zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.10.2023, RV/7102751/2021

Arbeitnehmer ausländischer Firmen, die nur dazu gegründet wurden, Aufträge inländischer Firmen zu übernehmen, dürfen nicht als Arbeitnehmer des inländischen Auftraggebers behandelt werden, wenn diese Firmen tatsächlich auf Werkvertragsbasis tätig werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache RA ***MV***, ***Bf1-Adr*** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der ***2*** GmbH, ***Adr2***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ehemaligen Finanzamtes ***FA*** vom betreffend Haftung für Lohnsteuer 2013 bis 2017, sowie betreffend Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2013 bis 2017 und Jänner 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Andrea Newrkla zu Recht erkannt:

I.a. Der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer 2013 bis 2017 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

b. Der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2013 bis 2017 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben betragen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Bemessungsgrundlage
Dienstgeberbeitrag
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2013
1.436.644,64 €
64.649,01 €
5.746,58 €
2014
1.636.730,90 €
73.652,89 €
6.546,92 €
2015
1.751.931,67 €
78.836,93 €
7.007,73 €
2016
1.946.301,53 €
87.583,57 €
7.785,21 €
2017
1.927.399,53 €
79.023,38 €
7.709,60 €

c. Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2018 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die Bemessungsgrundlage wird - ohne Änderung der Abgabenbeträge - mit 1.824,00 € festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Angefochtene Bescheide

Die nunmehr in Konkurs befindliche ***2*** GmbH (in der Folge: Gesellschaft) war im Baugewerbe tätig. Wegen des Verdachtes auf Abgabenbetrug wurde bei der Gesellschaft von der Staatsanwaltschaft ***1*** eine Hausdurchsuchung veranlasst. Aufgrund der polizeilichen Ermittlungen wurde davon ausgegangen, dass eine Tätergruppierung um die Personen ***A*** ***B*** und seinen Bruder ***C*** ***B*** slowakische Scheinfirmen mit slowakischen oder ungarischen Scheingeschäftsführern gegründet hätten. Von diesen Unternehmen seien offiziell Arbeitnehmer, die in der Slowakei bei der Sozialversicherung angemeldet worden seien, nach Österreich entsandt worden. Die entsendenden ausländischen Unternehmen hätten in der Slowakei keine nennenswerte Wirtschaftstätigkeit betrieben, sondern ihre einzige Geschäftstätigkeit habe in der (rechtswidrigen) Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich bestanden. So seien unter anderem bei der Firma ***2*** GmbH beschäftigte Arbeiter bei diesen Scheinfirmen als Arbeitnehmer angemeldet gewesen. Diese seien aber nach den Entsendemeldungen durchgehend für die Fa. ***2*** GmbH tätig geworden.

Anlässlich einer Gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) wurden diesbezüglich die Jahre 2013 bis 2017 betreffend - neben anderen nicht mehr angefochtenen Feststellungen - folgende Feststellungen getroffen:

Aufgrund von Ermittlungen der Justiz, der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) sei festgestellt worden, dass davon ausgegangen werden könne, dass die aus der SLOWAKEI durch slowakische Firmen entsendeten Personen tatsächlich Dienstnehmer der ***2*** GmbH gewesen seien.

Es handelt sich dabei um folgende "Entsendefirmen":

  1. ARGE ***3*** s.r.o.

  2. ***4*** s.r.o.

  3. ***5*** s.r.o.

  4. ***6*** s.r.o.

  5. ***7*** s.r.o.

  6. ***8*** s.r.o.

  7. ***9*** s.r.o.

  8. ***10*** s.r.o.

  9. ***11*** s. r.o

  10. ***12*** s.r.o

  11. ***13*** s.r.o.

  12. ***14*** s.r.o.

Die angeführten Firmen seien tatsächlich jedoch nur als sogenannte Scheinfirmen gegründet worden, deren Tätigkeit darin gelegen sei, Personal zu rekrutieren, diese bei diesen Firmen zum Schein anzumelden und danach nach Österreich zu entsenden. Dementsprechende Entsendemeldungen lägen vor. Doch, wie bereits erwähnt, sei in der Slowakei nie eine Tätigkeit durch die Arbeiter ausgeführt worden. Auch die niederschriftlichen Aussagen ihrer Geschäftsführer, die oft nicht einmal gewusst hätten, dass sie als Geschäftsführer eingesetzt worden seien, bestätige eindeutig diese Vorgehensweise. Es sei somit eindeutig Dienstnehmereigenschaft dieser Personen bei der ***2*** GmbH vorgelegen.

Insgesamt habe es sich dabei um folgende Bemessungsgrundlagen gehandelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Allgemein
Sonderzahlungen
2013
135.699,62 €
13.855,73 €
2014
183.965,15 €
18.347,53 €
2015
4.675.548,50 €
476.393,44 €
2016
493.992,57 €
51.126,32 €
2017
1.642.341,66 €
162.556,70 €
SUMME
7.131.547,50 €
722.279,71 €

Die Lohnsteuer der Allgemeinen Grundlage sei dabei mit dem ermittelten Durchschnittssteuersatz von 15,61 % und die Sonderzahlungsgrundlagen mit dem festen Steuersatz von 6 % nachverrechnet worden.

Die Bemessungsgrundlagen für die Lohnsteuer sowie den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag wurden aufgrund dieser Feststellung in den einzelnen Jahren folgendermaßen erhöht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Jahr
Erhöhung der Bemessungsgrundlage
2013
79.048,69 €
2014
195.737,98 €
2015
3.294.485,21 €
2016
2.482.896,24 €
2017
1.583.330,02 €


Eine genaue Sachverhaltsdarstellung sowie eine Liste dieser betroffenen Personen mit den dazugehörigen Bemessungsgrundlagen würden als Beilage dieses Berichtes separat übermittelt.

In der Berichtsbeilage wird dazu Folgendes angeführt:

"Die Ermittlungsgruppe der Polizei konnte nach umfangreichen kriminalpolizeilichen Ermittlungen, Observierungen, Telefonüberwachungen, Vernehmungen, Hausdurchsuchungen, Kontoöffnungen, etc. eine Tätergruppierung um die Personen ***A*** ***B*** bzw. seinen Bruder ***C*** ***B***, ausforschen. Die Hausdurchsuchungen wurden im September 2017 durchgeführt und die beschlagnahmten Unterlagen werden zurzeit noch ausgewertet.

Die Tathandlungen der Gruppe ***B*** erfolgten in einem hierarchisch aufgebauten System unter dem Deckmantel von scheinbar seriösen Gesellschaften, die extra für diese Zwecke gegründet wurden. Bei den Firmenkonstruktionen handelt es sich um slowakische Scheinfirmen mit slowakischen oder ungarischen Scheingeschäftsführern. Im Rahmen der Entsendungen werden die Arbeitnehmer der slowakischen Scheinfirmen, die auf Baustellen in Österreich eingesetzt werden sollen, bei der dortigen Sozialversicherung angemeldet und formal zur Arbeitsverrichtung nach Österreich entsendet. In Wahrheit werden die Entsendungsrichtlinien der Richtlinie 97/71 EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen jedoch nicht erfüllt. Die entsendenden Unternehmen betreiben in der Slowakei keine nennenswerte Wirtschaftstätigkeit, sondern ihre einzige Geschäftstätigkeit besteht in der (rechtswidrigen) Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich. Die Arbeiter selbst stammen in der Regel nicht aus der Slowakei, sie stehen in keinerlei Beziehung zu dem Land und wurden in Österreich angestellt, um dort zu arbeiten.

Gegen Verfolgungshandlungen der Justiz bzw. der Gläubiger schirmten sich die Tätergruppierungen dadurch ab, indem sie in den Gesellschaften, vorwiegend Einmann-GmbH's, Strohmänner als Gesellschafter bzw. Geschäftsführer einsetzten. Dafür wurden im Regelfall Ausländer, die oftmals nicht einmal der slowakischen bzw. der deutschen Sprache mächtig waren, gegen Entgelt angeworben. Diese hatten nur die Aufgabe, beim Notar die Gründungs- bzw. Abtretungsverträge zu unterschreiben und bei den Banken Konten und Sparbücher zu eröffnen. Die Zugangsdaten zu diesen Konten bzw. Vollmachten für diese erlaubten dann wieder den tatsächlichen Machthabern direkt oder indirekt den Zugriff. Diese Scheingeschäftsführer kehrten dann meist in ihre Heimatländer zurück und kamen nur mehr über Anweisung ihrer Auftraggeber kurzfristig nach Österreich, um etwa unter deren Aufsicht Bankgeschäfte zu erledigen oder Vollmachten und Verträge zu unterzeichnen. Aus den vorliegenden niederschriftlichen Einvernahmen der "Scheingeschäftsführer" geht hervor, dass ihnen nicht bekannt war, dass sie als Geschäftsführer einer Firma eingetragen wurden. Sie unterfertigten Blankopapiere bzw. Papiere in einer ihnen fremden Sprache.

Als Firmenadresse dienten in vielen Fällen nur Wohnungen oder Briefkästen. Diese Gesellschaften dienten in erster Linie als Anmeldevehikel.

Die Anmeldungen erfolgten durch die Gruppe ***B*** stets mit dem Wissen und dem Vorsatz, dass dafür weitestgehend keine Abgaben, Sozialversicherungsbeiträge und Zuschläge nach dem Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und sonstige Verbindlichkeiten bezahlt würden.

So wurden unter anderem bei der Fa. ***2*** GmbH beschäftigte Arbeiter bei den Scheinfirmen als Arbeitnehmer angemeldet. Die Arbeiter waren offiziell bei den diversen Scheinfirmen angemeldet, jedoch durchgehend für die Fa. ***2*** GmbH tätig. (Siehe Entsendungsmeldungen).

Als Nachweis für die oben angeführten Feststellungen betreffend die Fa. ***2*** GmbH wurden nachstehende Unterlagen herangezogen:

Die Entsendungsmeldungen ZK03 der einzelnen Firmen.
Die vorliegenden niederschriftlichen Einvernahmen der ausländischen Arbeiter.
Die vorliegenden niederschriftlichen Einvernahmen der ausländischen Scheingeschäftsführer.

Laut Auskunft des Staatsanwaltes stehen nachstehende Firmen im Einfluss der Gruppe ***B***. Das geprüfte Unternehmen ***2*** GmbH verbuchte in den Jahren 2013 -2017 von diesen Firmen laufend Fremdleistungsaufwand.

Unter Berücksichtigung des erhobenen Sachverhaltes kommt die GPLA-Prüfung zu folgendem Ergebnis:

Vom geprüften Unternehmen wurde Personal tatsächlich beschäftigt, das jedoch formell bei einem anderen Unternehmen angemeldet war. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise des Steuerrechts ist jedoch der tatsächliche Beschäftiger der Dienstgeber dieser Arbeiter."

Weitere die Lohnsteuer 2013 bis 2017 betreffende Feststellungen wurden nicht getroffen, während die Bemessungsgrundlagen für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag auch aufgrund weiterer, nunmehr nicht mehr angefochtener Feststellungen betreffend die Bezüge der wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer ebenfalls erhöht wurden. Auch für Jänner 2018 wurde die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag in Höhe der für die Privatnutzung der KFZ durch die wesentlich beteiligten Gesellschafter- Geschäftsführer mit 1.824,00 € ermittelt.

Das Finanzamt erließ in der Folge die nunmehr angefochtenen Haftungsbescheide betreffend Lohnsteuer 2013 bis 2017, sowie Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2013 bis 2017 und Jänner 2018 (wobei die Bemessungsgrundlage für 2018 lediglich mit 1.580,00 € angesetzt wurde, die darauf entfallenden Abgaben aber den im GPLA-Bericht ausgewiesenen Beträgen entspricht) und folgte darin den Feststellungen der GPLA, deren Bericht vom sowie die Niederschrift über die Schlussbesprechung es auch zu deren Begründung heranzog.

2. Beschwerde

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde brachte der Masseverwalter im Wesentlichen - soweit noch strittig - Folgendes vor:

Bei der ***2*** GmbH handle es sich um ein Bauunternehmen, spezialisiert auf die Durchführung von Putzarbeiten, Herstellung von Estrich und Anbringung von Vollwärmeschutzfassaden. Das Unternehmen habe bis zu 100 Mitarbeiter beschäftigt. Aufgrund hoher Auftragsstände sei es fallweise unerlässlich gewesen, zur Überbrückung von Arbeitsüberlastungen Subunternehmen zu beauftragen. Die Rechnungen dieser Subunternehmen seien als "Fremdleistungen" aufwandswirksam verbucht und steuerlich als Betriebsausgabe geltend gemacht worden.

Mit Beschluss des Landesgerichts ***LG*** vom sei über das Vermögen der ***2*** GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Am sei der Bescheid über den Prüfungsauftrag - vom Masseverwalter am unterfertigt - ergangen und sei Gegenstand der Gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) für den Zeitraum bis gewesen. Gegenstand der finanzstrafrechtlichen Prüfung seien die Lohnsteuer, Dienstnehmerbeiträge, Säumniszuschläge für die Dienstnehmerbeiträge und die Kommunalsteuer für den Zeitraum Jänner 2013 bis Jänner 2018 gewesen.

Betreffend Feststellungen zu Verträgen mit sogenannten Scheinfirmen:

Im Zuge dieser Prüfung, über deren Ergebnisse seitens der belangten Behörde gemäß § 150 BAO der Bericht vom erstattet wurde, sei festgestellt worden, dass die durch slowakische Firmen entsendeten Personen tatsächlich Dienstnehmer der ***2*** GmbH gewesen und die ausländischen Firmen tatsächlich nur als sogenannte Scheinfirmen gegründet worden seien.

Die Bescheide, die hinsichtlich ihrer Begründung auf den Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung des Finanzamtes ***FA*** vom Bezug nähmen, würden unterstellen, dass es sich bei den seitens der ***2*** GmbH eingesetzten Subunternehmen um "Scheinfirmen" handle und die durch die ausländischen Unternehmen entsendeten Personen tatsächlich Dienstnehmer der ***2*** GmbH gewesen seien.

Das Finanzamt stützte seine Feststellungen auf Ermittlungen der "Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA)", übersehe aber offensichtlich, dass das Ermittlungsverfahren noch laufe und weder eine Anklage gegen die Geschäftsführer noch eine rechtskräftige Erledigung des anhängigen Strafverfahrens vorliege. Ebenso habe das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom ***Datum*** der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Enthaftung des ***Gf-Bf2*** aus der Untersuchungshaft nicht Folge gegeben, da es keinen dringenden Tatverdacht erkannt und daher den Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft gegenüber ***Gf-Bf2*** nicht gefolgt sei.

Auch habe das Oberlandesgericht in dieser Entscheidung betont, dass die der Strafprozessordnung immanenten Prinzipien der Objektivität und unvoreingenommenen Wahrheitserforschung nicht außer Acht gelassen werden dürften und es sich bei der Annahme der WKStA, dass die umfangreichen Dokumentationen nur zum Schein vorgenommen worden seien, um den Behörden eine sorgfältige Überprüfung vorzutäuschen, um einen bloßen Zirkelschluss handle (OLG Wien, GZ, Beschluss vom ***Datum***, Seite 13).

Da das Finanzamt seinen Feststellungen unter Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" einzelne "Ermittlungsergebnisse" aus einem laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft ungeprüft zugrunde lege, die noch keiner gerichtlichen Überprüfung unterzogen worden seien, habe die belangte Behörde den den gegenständlichen Bescheiden zugrunde gelegten Sachverhalt mangelhaft ermittelt.

Das Finanzamt unterstelle, dass die von der ***2*** GmbH beauftragten Subunternehmen tatsächlich nur als sogenannte Scheinfirmen gegründet worden seien, deren Tätigkeit darin gelegen habe, Personal zu rekrutieren, diese bei diesen Firmen zum Schein anzumelden und danach nach Österreich zu entsenden. Die niederschriftlichen Aussagen der Geschäftsführer der Subunternehmen, die oft nicht einmal von ihrer Position als Geschäftsführer gewusst hätten, würden diese Vorgehensweise der Scheinfirmen bestätigen

Diese Feststellungen treffe das Finanzamt ausschließlich auf Grundlage gerichtlich nicht überprüfter Indizien des laufenden Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft und führe nicht weiter aus, was die belangte Behörde unter sogenannten "Scheinfirmen" verstehe. Zudem bestünden divergierende Aussagen der Geschäftsführer, deren Glaubwürdigkeit teilweise anzuzweifeln seien, und nenne das Finanzamt ausschließlich die die ***2*** GmbH belastenden Aussagen. So behaupte beispielsweise ***Gf6***, Geschäftsführer der ***6*** s.r.o., Blankopapiere unterzeichnet zu haben, die beigelegten Lichtbilder würden jedoch ***Gf-Bf2***, den Geschäftsführer der ***2*** GmbH mit ***Gf6*** bei der Werkvertragsunterzeichnung zeigen.

Die Subfirmen seien von der ***2*** GmbH mit Werkverträgen beauftragt worden. Die Werkvertragsunterzeichnungen hätten in den Geschäftsräumen der ***2*** GmbH mit den jeweiligen Geschäftsführern der Subfirmen stattgefunden. Diese Treffen mit den Geschäftsführern der Subunternehmen seien von den Geschäftsführern der ***2*** GmbH mittels Lichtbildern festgehalten worden. So würden etwa die beigelegten Lichtbilder ***Gf8***, den Geschäftsführer der ***8*** s.r.o, mit einem Mitarbeiter der ***2*** GmbH auf einer Baustelle in Österreich zeigen, als dieser im Juli 2015 eine Baustellenbesichtigung vorgenommen habe. In seiner Aussage habe ***Gf8*** hingegen behauptet, in den letzten Jahren nicht Österreich gewesen zu sein.
Die Annahme des Finanzamtes, es handle sich hier nur um zum Schein vorgenommene Dokumentationen, beinhalte wiederum nur die vorweggenommene Unterstellung eines vorsätzlichen Handelns der ***2*** GmbH hinsichtlich der Beschäftigung von Scheinfirmen.

In seinem Beschluss vom ***Datum*** halte das Oberlandesgericht Wien fest (Seiten 12 und 13), dass sich aus den Umständen, dass sich potentielle Subfirmen bei möglichen Auftraggebern bewerben würden, dass sich Bauunternehmen wie die ***2*** GmbH für kurzfristigen Bedarf stets Überblick über solche Subunternehmen und rasch greifbare Arbeiterpartien verschaffen würden, und dass es für solche oftmals dringenden Bedarfsdeckungen in der Branche Ansprechpartner gebe, nicht schon vorweg zwingend ableiten lasse, dass dem Geschäftsführer eines österreichischen Auftrag gebenden Unternehmens von vornherein Wissen und Wollen dahingehend zu unterstellen sei, es handle sich bei solchen über einen bestimmten Ansprechpartner vermittelten Unternehmen jedenfalls um "Scheinunternehmen". Die Subfirmen seien von der ***2*** GmbH mit Werkverträgen beauftragt worden. Die Werkvertragsunterzeichnungen hätten in den Geschäftsräumen der ***2*** GmbH mit den jeweiligen Geschäftsführern der Subfirmen stattgefunden. Diese Treffen mit den Geschäftsführern der Subunternehmen seien von den Geschäftsführern der ***2*** GmbH mittels Lichtbildern festgehalten worden.

Zu der Behauptung des Finanzamtes, es handle sich hierbei um zum Schein vorgenommene Dokumentationen, komme dieses wiederum nur unter der vorweggenommenen Unterstellung eines vorsätzlichen Handelns der ***2*** GmbH hinsichtlich der Beschäftigung von Scheinfirmen.

Als Beweis würde auch auf die Werkverträge mit den Firmen ***8*** s.r.o. und ARGE ***3*** s.r.o., E-Mail Terminvereinbarung mit der Firma ***8*** s.r.o., Beilagen und Lichtbilder über die Baustellenbesichtigung verwiesen.

Dass der Geschäftsbeziehung zwischen der ***2*** GmbH und den Subunternehmen Werkverträge zugrunde gelegen seien, sei auch in mehreren Verwaltungsstrafverfahren bestätigt worden. So habe etwa das Verwaltungsgericht Wien, GZ ***VwGGZ*** mit Erkenntnis vom VWgDatum (Seite 2) erkannt, dass ein von der ***2*** GmbH unterscheidbares, abgrenzbares und der Subfirma (***7*** s.r.o.) zurechenbares Werk gegeben gewesen sei, sowie, dass eine organisatorische Eingliederung der entsendeten Arbeitnehmer und deren Unterordnung unter die Dienst- und Fachaufsicht der ***2*** GmbH nicht vorgelegen habe.

Vor Vertragsabschluss seien die Subunternehmen von der ***2*** GmbH geprüft und kontrolliert- worden. Dies sei von der ***2*** GmbH mittels Checklisten durchgeführt worden. Geprüft worden seien u.a. die Firmenbuchnummer, die Steuernummer, die Gewerbeberechtigung sowie eine erfolgreiche Dienstleistungsanzeige. Ebenso sei bei Einsatzbeginn bei den von den Subunternehmern eingesetzten Arbeitern kontrolliert worden, ob für diese A1-Meldungen und ZKO-Meldungen vorgelegen seien. Während des Einsatzes des entsendeten Personals seien von den Subunternehmern regelmäßig Unbedenklichkeitsbescheinigungen verlangt worden (in Abständen von zwei bis drei Monaten).

Zudem habe das Oberlandesgericht Wien in seinem Beschluss vom ***Datum*** festgestellt (Seite 14), dass zahlreiche österreichische Auftraggeber - darunter nicht unmittelbar verdächtig scheinende Unternehmen wie die ***P*** AG, die PB GmbH, eine Gemeinde, eine Apotheke oder eine Hauseigentümergemeinschaft - derartige, als mutmaßliche Scheinfirmen entlarvte Unternehmen mit beachtlichen Auftragsvolumen beschäftigt hätten. Daraus sei zu schließen, dass die mutmaßliche wahre Natur solcher Scheinfirmen für Auftraggeber nicht unmittelbar ersichtlich oder feststellbar sei.

Das Finanzamt unterstelle, dass aufgrund der Qualifizierung der Subunternehmen als Scheinfirmen, eindeutig Dienstnehmereigenschaft der entsendeten Personen bei der ***2*** GmbH vorliege.

Dies sei unrichtig, da die entsendeten Arbeiter im Verhältnis zur ***2*** GmbH als Dienstnehmer der Subunternehmer tätig gewesen seien. Das Ergebnis der Arbeitsleistung des entsendeten Personals stelle vielmehr eine in sich geschlossene Einheit sowie ein - zu den Arbeiten der ***2*** GmbH - abgrenzbares Werk dar, da die Werkunternehmer mit der Herstellung eines bestimmten Gewerks beauftragt worden seien und die Herstellung eines Erfolgs und nicht bloß ein "sorgfältiges Bemühen" geschuldet hätten. Ebenso sei eine für einen Dienstnehmer typische Weisungsgebundenheit (insbesondere hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenen Verhaltens) sowie die funktionelle Einbindung der Dienstleistung in ein betriebliches Weisungsgefüge, einschließlich der Kontrollunterworfenheit und die Unterordnung der entsendeten Arbeiter unter die Dienst- und Fachaufsicht der ***2*** GmbH nicht vorgelegen. Dies habe auch das Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom VWgDatum (Seite 2) festgestellt.

Ebenso unrichtig sei, dass die Mitarbeiter der Subunternehmen durchgehend für die ***2*** GmbH tätig gewesen seien. Dies sei gar nicht möglich gewesen, da die ***2*** GmbH ein Saisonbetrieb gewesen sei, welcher über die Wintermonate (beginnend mit Mitte Dezember) geschlossen gehabt habe. Außerdem stütze das Finanzamt seine Feststellungen dazu auf die Eintritts- und Austrittsdaten der einzelnen Mitarbeiter der Subunternehmen laut ZKO-Formularen. Auf diesen sei aber bloß im Vorhinein eine voraussichtliche Entsendungsdauer vermerkt worden. Die Angaben der ZKO-Formulare bezüglich der Entsendungszeiträume würden jedenfalls nicht die tatsächlichen Zeitspannen in denen die entsendeten Arbeiter in Österreich gearbeitet hätten, wiedergeben.

Diesbezüglich könne exemplarisch dargelegt werden, dass laut der Berechnungstabelle des Finanzamtes von der Firma ***7*** s.r.o. im Jahr 2015, 126 Mitarbeiter im November und Dezember gearbeitet hätten, in der gleichen Zeitspanne seien von der ***7*** s.r.o. Rechnungen in der Höhe von EUR 12.660,00 an die ***2*** GmbH gelegt worden. Wenn davon ausgegangen werde, dass die 126 Mitarbeiter über 2 Monate monatlich je 169 Stunden gearbeitet hätten, ergebe das insgesamt 42.588 Stunden Arbeitsleistung in diesen 2 Monaten, und stehe dem ein Umsatz von EUR 12.660,00 gegenüber.

Dies zeige, dass die Berechnungen des Finanzamtes nicht stimmen könnten und die in den Bescheiden berechneten Lohnsteuern, Dienstnehmerbeiträge und Zuschläge zu den Dienstnehmerbeiträgen jedenfalls betraglich falsch seien. Das Finanzamt hätte für die vorgenommenen Berechnungen der Lohnsteuer, der Dienstnehmerbeiträge und den Zuschlägen zu den Dienstnehmerbeiträgen nicht einfach die Eintritts- und Austrittsdaten der einzelnen Mitarbeiter der Subunternehmen laut ZKO-Formularen heranziehen dürfen, ohne deren Richtigkeit zu prüfen.

Weiters sei anzumerken, dass es - da der Geschäftsbeziehung zwischen den Subunternehmen und der ***2*** GmbH Werkverträge zugrunde lägen - dem beauftragten Subunternehmer überlassen sei, wie viele seiner Mitarbeiter er zur Herstellung eines Werkes für einen bestimmten Auftraggeber einsetze. Dies deshalb, weil das Subunternehmen dem Auftraggeber ausschließlich den Erfolg schulde und es sich hier um Entsendungen und nicht um Arbeitskräfteüberlassungen handle.

Offensichtlich unstrittig sei, dass die Arbeiter der Subunternehmen die ausgewiesenen Arbeiten tatsächlich für die ***2*** GmbH erbracht hätten. Für diese Arbeiten seien die Subunternehmen seitens der ***2*** GmbH angemessen und vereinbarungsgemäß entlohnt worden. Die Bezahlung sei stets nach Abnahme der Gewerke erfolgt, für jedes Gewerk lägen Abnahmeprotokolle vor. Die Schuldnerin habe sich vor Bezahlung der jeweiligen Rechnungen, unter anderem durch Überprüfung der UID-Nummer und Einsicht in das Dienstleisterregister beim Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft jeweils überzeugt, dass der Zahlungsempfänger existiere, über eine aufrechte UID-Nummer verfüge und zur Erbringung der Dienstleistungen in Österreich berechtigt sei (Abfragen aus dem MwSt-Informationsaustauschsystem vom sowie sowie die Abfragen aus dem Dienstleisterregister für die Unternehmen ***8*** s.r.o., ***6*** s.r.o., ***14*** s.r.o., ***9***.r.o., ***11***.r.o., und ***7*** s.r.o. habe der Beschwerdeführer bereits mit seiner Stellungnahme vom 18. Mai vorgelegt).

Zu der Behauptung des Finanzamtes, es handle sich hierbei um zum Schein vorgenommene Dokumentationen, komme dieses wiederum nur unter der vorweggenommenen Unterstellung eines vorsätzlichen Handelns der ***2*** GmbH hinsichtlich der Beschäftigung von Scheinfirmen.

Aus den oben angeführten Gründen stellte der Masseverwalter daher folgende Anträge:

  1. Die Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 01/2018 sowie die Haftungsbescheide für die zu entrichtende Lohnsteuer für die Jahre 2013, 2014, 2015, 2016 und 2017 samt Säumniszuschlägen aufzuheben bzw. abzuändern;

  2. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO;

  3. gemäß § 262 Abs. 2 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die sofortige Vorlage an das Bundesfinanzgericht; sowie

  4. auf Verbindung dieses Verfahrens mit dem Verfahren über die Betriebsprüfung.

3. Vorlage der Beschwerde:

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundefinanzgericht (Außenstelle ***1***) zur Entscheidung vor und hielt im Vorlagebericht vom Folgendes fest:

Da der Verdacht auf Abgabenbetrug vorgelegen sei, habe die Staatsanwaltschaft unter der Leitung von ***Staatsanwalt***., Außenstelle ***1***, eine Hausdurchsuchung veranlasst. Die polizeilichen Ermittlungen hätten eine Tätergruppierung um die Personen ***A*** ***B*** bzw. seinen Bruder ***C*** ***B*** ergeben. Es habe sich um slowakische Scheinfirmen mit slowakischen oder ungarischen Scheingeschäftsführern gehandelt. Formal seien die Arbeitnehmer der ausländischen Firmen nach Österreich entsandt worden. Die entsendenden ausländischen Unternehmen hätten in der Slowakei keine nennenswerte Wirtschaftstätigkeit betrieben, ihre einzige Geschäftstätigkeit habe in der (rechtswidrigen) Entsendung von Arbeitnehmer nach Österreich bestanden. So seien unter anderem bei der Firma ***2*** GmbH beschäftigte Arbeiter bei diesen Scheinfirmen als Arbeitnehmer angemeldet gewesen. Diese seien aber nach den Entsendemeldungen durchgehend für die Firma ***2*** GmbH tätig gewesen.

Die GPLA-Prüfung habe dazu festgestellt, dass die ***2*** GmbH als wirtschaftlicher Arbeitgeber Personal beschäftigt habe, das jedoch formell bei einem anderen Unternehmen angemeldet gewesen sei.

Das Finanzamt ***FA*** habe bei der ***2*** GmbH betreffend den Zeitraum 2012-2017, Nachschauzeitraum 3/2017- eine Betriebsprüfung durchgeführt. Die Betriebsprüfung sei mit der Niederschrift vom abgeschlossen worden. Gegen die Feststellungen der Betriebsprüfung liege ebenfalls eine Beschwerde vor, die vom Finanzamt ***FA*** umgehend dem BFG übermittelt werde.

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren sei in der Beschwerde der Antrag auf sofortige Vorlage an das BFG nach § 262 Abs. 2 BAO gestellt worden. Wegen der fristgerechten Vorlage sei keine Beschwerdevorentscheidung ergangen.

Die in der Beschwerde vorgebrachten Behauptungen, die ***2*** GmbH hätte Subunternehmen beauftragt, und es könne kein Nachweis von Scheinunternehmen erbracht werden, sei durch die Aussagen in den Beschuldigteneinvernahmen und der Zeugeneinvernahmen einzelner Arbeiter eindeutig widerlegt.

Das Finanzamt ***FA1*** beantrage daher als GPLA-Zentrum die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:

Mit Schreiben vom teilte der Masseverwalter mit, dass die Geschäftsführer der ***2***, ***Gf-Bf2*** und ***GF-Bf1***, sowie der vormalige Dienstnehmer der Schuldnerin ***AN*** mit Urteil des Landesgerichtes ***LG*** als Schöffengericht vom ***LGDatum*** von den auch für das anhängige Beschwerdeverfahren relevanten Vorwürfen, wonach Zahlungen an "Scheinunternehmen" geleistet worden seien und die ***2*** GmbH zur Vortäuschung einer redlichen Geschäftsbeziehung Werkverträge mit Scheinunternehmen abgeschlossen hätte, Kick-Back-Zahlungen erfolgt seien, eine größere Zahl von Personen illegal beschäftigt hätte und Bestandteile des Vermögens der ***2*** GmbH beiseite geschafft worden seien, indem überhöhte Rechnungen an Scheinunternehmen des ***A*** ***B*** bezahlt worden seien, freigesprochen wurden. Ebenso seien die Geschäftsführer der ***2*** GmbH von den erhobenen finanzstrafrechtlichen Vorwürfen freigesprochen worden.

Die Feststellungen des Landesgerichtes ***LG*** als Schöffengericht entfalte Bindungswirkung für das anhängige Beschwerdeverfahren.

Der Masseverwalter übermittelte daher

  1. das Urteil des Landesgerichtes ***LG*** als Schöffengericht vom ***LGDatum***, GZ ***GZ***, sowie

  2. die Mitteilung des Landesgerichtes ***LG***, dass die von der WKStA angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde zurückgezogen worden sei.

In der Folge leitete der Richter des Bundesfinanzgerichtes an der Außenstelle ***1*** mit Aktenvermerk vom die Beschwerde an die Geschäftsstelle wegen Unzuständigkeit zurück, weil für die Beschwerde nach der Geschäftsverteilung ein Richter bzw. eine Richterin am Sitz zuständig sei.

Mit Beschluss der nunmehr zuständigen Richterin vom

1. wurde den Parteien mitgeteilt, dass das bisher zur GZ. RV/5101722/2018 geführte Verfahren aufgrund der Unzuständigkeitsanzeige vom des bis dahin mit der Beschwerde befassten Einzelrichters nunmehr unter der oben angegebenen Geschäftszahl von der genannten Richterin fortgeführt werde;

2. wurden der belangten Behörde die vom Beschwerdeführer am dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen mit der Aufforderung übermittelt, dazu innerhalb von 3 Wochen ab Einlangen dieses Beschlusses Stellung zu nehmen, ob und inwieweit an den im Urteil des Landesgerichtes ***LG*** vom ***LGDatum*** als nicht stichhaltig verworfenen Feststellungen der Außenprüfung, die den bekämpften Bescheiden zugrunde lägen, festgehalten werde;

3. wurde dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde aufgetragen, innerhalb der genannten Frist jene Unterlagen vorzulegen, aus denen ihrer Meinung nach ersichtlich ist, dass die Privatnutzung der PKWs durch die Gesellschafter-Geschäftsführer und die Entrichtung ihrer Sozialversicherungsbeiträge durch die Gesellschaft bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für DB und DZ berücksichtigt bzw. nicht berücksichtigt worden seien.

In Beantwortung dieses Beschlusses nahm die belangte Behörde wie folgt Stellung:

"An den Feststellungen der Außenprüfung wird aus folgenden Gründen festgehalten:

Den, der damaligen GPLA zur Verfügung stehenden, Unterlagen zufolge betrieben ***A*** ***B*** und andere Mittäter seit mindestens 2011 ein aus Scheinfirmen bestehendes Netz mit dem Ziel, Sozialversicherungsbeiträge und, von in Österreich im Baugewerbe beschäftigten Arbeitnehmern einzubehaltende und abzuführende, Steuern und Abgaben zu unterschlagen.

In diesem Rahmen wurden die Arbeitnehmer, die auf Baustellen in Österreich eingesetzt wurden, unter anderem von slowakischen Scheinfirmen bei der dortigen Sozialversicherung angemeldet und formal zur Arbeitsverrichtung nach Österreich entsendet. Tatsächlich wurden die Entsendungsbedingungen der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen jedoch nicht erfüllt. Die entsendenden Unternehmen betrieben in der Slowakei keine bzw. keine nennenswerte Wirtschaftstätigkeit, stattdessen bestand ihre einzige Geschäftstätigkeit in der (rechtswidrigen) Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich. Die Arbeiter selbst stammten dabei im Regelfall nicht einmal aus der Slowakei und standen somit in keinerlei Beziehung zu diesem Land. Sie wurden in Österreich angestellt, um hier zu arbeiten. Der mutmaßliche Chef dieser Scheinfirmen war ***A*** ***B***, der die Arbeiter an verschiedene österreichische Bauunternehmen vermittelt hat, welche die entsandten Arbeiter als ihr eigenes Personal in ihren Geschäftsbetrieb einbezogen haben. Bei den im slowakischen Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführern der Gesellschaften handelte es sich um Strohmänner, die in Wirklichkeit keinerlei Einfluss auf die Geschäftsleitung hatten, bzw. aufgrund von sprachlicher Barrieren gar nicht wussten, was sie unterschrieben haben und deswegen dabei fotografiert wurden.

Gegenüber den inländischen Behörden und Sozialversicherungsstellen wurde durch inhaltlich falsche Anmeldungen und Bestätigungen vorgetäuscht, dass es sich um rechtmäßige Entsendungen im Sinne der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen handelt, wodurch beträchtlicher finanzieller Schaden entstanden ist.

Das gegenständlich geprüfte Unternehmen "***2*** GmbH" hat in Kenntnis dieser Umstände für ihre Zwecke von ***A*** ***B*** solchermaßen rekrutiertes Personal zur eigenen Auftragserfüllung eingesetzt und damit in Zusammenhang stehende Aufwendungen in den Jahren 2013 - 2017 nicht als Lohn, sondern als laufenden Fremdleistungsaufwand verbucht.

Im Zuge der vom Finanzamt ***FA*** durchgeführten Betriebsprüfung wurden dem Prüfer seitens der ermittelnden Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) Niederschriften mit den im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführern der mutmaßlich betrugsverfangenen slowakischen S.R.O.s übermittelt, die auch der koordinierten Prüfung von Lohnabgaben im Insolvenzverfahren zur Auswertung zur Verfügung gestellt wurden.

Nachdem in dem dazu beim LG ***LG*** anhängigen Strafprozess (***GZ***) sämtliche in dieser Sache für die ***2*** GmbH agierenden Geschäftsführer und leitenden Angestellten freigesprochen wurden, und die WKStA eine zuerst angekündigte Nichtigkeitsbeschwerde wieder zurückgezogen hat, konnte aus diesem Urteil für die beim Finanzamt ***FA*** eingebrachten und nunmehr dem BFG vorliegenden Rechtsmittel, sowohl gegen die Betriebsprüfung als auch gegen die damit verbundene Prüfung von Lohnabgaben im Insolvenzverfahren, nichts gewonnen werden.

Die im Zuge dieses Prozess vernommen ehemaligen Dienstnehmer bezeugten, wenngleich sie offensichtlich nicht wussten, bei welchem slowakischen Dienstgeber genau sie beschäftigt waren, im Wesentlichen übereinstimmend, von einem slowakischen Dienstgeber beschäftigt worden zu sein.

Wie schon die Auswahl der für die der slowakischen Scheinunternehmen rekrutierten Geschäftsführer (Vorbestrafte, von Armut oder in ihrer Existenz bedrohte der slowakischen Sprache nicht mächtige Angehörige benachbarter Staaten) zeigt, wurde regelmäßig versucht, Personal zu finden, dass an der Person des Arbeitgebers kein allzu großes Interesse haben würde.

Das Studium der Beweiswürdigung des Urteils des LG ***LG*** erweckt jedenfalls den Eindruck, als hätten die befragten Dienstnehmer/Zeugen mit dem Namen "***2***" eher etwas anfangen können, als mit jenem ihres vermeintlichen Arbeitgebers. So gab ***AN1*** zB an, dass sich etwa alle drei Monate die ihn beschäftigende Firma änderte. Ähnlich auch ***AN2*** in seiner Aussage.

***AN3*** gab beispielsweise an, dass der ihm vorgestellte Geschäftsführer aussah als hätte man ihn soeben von der Straße aufgelesen. Darüber hinaus sagte er, dass es neben ***A*** ***B*** noch einen "richtigen" Chef gab, zu dem er allerdings keine weiteren Angaben machen konnte, weil er diesen nie kennengelernt hat.

Dieser Umstand wurde seitens des Strafgerichts nicht weiterverfolgt, obwohl bekannt war, dass von den als Arbeitgeber fungierenden Scheinunternehmen immer wieder dieselben Arbeitnehmer beschäftigt wurden, und dies den Angeklagten nicht nur bekannt sein musste, sondern von diesen auch so gewollt war.

Dabei werden folgende Umstände ins Treffen geführt:

Eine nicht unwesentliche Bedeutung für die Entscheidung des Gerichts hat sicherlich auch die vom, als Zeugen befragten, Steuerberater getätigte Aussage. Demnach hat er die ***2*** GmbH darüber beraten, wie man Subauftragsverhältnisse am besten dokumentieren sollte, sodass keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Auftragsverhältnisse aufkommen können. Im Rahmen dieser Beratung hat der Steuerberater es bekanntermaßen für gut befunden, wenn Vertragsunterzeichnungen mit Foto oder Film festgehalten werden. Dies wurde dann offensichtlich auch so gemacht.

In Verbindung mit dem Umstand, dass bereits der ebenfalls angeklagte (und in der Folge freigesprochene) Bauleiter ***AN*** wahrgenommen hat, dass bei den, von den jeweiligen Subfirmen entsandten, Arbeitnehmern überwiegend dieselben Arbeiter auf den Baustellen der ***2*** zum Einsatz kamen, hätte ein mit angemessener Sorgfalt agierender Geschäftsführer der ***2*** GmbH jedenfalls die tatsächliche Identität seiner Subauftragnehmer genauer hinterfragen müssen. Dies umso mehr, als er sich in Folge der eingeholten steuerlichen Beratung der damit verbundenen rechtlichen Risiken und Folgen einer Beschäftigung von Scheinfirmen bewusst sein musste.

Da das Gericht, aufgrund von widersprüchlichen Aussagen der Zeugen, Bedenken zu den mutmaßlich erfolgten Kickback-Zahlungen hatte, konnte in der Hauptverhandlung dieser Sachverhalt nicht mit der für eine strafrechtliche Verurteilung nötigen Sicherheit festgestellt werden. Dennoch kann aus den, teils widersprüchlichen, Aussagen der Zeugen entnommen werden, dass es solche Zahlungsflüsse gegeben hat.

Insbesondere der Zeuge ***A*** ***B***, der in seiner schriftlichen Stellungnahme angegeben hatte, dass der erstangeklagte ***Gf-Bf2*** in Alles eingeweiht gewesen sei, vermeinte in der Hauptverhandlung davon abweichend, dass nie über Scheingeschäftsführer gesprochen worden sei.

Darüber hinaus taten sich bei ihm, wie bei auch bei ***C*** ***B***, im Zuge des weiteren Verhandlungsganges auch zusätzliche Erinnerungslücken auf, die zu verwirrenden Antworten führten. Andererseits konnten sich beide wieder an Dinge erinnern, die tatsächlich nicht so gewesen sein sollen, wie sie es zuerst niederschriftlich zu Protokoll gegeben haben. Insgesamt kann allerdings trotz der divergierenden Aussagen von ***A*** und ***C*** ***B*** in der Hauptverhandlung daraus abgeleitet werden, dass tatsächlich Gelder in nicht bestimmbarer Höhe an die ***2*** GmbH zurückgeflossen sind. So haben ***A*** und ***C*** ***B*** in der Hauptverhandlung selbst eingeräumt, der ***2*** mehrmals Bargeld in einem Kuvert überbracht zu haben, weshalb es als erwiesen angesehen werden kann, dass es solche Zahlungsflüsse gegeben hat.

Äußerst dubios erscheint dabei auch, dass der für die Buchhaltung zuständige Geschäftsführer der ***2***, ***GF-Bf1***, laut eigener Aussage weder hinterfragt hat, wie mit "Geld das zurückgekommen ist" zu verfahren sei, noch eine Bestätigung über die Übernahme des Betrages ausgestellt hat, bzw. eine solche verlangt worden war ("gezählt und die Schublade gelegt" wie in der Niederschrift angegeben).

Im gerichtlichen Strafprozess wurde offensichtlich davon ausgegangen, dass es sich hierbei um die Begleichung einer privaten Schuld gehandelt hätte. Das ist insoweit anzuzweifeln, da der erstangeklagte ***Gf-Bf2*** aufgrund seiner Schulden wirtschaftlich gar nicht in Lage der sein konnte, solche Beträge - noch dazu mutmaßlich ohne Urkunde - zu verleihen!

In diesem Zusammenhang ist auch die Rolle des ***AN4*** zu hinterfragen, der ebenfalls widersprüchliche Angaben zu Protokoll gegeben hat.

So hat er u.a. angegeben, dass er als Zeichnungsberechtigter Geld von den Konten der unter der Kontrolle des ***A*** ***B*** stehenden (Schein)Unternehmen behoben hat, und dieses Geld seinem Chef "***A***" übergeben hat. Wie der weitere Geldfluss war, wisse er nicht.

Später ist ihm dann offensichtlich doch eingefallen, dass er Geld behoben habe, um Arbeitslöhne auszubezahlen.

Dass er mehrmals Kuverts mit zweifelhaftem Inhalt (Unterlagen der Arbeiter der slowakischen Subfirmen, Gelder, Stempel,...) an den Geschäftsführer ***Gf-Bf2*** überbrachte, war offensichtlich nicht Gegenstand gerichtlicher Beweiswürdigung. Diese Umstände hat jedoch ***AN*** im Zuge seiner Beschuldigtenvernehmung zu Protokoll gegeben, wobei er - auf diese Sache angesprochen - merklich in Erklärungsnotstand geriet und für eine Antwort Zeit zum Nachdenken erbitten musste. In Folge gab er - ***AN*** - an, dass er einmal in Abwesenheit des (erstangeklagten) ***Gf-Bf2*** ein Kuvert übernommen hat. Ein weiteres Kuvert mit Stempel wollte er nicht übernehmen, weil er erkannte, dass darin Stempel (für Verhandlungsniederschriften oder Auftragsschreiben) enthalten sind. Er gab in dieser Beschuldigtenvernehmung ungefragt, ergänzend zu Protokoll, dass "für diese Formulare" sowohl Stempel des Auftraggebers als auch des Auftragnehmers erforderlich seien.

Auch aus diesem Verhalten ***AN***' kann ermessen werden, dass - wenngleich er nicht so involviert gewesen sein mag - selbst er von Unregelmäßigkeiten im Bereich der Subauftragsverhältnisse wusste, und vermutlich auch eine Ahnung vom gesetzwidrigen Ablauf derselben hatte.

Möglicherweise hatte diese notwendige Übergabe von Stempeln seinen diesbezüglichen Verdacht erhärtet, weshalb er Angst hatte, mit der Übernahme der Stempel Schuld auf sich zu laden.

Die Botendienste des ***AN4*** waren somit nicht auf Abhebung von Geldern zur Bezahlung von Löhnen beschränkt, sondern beinhalteten auch Rückgabe von Geldern und die Übermittlung von Stempeln der Scheinfirmen an die Subauftraggeberin (in diesem Fall an die ***2*** GmbH).

Wie dies in weiterer Folge abgelaufen sein muss, lässt am ehesten die Aussage des geständigen ***AN5*** erahnen, der sich offensichtlich mehr dafür interessierte, was in seinem Namen geschehen wird. Immerhin konnte er Angaben zu den Namen der Scheinunternehmen machen, für die er als Geschäftsführer seine Identität hergab, und er wusste auch, für welche Auftraggeber sein Scheinunternehmen tätig wurde (in diesem Fall der im Gerichtsurteil zusätzlich erwähnte Auftraggeber "***AG1***" und ein weiterer "***AG2***").

Über die Tatsache, dass hier vorgefertigte - nur noch zu unterfertigende und mit Schnappschuss zu dokumentierende - Verträge vorgelegt wurden und die Auftraggeber mit den ihnen zur Verfügung stehenden Stempeln die Vertragsbedingungen quasi mit sich selbst verhandelt haben, besteht kein Zweifel.

Aus Sicht der Lohnabgabenprüfung kann daher nach wie vor davon ausgegangen werden, dass mit den Stempeln der Subauftragnehmer der Geschäftsführer der ***2*** GmbH die (Sub)Auftragsverhältnisse diktierte und sich via (bereits verurteilter) Gefolgsleuten, die ein Netzwerk aus Scheinfirmen errichtet hatten, billiges Personal rekrutieren ließ, um sich damit durch günstigste Angebotslegung bei großen Generalunternehmern der Bauwirtschaft Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen örtlich ansässigen Bauunternehmungen zu sichern.

Fest steht aber auch, dass alle in diesen verbundenen Verfahren Beschuldigten und Verurteilten zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche - sich immer wieder widersprechende - Angaben gemacht haben, die geeignet waren, die für die ***2*** GmbH tätigen verantwortlichen Funktionäre vor einer strafrechtlichen Verurteilung im gerichtlichen Strafverfahren zu bewahren.

Hinsichtlich der Bemessung für die im Zuge der Insolvenzprüfung festgesetzten Lohnabgaben für bisher nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogenen Sachbezüge für Kfz wird auf die vom Prüfer erstellte Arbeitsmappe (Tabelle "PKW-SB") verwiesen.

Da für die, von den Geschäftsführern für private Fahrten verwendeten, Kraftfahrzeuge keine Fahrtenbücher oder ähnliche Aufzeichnungen geführt wurden, war ein Sachbezug jeweils in voller Höhe anzusetzen, wobei eventuelle Kostenbeteiligungen oder Privatanteile bei der Bemessung berücksichtigt wurden.

Zur Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Gesellschaft wird ebenfalls auf die Arbeitsmappe verwiesen (Tabelle "GF"). Dass die SV-Beiträge von der Gesellschaft bezahlt wurden, wurde aufgrund des Verrechnungskontos festgestellt. Mangels Archivierung kann dieses jedoch nicht vorgelegt werden."

Mit Schriftsatz vom gab der Masseverwalter bekannt, er ziehe die Beschwerde hinsichtlich der Privatnutzung der KFZ sowie SVA-Beiträge und Rechtsanwaltskosten (Punkt 4. und 5. der Beschwerde vom ) aus verfahrensökonomischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zurück.

Bekämpft blieben aber die pauschalen Nachverrechnungen aufgrund der Ermittlungen der WKSTA.

Für den Masseverwalter sei nicht ersichtlich, wie nach den rechtskräftigen Freisprüchen der beiden Geschäftsführer und eines dritten Angeklagten mit Urteil des Landesgerichtes ***LG*** vom ***LGDatum*** die Feststellungen aus der Betriebsprüfung durch das Finanzamt aufrechterhalten werden könnten. Genau diese Ermittlungsergebnisse der WKSTA hätten im Zuge der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht ***LG*** entkräftet werden können.

Der pauschale Verweis im Bericht über die Außenprüfung auf die Ermittlungen der WKSTA, ohne die einzelnen Aussagen aus dem Ermittlungsverfahren zu würdigen, sei mit den rechtskräftigen Freisprüchen im Strafverfahren widerlegt. Die im Strafverfahren von den Beschuldigten und vor allem von den Zeugen vor einem Schöffengericht gemachten Aussagen würden somit die pauschalen Annahmen der belangten Behörde widerlegen.

Weiters habe die belangte Behörde, insbesondere bei der Betriebsprüfung, nur Teile des Ermittlungsaktes der WKSTA zur Verfügung gehabt bzw. sich auf jene Teile berufen, die von der WKSTA für die Ermittlungen der Finanz für wesentlich erachtet worden seien. Die belangte Behörde habe daher im Unterschied zum Strafgericht kein gesamtheitliches Bild der Beweise gehabt.

Der Masseverwalter ersuche daher das Bundesfinanzgericht, bei seiner Entscheidung die Aussagen der Angeklagten und Zeugen im Strafverfahren vor dem Landesgericht ***LG*** zugrunde zu legen (wobei auf eine neuerliche Einvernahme der Zeugen aus dem Strafverfahren verzichtet werde); für den Fall, dass das Bundesfinanzgericht seine Entscheidung auch auf andere Personalbeweise stützen wolle, müsse der Masseverwalter aber auf eine Einvernahme dieser Zeugen vor dem Bundesfinanzgericht bestehen.

Die Geschäftsführer der Schuldnerin ***Gf-Bf2*** und ***GF-Bf1*** mögen vom Bundesfinanzgericht aber jedenfalls einvernommen werden.

In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde von den Parteienvertretern auf das bisherige Vorbringen verwiesen.

Die Vertreterin der belangten Behörde verwies insbesondere auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, wonach ein Freispruch keine bindende Wirkung habe, und undurchsichtige Verhältnisse in der Geschäftsgebarung sehr wohl dazu führten, den sogenannten Auftraggebern die Arbeitnehmer wirtschaftlich zuzurechnen.

Der Masseverwalter verwies weiterhin auf die Ausführungen im Urteil des Landesgerichts ***LG*** und auf die im Rahmen der Beweiswürdigung zitierten Aussagen der Arbeitnehmer der slowakischen Firmen. Gleichzeitig verwies er auch auf die Verhandlungsprotokolle des Landesgerichts ***LG***.

Die Feststellungen betreffend KFZ-Nutzung und Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge für die Geschäftsführer wurden vom Masseverwalter ausdrücklich anerkannt.

Der Masseverwalter erklärte auch, dass es sinnvoll wäre, die beiden Geschäftsführer über den Zweck der Vertragsabschlüsse mit den slowakischen Firmen und ihren Kenntnisstand davon einzuvernehmen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die ***2*** GmbH wurde mit Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom ***GmbHDatum*** gegründet. Alleingesellschafter und Geschäftsführer war Herr ***GF-Bf1***. Mit Einbringungsvertrag vom ***EVDatum*** wurde das nicht protokollierte Einzelunternehmen
***GF-Bf1*** übernommen. Mit Generalversammlungsbeschluss vom ***GVDatum*** wurde der bis dahin als Prokurist tätige ***Gf-Bf2*** Geschäftsführer und übernahm gleichzeitig einen Hälfteanteil an der GmbH vom bisherigen Alleingesellschafter. Ab diesem Zeitpunkt waren beide Geschäftsführer zu je 50% Gesellschafter der ***2*** GmbH.
***GF-Bf1*** war für das Finanzwesen zuständig, insbesondere die Buchhaltung, den Zahlungsverkehr und die Budgetierung. ***Gf-Bf2*** war für das operative Geschäft zuständig, insbesondere die Akquisition von Aufträgen, Baustellenkalkulation, Personaleinteilung und die Beauftragung von Subunternehmen.

Die ***2*** GmbH war im Baugewerbe tätig. Sie wuchs in den Jahren 2008 bis 2018 stetig, was insbesondere auf die Großaufträge aus dem Fassadenbereich zurückzuführen war, die Herr ***Gf-Bf2*** akquirierte.

Die ***2*** GmbH fungierte als Subunternehmer insbesondere im Fassadenbereich für große Baukonzerne, wie etwa die ***X*** und die ***Y***. Um für die ***2*** GmbH derartige Großaufträge im Fassadenbereich übernehmen zu können, war Herr ***Gf-Bf2*** immer auf der Suche nach geeigneten Subunternehmen, da derartige Großaufträge allein mit den eigenen Arbeitnehmern der ***2*** GmbH insbesondere bei Arbeitsspitzen kaum bzw. nur schwer abgewickelt werden konnten.

Herr ***A*** ***B*** vermittelte ihm im Zeitraum September 2013 bis September 2017 folgende slowakische Firmen:

• ARGE ***3*** s.r.o.
• ***4*** s.r.o.
• ***5*** s.r.o.
• ***6*** s.r.o.
• ***7*** s.r.o.
• ***8*** s.r.o.
• ***9*** s.r.o.
• ***10*** s.r.o.
• ***11*** s. r.o
• ***12*** s.r.o

Die ***2*** GmbH schloss mit diesen Gesellschaften in weiterer Folge Werkverträge ab, sodass diese Gesellschaften wiederum Subunternehmer der ***2*** GmbH wurden. Die Arbeitnehmer dieser Gesellschaften wurden in der Slowakei zur Sozialversicherung angemeldet, beim zuständigen slowakischen Sozialversicherungsträger die Ausstellung von Bescheinigungen über die Einbeziehung dieser Personen in das slowakische Versicherungssystem beantragt und diese sogenannten A1-Bescheinigungen in weiterer Folge auch ausgestellt. Außerdem veranlasste ***A*** ***B***, dass die bei Entsendung erforderlichen Meldungen an die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen erstattet wurden.

Von der Zentralen Koordinationsstelle wurden dann diese sogenannten ZKO-Meldungen automatisiert an den zuständigen Krankenversicherungsträger und die BUAK übermittelt, sodass hinsichtlich dieser Subunternehmen sämtliche formelle Voraussetzungen für die Entsendung von Dienstnehmern nach Österreich erfüllt waren. Die in den Verträgen zwischen der ***2*** GmbH und den Subunternehmen festgehaltenen Preise und Konditionen waren branchenüblich. Anlässlich der Vertragsunterzeichnung wurden regelmäßig Fotos von den Geschäftsführern der Subunternehmen gemacht, um bei allfälligen Kontrollen nachweisen zu können, dass die Geschäftsführer tatsächlich anwesend waren. Nach Abnahme eines Projektes durch den Auftraggeber der ***2*** GmbH wurden der jeweiligen Subfirma die vereinbarten Honorare überwiesen.

Die Arbeitnehmer der slowakischen Subunternehmen wurden von eigenen bei den Subunternehmen beschäftigten Partieführern angeleitet. Sie bearbeiteten vorher bestimmte Fassadenabschnitte und waren nicht gemeinsam mit Arbeitnehmern der ***2*** GmbH tätig. Sie wurden in von Herrn ***A*** ***B*** zur Verfügung gestellten Wohnungen untergebracht, in eigenen Bussen zu den Baustellen gebracht, hatten ihre eigenen Werkzeuge und eigene - von den Arbeitnehmern der ***2*** GmbH getrennte - Baucontainer. Die Subunternehmen verfügten auch über eigene Vermessungstechniker. Die Arbeitnehmer der Subunternehmen erhielten ihre Lohnzahlungen nicht von Verantwortlichen der ***2*** GmbH, sondern von den Verantwortlichen der einzelnen slowakischen Firmen bzw. von den Brüdern ***B***. Herr ***A*** ***B*** galt bei den Arbeitnehmern der slowakischen Firmen als oberster Chef, die Geschäftsführer der ***2*** GmbH waren ihnen hingegen großteils unbekannt.

Mit Beschluss des Landesgerichtes ***LG*** vom ***KDatum***, GZ ***GZ18***, wurde über die ***2*** GmbH der Konkurs eröffnet und der nunmehrige Beschwerdeführer zum Masseverwalter bestellt.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***LG*** vom ***LGDatum***, GZ ***GZ*** wurden die Geschäftsführer der ***2*** GmbH von folgenden ihnen zur Last gelegten Vorwürfen gemäß § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen:

  1. sich gewerbsmäßig (§ 70 StGB) mit dem Vorsatz, sich bzw. die ***2*** GmbH durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern;

  2. die bereits abgesondert verurteilten ***A*** ***B***, ***16***, ***C*** ***B*** und ***AN4*** dazu bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB) zu haben, Mitarbeiter der Wiener Gebietskrankenkasse und der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vortäuschung, die auf die ARGE ***3*** sro, ***17*** sro, ***6*** sro, ***18*** Bau- und Handels GmbH, ***10*** sro, ***7*** sro, ***8*** sro, ***9*** sro, ***11*** sro, ***13*** sro und ***19*** sro angemeldeten Dienstnehmer seien auch tatsächlich für diese tätig, wobei es sich in Wahrheit um Scheinunternehmen handelte und die Dienstnehmer tatsächlich für andere Unternehmen tätig waren, zu Unterlassungen, nämlich zur Abstandnahme von der Einhebung der Sozialversicherungsbeiträge und Zuschläge nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz beim tatsächlichen Dienstgeber, zu verleiten;

  3. die Wiener Gebietskrankenkasse und die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse in einem Betrag von zumindest 6.153.253,14 Euro am Vermögen geschädigt zu haben, indem sie mit ***A*** ***B*** vereinbarten, dass dieser der ***2*** GmbH Fassadenarbeiter zur Arbeitsleistung zur Verfügung stellt, die auf in- und ausländische Scheinunternehmen angemeldet werden, und die ***2*** GmbH zur Vortäuschung einer redlichen Geschäftsbeziehung Werkverträge mit den Scheinunternehmen abschließt, um den Einsatz der zur Verfügung gestellten Arbeiter auf den Baustellen der ***2*** GmbH zu rechtfertigen;

  4. eine größere Zahl illegal, nämlich ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung, erwerbstätiger Personen beschäftigt zu haben, indem sie die von ***A*** ***B*** zugeführten und wahrheitswidrig auf Scheinunternehmen angemeldeten Arbeiter auf den Baustellen der ***2*** GmbH mit der Verrichtung von Arbeiten beauftragen und wie eigene Dienstnehmer in den Arbeitsablauf einbinden ließen;

  5. im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts ***FA*** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 11 FinStrG) als für die abgabenrechtlichen Belange verantwortliche Geschäftsführer der ***2*** GmbH vorsätzlich unter Verwendung von falschen Beweismitteln sowie unter Vortäuschung von Scheingeschäften oder anderen Scheinhandlungen (§ 23 BAO) und unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie dazu ergangener Verordnungen entsprechenden Lohnkonten dadurch, dass sie für Dienstnehmer, die tatsächlich von der ***2*** GmbH beschäftigt wurden, keine Lohnkonten führten und weder Lohnsteuer noch Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds oder Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag an das Finanzamt abführten, jeweils am 15. des auf den Lohnzahlungszeitraum folgenden Monats für die Lohnzahlungszeiträume September 2013 bis September 2017 eine Verkürzung von insgesamt 358.172,93 € an Lohnsteuer, 106.594,62 € an Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie 9.636,61 € an Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten zu haben.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, den Daten im Firmenbuch und folgender Beweiswürdigung:

Dem zitierten Urteil des Landesgerichtes ***LG*** ist in seiner Begründung u.a. Folgendes zu entnehmen:

"Die Feststellungen zu den Subfirmen und den zwischen diesen Subfirmen und der ***2*** GmbH abgeschlossenen Verträgen ergaben sich aus den Angaben der Angeklagten, die durch die Ermittlungsergebnisse der Kriminalpolizei und der Finanzbehörden untermauert wurden.

Die negative Feststellung, wonach nicht festgestellt werden kann, dass die Angeklagten zumindest ernstlich für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen, dass es sich bei den Subfirmen um Scheinfirmen handelt und die auf diese Firmen angemeldeten Dienstnehmer tatsächlich für die ***2*** GmbH tätig waren, sohin wie eigene Dienstnehmer der ***2*** GmbH in den Arbeitsablauf eingebunden waren, war zu treffen, weil die Angaben der Angeklagten, wonach die Dienstnehmer der ***2*** GmbH nicht wie eigene Dienstnehmer der ***2*** GmbH in den Arbeitsablauf eingebunden waren, nicht widerlegt werden konnten.

So führte der Zeuge ***16*** (Seite 44ff in ON 320a) aus, dass Arbeitnehmer der Subfirmen und Arbeitnehmer der ***2*** GmbH jeweils andere Flächen bearbeitet hätten, die Subfirmen über eigenes Werkzeug, eigene Arbeitskleidung und eigene Autos und teilweise auch über eigene Pausencontainer verfügt hätten. Der Zeuge ***20*** (Seiten 48ff in ON 320a), der für die Subfirmen tätig war führte aus, dass er Anweisungen von ***A*** ***B*** erhalten habe, der der "Chef" der Subfirmen gewesen sei, dass es Chefs am Papier gegeben habe, die auf Baustellen gekommen seien und sehen wollten, wo man arbeite und wie man arbeite, er sei Vorarbeiter solcher Subfirmen gewesen und auch er habe den Arbeitnehmern der Subfirmen gezeigt, wo und was sie arbeiten sollen, er sei eingeteilt gewesen, um die Mitarbeiter der Subfirmen zu kontrollieren, die Subfirmen hätten über eigenes Werkzeug und Arbeitskleidung und Baustellencontainer verfügt. Die zu bearbeitenden Flächen seien aufgeteilt gewesen, wobei auf der einen Fläche nur ***2*** Leute gearbeitet und auf der anderen nur die Slowakischen gearbeitet hätten, diese hätten nie gemeinsam gearbeitet, die ***2*** Leute hätten für sich gearbeitet und die Slowakischen auch für sich. Die Subfirmen hätten auch einen Chauffeur gehabt, der die Dokumente für den Eintritt in die Baustelle gebracht habe. Die slowakischen Firmen hätten nicht nur für die ***2*** GmbH, sondern auch für weitere Firmen wie ***AG3***, ***AG4*** und ***AG1*** gearbeitet und einen eigenen Vermessungstechniker gehabt. Die Arbeitsverträge der Mitarbeiter der Subfirmen seien auch von den Generalunternehmern kontrolliert und anerkannt worden.

Der Zeuge ***21*** (Seiten 60ff in ON 320a) vermeinte, nicht für die ***2*** GmbH, sondern für slowakische Firmen gearbeitet zu haben, wobei diese slowakischen Firmen für die Generalunternehmer wie ***X*** und ***Y*** gearbeitet hätten, ein Mitarbeiter der "slowakischen Firmen", nämlich der Zeuge ***20*** habe ihm gesagt "du arbeitest hier oder dort oder dort", von der ***2*** GmbH habe ihm niemand etwas angeschafft. Es sei so gewesen, dass da die ***2*** GmbH war und dann noch eine Firma und dann noch eine Firma und jeder hat für sich getrennt gearbeitet, er habe nicht mit ***2*** Werkzeug gearbeitet und sei nicht mit ***2*** Autos mitgefahren, er habe bei verschiedenen Firmen gearbeitet, dort wo es besser gewesen sei, dort habe er hingewechselt, er habe nicht gemeint Arbeitnehmer, Arbeiter der Firma ***2*** GmbH gewesen zu sein.

Der Zeuge ***AN2*** (Seite 62ff in ON 320a) vermeinte, für mehrere slowakische Firmen gearbeitet zu haben, wobei es ihm zwar schon ein bissl komisch manchmal gewesen sei, weil die Namen der Firmen so häufig gewechselt hätten, in der ***2*** GmbH habe er nicht gearbeitet, nur für slowakische Firmen, wobei es vorgekommen sei, dass auf einer Baustelle auf der einen Seite die ***2*** gearbeitet und auf der anderen Seite sie, aber nicht gemeinsam, gearbeitet hätten, das Werkzeug sei alles von seiner slowakischen Firmen gekommen, nichts- von ***2*** GmbH, zum Vermessen sei ein Vermessungstechniker der slowakischen Firma gekommen, ***20*** habe den Mitarbeitern der Subfirmen auf den Baustellen gezeigt, wo sie arbeiten und was sie arbeiten sollen. Mit der ***2*** habe er nichts zu tun- gehabt. Auch der Zeuge ***22*** (Seiten 66ff in ON 320a) gab an, für slowakische Firmen, nícht für ***2*** gearbeitet zu haben, die ***2***, die hätten neben ihnen gearbeitet, über ein Subvertragsverhältnis zur ***2*** GmbH habe er nichts gewusst, er sei Arbeiter dieser slowakischen Firma gewesen, der ***20*** habe ihnen Anweisungen erteilt, er sei Vorarbeiter gewesen, wer der Chef der slowakischen Firmen gewesen sei, wisse er nicht, Partien der ***2*** und Partien der slowakischen Firmen hätten getrennt, nicht zusammen gearbeitet, das Werkzeug sei gesondert gewesen, die slowakische Firma habe eine Firmenwohnung zur Verfügung gestellt. Der Zeuge ***AN3*** (Seiten 3ff in ON 320b) gab an, eigentlich nie direkt bei ***2*** gearbeitet zu haben, er sei als Angestellter des Subunternehmens von ***2*** tätig gewesen, aber nicht direkt bei ***2***, er habe eine Art Chef gehabt, der sei nicht offiziell der Chef gewesen, der habe ***A*** geheißen, es habe noch einen richtigen Chef gegeben, den habe er nicht kennengelernt, der sei ihnen nicht vorgestellt worden, es habe einen Bauleiter gegeben, das sei ***20*** gewesen. Er sei Partieführer, die slowakischen Firmen hätten eigene Aufmaßtechniker gehabt, es sei noch nie vorgekommen, dass Arbeiter der slowakischen Firmen mit Arbeitern der ***2*** vermischt gearbeitet hätten, die slowakischen Firmen hätten alles gehabt, also eigenes Werkzeug, eigene Fahrzeuge, die slowakischen Firmen hätten von ***2*** nur die Materialien bekommen, aber nicht einmal ein Messer, gar nichts sonst. Ein Mal im Jahr 2015 habe er beim Turm ***Baustelle1*** angefangen zu arbeiten und da sei jemand gekommen und habe man ihm gesagt, dass das der Geschäftsführer sei, und habe dieser Mensch nicht so ausgeschaut, wie die normalen herkömmlichen Geschäftsführer, dieser Mensch sei überhaupt nicht gepflegt gewesen, er sei nicht richtig angezogen gewesen, ein richtiger Geschäftsführer komme normalerweise mit Anzug oder zumindest mit einem Marken T-Shirt, aber dieser Mensch sei weder gepflegt angezogen gewesen, noch Charisma, er habe so ausgeschaut, als ob man ihn vom Straßenrand aufgelesen habe, der Drittangeklagte sei auch auf der Baustelle gewesen, der Geschäftsführer habe einen Sicherheitshelm aufgesetzt und sich umgeschaut und das sei vom Drittangeklagten fotografiert worden.

Der Zeuge ***23*** (Seiten 7ff in ON 320b) gab an, als Hilfsarbeiter für diese slowakischen Firmen tätig gewesen zu sein, die Arbeit hätten sie von ***2*** bekommen, er habe aber für die Firma ***2*** nicht gearbeitet, ***20*** sei Truppenleiter gewesen, die drei Angeklagten kenne er nicht.

Der Zeuge ***24*** (Seite 9ff in ON 320b) gab an, nicht zu wissen, wie die Firmen geheißen haben, für die er gearbeitet habe, der Name ***2*** sage ihm etwas, er habe auch für ***2*** gearbeitet, die ***2*** habe die Materialien geliefert, er habe eigentlich nicht den Eindruck, dass er bei ***2*** beschäftigt gewesen sei, aber sie hätten die Materialien gebracht. Er wisse nicht, ob er für slowakische Firmen gearbeitet habe, er habe keinen Chef gehabt bzw. sei es damals ***A*** gewesen, sein Ansprechpartner sei ***20*** gewesen, von der ***2*** habe ihm niemand etwas angeschafft, die Arbeiter der ***2*** seien von den Arbeitern der slowakischen Firmen getrennt gewesen, hätten andere Bereiche bearbeitet, die slowakischen Firmen hätten mit eigenem Werkzeug gearbeitet.

Der Zeuge ***AN1*** (Seiten 12f in ON 320b) gab an, überwiegend für slowakische Firmen gearbeitet zu haben, diese hätten sich alle drei Monate geändert, sein Chef sei ***A*** gewesen, er habe Unterlagen seinem Chef, einem ***25*** (phonetisch) gegeben und sei alles in der Slowakei erledigt worden. Sie hätten nur für die ***2*** gearbeitet, das sei alles was er über die ***2*** sagen könne, wobei er nicht Angestellter gewesen sei, auch die anderen nicht, sie seien die Sublieferanten gewesen, es sei so gewesen, sie hätten ihre Baustellen und die Angestellten von der Firma ***2*** hätten eigene Baustellen gehabt bzw. seien auf einer Baustelle verschiedene Bereiche bearbeitet worden.

Der Zeuge ***AN4*** (Seiten 2ff in ON 358) gab an, ***A*** ***B*** sei sein Chef quasi gewesen, er sei der Chef mehrerer Baufirmen gewesen. Er wisse nichts, ob diese Firmen für die ***2*** gearbeitet hätten, er habe Geld der slowakischen Firmen behoben, er habe es ***A*** ***B*** weitergegeben, wie das Geld dann weiter geflossen sei, wisse er nicht, er sei für die slowakischen Firmen Zeichnungsberechtigter gewesen und habe auch Geld behoben, wer jetzt genau Geschäftsführer gewesen sei, wisse er nicht, er sei nicht eingetragen gewesen im Firmenbuch, aber Zeichnungsberechtigter am Konto bei der Bank gewesen, wahrscheinlich seien die Geschäftsführer Leute gewesen, die ein Mal nach Österreich oder die ein Mal unterschrieben haben, wahrscheinlich könne sein, ja, das Geld habe er behoben, um die Arbeiter auszuzahlen.

Der Zeuge ***Gf6*** (Seiten 10ff in ON 358) führte aus, dass er fiktiv Geschäftsführer einer Firma ***6*** gewesen sei, er sei nach Österreich gekommen, um an der Baustelle zu arbeiten. Er sei dann mit diesen Leuten in Kontakt gekommen, die hätten dann festgestellt, dass er eine gute Qualifizierung hätte, er könne auch die Leute beaufsichtigen und führen, es sei ihm dann gesagt worden, es wäre nicht schlecht, wenn man eine Firma in der Slowakei gründe, dass er dort ein Arbeitsverhältnis habe, er habe angenommen, dass alles normal sei, diese Personen seinen ***26*** und ***27*** gewesen. Er sei davon ausgegangen, dass er etwas ganz Normales mache, gab an, nicht zu wissen, was er unterschrieben habe, er könne nur vermuten, dass es sich um einen Vertrag, einen Werkvertrag oder Arbeitsvertrag gehandelt habe, wobei er mit dem Erstangeklagten gesprochen habe und der Erstangeklagte gesagt habe "ok, jetzt hast du das unterschrieben, jetzt wird dich irgendwer zur Baustelle führen" und er sei davon ausgegangen, dass dort angenommen zehn Leute seien, und er sozusagen Geschäftsführer sei und ihnen zeigen solle, was sie arbeiten sollen, das sei eine riesige Baustelle gewesen, und da sei er dann gewesen, er sei bekannt gemacht worden mit Leuten, mit denen er in Zukunft zusammenarbeiten werde, er sei der Meinung gewesen, das seien hier legale Firmen, sie seien beim Notar gewesen, er sei davon ausgegangen, dass alles ok sei.

Der Zeuge ***Stb***, Steuerberater der ***2*** GmbH, (Seiten 15ff in ON 358) führte aus, dass er den Erstangeklagten darüber beraten habe, was man tun könne, damit man die Verhältnisse zum Subauftragnehmer so dokumentiere, dass auch alles in Ordnung sei, dass das, wie bei einer Betriebsprüfung zuvor, niemand mehr anzweifeln könne, dass tatsächlich ein Subauftragsverhältnis bestanden habe. Er habe dann die Beratung erteilt, alles möglichst ausführlich zu dokumentieren, alles solle nachweislich dokumentiert sein, wie Vertragsverhältnisse zu Stande kommen mit Subauftragnehmern, die einzelnen Schritte des Subauftragsverhältnisses, dass immer wieder dokumentiert werde, wer da sei und wer unterschrieben habe. Vor allem, weil das ein großes Thema bei der Betriebsprüfung sei, ob das glaubwürdig sei, dass tatsächlich derjenige, der ein Subauftragnehmer gewesen sei, ob auch wirklich derjenige gewesen sei, der unterschrieben habe. Bei der Betriebsprüfung sei die Betriebsprüferin der Meinung gewesen, ein Ausweis, also das könne ja irgendein Ausweis sein, und tatsächlich habe möglicherweise jemand anderer unterschrieben, weshalb man dann gesagt habe, das müsse man irgendwie nachweisen und da habe er es für eine gute Idee gehalten, dass man die Vertragsunterzeichnung dokumentiere und habe er ein Fotografieren oder Filmen für eine gute Idee gehalten.

Der Zeuge ***MV*** als Masseverwalter der ***2*** GmbH führte aus, dass von der Wiener Gebietskrankenkasse und der Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungskasse keine Forderungsanmeldungen hinsichtlich der Dienstnehmer der Subfirmen erfolgten (Seiten 17ff in ON 358).

Der Zeuge ***28*** gab an, dass er Wärmeschutzarbeiten in Österreich durchgeführt habe, wobei ***20*** und ***A*** ***B*** Bauleiter gewesen seien, ***A*** ***B*** sei der Chef gewesen, er habe in Wien etwas unterschreiben müssen, und es habe geheißen, dass auf seinen Namen eine Firma gegründet worden sei, wobei ***A*** ***B*** ihm geraten habe, dass er eine Firma gründen solle. Die Firma ***2*** sage ihm nichts, die drei Angeklagten habe er nie im Leben gesehen, die kenne er nicht, er habe mit keinen österreichischen Firmen Verträge abgeschlossen (Seiten 20ff in ON 358).

Der Zeuge ***29*** (Seiten 24ff in ON 358) gab im Wesentlichen an, keine Verträge mit österreichischen Unternehmen abgeschlossen zu haben, insbesondere nicht mit einem der drei Angeklagten.

Auf Grund all dieser Angaben war die negative Feststellung zu treffen, wonach nicht festgestellt werden könne, dass die Angeklagten zumindest ernstlich für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen, dass es sich bei den Subfirmen um Scheinfirmen handelt, und die auf diese Firmen angemeldeten Dienstnehmer tatsächlich für die ***2*** GmbH tätig waren, sohin wie eigene Dienstnehmer der ***2*** in den Arbeitsablauf eingebunden waren. Eine Liste aus dem eMailverkehr der ***2*** GmbH (ON 280, Seite 145) mit der Überschrift "Personalstand ***2***" vermag daran nichts zu ändern, zumal in dieser Tabelle auch die jeweiligen Subfirmen angeführt sind. Auch die Protokolle der Telefonüberwachungen weisen für sich betrachtet eher unspezifische Inhalte auf und ist kein besonderer Auffälligkeitswert daran erkennbar, dass mit einem Ansprechpartner für die Rekrutierung ausländischer Subunternehmen über dringend benötigte Arbeiter, Rechnungslegung und Daten solcher Subunternehmen gesprochen wird."

Der im Rahmen des Strafverfahrens mehrfach einvernommene Zeuge ***A*** ***B*** führte - laut Urteil des Landesgerichtes ***LG*** - stets aus, dass er die von der ***2*** GmbH an die slowakischen Firmen überwiesenen Rechnungsbeträge bei den slowakischen Banken behoben und nach Aushändigung des Geldes an ihn den Großteil davon zur Bezahlung der Arbeiter verwendet habe. Vom verbliebenen Rest habe er schließlich diverse Ausgaben bestritten, wie etwa die Kosten für die Wohnungen für die Arbeiter, die benötigten PKWs, die slowakischen Sozialversicherungsbeträge, etc.

Aus all den wiedergegebenen Zeugenaussagen kann daher - auch wenn ein Freispruch keine Bindungswirkung entfalten kann - nur der Schluss gezogen werden, dass von den Geschäftsführern der ***2*** GmbH über Vermittlung des Herrn ***A*** ***B*** mit den angeführten slowakischen Firmen, für deren Gründung Herr ***A*** ***B*** zuvor gesorgt hatte, tatsächlich Werkverträge abgeschlossen wurden und die Arbeitnehmer dieser Subfirmen getrennt und unabhängig von den Arbeitnehmern der ***2*** GmbH tätig waren.

Die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Argumente bezüglich sogenannter Kickback-Zahlungen sind hingegen für das Vorliegen von Dienstverhältnissen gänzlich unerheblich. Gleichermaßen ist es auch nicht wesentlich, wer die Bedingungen des Werkvertrages vorgab, solange diese in der Baubranche nicht unüblich waren. Unübliche Geschäftsbedingungen wurden aber niemals behauptet und auch im Rahmen des Strafverfahrens nicht festgestellt.

Auch die belangte Behörde geht davon aus, dass die Gründung der slowakischen Firmen ausschließlich auf die Brüder ***B*** zurückgeht. Aus den von der belangten Behörde ins Treffen geführten (teils widersprüchlichen) Aussagen der vom Landesgericht ***LG*** einvernommenen Zeugen kann aber nicht geschlossen werden, dass von den Geschäftsführern der ***2*** GmbH mit den bei den slowakischen Firmen angemeldeten Arbeitnehmern ein Dienstverhältnis begründet wurde, zumal die Zeugen übereinstimmend aussagten, diese gar nicht zu kennen, und von diesen auch niemals entlohnt worden zu sein.

Die Aussage des Zeugen ***AN3***, er sei davon ausgegangen, dass es neben ***A*** ***B*** noch einen richtigen Chef gegeben habe, den er aber nicht kenne, lässt nicht automatisch darauf schließen, dass er damit die Geschäftsführer der ***2*** GmbH gemeint haben könnte. Es ist wohl eher davon auszugehen, dass ***A*** ***B*** selbst nicht der oberste Chef dieses Netzwerkes war.

Soweit die belangte Behörde den Geschäftsführern mangelnde Sorgfalt bei der Auswahl ihrer Subfirmen vorwirft, übersieht sie, dass dieser Umstand nichts darüber aussagt, ob von diesen in ihrem Unternehmen Arbeitnehmer beschäftigt wurden, die nur zum Schein bei anderen Unternehmen angestellt waren. Dagegen spricht aber sowohl das Vorliegen sämtlicher relevanter Meldungen, die Sozialversicherung der Arbeitnehmer in der Slowakei und auch die in diesem Punkt übereinstimmenden Zeugenaussagen, in denen stets dargelegt wird, dass die für die Subunternehmen arbeitenden Arbeitnehmer getrennt von den Arbeitnehmern der ***2*** GmbH unter Aufsicht eigener Vorarbeiter und Vermessungstechniker an vorher bestimmten Fassadenteilen tätig wurden und ihre Entlohnung niemals durch Verantwortliche der ***2*** GmbH sondern durch die Brüder ***B*** und deren Beauftrage erfolgte.

Im Hinblick darauf, dass sämtliche Zeugen im gerichtlichen Strafverfahren unter Wahrheitspflicht ihre Aussagen tätigten, konnte von einer weiteren Einvernahme Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 47 Abs. 1 EStG 1988 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 8/2005 wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81 EStG 1988) des Arbeitgebers besteht. Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG 1988 auszahlt.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten und gemäß § 79 Abs. 1 leg. cit. die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubezahlen war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.

Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.

Gemäß § 83 Abs. 1 EStG 1988 ist der Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967, ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die in § 41 Abs. 1 FLAG 1967 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind ... (Beitragsgrundlage).

Gemäß § 41 Abs. 5 FLAG 1967 beträgt der Beitrag in den Jahren 2013 bis 2016 4,5 v.H. der Beitragsgrundlage. Im Kalenderjahr 2017 beträgt der Beitrag 4,1 v.H. und ab dem Kalenderjahr 2018 3,9 v.H. der Beitragsgrundlage.

Gemäß § 43 Abs. 1 FLAG 1967 ist der Dienstgeberbeitrag für jeden Monat bis spätestens zum 15. des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten. Die Bestimmung über den Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) finden gemäß § 43 Abs. 2 leg. cit. sinngemäß Anwendung.

Nach Maßgabe der Bestimmungen des § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 kann ein Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unter sinngemäßer Anwendung des § 43 FLAG eingehoben werden. Als Bemessungsgrundlage für den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag galt und gilt durch Verweis im Gesetz die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967.

Der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag betrug in Niederösterreich in den Jahren 2013 bis 2018 0,4 v.H. der Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967.

Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, ist gemäß § 201 BAO ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.

Gemäß § 202 Abs. 1 BAO gilt § 201 leg. cit. sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hiebei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 1 BAO) geltend zu machen.

Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden gemäß § 224 Abs. 1 BAO durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 224 Abs. 2 BAO bleiben die Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes über die Geltendmachung der Haftung für Steuerabzugsbeträge unberührt.

Bei einem Bescheid, mit dem eine persönliche Haftung geltend gemacht wird, wird die Identität der Sache durch den Tatbestand begrenzt, der für die geltend gemachte Haftung maßgebend ist (vgl. ; , 2009/15/0182, zu § 95 Abs. 3 EStG 1988; sowie , zu § 82 EStG 1988; sowie Ritz/Koran, BAO7, § 279 Tz 12).

So ist etwa die Geltendmachung der Haftung für Lohnsteuer auf den Haftungstatbestand des § 82 EStG 1988 gestützt. In einem solchen Verfahren ist die "Sache" und damit die Änderungsbefugnis nach § 279 BAO durch Lohnsteuerschuldigkeiten für dieselben Arbeitnehmer und für dieselben Zeiträume festgelegt, die das Finanzamt im erstinstanzlichen Haftungsbescheid herangezogen hat, wobei innerhalb dieses Rahmens die Änderungsbefugnis selbst solche Fehler in der Lohnsteuerberechnung umfasst, welche vom Finanzamt nicht aufgegriffene Sachverhalte betreffen (vgl. neuerlich ; ; sowie Ritz/Koran, BAO7, § 279 Tz 12).

Da die Beschwerdeführerin - wie oben dargelegt - im Streitzeitraum nicht Arbeitgeberin jener Arbeitnehmer ihrer slowakischen Subunternehmen war, für deren Löhne sie mit den gegenständlichen Bescheiden betreffend Haftung für Lohnsteuer herangezogen wurde, waren diese Bescheide wegen mangelnder Arbeitgebereigenschaft der Beschwerdeführerin ersatzlos aufzuheben.

Desgleichen waren die Bemessungsgrundlagen der Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2013 bis 2017 um die darin enthaltenen Löhne der Arbeitnehmer der slowakischen Subunternehmen zu kürzen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Bemessungsgrund-lage laut Bescheid
auszuscheidende Arbeitslöhne von Arbeitnehmern von Subunternehmen
Bemessungsgrund-lage laut Erkenntnis
2013
1.515.693,33 €
79.048,69 €
1.436.644,64 €
2014
1.832.468,88 €
195.737,98 €
1.636.730,90 €
2015
5.046.416,88 €
3.294.485,21 €
1.751.931,67 €
2016
4.429.197,77 €
2.482.896,24 €
1.946.301,53 €
2017
3.510.729,55 €
1.583.330,02 €
1.927.399,53 €

Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2018 war hingegen - im Hinblick darauf, dass deren Bemessungsgrundlage sich ausschließlich aus den Bezügen der wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer in Höhe von 1.824,00 € zusammensetzt - als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da in der gegenständlichen Entscheidung in erster Linie Sachverhaltsfeststellungen im Rahmen der Beweiswürdigung zu treffen waren und die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs folgt, war mangels einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 122 Abs. 7 und 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
§ 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 47 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 78 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 43 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 41 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 202 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Ritz/Koran, BAO7, § 279 Tz 12



ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102751.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at