Mietvertrag auf bestimmte und unbestimmte Dauer
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Rechtsgebühr, Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer 10-2018, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) betreibt ein Immobilienbüro in Wien, das unter anderem eigene Objekte vermietet.
Von der Bf wurde der mit der C-GmbH als Mieterin am abgeschlossene Mietvertrag beim zuständigen Finanzamt zur Anzeige gebracht (Schriftsatz vom ). Mietgegenstand waren Geschäftsräume/-flächen mit einer gesamten Mietfläche von ca. 842 m² sowie auf dem Grundstück erstellte 58 Stück ebenerdige PKW-Stellplätze (zur Allein-Nutzung). Mietzweck war der Betrieb eines Forschungs- und Produktionsbetriebes zur Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von Bauteilen und Geräten (vgl. Vertragspunkt § 1).
Für diesen Mietvertrag wurde von der belangten Behörde die Bestandvertragsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG in Höhe von 7.668,96 Euro bescheidmäßig festgesetzt. Das Finanzamt ging von einer bestimmten Vertragsdauer von 10 Jahren und 8 Monaten mit anschließender unbestimmter Dauer (3 Jahre) aus, da das Mietverhältnis in dieser Zeit unkündbar sei. Unter Berücksichtigung der gestaffelten Miete (€ 3.000,00 für die ersten 24 Monate und danach € 3.500,00, jeweils zzgl. USt), der monatlichen Betriebskosten in Höhe von € 470,00 zzgl. USt und der Dauer (insgesamt 164 Monate) wurde eine Bemessungsgrundlage von € 766.896,00 ermittelt.
Dagegen brachte die Bf fristgerecht Beschwerde ein und führte zur Begründung aus, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten darstelle, sodass ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen sei. Die Bf könne sämtliche Kündigungsgründe der §§ 30 ff MRG geltend machen, lediglich auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes des § 30 Abs. 2 Z 8 MRG (Eigenbedarf) werde verzichtet. Da es sich bei der Vermieterin nicht um eine natürliche Person handle, sei der Anwendungsbereich dieses Kündigungsgrundes stark eingeschränkt. Im gegenständlichen Fall liege daher keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsgründe vor. Darüber hinaus seien in § 2 des Mietvertrages weitere Gründe festgehalten, die die Bf zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigten.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall die Bestandgeberin nicht auf alle in § 30 Abs. 2 MRG festgehaltenen Kündigungsgründe zurückgreifen könne. Die Kündigungsgründe Z 5, 6, 8 und 16 des § 30 Abs. 2 MRG würden sich auf Wohnungen beziehen und kämen daher nicht in Betracht. Ebenso würden die Z 2, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und 15 auf Grund des Sachverhaltes von vornherein ausscheiden. Die denkmöglichen Kündigungsgründe würden sich somit auf die Z 1, 3, 4 und 7 beschränken, welche allesamt ein Fehlverhalten des Bestandnehmers voraussetzten. Die der Bestandgeberin zur Verfügung stehenden Kündigungsrechte seien daher nicht derart umfassend, dass von einem auf den Abschluss eines unbefristeten Bestandverhältnisses gerichteten Vertragswillen auszugehen sei.
Innerhalb offener Frist wurde dagegen ein Vorlageantrag eingebracht und vorgebracht, dass bei der Geschäftsraummiete naturgemäß jene Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG nicht zur Anwendung kämen, die nur die Miete von Wohnräumen betreffen würden. Der Kündigungsgrund der Z 9 sei nicht auf Wohnraummiete beschränkt und könne daher zur Anwendung gelangen. Nicht nachvollzogen werden könne, dass Z 14 (betrifft abbruchreife Liegenschaften) und Z 15 (betrifft Liegenschaften, die abgetragen oder umgebaut werden sollen) von vorneherein ausscheiden würden, nur, weil diese Kündigungsgründe derzeit offensichtlich nicht zur Anwendung gelangen könnten. Für alle Zeiten könne dies jedoch nicht ausgeschlossen werden. Bei kaum einem Mietverhältnis kämen sämtliche der in § 30 Abs. 2 MRG normierten Kündigungsgründe zur Anwendung.
Auch in der Entscheidung des , kämen aufgrund des Sachverhaltes (auch hier handelte es sich um eine Geschäftsraummiete) nicht alle Kündigungsgründe des § 30 MRG zur Anwendung. Der VwGH habe aber entschieden, dass aufgrund der Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ein Vertragsverhältnis von unbestimmter Dauer vorliegen würde. Zudem würden die in § 2 des Mietvertrages festgelegten Kündigungsgründe weit über § 30 Abs. 2 MRG hinausgehen.
Das Finanzamt legte daraufhin die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Die Bf ist Eigentümerin eines Superädifikates, das aus einem Geschäftsgebäude und dazugehörigen Parkplätzen besteht.
Mit Mietvertrag vom hat die Bf der C-GmbH das Gebäude zum Betrieb eines Forschungs- und Produktionsunternehmens in Bestand gegeben.
Der zugrundeliegende gebührenrechtlich relevante monatliche Pachtzins beträgt in den ersten 24 Monaten 3.600,00 Euro, danach 4.200,00 Euro inkl. USt.
Zuzüglich zum Mietzins hat der Mieter nach § 3 Punkt 2. des Mietvertrages die Betriebskosten gemäß der Betriebskostenaufstellung zu bezahlen. Das dafür vereinbarte Betriebskostenakonto beträgt 564,00 Euro inkl USt.
§ 2 "Mietdauer" des Mietvertrages lautet:
"1. Das Mietverhältnis beginnt mit der Übergabe des Mietgegenstandes voraussichtlich am .
2. Der Mietvertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die Übergabe und Übernahme des Mietobjektes erfolgt mit Abschluss der vermieterseitigen Maßnahmen gemäß Bau- und Ausstattungsbeschreibung.
Das Mietverhältnis kann unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines Kalenderquartals schriftlich aufgekündigt werden. Der Mieter verzichtet auf sein Kündigungsrecht dergestalt, dass er das Mietverhältnis frühestens mit Wirkung zum (Ende des Vertragsverhältnisses) aufkündigen kann.
Im Fall der Veräußerung (oder sonstigen Weitergabe) des Mietgegenstandes an einen Dritten verzichtet der Mieter auf eine Aufkündigung dieses Mietvertrages gemäß § 1120 ABGB; dies gilt auch für jeden weiteren Veräußerungsvorgang.
3. Der Vermieter ist bis zum an die Kündigungsgründe der §§ 30 ff MRG in der zur Zeit des Vertragsschlusses geltenden Fassung gebunden, wobei der Vermieter auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Ziffer 8 verzichtet.
Der Vermieter ist berechtigt, das Mietverhältnis aus den folgenden wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung aufzulösen,
a. wenn der Mieter rechtliche Vorschriften, behördliche oder berufsgenossenschaftliche Anordnungen trotz schriftlicher Abmahnung nach Ablauf einer ihr gesetzten angemessenen Frist weiterhin oder erneut verletzt;
b. wenn der Mieter trotz schriftlicher Abmahnung unter angemessener Fristsetzung das Mietobjekt vertrags- oder zweckwidrig nutzt;
c. wenn der Mieter die Zahlungen eingestellt hat oder der Mieter mit der Summe von zwei Nettomonatsmieten oder Nebenkosten für mehr als zwei Monate im Rückstand ist.
d. sofern der Vermieter nicht Eigentümer, sondern Nutzer/ Leasingnehmer des Mietobjekts ist, wenn der Vertrag mit dem Eigentümer betreffend das Mietobjekt endet.
e. Zwingende gesetzliche Vorschriften, die diesen Regeln etwa entgegenstehen, bleiben unberührt. Endet der Vertrag wegen berechtigter fristloser Auflösung des Vertrages auf Antrag einer Partei, so haftet die andere Vertragspartei für alle der auflösenden Vertragspartei entstandenen und entstehenden Schaden, einschließlich - für den Fall einer berechtigten fristlosen Auflösung seitens des Vermieters - des Mietausfalles. Die Pflicht zur Schadensminderung bleibt unberührt.
4. Dem Mieter kommt ein außerordentliches Kündigungsrecht zu, sofern ihm die behördlichen Genehmigungen trotz intensiver Bemühungen rechtskräftig letztinstanzlich versagt werden.
5. Falls der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses den Mietgegenstand nicht rechtzeitig dem Vermieter geräumt übergibt, hat der Mieter ein Benutzungsentgelt in Höhe des 1,5-fachen monatlichen Bruttomietzinses zu zahlen."
2. Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig und ergeben sich insbesondere aus dem vorliegenden Bestandsvertrag. Gegenteilige Unterlagen wurden nicht vorgelegt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 33 TP 5 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Rechtsgebühr von 1 vH nach dem Wert.
Nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht entgegensteht. Ein nach seinem Wortlaut auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag ist als ein Vertrag auf vorerst bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist. Die Vereinbarung etwa aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stellt noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, weshalb in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (vgl. , unter Hinweis auf die Erkenntnisse vom , 2011/16/0169, und vom , Ra 2015/16/0072).
Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. , unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0111 und 0112).
Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, ist somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages zu beurteilen und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. , unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0040, mwN).
An der somit gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtung nach der Maßgabe von Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe ändert grundsätzlich auch eine Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG nichts. So vertritt der Verwaltungsgerichtshof in mittlerweile ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass - wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt - eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zu dem Ergebnis führen kann, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. und 0112; ; ; ).
In § 2 des gegenständlichen Mietvertrages wurde eine unbestimmte Vertragsdauer sowie ein Kündigungsverzicht der Mieterin für einen Zeitraum von 10 Jahren und 8 Monaten vereinbart (ab Vertragsbeginn bis ). Die Bf als Bestandgeberin kann nur bei Vorliegen eines der Kündigungsgründe des § 30 MRG kündigen. Auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 8 MRG wurde verzichtet. Nach Punkt 3. a-e ist der Vermieter außerdem berechtigt, das Mietverhältnis aus den dort angeführten wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung aufzulösen.
Betreffend die vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ist zu berücksichtigen, dass der Bestandgegenstand Geschäftsräumlichkeiten umfasst, weshalb die Ziffern 5, 6, und 16 des § 30 Abs. 2 MRG bereits mangels Wohnraumeigenschaft des Bestandgegenstandes ausscheiden. Auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes nach Z 8 wurde verzichtet. § 30 Abs. 2 Z 2 MRG kommt nicht zur Anwendung, da das Entgelt für den Bestandgegenstand nicht in einer Dienstleistung besteht. Ebenso wenig greift Z 10, da der Bestandgegenstand nicht zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt ist.
Zu den übrigen in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen ist wie folgt auszuführen:
§ 30 Abs. 2 Z 11 MRG ist nicht anwendbar, da es sich bei der Bestandgeberin nicht um eine Gebietskörperschaft handelt.
§ 30 Abs. 2 Z 12 MRG setzt ein Untermietverhältnis voraus, das im vorliegenden Fall nicht vorliegt.
§ 30 Abs. 2 Z 13 MRG ist kein eigenständiger Kündigungsgrund, sondern sieht vielmehr die Möglichkeit der Vereinbarung von weiteren Kündigungsgründen vor. Im gegenständlichen Fall wären das die in Punkt 3. a-e des Bestandvertrages vereinbarten Auflösungsgründe.
§ 30 Abs. 2 Z 14 und Z 15 MRG kommen nicht in Betracht, da das Bestandsobjekt nicht in einem Miet(wohn)haus gelegen ist und darüber hinaus keine Hinweise auf eine wirtschaftliche Abbruchreife bestehen. Zwar ist es, wie die Bf ausführt, nicht ausgeschlossen, dass diese Kündigungsgründe in Zukunft zur Anwendung kommen, im beschwerdegegenständlichen Zeitraum von 10 Jahren ist dies jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Bei der Prüfung der Kündigungsgründe ist nach der Rechtsprechung ua. die Wahrscheinlichkeit des Eintretens maßgebend.
Die Kündigungsgründe § 30 Abs. 2 Z 1 MRG (Mietzinsrückstand), Z 3 (erheblich nachteilige Nutzung des Bestandgegenstandes), Z 4 (Untervermietung) und Z 7 (vertragswidrige Verwendung) liegen allesamt in der ausschließlichen Sphäre des Bestandnehmers und sind jeglichem Einfluss des Bestandgebers entzogen.
Lediglich der Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 9 MRG (Eigenbedarf) liegt in der Sphäre des Bestandgebers. Dieser Kündigungsgrund ist jedoch einerseits von nicht umfassender Natur und andererseits ist auch die Wahrscheinlichkeit einer Realisierung dieses Kündigungsgrundes äußerst gering. Wenngleich der Kündigungsgrund des Eigenbedarfs auch von juristischen Personen geltend gemacht werden kann, bedarf es nämlich als Voraussetzung auch bei diesen, dass die vermieteten Räumlichkeiten zur Zweckerfüllung dringend benötigt werden und die vorliegende unabweisliche Notwendigkeit nur durch Aufkündigung des Bestandverhältnisses erreicht werden kann. Dabei muss es sich um einen Bedarf der juristischen Person selbst handeln (vgl. , mwN). Für ein Immobilienbüro erscheint ein solcherart zu verstehender dringender Eigenbedarf an Geschäftsräumlichkeiten iSd § 30 Abs. 2 Z 9 MRG allerdings sehr unwahrscheinlich.
Die Bf hatte somit keineswegs die Möglichkeit, den Bestandvertrag ohne Beschränkung auf einzelne, in der Urkunde ausdrücklich bezeichnete Gründe durch Kündigung zu beenden. Vielmehr war sie dazu im Ergebnis nur aus einzelnen in § 30 Abs. 2 MRG angeführten Gründen berechtigt, die - soweit diese dem Grunde nach überhaupt denkmöglich sind - sämtlich in der Person des Bestandnehmers gelegen und jeglichem Einfluss der Bf entzogen sind. Eine Ungleichbehandlung zwischen Mietern von Geschäftsräumlichkeiten und Wohnraummietern in Bezug auf die Beurteilung ob ein befristetes oder unbefristetes Mietverhältnis vorliegt, ist damit nicht gegeben, da es der Bf jederzeit freigestanden wäre, die Kündigungsmöglichkeiten vertraglich eben nicht zu beschränken.
Das vom Bf im Vorlageantrag angeführte Erkenntnis des , ist auf den vorliegenden Beschwerdefall nicht übertragbar, da im dort entschiedenen Fall der Kündigungsgrund "Unterlassung zumutbarer, möglicher, notwendiger Maßnahmen des Mieters zur Verhinderung vertragswidriger Beeinträchtigung des Hotel- und Geschäftsbetriebes des Vermieters durch Kunden oder Lieferanten des Mieters", auf den sich die Entscheidung letztlich stützt, vereinbart wurde. Ein vergleichbarer Kündigungsgrund fehlt im vorliegenden Beschwerdefall.
Die unter § 2 Punkt 3. des Mietvertrages vereinbarten Gründe für eine vorzeitige Vertragsauflösung, setzen ein Fehlverhalten des Vertragspartners bzw. die Unbrauchbarkeit des Bestandsgegenstandes voraus und können daher ebenso nicht beliebig ausgeübt werden.
Auf Seiten der Mieterin liegt außerdem ein Kündigungsverzicht vor, der diese für die Dauer von 10 Jahren und 8 Monaten in ihrer Kündigungsmöglichkeit einschränkt.
Aufgrund des vereinbarten einseitigen Kündigungsverzichts der Mieterin und der Eingeschränktheit der Kündigungsmöglichkeit bzw. der Unwahrscheinlichkeit der Ausübung der Kündigungsgründe der Bf liegt daher dem Vertragsinhalt nach zunächst ein auf 10 Jahre und 8 Monate befristeter Mietvertrag vor, der danach in einen Vertrag mit unbestimmter Dauer übergeht.
Der angefochtene Bescheid entspricht daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da sich das Bundesfinanzgericht bei der Lösung der anstehenden Rechtsfragen auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut und auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen konnte.
Im Revisionsfall liegt somit bereits aus diesem Grund eine klare bzw. geklärte Rechtslage vor.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100450.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at