Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.09.2023, RV/6100063/2023

Aufwendungen für die Sanierung eines mit echtem Hausschwamm (Serpula Lacrymans) befallenen Gebäudes als außergewöhnliche Belastung

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2023/15/0027.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Österreich betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2020 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer hat in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 außergewöhnliche Belastungen in Höhe von € 266.037,52 einkommensmindernd geltend gemacht.

2. Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid die Einkommensteuer für das Jahr 2020 mit € 174.159,00 festgesetzt. In der Bescheidbegründung führt sie aus, die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen könnten konnten nicht berücksichtigt werden, da sie den Selbstbehalt in Höhe von 44.910,90 € nicht übersteigen würden. Aufwendungen zur Sanierung des mit Hausschwamm befallenen Gebäudes seien keine außergewöhnliche Belastung. Der Begriff "Belastung" setzte grundlegend voraus, dass der Aufwand mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigem Verzehr verbunden sei. Ausgaben, die zu einer bloßen Vermögensumschichtung führten, seien nicht absetzbar. Von einem verlorenen Aufwand könne keine Rede sein, wenn der Aufwand zu einem Vermögenswert oder Gegenwert führe. Werterhaltenden oder werterhöhenden Wohnhaussanierungskosten, die nicht unmittelbar auf einen Katastrophenschaden gemäß § 34 Abs 6 EStG zurückzuführen seien, würde zur steuerlichen Anerkennung die Tatbestandsmerkmale der Außergewöhnlichkeit und der Zwangsläufigkeit fehlen. Die Instandsetzungsarbeiten hätten der Erhaltung des Vermögens gedient und stellten daher keine außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG dar. Zudem fehle es an der Außergewöhnlichkeit, wenn Sanierungsaufwände infolge von Baumängeln notwendig seien. Laut vorgelegtem Gutachten seien Baumängel als Auslöser identifiziert worden.

3. Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde bei der belangten Behörde eingebracht. Die Beschwerde richte sich gegen die Nichtanerkennung der außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von € 266.037,52. Über Finanzonline sei am der Finanzverwaltung dazu eine detaillierte Erläuterung zu dieser Position übermittelt worden. Neben einer Beilage mit der detaillierten Aufstellung der angesetzten Ausgaben in Höhe von € 266.037,52 seien die für die Erhebung der Schadensursachen maßgeblichen Gutachten des Gutachters ***GA1*** übermittelt worden. Da sich diese Gutachten im Steuerakt befänden, werde auf eine neuerliche Übermittlung verzichtet.

3.1. Im Jahr 2019 sei am Wohnhaus ***Adr1*** der Familie ***Bf1*** ein Befall mit dem echten Hausschwamm festgestellt worden. Die Sanierung dieses Schadens sei im Jahr 2020 durchgeführt und abgeschlossen worden. Insgesamt seien mit dieser Schadenssanierung Kosten von € 266.037,52 entstanden. Auf die entsprechende Aufstellung werde verwiesen ebenso auf die Gutachten des Gutachters ***GA1*** zur Darstellung des Schadensbildes und der Maßnahmen der Schadensbehebung.

3.2. Die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung im Zusammenhang der Beseitigung eines Gegenstandes existenznotwendigen Bedarfs erscheine geboten, wenn von diesem eine Gesundheitsgefährdung ausgeht. Derartigen Aufwendungen könne der Steuerpflichtige aus tatsächlichen Gründen nicht ausweichen, wenn andernfalls mit einem Schaden für seine Gesundheit oder die Gesundheit seiner Familien zu rechnen sei. Die Finanzverwaltung verkenne in Ihrer Begründung grundlegend die Auswirkungen des Befalles eines Gebäudes mit dem gemeinen Hausschwamm. Die Bekämpfung des Hausschwammes sei nicht notwendig gewesen, um den Gebäudewert zu erhöhen oder eine Vermögenumschichtung zu erreichen. Vielmehr seien diese Sanierungsarbeiten unbedingt notwendig gewesen, um eine komplette Zerstörung der Gebäudesubstanz zur verhindern. Ohne das Setzen von Sanierungsschritten, wäre das Gebäude innerhalb kurzer Zeit aus bautechnischen und gesundheitlichen Gründen nicht mehr bewohnbar gewesen. Der Befall mit dem gemeinen Hausschwamm hätte sich unkontrolliert über das weitere Gebäude ausgedehnt und der Schaden wäre im weiteren Zeitablauf immer grösser und irgendwann nicht mehr sanierbar geworden.

3.3. Bei dem Gebäude handle es ich um den einzigen Familienwohnsitz der Familie des Beschwerdeführers. Es sei damit alternativlos notwendig gewesen, die getroffenen Sanierungsschritte zu setzen um diesen Wohnsitz weiterhin bewohnbar zu halten.

3.4. Auch das Argument der Finanzverwaltung, dass die Sanierung aufgrund von Baumängeln notwendig gewesen sei und daher einer Anerkennung als außergewöhnliche Belastung entgegenstehe, finde in der gesetzlichen Regelung zu den außergewöhnlichen Belastungen und auch in der Rechtsprechung und Fachliteratur keine Deckung. Wenn eine Belastung eine außergewöhnliche Belastung darstelle, dann sei die Ursache der Entstehung der außergewöhnlichen Belastung für die Anerkennung nicht maßgeblich. Laut der detaillierten Aufstellung der Sanierungskosten seien nur die Ausgaben, die nicht von Versicherungen bzw. der betroffenen Baufirma vergütet wurden, als außergewöhnliche Belastungen angesetzt worden.

3.5. Die Behauptung der Finanzverwaltung, dass es sich lediglich um die Behebung eines Baumangels handelte und daher die Berücksichtigung der vom Eigentümer des Gebäudes getragenen Schadensbehebungskosten nicht als außergewöhnlichen Belastung anerkannt werden könnten, sei ebenfalls nicht zutreffend. Die Behebung des Baumangels (mangelhafte Abdichtung des Außenmauerwerkes) wäre mit einem sehr geringen Aufwand sanierbar gewesen. Der Hausschwammbefall sei eine indirekte Folge dieses Baumangels und daher nicht als Baumangel zu bezeichnen. Aus ebendiesem Grund habe das betroffene Bauunternehmen und auch dessen Haftpflichtversicherung eine komplette Übernahme der Sanierungskosten abgelehnt. Die beim Abgabepflichtigen verbliebenen Ausgaben stellten daher nicht die Kosten der Behebung des Baumangels dar, sondern ausschließlich die für die weitere Bewohnbarkeit des Gebäudes notwendigen Sanierungskosten des Hausschwammbefalles.

3.6. Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 34 EStG würden daher von den Ausgaben für die Sanierung des Befalles mit dem gemeinen Hausschwamm vollständig erfüllt:

  1. Eine Belastung sei gemäß § 34 Abs. 2 EStG außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Diese Voraussetzung werde im gegenständlichen Sachverhalt zweifellos erfüllt. Nur ein sehr geringer Teil von Gebäuden werde vom gemeinen Hausschwamm befallen.

  2. Die Belastung erwachse gemäß § 34 Abs. 3 EStG dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Ohne die getätigten Ausgaben wäre das Gebäude aus bautechnischen und gesundheitlichen Gründen nicht mehr bewohnbar, damit die weitere Lebensführung der Familie des betroffenen im Familienwohnsitz nicht mehr möglich. Es habe keine Alternative zur Durchführung der Sanierungsmaßnahmen gegeben.

Damit stellten die in der Steuerklärung angesetzten Ausgaben zweifellos außergewöhnliche Belastungen dar und seien als solche im Einkommensteuerbescheid 2020 zu berücksichtigen.

4. Mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und zugleich im Spruch festgehalten, dass der Bescheid gemäß § 263 Abs. 1 BAO abgeändert werde. Inhaltlich wurde mit der Beschwerdevorentscheidung der Spruch des angefochtenen Bescheides jedoch nicht geändert. In der Beschwerdevorentscheidung wird auf die am gesondert ausgefertigten Bescheidbegründung verwiesen.

4.1. Die Sanierungskosten des Eigenheims seien Kosten, welche typischerweise wiederkehrende Kosten der normalen Lebensführung mit sich bringen würden. Jeder vergleichbare Eigentümer eines Eigenheimes würde ein Interesse daran haben, seinen Wohnsitz instandzuhalten bzw. instandzusetzen und von potentiellen Gesundheitsgefährdungen zu befreien. Es handle sich dabei um Erscheinungen des täglichen Lebens, denen es am Charakter des Außergewöhnlichen mangelt.

4.2. Auch das Merkmal der Zwangsläufigkeit sei nicht erfüllt. Nach der herrschenden Ansicht und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Zwangsläufigkeit - in Ermangelung einer allgemeinen Definition im Gesetz - aus den einzelnen im Gesetz angeführten tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nach den Umständen im Einzelfalls differenziert abzuleiten ist. Während etwa Krankheitskosten grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen seien, sei eine Reparatur am Haus nur bei (tatsächlich eingetretenen) Katastrophenschäden zu berücksichtigen. Eine derartige Differenzierung sei notwendigerweise kasuistisch: So gelt die Erhaltung der Gesundheit als zwangsläufig, die Erhaltung des Eigenheimes oder der Wohnung jedoch nicht. Das Merkmal der Zwangsläufigkeit liege nicht vor.

4.3. Zu beachten sei darüber hinaus auch noch der von Lehre und Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, wonach unter Belastung im Sinne des § 34 Abs. 1 EStG nur vermögensmindernde Ausgaben zu verstehen sind, also solche, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigem Wertverzehr verknüpft seien. Nur verlorener Aufwand sei berücksichtigungsfähig. Soweit die Aufwendungen einen Gegenwert schafften, seien sie keine "Belastung", da diesfalls eine bloße Vermögensumschichtung vorliege. Zu Vermögensumschichtungen führten auch solche Aufwendungen, die für ein schon bestehendes, langlebiges Wirtschaftsgut des Steuerpflichtigen aufgewendet würden und objektiv geeignet seien, den Wert desselben nicht bloß kurzfristig zu erhöhen. Der Wertsteigerung müsse längerfristiger Charakter dergestalt zukommen, dass sie auch noch für einen allfälligen Erwerber desselben Wirtschaftsgutes von Bedeutung sei, er also diese bei seinen Kaufpreiserwägungen mitberücksichtigen würde. Die zur Schaffung des Gegenwertes führenden Umstände seien jedenfalls unbeachtlich, sodass bei (An-) Schaffung langlebiger Wirtschaftsgüter mit allgemeinem Verkehrswert ein der Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung entgegenstehender Gegenwert auch dann angenommen werde, wenn die (An-) Schaffung aufgrund einer Krankheit (oder einer Behinderung) erfolge. Vermögensmindernder Ausgaben lägen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor. Mit den Sanierungsmaßnahmen sei nämlich kein endgültiger Verbrauch, Verschleiß oder sonstiger Wertverzehr verknüpft gewesen, diese hätten vielmehr zu einem Gegenwert in Form eines sanierten und von baulichen Mängeln mit potentieller Gesundheitsgefährdung behobenen Wohngebäudes geführt. Zweifelsohne wäre ein potentieller Erwerber - bei einer unterstellten Verwertung dieses Gebäudes - bereit, eine Abgeltung für die Gebäudesanierung in Form eines höheren Kaufpreises (gegenüber dem Kaufpreis für ein - bei keiner Sanierung - mit Hausschwamm befallenen Gebäude) zu leisten. Die Baumaßnahmen hätten eine Wertsteigerung des Gebäudes erbracht, sie stellen damit werterhöhende Maßnahmen (gegenüber dem ursprünglichen Gebäude) dar. Damit könne dem in der Beschwerdeschrift vorgebrachte Argument, dass die Sanierungskosten als Krankheitskosten anzuerkennen seien, da diese zur Beseitigung einer potentiellen Gesundheitsgefährdung gedient hätten, nicht Folge gegeben werden. Vorsorgekosten zur Vermeidung von Krankheiten seien nicht abzugsfähig, keine endgültige Belastung im Sinne eines endgültigen Verbrauches, Verschleiß, eines verlorenen Aufwands, vorliege. Im Allgemeinen sind nach einhelliger Rechtsmeinung Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit nicht abzugsfähig.

4.4. Zudem sei noch darauf hinzuweisen, dass Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden von Gesetzes wegen (§ 34 Abs. 6 EStG 1988) ausdrücklich als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden könnten. Dessen ungeachtet stellten jedoch bloße Vorsorgemaßnahmen (und die damit einhergehenden Kosten) gegen Katastrophenschäden gerade keine außergewöhnliche Belastung dar. Dies habe auch für werterhaltenden bzw. werterhöhenden Wohnhaussanierungskosten Gültigkeit, die lediglich der laufenden Instandhaltung und Vermeidung von Schäden dienten, ohne den Umfang und Charakter eines Katastrophenschadens aufzuweisen. Es fehlen zur steuerlichen Anerkennung die Tatbestandsmerkmale der Außergewöhnlichkeit und der Zwangsläufigkeit. Des Weiteren fehle es an der Außergewöhnlichkeit, wenn die Sanierungsaufwände infolge von Baumängeln notwendig würden, denn Schadensbeseitigungskosten, die durch Baumängel verursacht worden seien, seien nicht unüblich, da es sich hierbei erfahrungsgemäß nicht um ein ungewöhnliches Ereignis handle, das etwa mit einem Hochwasserschaden vergleichbar sei. Laut vorgelegtem Gutachten seien Baumängel als Auslöser des Hausschwammbefalls identifiziert worden, auch in der Beschwerdeschrift werde der Hausschwammbefall ausdrücklich als Folge von Baumängeln bezeichnet.

Die geltend gemachten Aufwendungen könnten daher nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

5. Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

6. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Sachverhalt

Folgende Sachlage ist für das Bundesfinanzgericht entscheidungswesentlich und erwiesen:

1. Der Beschwerdeführer hatte im Jahr 2020 Aufwendungen in Höhe von € 266.037,52 für die Sanierung eines Wohngebäudes an der Adresse ***Adr1***, wegen Hausschwammbefalls. An dieser Adresse befindet sich der einzige Wohnsitz des Beschwerdeführers und seiner Familie. Es handelt sich um einen Bauernhof, der seit rund 150 Jahren von der Familie bewohnt und bewirtschaftet wird.

2. Ausgangspunkt des Befalls mit dem echten Hausschwamm (Serpula Lacrymans) war der Bereich eines alten Erdkellers, der im Zeitraum 2015 bis 2016 abgebrochen und aufgefüllt wurde. Der Bewuchs breitete sich unkontrolliert im feuchten Milieu der Erdschichten unterhalb des Bodenaufbaus des Wohnbereichs aus. Über die Fundamente des Gebäudes, die aus geschlichteten Steinen bestanden, drang das Pilzmyzel bis in den Wohnbereich vor.

3. Die Sanierung betraf die gesamte südwestliche Ecke des Gebäudes, in dem das Wohnzimmer, der Haupteingang und der zentrale Vorraum des Gebäudes liegen. Die Sanierung der Gebäudeteile war zwingen notwendig, um weitere schwerwiegende Schäden am Gebäude durch unkontrollierte Ausbreitung oder durch eine Neubesiedelung des holzzerstörenden Pilzes zu verhindern. Ohne die Sanierung wäre der Befall des Gebäudes weiter fortgeschritten. Das Gebäude wäre aus bautechnischen und gesundheitlichen Gründen nicht mehr bewohnbar gewesen mit der Konsequenz, dass letztlich der Gesamtabriss unvermeidbar gewesen wäre. Die Sanierung war alternativlos, um den Familienwohnsitz des Beschwerdeführers bewohnbar zu halten.

4. Die Ursache des Pilzbewuchses ist unklar. Der Ausgangspunkt des Bewuchses lag im verschütteten Kellergewölbe. Auslöser für den Bewuchs waren Bauarbeiten im Jahr 2015 und 2016. Unmittelbare Ursache für die Sanierung des Wohngebäudes war der Hausschwammbefall.

5. Die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen wurden durch befugte Unternehmer nach den Vorgaben des Gutachters für eine wirksame Sanierung gegen den Hausschwammbefall, Herrn ***GA1***, vorgenommen. Über die Hausschwammsanierung hinausgehende Baumaßnahmen wurden nicht durchgeführt. Die befallenen Gebäudeteile wurden ausnahmslos auf den Bauzustand vor dem Befall durch den Hausschwamm saniert.

6. Die Kosten für die Sanierungsmaßnahmen gehen nicht über das Notwendige und Übliche hinaus. Die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Kosten betreffen ausschließlich die für die weitere Bewohnbarkeit des Gebäudes notwendigen Sanierungsmaßnahmen aufgrund des Hausschwammbefalls. Die Aufwendungen erfolgten nicht zur Beseitigung von Baumängeln.

III. Beweiswürdigung

1. Für das Bundesfinanzgericht ist der unter Punkt II. dargestellte Sachverhalt nach der Aktenlage und den im Gerichtsverfahren beigebrachten Unterlagen erwiesen, vornehmlich anhand der von der belangten Behörde mit dem vorgelegten Akt übermittelte "Stellungnahme zum Umfang der Hausschwammsanierung" des Gutachters ***GA1*** vom sowie den vom Bundesfinanzgericht angeforderten und vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom eingereichten Unterlagen, insbesondere der "Kostenaufstellung Sanierung Hausschwamm inklusive Zahlungsbelegen", dem Gutachten des ***GA1*** vom , dem "Kurzbericht Bauteilöffnung" des Gutachters ***GA1*** vom , dem "Kurzbericht Bauteilöffnungen Bewuchseingrenzung" des Gutachters ***GA1*** vom und dem "Kurzbericht Bauteilöffnungen Bewuchseingrenzung 3" des Gutachters ***GA1*** vom . Die eingereichten Unterlagen wurden (zusammen mit dem an den Beschwerdeführer gerichteten Anschreiben des Bundesfinanzgerichts vom ) zur Wahrung des Parteiengehörs der belangen Behörde mit Schreiben vom zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme übermittelt. Die belangte Behörde hat dazu keine Stellungnahme abgegeben.

2. Soweit die belangte Behörde vorbringt, dass es sich bei dem Sanierungsaufwand um Schadensbeseitigungskosen handle, die durch Baumängel verursacht worden sind, ist anzumerken, dass diese Behauptung für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar ist. Belegbare Feststellungen oder Beweise dazu sind nicht aktenkundig. Aufgrund der eingereichten Unterlagen (Stellungnahme, Berichte und Gutachten des ***GA1***) hat das Bundesfinanzgericht jedenfalls keine Zweifel, dass die in der Kostenaufstellung angeführten und mit Belegen dokumentierten Zahlungen für die Beseitigung des Schadens aufgrund des Hausschwammbefalls erfolgten und nicht zur Beseitigung von Baumängeln.

IV. Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein.

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen.

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

2. Die Belastung ist gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

3. Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

4. Die Belastung beeinträchtigt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 iVm Abs. 5 EStG 1988) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von höchstens € 7.300 6%, bei einem Einkommen von mehr als € 7.300 bis € 14.600 8%, bei einem Einkommen von mehr als € 14.600 bis € 36.400 10%, bei einem Einkommen von mehr als € 36.400 12%.

5. Ausgaben, die eine bloße Vermögensumschichtung bewirken (den Wert eines Objektes auf Dauer erhöhen, ), führen zu keinem Wertverzehr und damit auch zu keiner außergewöhnlichen Belastung (). Als Belastungen sind nach ständiger Rechtsprechung nur solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verbunden sind (; , ; ). Die Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern bildet ausnahmsweise eine außergewöhnliche Belastung, wenn das frühere Wirtschaftsgut durch höhere Gewalt untergegangen ist (). Eine außergewöhnliche Belastung liegt nur dann vor, wenn die weitere Lebensführung ohne Wiederbeschaffung des zerstörten Wirtschaftsgutes nicht zuzumuten und ein gleichwertiges Wirtschaftsgut nicht mehr vorhanden ist (; ; ).

6. Ausgaben für Ersatzbeschaffungen, die in ursächlichem Zusammenhang mit außergewöhnlichen Vermögenseinbußen stehen, können als außergewöhnliche Belastungen Berücksichtigung finden. Voraussetzung ist allerdings, dass sowohl die Vermögenseinbuße selbst als auch die Ausgaben für die Ersatzbeschaffung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Der Beschwerdeführer muss alle ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um eine endgültige Vermögenseinbuße zu vermeiden ().

7. Aufwendungen zur Beseitigung von Vermögensschäden an privaten Wirtschaftsgütern (und deren Ersatzbeschaffung) führen insbesondere dann zu einer außergewöhnlichen Belastung, wenn es sich um die Katastrophenschäden handelt (soweit die zerstörten Gegenstände für die weitere Lebensführung benötigt werden, ; ).

8. Das Bundesfinanzgericht vertritt die Ansicht, dass Aufwendungen für die Sanierung oder den Austausch von gesundheitsgefährdenden Gegenständen des existenznotwendigen Bedarfs bei der Ermittlung des Einkommens gemäß § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können. Im Beschwerdefall stand durch den Befall mit dem echten Hausschwamm aus gesundheitlichen und bautechnischen Gründen unmittelbar die Unbewohnbarkeit und der Verfall des einzigen Wohngebäudes des Beschwerdeführers und seiner Familie bevor. Die aufwendige Sanierung war für den Beschwerdeführer daher ein unabwendbares Ereignis. Die sich daraus ergebenden Belastungen qualifiziert das Bundesfinanzgericht sowohl als außergewöhnlich als auch als zwangsläufig iSd § 34 Z 1 und 2 EStG 1988. Angemerkt wird, dass der deutsche Bundesfinanzhof (bei vergleichbarer Rechtslage) Aufwendungen für die Sanierung eines mit dem echten Hausschwamm befallenen Gebäudes ebenfalls als außergewöhnliche Belastung anerkannt hat (BFH , VI R 7010). Die Voraussetzung des § 34 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, wonach die Belastung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen muss, wird mit dem Selbstbehalt gemäß § 34 Abs 4 EStG bei der Steuerberechnung berücksichtigt. Somit war spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid gemäß § 279 Abs. 1 BAO abzuändern.

V. Bemessungsgrundlagen und Höhe der festgesetzten Abgabe

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer für das Jahr 2020 betragen (Beträge in Euro):

VI. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur im Beschwerdefall entscheidenden Rechtsfrage, ob Aufwendungen für die Sanierung oder den Austausch von gesundheitsgefährdenden Gegenständen des existenznotwendigen Bedarfs bei der Ermittlung des Einkommens gemäß § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können, fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge zulässig.

Rechtsbelehrung

[...]

Innsbruck, am

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