dann, wenn die Einkünfte im Ausland bezogen werden. Die Bf. habe in der Schweiz seit 30 Jahren Einkünfte aus Rentenzahlungen aus den Lebensversicherungen bezogen. Die Rentenzahlungen hätten für die Bf. die Haupteinkunftsquelle gebildet, der Vermögenszuwachs daraus habe mehr als EUR 1,7 Mio betragen. Die Einkünfte seien nicht an der Quelle durch eine im Ausland erhobene Steuer gekürzt worden, die Bf. habe sämtliche Einkünfte brutto für netto bezogen. Die Bf. habe es es ferner unterlassen, jenes Bankkonto bzw. Wertpapierdepot offenzulegen, auf dem die periodischen Rentenzahlungen eingingen, und habe stattdessen die anonyme pauschale Nachversteuerung gewählt. Sie habe es auch unterlassen, über einen Zeitraum von nahezu 30 Jahren, fachkundigen Rat einzuholen, wie diese Rentenzahlungen steuerlich zu qualifizieren wären.

Mit Eingabe vom brachte der steuerliche Vertreter der Bf. einen Vorlageantrag gem. § 164 BAO ein.

Mit Vorlagebericht vom legte die Abgabenbehörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1. 1. Die Bf. ist in Österreich wohnhaft und unbeschränkt steuerpflichtig. Sie bezieht eine geringe Pension der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft.

Darüber hinaus bezieht die Bf. seit 1988 Leistungen aus zwei Altersrentenversicherungen, die der verstorbene Ehegatte im Jahr 1987 zu ihren Gunsten in der Schweiz abgeschlossen hat.

Die Versicherung mit der ***Polizze Nr. 1*** wurde mit einer Einmalzahlung finanziert. Das Deckungskapital betrug per Rentenbeginn am CHF 915.667,40.
Die Versicherung mit der ***Polizze Nr.: 2*** wurde mit laufenden Prämien angespart, wobei die Ansparsumme schließlich ebenfalls in Form einer Einmaleinlage in die betreffende Versicherung übergeleitet wurde. Das Deckungskapital betrug per Rentenbeginn am CHF 325.994,70.

Die Versicherungsleistungen aus der Versicherung mit der ***Polizze Nr. 1*** überschritten im Jahr 2004 den Wert der Gegenleistung von CHF 915.667,40, jene aus der Versicherung mit der ***Polizze Nr.: 2*** überschritten den Wert der Gegenleistung von CHF 325.994,70 erstmals im Jahr 2009.

Infolge des Überschreitens der Rentensumme bestand hinsichtlich der Versicherung ***Polizze Nr. 1*** ab dem Jahr 2004 Steuerpflicht und hinsichtlich der Versicherung ***Polizze Nr.: 2*** ab dem Jahr 2009.

Der Bf. sind in den Jahren 2004 bis 2015 Rentenzahlungen in Höhe von insgesamt CHF 659.879,30 bzw. € 489.131,31 zugeflossen.

Die Bf. hat keine Steuererklärungen bei der österreichischen Abgabenbehörde eingereicht.

Das Finanzamt erlangte erstmals im Rahmen einer im Jahr 2018 erstatteten Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG Kenntnis davon, dass die Bf. neben ihren nichtselbständigen Einkünften auch Rentenzahlungen aus zwei Schweizer Lebensversicherungen bezieht.

In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden vom wurden die Schweizer Rentenzahlungen für die Jahre 2011 bis 2015 der inländischen Besteuerung unterzogen.

Die Bf. verfügt in der Schweiz über ein Bankkonto. Für die auf diesem Konto befindlichen Vermögenswerte nahm die Bf. im Jahr 2013 die anonyme Abgeltungssteuer nach dem zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (BGBl. III Nr. 192/2012) im Jahr 2012 abgeschlossenen Abkommen in Anspruch.

1.2. Die Bf. hat aufgrund der Nichterklärung der in Rede stehenden Rentenzahlungen eine Abgabenverkürzung bewirkt. Sie vermochte nicht darzulegen, dass sie aufgrund eines Irrtums die Steuerpflicht dieser Einkünfte nicht hätte erkennen können.

2. Beweiswürdigung

Der unter 1.1. festgestellte Sachverhalt ist unstrittig.

Zu 1.2. Vorliegen eines vorsätzlichen Handelns:

In den Beschwerden wird vorgebracht, die Bf. sei der Auffassung gewesen, dass die von ihr bezogenen Versicherungsleistungen in Österreich nicht steuerpflichtig wären und daher die Abgabenverkürzung irrtümlich erfolgt sei. Dieses Vorbringen erweist sich nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes als realitätsfremd. Allein aus dem Umstand, dass die Bf. diese Zahlungen über Jahre bzw. Jahrzehnte hinweg überhaupt nicht deklariert hat, ist bereits ein bedingter Vorsatz durch unvollständige Angaben anzunehmen. Gerade weil die Bf. - wie in den Beschwerden dargelegt wird - Gewissheit hinsichtlich ihrer Annahme, dass die Leistungen in Österreich steuerfrei sind, haben wollte (womit sie eindeutig zu erkennen gibt, dass sie eine Steuerpflicht zumindest ernsthaft für möglich gehalten hat), hätte sie auf Grund fehlender steuerlicher Kenntnisse die Rentenzahlungen der österreichischen Abgabenbehörde gegenüber offenlegen müssen. Stattdessen hat sie ihren Angaben zufolge einen Verwandten um Klärung ihrer abgabenrechtlichen Verpflichtungen ersucht. Abgesehen davon, dass die Bf. weder nachgewiesen noch behauptet hat, dass dieser Verwandte Kenntnisse des österreichischen Steuerrechts gehabt und dazu Aussagen getätigt hätte, auf die sich die Bf. zu Recht verlassen hätte können, handelt es sich bei dem mit den Beschwerden (offensichtlich als Ergebnis der vom Verwandten durchgeführten Recherche) vorgelegten Ausdruck der Homepage des BMF, der eine zuletzt am aktualisierte Information zu § 27 Abs. 5 Z 3 EStG beinhaltet, um eine aktuelle Information.

Dass eine im Jahr 2021 veröffentlichte Information keineswegs als taugliches Argument dafür, weshalb in den beschwerdegegenständlichen Jahren 2011-2015 und in den Jahren davor die Besteuerungsgrundlagen gegenüber dem zuständigen Finanzamt nicht offengelegt wurden, angesehen werden kann, hat die Abgabenbehörde in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung unter Pkt. 2.8. bereits ausführlich dargelegt.

Den Ausführungen der Bf. ist weiters zu entgegen, dass sie angesichts ihrer augenscheinlich vorhandenen Zweifel bezüglich der angenommenen Steuerfreiheit der Zahlungen an geeigneter Stelle, insbesondere bei der für die Klärung dieser Rechtsfrage zuständigen Behörde, Erkundigungen einholen hätte müssen. Ohne Einholung einer professionellen Beratung konnte die Bf. aber nicht ernstlich davon ausgehen, dass die nicht unbedeutenden jährlichen Auszahlungen von rund 50.000 € gänzlich unversteuert bleiben, zumal nach Lehre und Rechtsprechung die Kenntnis über das grundsätzliche Bestehen der Einkommensteuerpflicht jedenfalls bei einer intellektuell durchschnittlich begabten Person vorausgesetzt werden kann (vgl. Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg, FinStrG, § 33 Rz 219, sowie zu Beratungshonoraren und ). Ein besonderes steuerrechtliches Spezialwissen ist hierfür nicht erforderlich. Dass grundsätzlich jede Art von (ausländischen) Einkünften in Österreich steuerpflichtig bzw. der Abgabenbehörde anzuzeigen ist, gehört zum Standardwissen einer erwachsenen Person. Daran vermag auch der Hinweis in den Beschwerden auf das fortgeschrittene Alter der Bf. nichts zu ändern; ungeachtet dessen, dass die Bf. zum Zeitpunkt des erstmaligen Zufließens der Rentenzahlungen im Jahr 1988 (erst) 50 Jahre alt war, wird damit weder eine Unkenntnis hinsichtlich der Steuerpflicht aller in- und ausländischen Einkünfte aufgezeigt noch begründet, weshalb die Versicherungsleistungen der Abgabenbehörde gegenüber verschwiegen wurden.

Zudem erweisen sich die Beschwerdeausführungen insofern als widersprüchlich, als die Bf. einerseits der Ansicht gewesen sein will, dass für Lebensversicherungen nach einer Laufzeit von 10 Jahren in Österreich keine Steuerpflicht bestehe, andererseits aber vorgebracht wird, ihr sei versichert worden, dass mit der Abgeltungssteuer nach dem Steuerabkommen Österreich-Schweiz alle Steuerschulden abgegolten seien.

Wenn die Bf. - wie sie behauptet - ohnehin davon ausgegangen ist, dass Leistungen aus Lebensversicherungen, deren Laufzeit 10 Jahre übersteigt, nicht steuerpflichtig sind, erscheint es umso mehr unverständlich, warum sie dann der Meinung gewesen sein soll, dass mit der Zahlung eines Abgeltungsbetrages nach dem zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (BGBl. III Nr. 192/2012) im Jahr 2012 abgeschlossenen Abkommen eine - gar nicht bestehende - Steuerschuld auch hinsichtlich ihrer Renteneinkünfte abgegolten sein soll.

Im Übrigen stellt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes das von Seiten der Bf. in der Selbstanzeige und in den Beschwerden erstattete Vorbringen, wonach sie davon ausgegangen sei, dass mit der Zahlung einer "beträchtlichen Summe" ihre gesamten steuerlichen Verpflichtungen abgegolten seien und dies daher der Annahme eines (bedingten) Vorsatzes entgegenstehe, ohnehin eine bloße Schutzbehauptung dar, weil mit der pauschalen Erhebung der Einmalzahlung eine Abgeltungs- und Amnestiewirkung lediglich hinsichtlich von in der Vergangenheit bewirkten Abgabenverkürzungen verbunden ist (vgl ). Zur Vermeidung von Wiederholungen darf auch auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen werden (siehe Pkt 2.7.), wo das Finanzamt auch zu Recht angemerkt hat, dass die Bf. diesfalls die Besteuerungsgrundlagen jedenfalls ab 2012 offenlegen hätte müssen.

Das Vorbringen, der Bf. sei versichert worden, dass mit der Abgeltungssteuer sämtliche Steuerschulden abgegolten seien, lässt vielmehr erkennen, dass sie eine Steuerpflicht ihrer Rentenzahlungen ernstlich für möglich gehalten hat.

Schon auf Grund der in § 119 BAO normierten Offenlegungspflicht wäre die Bf. verpflichtet gewesen, den Sachverhalt dem Finanzamt gegenüber zur Gänze offen zu legen und die ausländischen Zahlungen der Finanzbehörde bekanntzugeben. Es ist schließlich nicht erforderlich, dass ein Abgabepflichtiger über das für die Beurteilung steuerrechtlicher Sachverhalte nötige Detailwissen verfügt, ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang vielmehr, dass die Bf. die ausländischen Einkünfte dem Finanzamt gänzlich verschwiegen und sohin in Kauf genommen hat, dass die Besteuerung in Österreich nicht gesetzeskonform erfolgen kann, zumal das Finanzamt davon anderweitig keine Kenntnis erlangen konnte. Zutreffend ist die Abgabenbehörde in Anbetracht des Vorliegens eines Auslandssachverhaltes von einer erhöhten Mitwirkungsverpflichtung der Bf. ausgegangen. Durch die bewusste Nichterklärung der gegenständlichen Einkünfte ist klar erkennbar, dass es der Abgabenbehörde von vornherein unmöglich gemacht werden sollte, irgendeine steuerliche Würdigung des Sachverhaltes vorzunehmen bzw. diese Geldzuflüsse steuerlich zu erfassen.

Mit dem Vorbringen, sie sei der Ansicht gewesen, dass eine Steuerpflicht hinsichtlich der ausländischen Zahlungen nicht vorliege, vermag die Bf. nicht darzutun, weshalb sie letztlich den Sachverhalt gegenüber dem Finanzamt nicht offengelegt hat; hätte eine Offenlegung doch - so die Ansicht der Bf. - ohnehin keine steuerlichen Auswirkungen gehabt.

Im Hinblick auf die Tatsache, dass die Bf. seit 30 Jahren in der Schweiz Rentenzahlungen aus Lebensversicherungen bezogen und diese dem Fiskus gänzlich verschwiegen hat und dass die grundsätzliche Kenntnis einer Steuerpflicht von im Ausland bezogenen Einkünften bei einer Person wie der Bf. vorausgesetzt werden kann, vermag das Vorbringen der Bf. nicht zu überzeugen. Weshalb ein Irrtum hinsichtlich einer Steuerpflicht der aus den Rentenversicherungen generierten Einkünfte in Österreich vorgelegen sein sollte, machen die Beschwerdeausführungen aus den dargestellten Erwägungen nicht einsichtig. Ein vorsätzliches Handeln ausschließender Irrtum konnte damit nicht aufgezeigt werden. Die Bf. hat es vielmehr ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass die in der Schweiz lukrierten Zahlungen der österreichischen Einkommensbesteuerung entzogen wurden.

Abschließend wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Beweiswürdigung des Finanzamts, wie sie in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung vom zum Ausdruck kommt, verwiesen und diese zum integrierenden Bestandteil dieser Beschwerdeentscheidung erklärt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Nach § 2 Abs. 1 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie des Freibetrags nach § 105.

Zu den sonstigen Einkünften nach § 29 Z. 1 EStG 1988 gehören wiederkehrende Bezüge, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des §§ 2 Abs. 3 Z 1 bis 6 gehören.

…..

Werden die wiederkehrenden Bezüge als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die wiederkehrenden Bezüge sowie gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sind nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge (Renten, dauernde Lasten, gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sowie allfällige Einmalzahlungen) den Wert der Gegenleistung übersteigt. Besteht die Gegenleistung nicht in Geld, ist als Gegenwert der kapitalisierte Wert der wiederkehrenden Bezüge (§§ 15 und 16 des Bewertungsgesetzes) zuzüglich allfälliger Einmalzahlungen anzusetzen.

Die unbeschränkte Steuerpflicht im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG 1988, die im Falle der Bf. unstrittig vorliegt, umfasst das gesamte Welteinkommen, daher auch die Zahlungen aus den Schweizer Lebensversicherungen.

Renten, die aufgrund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages gezahlt werden, sind wiederkehrende Bezüge nach § 29 Z. 1 EStG 1988, die als Gegenleistung für die Übertragung von Geld geleistet werden (). Steuerpflicht liegt vor, sobald die Summe der zugeflossenen Renten den Wert der Geldzahlung übersteigt. Die in Geld hingegebenen Leistungen sind die Prämien inklusive Nebenkosten (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2021, § 29 Rz 24).

Unstrittig ist, dass es sich bei den gegenständlichen Versicherungsleistungen um wiederkehrende Bezüge iSd § 29 Z 1 EStG handelt, die steuerpflichtig werden, sobald sie den Wert der Gegenleistung übersteigen. Nicht strittig ist weiters, dass im Falle der Versicherung zu ***Polizze Nr. 1*** die bis 2004 ausbezahlten Rentenzahlungen (952.217,60 CHF) den vom Ehegatten der Bf. im Jahr 1987 geleisteten Einmalbetrag von 915.667,40 € überstiegen haben und damit bereits im Jahr 2004 Steuerpflicht eingetreten ist. Hinsichtlich der Versicherung zu ***Polizze Nr.: 2*** ist im Jahr 2009 die Steuerpflicht eingetreten, da der maßgebliche Wert der Gegenleistung iHv 325.994,70 CHF durch die geleisteten Auszahlungen (331.386,75 CHF) erstmals im Jahr 2009 überschritten wurde.

Die Bf. vermeint jedoch, dass die Abgabenbehörde die in Beschwerde gezogenen Bescheide zu Unrecht erlassen habe, weil die Bf. nicht vorsätzlich gehandelt habe und daher das Recht, die Einkommensteuer für die Jahre 2011-2015 festzusetzen, im Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide bereits verjährt gewesen sei.

Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Nach Abs. 2 leg.cit. beträgt die Verjährungsfrist grundsätzlich 5 Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist 10 Jahre.

Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207 BAO) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77 BAO) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich gemäß § 209 Abs. 1 BAO die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.

3.1.1. Einkommensteuer 2015

Wie die Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausgeführt hat, ist hinsichtlich des Veranlagungsjahres 2015 erst mit Ablauf des Jahres 2021 Verjährung eingetreten.

Der Abgabenanspruch ist 2015 entstanden. Die Bemessungsverjährungsfrist begann daher gemäß § 208 Abs. 1 lit a BAO mit dem Ablauf des und endete grundsätzlich mit . Am , sohin vor Ablauf der abgabenrechtlichen Verjährungsfrist, erfolgte jedoch beim steuerlichen Vertreter der Bf. eine - auch das Jahr 2015 betreffende - Ankündigung eines Außenprüfungsverfahrens, wobei als Prüfungstermin der terminisiert wurde.

Nach der Rechtsprechung des VwGH handelt es sich bei der Ankündigung einer abgabenbehördlichen Prüfung um eine die Verjährungsfrist unterbrechende Amtshandlung, und zwar auch dann, wenn die Prüfung sodann verschoben wird (vgl. ).

Im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes stellt die Ankündigung einer Außenprüfung im Jahr 2020 durch die belangte Behörde somit eine verjährungsverlängernde Unterbrechungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO dar, sodass die Verjährungsfrist bis zum verlängert wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der angekündigte Prüfungsbeginn infolge des wegen der Corona-Krise verhängten Lockdowns in das Jahr 2021 verschoben wurde.

Für die Einkommensteuer 2015 ist daher schon aus diesem Grund erst mit Ablauf des Jahres 2021 Festsetzungsverjährung eingetreten, sodass der Bescheid vom noch innerhalb der Verjährungsfrist erlassen wurde.

3.1.2. Einkommensteuer 2011-2015

Gemäß § 119 Abs. 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für doe Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß sein.

Der Offenlegung dienen gemäß § 119 BAO insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstigen Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntzugeben.

Der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben iSd § 207 Abs. 2 BAO ist nach § 33 FinStrG zu beurteilen.

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Dazu genügt es, dass der Täter die Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Ob eine Abgabe hinterzogen ist, ist eine Vorfrage, die die Behörde "nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen" hat (§ 116 Abs. 1 BAO). Für die Annahme der verlängerten Verjährungsfrist ist daher kein rechtskräftiger Schuldspruch im Finanzstrafverfahren oder auch nur die Einleitung eines solchen erforderlich (Ritz, BAO6, § 207 Tz 15).

Für die Abgabenhinterziehung genügt bereits der bedingte Vorsatz (dolus eventualis). Bedingter Vorsatz ist dann gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, ja nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, dh als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist ().

Für das Vorliegen des Tatbestandes der Abgabenhinterziehung ist daher entscheidend, ob neben einer (objektiven) Abgabenverkürzung ausreichend festgestellte Sachverhaltselemente den Schluss darauf zulassen, dass das Entstehen der Abgabepflicht tatsächlich erkannt oder zumindest ernstlich für möglich gehalten worden war und damit eine auf eine Abgabenverkürzung gerichtete subjektive Einstellung bejaht werden kann (vgl. ).

Im Rahmen der der Behörde nach § 167 Abs. 2 BAO zukommenden "freien Überzeugung" genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt; die Abgabenbehörde muss, wenn eine Partei eine für sie nachteilige Tatsache bestreitet, den Bestand der Tatsache nicht "im naturwissenschaftlichen-mathematisch exakten Sinn" nachweisen (vgl. , sowie , mwN).

Unstrittig liegt gegenständlich eine Verletzung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht vor. Die Bf. hat die in Rede stehenden Einkünfte der Abgabenbehörde gegenüber nicht bekannt gegeben.

Strittig ist hingegen die subjektive Tatseite, nämlich ob die Bf. vorsätzlich gehandelt hat, wobei für die Verwirklichung des Tatbestandes der Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs. 1 FinStrG bereits bedingter Vorsatz genügt.

Wie in der unter Punkt 2. angeführten Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, gelangte das Bundesfinanzgericht unter Würdigung der vorliegenden Sachverhaltselemente zum Ergebnis, dass die Bf. die Abgabenverkürzung wenn auch nicht absichtlich und wissentlich, so doch zumindest billigend in Kauf genommen hat, womit der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben iSd § 207 Abs. 2 BAO erfüllt ist. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind damit innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist ergangen. Die Ausführungen der Bf. zum Vorliegen eines das vorsätzliche Handeln ausschließenden Irrtums hinsichtlich einer Steuerpflicht der Schweizer Renteneinkünfte in Österreich vermochten aus den dargestellten Erwägungen nicht zu überzeugen.

Die Beschwerden waren daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Vorliegen des im Beschwerdefall strittigen vorsätzlichen Verhaltens wurde auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in freier Beweiswürdigung beurteilt; derartige nicht über den Einzelfall bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen sind einer (ordentlichen) Revision grundsätzlich nicht zugänglich.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 29 Z 1 EStG 1988 ÜR, Einkommensteuergesetz 1988 ÜR (Artikel I Steuerreformgesetz 1993), BGBl. Nr. 818/1993
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102485.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at