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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.06.2023, RV/7102799/2022

Rückforderung der Familienleistung in einem Unionsfall nicht gerechtfertigt, da Familienbeihilfe, die über Geldunterhaltspflicht lag, nicht weitergeleitet wurde

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102799/2022-RS1
Der Beihilfenantrag des geldunterhaltsverpflichteten Elternteils ist auch im Anwendungsbereich der sozialen Koordinierung in Einklang mit dem Gebot der Inländergleichstellung gemäß Art 4 VO 883/2004 GRUNDSÄTZLICH nur bei Vorliegen der Verzichtserklärung des haushaltsführenden Elternteils rechtswirksam. Abweichende Erledigung ist nach Unionsecht zulässig.
RV/7102799/2022-RS2
Liegen in einem Unionsfall weder ein Antrag des haushaltsführenden Elternteils noch eine Verzichtserklärung desselben zum Beihilfenantrag des geldunterhaltsverpflichteten Elternteils vor, so ist die Beihilfenbehörde als zuständiger Träger gestützt auf , Trapkowski, im ANTRAGSVERFAHREN kraft Unionsrecht berechtigt, - den Antrag des geldunterhaltsverpflichteten Elternteils als Antrag des haushaltsführenden Elternteils zu werten und das Beihilfenverfahren mit dem haushaltsführenden Elternteil zu führen ODER - den Antrag des Geldunterhaltsverpflichteten unter der Voraussetzung seiner ÜBERWIEGENDEN Tragung der Unterhaltslasten zu akzeptieren, weil diesfalls nach Art 60 Abs 1 Satz 3 VO 987/2009 iVm Art 1 lit i Z 3 VO 883/2004 kraft unionsrechtlicher Fiktion eine Haushaltsgemeinschaft von Kindesvater und Kind als gegeben gilt, wodurch § 2 Abs 2 FLAG 1967 verdrängt wird (aA , , Slanina, -C-363/08, bekräftigt ; ; ; ; ; ). Der Antrag ist GRUNDSÄTZLICH nur rückwirkend zulässig, weil die überwiegende Tragung der Unterhaltslast nachzuweisen ist. Ausnahmen sind denkbar. - Liegt die Geldunterhaltspflicht unter der Höhe der österreichischen Familienbeihilfe, tritt an die Stelle der überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten die Weiterleitung der Familienbeihilfe.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Silvia Gebhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Wolfgang Günter Doppelhofer LL.M. (Krems), LL.M. (Santa Clara), Rechtsanwalt, Gluckgasse 2 Tür 6a, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , vormals Finanzamt Wien 8/16/17, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag in einem Unionsrechtsfall gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 iVm § 33 Abs 3 EStG 1988 für den Zeitraum Februar 2014 bis Januar 2017 für die mj Tochter ***T***, geboren ***2007***, und den mj Sohn ***9***, geboren ***2012***, in Summe EUR 11.678,70, Steuernummer ***13***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Die belangte Behörde hat die von der Kindesmutter, ***4***, SVNR ***7***, bei der belangten Behörde eingebrachten Anträge auf Differenzzahlung vom (Zeitraum offenbar ab September 2014) und vom (ausdrücklich Zeitraum Januar 2014 bis Januar 2017) gemäß , Trapkowski, iVm , FAÖ, zu berücksichtigen, das Familienbeihilfenverfahren mit ihr als Antragstellerin zu führen, die Mitteilung auf den Namen der Kindesmutter auszustellen und die Auszahlung auf ihr im Vorlagebericht bezeichnetes Bankkonto vorzunehmen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Strittig ist, ob der Beschwerdeführer (Bf) in Bezug auf die gegen ihn mit dem angefochtenen Bescheid in einem Unionsfall ausgesprochene Rückforderung an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (im Folgenden nur "Familienbeihilfe") im Sinn des , Finanzamt Österreich, gerechtfertigt ist ().

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Rückforderung damit begründet, dass "nach vorliegender Aktenlage davon auszugehen [sei,] dass [die] Kinder seit 02/2014 nicht mehr [dem] Haushalt [des Bf] angehören [würden]. Im Hinblick auf die Antragstellung der Kindesmutter und auf die Haushaltszugehörigkeit der Kinder bei dieser, [sei] der vorrangige Anspruch bei der Kindesmutter."

Nach dem dem elektronischen Verwaltungsakt einliegenden Antragsformular Beih38vom hatte der Bf rückwirkend und ausdrücklich für den Zeitraum 3/2014 bis 1/2017 die österreichische Familienbeihilfe in Form der Differenzzahlung beantragt und im Antrag bekannt gegeben, dass die beiden Kinder bei der Mutter in der Slowakei lebten. Darüber hinaus hatte der Bf dem Antrag folgende Teile mehrerer Gerichtsentscheidungen in slowakischer und teilweise in deutscher Sprache, Überweisungsbelege und Schulbesuchs- und Kindergartenbestätigung:

1. die erste Seite des Urteils des Amtsgerichtes ***2*** vom ***12***, GZ ***10*** und Akten-Identifikationsnummer ***3***, in slowakischer Sprache. Das Datum des Urteils ergibt sich aus dem Berufungsurteil laut Punkt 4. Nach dem Rechtskraftstempel vom besteht das Urteil aus zumindest sieben Punkten und näher bezeichnete Punkte des Urteils sind seit rechtskräftig. Der die Geldunterhaltspflicht regelnde Punkt III wurde nicht rechtskräftig. Die Punkte I bis III sind auf dieser Seite enthalten.

2. Die erste Seite des Urteils des Landesgerichts in Zilina mit mit der GZ ***11*** und unveränderter Akten-Identifikationsnummer ***3*** in slowakischer Sprache. Das Datum des Urteils ergibt sich aus dieser Seite nicht.

3. Die erste Seite und die zweite Seite zur Hälfte des unter Punkt 1. bezeichneten Urteils (im Folgenden kurz "Scheidungsurteil"). Punkt I spricht die Scheidung der Ehe aus, Punkt II verfügt, dass die Kinder für die Zeit nach der Scheidung in der Obsorge der Kindesmutter überlassen werden. Punkt III, der nicht vom Rechtkraftstempel umfasst ist, regelt die Geldunterhaltspflicht des Bf. Demnach hat der Bf für die mj Tochter ***T***, geboren ***2007*** EUR 150,00 und für den mj Sohn ***9***, geboren ***2012***, mit EUR 120,00 jeweils monatlich im Voraus zum Unterhalt der Kinder zu Handen der Kindesmutter beizutragen.

4. Die erste Seite des unter Punkt 2. bezeichneten Urteils des zuständigen Landesgerichts als Berufungsgericht. Das Berufungsurteil ändert das Scheidungsurteil im Punkt III dahin ab, dass der monatliche Unterhaltsbetrag für die mj ***T*** auf EUR 130,00 und für den mj ***9*** auf EUR 100,00 beginnend mit der Rechtskraft des ergänzenden Urteils herabgesetzt wurde. Das Urteil weist keinen Rechtskraftstempel auf.

5. Überweisungsbelege in Kopie über den Zeitraum Juni 2016 bis August 2017 beigeschlossen. Auf deren detaillierte Darstellung, soweit sie streitgegenständlich sind, im Punkt Sachverhalt/Beweiswürdigung wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

6. Besuchsbestätigung von Schule und Kindergarten.

Mit Schriftsatz vom nahm der Bf Bezug auf einen Vorhalt vom und ein Telefonat vom und führte aus, dass sich obiger Antrag auf den Zeitraum bis März 2014 bis Februar 2016 beziehe. Bis Februar 2014 habe er die österreichischen Familienleistungen bezogen, seine Kinder hätten bei ihrer Mutter in der Slowakei gelebt. Er sei damals Pendler gewesen und habe seiner Familie regelmäßig größere Geldbeträge überwiesen. Er gehe davon aus, dass seine Ehefrau zu dieser Zeit bei der belangten Behörde angerufen und vorgetragen habe, er würde ihr die Familienbeihilfe nicht weitergeben bzw auszahlen, weshalb ab März 2014 die Zahlungen an ihn eingestellt worden seien. Den geforderten Nachweis über die Ansprüche der slowakischen Familienbeihilfe könne er nicht beibringen, da die slowakische Behörde ihm mitgeteilt habe, das Formular E411 würde nur zwischen den Ämtern verwendet. Als Privatperson könne er es nicht bekommen. Zu seiner geschiedenen Ehefrau habe er keinen Kontakt, sie sei seiner Ansicht nach psychisch krank. Aus diesem Grund könne er die Verzichtserklärung nicht beibringen. Überweisungs- und andere Bankbelege (Eigentransfer, SB-Abhebungen) aus dem Zeitraum März 2014 bis März 2017 waren beigeschlossen. Die Überweisungen auf das Konto der Mutter begannen demnach mit erst mit Mai 2014.

Mit Mitteilung vom gewährte die belangte Behörde die österreichische Familienbeihilfe in Form der Ausgleichszahlung für die beiden Kinder rückwirkend für den Zeitraum 01/2013 - 01/2017 (s folgend dargestellten Vorhalt der belangten Behörde und Schriftsatz des Bf) und überwies die gesamten österreichischen Familienleistungen auf das Bankkonto des Bf. Die Mitteilung wurde seitens der belangten Behörde nicht vorgelegt.

Mit Vorhalt vom wurde der Bf um Bekanntgabe ersucht, ob er die erhaltene Familienbeihilfe iHv von EUR 11.331,00 für ***T*** und ***9*** an die Kindesmutter ***4*** überwiesen habe. Ein Nachweis sei vorzulegen.

Mit Schriftsatz vom setzte der Bf die belangte Behörde in Kenntnis, dass ihm mit behördlichem Schreiben vom die Ausgleichszahlung für seine zwei Kinder nachträglich für den Zeitraum 01/2013 - 01/2017 gewährt worden sei, obgleich er - worauf er ausdrücklich hinwies - die Ausgleichszahlung nur für den Zeitraum 03/2014 bis 02/2016 beantragt hatte. Da er bis Februar 2014 die Ausgleichszahlung ausbezahlt bekommen habe und seit März 2016 geschieden sei, scheint es nach seiner Ansicht bei der Berechnung zu einem Fehler gekommen zu sein. Wörtlich führte er aus: "Ich bitte Sie deshalb die Berechnung und insbesondere den Zeitraum zu überprüfen, da es wohl zu einer großen Überzahlung Ihrerseits gekommen ist. Beziehen Sie bitte auch die von mir Ende April 2018 abgegebenen Unterlagen (z.B. Kontoauszüge) und den Begleitbrief ein. … Ich ersuche darum, die Berechnung der Ausgleichszahlung zu korrigieren, gerne überweise ich Ihnen die Überzahlung retour.Die Nachweise für von mir getätigte regelmäßige Zahlungen an meine Ex-Frau und Kinder im Zeitraum, als ich keine Familienbeihilfe bzw. Ausgleichszahlung aus Österreich bezog, habe ich Ihnen Ende April 2018 abgegeben. Auf Grundlage dieser Unterlagen wurde die nachträgliche Auszahlung der Ausgleichszahlung vollzogen (für einen fehlerhaften Zeitraum). Neben den belegbaren Summen auf den Kontoauszügen, kam es auch zu Barzahlungen, für die ich leider keine Belege habe. Da ich keinen Kontakt zu meiner Ex-Frau habe, was [ich] bereits telefonisch Fr. ***1***, als auch schriftlich mitgeteilt habe, werde ich Ihnen keinen Nachweis über weitere Zahlungen vorlegen können."

Sodann erging der angefochtene Rückforderungsbescheid vom .

Bescheidbeschwerde vom

In der frist- und formgerechten Beschwerde, berief sich die rechtsfreundliche Vertretung auf die erteilte Vollmacht und trug vor, dass dem Bf Ausgleichszahlungen und Kinderabsetzbeträge, zuletzt mit Bescheid vom , gewährt worden seien. Der Bescheid wurde der Beschwerde nicht beigelegt.

Der bekämpfte Bescheid entspreche erstens nicht den §§ 16, 56 und 58 AVG. Der bekämpfte Bescheid weise den Familiennamen des Bf unrichtig mit "ü" statt mit einem "u" und dem korrekten slowakischen Akzent "°" aus. Der sich aus dem angefochtenen Bescheid ergebende Normadressat existiere in Wahrheit nicht. Es liege folglich ein Nichtbescheid vor, der zur Gänze aufzuheben sei. Im Beschwerdeschriftsatz wird der Name des Bf ohne den korrekten slowakischen Akzent geschrieben.

Zweitens werden die Ausführungen der Kindesmutter bestritten, da der Bf die seitens der Behörde erhaltenen Zahlungen jeweils 1:1 der Kindesmutter hat zukommen lassen. Da dem Bf, insbesondere mangels Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, nicht Gelegenheit eingeräumt worden sei, die Behauptungen der Kindesmutter zu entkräften bzw dazu Stellung zu nehmen. Der bekämpfte Bescheid sei somit auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge Verletzungen von Verfahrensvorschriften belastet.

Drittens sei der Beschwerdeführer hinsichtlich der erhaltenen Familienbeihilfe jedenfalls anspruchsberechtigt. Den seitens der belangten Behörde geforderten Nachweis, dass er die erhaltenen Beihilfen an seine Familie ausbezahlt hat, habe er im Übrigen bereits erbracht. Diese Zahlungen des Beschwerdeführers hätten der belangten Behörde im Rahmen der jedenfalls erforderlich gewesenen mündlichen Verhandlung (siehe Punkt 2.auch entsprechend erklärt werden können. Auch aus diesem Grund sei der Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Viertens sei schließlich darauf hinzuweisen, dass die Rückzahlung des nunmehr geforderten Betrages den Bf existentiell beeinträchtigen würde, weswegen der gegenständlichen Beschwerde auch hemmende Wirkung zuerkannt werden möge.

Weiters wörtlich:

"Der Beschwerdeführer stellt daher die nachfolgenden

ANTRÄGE:

Das [Bundesfinanzgericht] möge

- der gegenständlichen Beschwerde hemmende/aufschiebende Wirkung zuerkennen,

und

- in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom dahingehend abändern, dass dieser ersatzlos aufgehoben wird,

- in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides, nämlich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, an die belangte Behörde zurückweisen."

Eine Mitteilung vom wurde weder dem Beschwerdeschriftsatz seitens der rechtsfreundlichen Vertretung beigelegt noch dem BFG mit der Beschwerde seitens der belangten Behörde vorgelegt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde aus folgenden Gründen als unbegründet ab:

"Sie sind als Vater Elternteil im Sinne des § 2 Abs. 3 FLAG 1967. Mit Ihrer Erwerbstätigkeit in Österreich lösen Sie jedenfalls einen Anspruch auf eine österreichische Familienleistung (FB oder AZ) aus, und zwar unabhängig davon, ob ein Naheverhältnis zum Kind besteht od. nicht.

Art. 60 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009: … alle Familienangehörigen des Kindes sind so zu betrachten, als würden sie im Bundesgebiet wohnen und unter die österreichischen Rechtsvorschriften fallen: § 2 Abs. 2 FLAG 1967 legt bez. Anspruchsberechtigung fest, dass vorrangig anspruchsberechtigt der Elternteil ist, der mit dem Kind im gemeinsamen Flaushalt lebt. Im vorliegenden Fall ist dies die Mutter. Ergebnis: Sie als Vater sind der Elternteil, der den Anspruch in Österreich auslöst und diesen der anspruchsberechtigten Mutter vermitteln. In der Entscheidung vom Kreisgericht in ***2***, den , ***10***, wurde auf Grund des Sachverhaltes als Tatbestand festgestellt, dass die Haushaltszugehörigkeit zu Ihren Kindern im Februar 2014 aufgehoben wurde.

Offenbar auf einem Versehen beruht eine Unrichtigkeit nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann, wenn sie für die Partei, bei Mehrparteienverfahren für alle Parteien, klar erkennbar ist und von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Bescheiderlassung hätte vermieden werden können (vgl. 85/02/0248). Auch eine unrichtige Namensbezeichnung kann eine solche Unrichtigkeit im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG darstellen, wenn die Identität der Person feststeht (vgl. 91/09/0047).

Da laut Zentralmelderegister der Name **** mit einem slowakischen Zeichen eingetragen ist, wurde dieses in Ermangelung eines adäquaten Zeichens als * übernommen, wobei an der Identität des Adressaten kein Zweifel bestand.

Die Rückzahlungspflicht nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 trifft ausschließlich den Bezieher der Familienbeihilfe. Diese Bestimmung legt eine objektive Erstattungspflicht desjenigen fest, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. zB 2012/16/0047)."

Mit Schriftsatz vom beantragte die rechtsfreundliche Vertretung die Entscheidung über die Beschwerde vom durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Vorlagebericht vom

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vor und führte ergänzend aus:

"Die Kindesmutter … stellte am den Antrag auf Familienbeihilfe. Da bereits der Kindesvater den Antrag gestellt hatte, präzisierte sie in einem zusätzlichen Schreiben, dass die Nachzahlung auf ihr Konto gehen sollte. Die Überweisung sollte nach Absprache mit dem KV auf das Konto ***8*** gehen, was aber nicht geschah. Die Nachzahlung erfolgte am in Höhe von € 11.331,00 offensichtlich aus noch damaliger Rechtsauslegung wegen Unterhaltsleistung auf das Konto des Kindesvaters. Laut Vorhaltbeantwortung der Ex-Gattin v. geht aus dem übersetzten Urteil v. hervor, dass [der Bf] seit Februar 2014 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit Ex-Frau und den Kindern lebt. In der Entscheidung vom Kreisgericht in ***2***, den , ***10***, wurde auf Grund des Sachverhaltes festgestellt, dass die Haushaltszugehörigkeit zu den Kindern ab Februar 2014 beim Kindesvater aufgehoben war. Es erfolgte daher am eine Rückforderung ab 02/2014 - 01/2017 und am eine abweisende BVE mangels Haushaltszugehörigkeit.

Das Finanzamt beantragt die Abweisung der Beschwerde, da mangels Haushaltszugehörigkeit dem Kindesvater die Familienbeihilfe nicht zustand. Artikel 60 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 lautet: "… Bei der Anwendung der Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbes. was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruches anbelangt, die Situation der gesamten Familie so zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates fallen und dort wohnen ….." Für Personen, die in Österreich wohnen, legt § 2 Abs. 2 FLAG 1967 fest, dass die Familienbeihilfe primär dem Elternteil zusteht, der das Kind im gemeinsamen Haushalt hat. Gibt es keinen gemeinsamen Haushalt zwischen Elternteil und Kind, hat derjenige Anspruch auf die Familienbeihilfe, der überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind trägt (§ 2 Abs. 2 FLAG 1967). Leben beide Eltern im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind, gilt § 2 a FLAG 1967."Ausschlaggebend für diese Rechtsauslegung war das Urteil vom EUGH vom , C-378/14.§ 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 sieht vor, dass bei der Anwendung der Verordnung 883/2004 die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen ist, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaates fallen und dort auch wohnen."

Akteneinsicht durch BFG

Einsicht in den elektronischen Beihilfenakt der Mutter ergab, dass sie neben dem Antrag vom den Antrag auf Differenzzahlung ab 01/2014 am gestellt hat.

Auskunftsersuchen an die belangte Behörde

Mit E-Mail vom richtete das BFG folgendes Auskunftsersuchen an die belangte Behörde:

1) An welchem Tag wurde die FB für welchen Zeitraums an den Bf ausgezahlt?

2) Aus welcher Passage des übersetzen Teiles der Urteile wurde der Februar 2014 als das Ende der Haushaltszugehörigkeit übernommen. Diese Passage ist in den vom Bf vorgelegten Teilen des Urteils nicht enthalten.

3) Wurden die österreichischen Familienleistungen der Mutter bereits zuerkannt? Diesfalls bitte um Vorlage der Mitteilung.

Von der belangten Behörde nachgereichte Unterlagen:

Mit E-Mail vom selben Tag antwortete die belangte Behörde:

1. Es wurde ein Vorhalt gemacht, ob die Familienbeihilfe weitergeleitet wurde-ohne ersichtlichen Erfolg

2. Seite 25 des Konvoluts

3. Bis dato keine Zuerkennung des beeinspruchten Zeitraumes, erst ab 02/2017 erfolgte die Auszahlung an die Kindesmutter

Mit weiterer E-Mail vom28.09.2022 übermittelte die belangte Behörde in fünf Anhängen folgende Unterlagen:

1.) Kontoblatt, wonach dem Bf am ein Betrag von EUR 11.331,00 an DZ und KG für den Zeitraum März 2014 bis Jänner 2017 ausbezahlt wurde, sowie den Inhalt des Vorhaltes vom , mit dem der Bf um Bekanntgabe ersucht wurde, ob er die erhaltene Familienbeihilfe iHv von EUR 11.331,00 für ***T*** und ***9*** an die Kindesmutter ***4*** überwiesen habe. Ein Nachweis sei vorzulegen.

2.) Die Teilübersetzung des Urteils des Kreisgerichts ***2*** (erste Seite des Urteils), Datum nicht vorhanden, ***14***, im Verfahren über die Ausübung von Elternrechten und -pflichten. Demnach ist der Bf verpflichtet, den durch das Berufungsgericht herabgesetzten Kindesunterhalt immer am 15. eines Monats beginnend mit zu leisten (Punkt I des Urteils). Den auf den Zeitraum vom bis entfallenden Unterhaltsrückstand iHv EUR 670,00 ist der Vater verpflichtet in zwei aufeinander folgenden Monatsraten zu entrichteten, wobei die erste Rate in dem Monat fällig wird, in dem dieses Urteil Rechtskraft erlangt (Punkt II des Urteils). Keiner der beiden Parteien hat Anspruch auf Verfahrenskostenersatz (Punkt III).

Punkt I wurde damit begründet, weil die Mutter vorgebracht hat, dass der Bf seit Februar 2014 nicht im gemeinsamen Haushalt lebe und die Familie verlassen habe. Gegenwärtig lebe er in Österreich. Punkt II wurde nicht begründet. Punkt III wurde damit begründet, dass der Vater in Österreich gearbeitet habe, seit Januar 2014 im Krankenstand sei, ein monatliches Krankengeld von EUR 1.058,00 beziehe und zugleich über ausreichende finanzielle Mittel verfüge, weil ihm Kinderbetreuungsgeld iHv EUR 7.523,18 ausgezahlt worden sei. …. Zugleich habe die Mutter darauf hingewiesen, dass der Vater im Mai 2014 vom gemeinsamen Familienkonto den Betrag von EUR 12.238,60 abgehoben habe, über den er verfüge.

Der Umfang der Teilübersetzung wurde genau präzisiert.

3.) Aktenvermerk aus Verwaltungsakt der Kindesmutter vom : "Auszahlung 02/2014 bis 01/2017 wurde noch nicht vorgenommen/KV legte darüber Beschwerde ein - wird abgewartet.

4.) Schriftsatz des Bf vom 30.40.2018 samt Beilagen, bereits dem BFG vorgelegt als ON 3

5.) Schriftsatz des Bf vom samt Beilagen, bereits dem BFG vorgelegt als ON 4.

Die Teilübersetzung des Urteils ***14***, hat einen Rechtskraftstempel nicht wiedergegeben.

Mit E-Mail vom übermittelte die belangte Behörde den Aktenvermerk vom

Ergänzend wurde ausgeführt, dass am die Kindesmutter überdies einen neuen Antrag eingebracht hat, als vorrangig anspruchsberechtigt wäre 09/14 anzusehen, falls die gemeinsame Haushaltszugehörigkeit bis dahin unterstellt wird. Weiters ging die belangte Behörde von einer monatlichen Unterhaltspflicht des Bf von EUR 270,00 aus.

Mit hg Beschluss vom wurde der Bf aufgefordert, binnen längstens zweier Monate (Poststempel) die nachfolgend genannten Beweismittel vorzulegen sowie die Fragen zu beantworten.

"Fragen:

1.) Nach Ihrem Schriftsatz vom soll sich Ihr Antrag auf den Zeitraum März 2014 bis Februar 2016 bezogen haben. Tatsächlich weist der Antrag den von Ihnen ausgefüllten Zeitraum "3/2014 bis 1/2017" aus. Die Gewährungen durch die belangte Behörde erfolgten daher antragskonform. Der angefochtene Bescheid ist ein Sammelbescheid, der hinsichtlich Kalendermonate teilbar ist. Nach Ihrem Schriftsatz vom stünde die Rückforderung für den Zeitraum März 2016 bis Jänner 2017 außer Streit. Demgegenüber wird mit dem Beschwerdeschriftsatz der Rückforderungsbescheid zur Gänze angefochten. Sie werden aufgefordert, den Anfechtungszeitraum zu konkretisieren.

2.) Nach übereinstimmender Erklärung Ihrerseits und der belangten Behörde wurde die Zahlung an FB und KAB zuletzt für Februar 2014 geleistet. Nach der Auszahlungsbestätigung der belangten Behörde erfolgte die antragskonforme Nachzahlung für den Zeitraum März 2014 bis Jänner 2017 an Sie auf Ihr aktenkundiges Inlandskonto am iHv EUR 11.331,00. Die Nachzahlung haben Sie in Ihren Schriftsätzen bestätigt. Die belangte Behörde hat Sie bereits mit Vorhalt zum Nachweis aufgefordert, dass Sie die FB-Nachzahlung gänzlich an die Kindesmutter weitergeleitet haben. Die von Ihnen sodann vorgelegten Kontoauszüge decken einerseits diesen Betrag bei weitem nicht ab und andererseits fehlt den Überweisungsbestätigungen die Widmung (Willenserklärung), dass damit Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag weitergeleitet worden sein soll. Schließlich wurde keine einzige Überweisungsbestätigung mit Datum ab dem vorgelegt. Ihr Beschwerdevorbringen, sie hätten die österr FB zur Gänze ("1:1") an Ihre Gattin weitergeleitet, ist demnach nicht nachgewiesen.

3.) Trifft es zu bzw aus welchem Grund haben Sie sich ab Ihrem Krankenstand im Januar 2014 ausschließlich in Österreich aufgehalten? (Behauptung der Kindesmutter)

4.) Trifft es zu, dass Sie das Kinderbetreuungsgeld EUR 7.523,18 EUR bekommen haben, obwohl Ihre Ehefrau die Antragstellerin war? (Behauptung der Kindesmutter) Haben Sie das Kinderbetreuungsgeld an die Kindesmutter weitergeleitet? Die Beantwortung dieser Frage ist erforderlich, um entscheiden zu können, ob Sie die Überweisungen der Familienbeihilfe aus Ihrem Geld getätigt haben oder dem Geld, das von Rechts wegen ohnedies Ihren Kindern zugutekommen soll.

5.) Trifft es zu, dass Sie den Betrag EUR 12.238, 60 zu Unrecht im Mai 2014 vom gemeinsamen Familienkonto abgehoben haben? (Behauptung der Kindesmutter)

6.) Welche der von Ihnen vorgelegten Überweisungsbelege hat Zahlungen zum Gegenstand, die vom Gericht festgesetzt wurden? (2*335=670 wäre zB der Rückstand laut Gerichtsentscheid)

7.) Aus welchem Grund haben Sie die Zahlungen an die Kindesmutter ab etwa Juli/August 2014 herabgesetzt?

8.) Wann haben Sie den Haushalt Ihrer geschiedenen Frau und Ihrer gemeinsamen Kinder verlassen? Begründen Sie Ihre Antwort anhand von Fakten und legen Sie die einschlägigen Beweismittel vor (zB anstelle von Arbeiterquartier eigene Wohnung gemietet). Ist der Zeitpunkt der Herabsetzung der Zeitpunkt der Beendigung Ihrer Haushaltszugehörigkeit?

9.) Wie hoch waren die monatlichen Zahlungen an die Kindesmutter im Jahr 2013?

10.) Nach welchen Überlegungen haben Sie den Monatsbetrag EUR 600,00 ermittelt und was wollten Sie damit leisten (zB Monatsbeitrag zu den allgemeinen Haushaltskosten)?

Vorlage von Beweismitteln:

11.) Gerichtsentscheidungen, betreffend Ehescheidung und Unterhaltsbemessung (Urteil, Beschluss, Vergleich oÄ) mitsamt Rechtskraftbestätigungen, in beglaubigter deutscher Übersetzung.

12.) Zutreffendenfalls Bewilligungsbescheid und Kontoauszüge über Eingang Kinderbetreuungsgeld und Einzahlung des Geldes vom gemeinsamen Familienkonto.

13.) Aufstellung über die an die Kindesmutter geleisteten Zahlungen unter Angabe des Zahlungsgrundes, des Betrages, des Datums sowie Ermittlung der Summe.

14.) Nachweis über Abmeldung vom slowakischen Familienwohnsitz.

BEACHTE:

Die Einbringung von Schriftsätzen per E-Mail ist nach der Bundesabgabenordnung und ständigen Rechtsprechung des VwGH rechtlich unwirksam."

Der Beschluss wurde am durch Übernahme einer Kanzleimitarbeiterin der steuerlichen Vertretung zugestellt. Bis dato wurde in der Kanzlei des BFG kein Eingang verzeichnet, auch kein Fristerstreckungsersuchen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen

Unionsrecht:

1. Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl-EU L 166/1ff vom (kurz "VO 883/2004)"

Art 1 lit i VO 883/2004 definiert den Begriff "Familienangehöriger" als:

"1.

i) jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird;

ii) in Bezug auf Sachleistungen nach Titel III Kapitel 1 über Leistungen bei Krankheit sowie Leistungen bei Mutterschaft und gleichgestellte Leistungen bei Vaterschaft jede Person, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie wohnt, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt wird oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird;

2. unterscheiden die gemäß Nummer 1 anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind, so werden der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen;

3. wird nach den gemäß Nummern 1 und 2 anzuwendenden Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird;"

Art 1 lit z VO 883/2004 definiert den Begriff "Familienleistungen" als "alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I."

Art 2 Abs 1 VO 883/2004 lautet:

"Diese Verordnung gilt für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen."

TITEL II trägt die Überschrift "BESTIMMUNG DES ANWENDBAREN RECHTS", zu dem Artikel 11 Art 11 Abs 1 VO 883/2004 gehört, er lautet auszugsweise:

"(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel."

Art 67 VO 883/2004, der das Kapitel 8 ("Familienleistungen") des Titels III ("Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen") einleitet, bestimmt:

"Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Ein Rentner hat jedoch Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats."

Art 68 VO 883/2004 sieht in den Abs 1 und 2 auszugsweise vor:

"(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

[…]

2. Verordnung (EG) Nr 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl-EU L 284/1ff vom (kurz "DVO 987/2009") Art 60 Abs 1 VO 987/2009 lautet:

"Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der [Verordnung Nr. 883/2004] ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.

Nationales Recht

Gemäß § 2 Absatz 1 lit a FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder, …

Gemäß § 2 Abs 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 2a FLAG 1967 lautet:

"(1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden."

§ 8 Abs 1, 2 und Abs 3 lit a FLAG 1967 sahen ab Jänner 2014 folgende Beiträge an monatlicher Familienbeihilfe (Grundbetrag unter Berücksichtigung der Kinder- und Altersstaffel) vor:

"(1) Der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe bestimmt sich nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird.

(2) Ab beträgt die Familienbeihilfe für jedes Kind monatlich 105,4 €; sie erhöht sich für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem dieses das 3. Lebensjahr vollendet, um monatlich 7,3 €; sie erhöht sich weiters für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem dieses das 10. Lebensjahr vollendet, um monatlich 18,2 €; sie erhöht sich weiters ab Beginn des Kalendermonats, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet, um monatlich 21,8 €. Diese Beträge gelten für eine Vollwaise (§ 6) entsprechend.

(3) Ab erhöht sich die Familienbeihilfe monatlich für jedes Kind, wenn sie

a) für zwei Kinder gewährt wird, um 6,4 € für jedes Kind,"

§ 26 Abs 1 bis 3 FLAG 1967 lautet:

"(1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat."

§ 33 Abs 3 Z 1 EStG 1988 lautet:

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

1. Antragszeitraum - Rückforderungszeitraum

Aus dem Verfahrenshergang ergibt sich, dass der Bf den ursprünglichen Antragzeitraum März 2014 bis Januar 2017 laut Beih38 mit Schriftsatz vom auf den Zeitraum März 2014 bis Februar 2016 eingeschränkt hat. Aufgrund der rückwirkend im September 2017 erfolgten Antragstellung wurde der Gesamtbetrag mit Mitteilung vom in einem gewährt und ausbezahlt, wobei die belangte Behörde die Einschränkung des Zeitraumes nicht beachtet hat. Mit Schriftsatz vom hat der Bf die belangte Behörde auf ihr Versehen aufmerksam gemacht und angeboten, "die Überzahlung gerne retour zu überweisen". Dies hätte der Bf damit erreichen können, indem er den Rückforderungsbescheid für den Zeitraum ab März 2016 in Rechtskraft erwachsen lässt und nur den verbleibenden Zeitraum anficht. Mit hg Beschluss wurde der rechtsfreundlich vertretene Bf gefragt, ob er angesichts des zuvor Gesagten den Anfechtungszeitraum der Beschwerde zur Gänze aufrecht halte. Innerhalb gesetzter Frist langte beim BFG weder ein Ergänzungsschriftsatz noch ein Fristverlängerungsansuchen ein.

Gemäß § 10 Abs 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe, abgesehen von dem hier nicht interessieren Fall der Geburt, nur auf Antrag gewährt. § 10 Abs 2 leg.cit. bestimmt den Monat als Anspruchszeitraum.

Die Gewährung der Familienbeihilfe ist ein antragsgebundener Verwaltungsakt. Die Zurücknahme eines Antrages ist zulässig. Das gilt auch für den Antrag auf Familienbeihilfe. Antragszeitraum ist der Monat. Infolge der mit Schriftsatz vom ausdrücklich erfolgten Zurücknahme der Beihilfenanträge für die Monate ab März 2016 war die Gewährung der Familienbeihilfe für diesen Zeitraum rechtswidrig. Daher ist der Bf durch den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Zeitraumes März 2016 bis Jänner 2017 bereits aus diesem Grund nicht in subjektiven Rechten verletzt.

Mit dem angefochtenen Bescheid werden zurückgefordert:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
von
bis
FB/AZ/DZ
KG
monatlich
Summe AZ
0214
0214
230,90
116,80
347,70
230,90
0314
0614
183,86
116,80
300,66
735,44
0714
0814
193,36
116,80
310,16
386,72
0914
0914
293,36
116,80
410,16
293,36
1014
0815
193,36
116,80
310,16
2.126,96
0915
0915
300,96
116,80
417,76
300,96
1015
1215
200,96
116,80
317,76
602,88
0116
0816
205,96
116,80
322,76
1.647,68
0916
0916
305,96
116,80
422,76
305,96
1016
1216
205,96
116,80
322,76
617,88
0117
0117
225,16
116,80
341,96
225,16
7.473,90
Summe KG für 36 Monate
4.204,80
insgesamt
11.678,70

Vom Rückforderungsbetrag EUR 11.678,70 entfallen auf den Zeitraum Februar 2014 bis Februar 2016 EUR 8.009,14. Die vom Bf angezeigte Überzahlung beträgt EUR 3.669,56.

Für den Monat Februar 2014 wurde die Familienbeihilfe ohne Anrechnung einer slowakischen Familienbeihilfe gewährt. Ab März 2014 wurde die Familienleistung des Wohnortstaates Slowakei von den österreichischen Ansprüchen abgezogen.

2. Sachverhalt im Zeitraum Februar 2014 bis Februar 2016

Aufgrund des Ergebnisses des vom BFG ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist folgender Sachverhalt festzustellen:

Der Bf hat für seine beiden Kinder (mj Tochter ***T***, geboren ***2007***, und mj Sohn ***9***, geboren ***2012***) aufgrund einer in Österreich ausgeübten nichtselbständigen Beschäftigung, wobei er sich im Streitzeitraum in einer sog gleichgestellten Situation befunden hat, Familienbeihilfe in Form der Ausgleichszahlung und Kinderabsetzbeträge bezogen. Die Kinder lebten mit der Kindesmutter, ***4***, in einem gemeinsamen Haushalt. Die Ehe des Bf mit der Kindesmutter wurde mit Urteil des Amtsgerichtes ***2*** vom ***12*** geschieden und ist seit rechtskräftig. Der Bf und sämtliche Familienangehörigen sind slowakische Staatsbürger.

Die gegenständlich rückgeforderten Beihilfen wurden dem Bf aufgrund seines Antrages vom gewährt, der mit Mitteilung vom erledigt worden ist. Zu diesem Antrag liegt eine Verzichtserklärung der Kindesmutter hinsichtlich des Antragszeitraumes, der in die Zeit der Ehe fällt, also bis einschließlich Januar 2016, nicht vor.

Die belangte Behörde hat im Vorlagebericht den Antrag der Mutter vom , wobei die beantragten Zeiträume nicht genannt wurden, erwähnt. Aus dem Beihilfenakt der Mutter geht ein Vorhalt der belangten Behörde zu einem weiteren Antrag der Mutter vom auf Differenzzahlung ab 01/2014 hervor.

Seit Februar 2017 wird die Familienbeihilfe von der Kindesmutter bezogen.

Der Bf ist gerichtlich zu einer monatlichen Unterhaltsleistung für seine mj Tochter iHv EUR 130,00 und für seinen mj Sohn iHv EUR 100,00 ab verpflichtet worden (in Summe EUR 230,00 monatlich). Diese gerichtlich festgesetzte Zahlungsverpflichtung, die deutlich unter den von Österreich gewährten monatlichen Familienleistungen lag, ist erst ab August 2016 eingehalten worden.

Der Bf trug vor, bis zur Scheidung in die Slowakei gependelt zu sein. Nach der Beweiswürdigung ist ab Februar 2014 davon auszugehen, dass die Haushaltsgemeinschaft des Bf mit der Kindesmutter und den beiden gemeinsamen Kindern bereits aufgehoben war.

Im Zeitraum Januar 2014 bis April 2014 hat der Bf zum Unterhalt der Kinder nicht beigetragen. In diesen Monaten hat der Bf in Summe EUR 2.000,00 lediglich auf ein auf seinen Namen lautendes Bankkonto in der Slowakei transferiert. Erst ab Mai 2014 hat der Bf Überweisungen auf das Konto der Kindesmutter getätigt, die deutlich unter den Familienbeihilfenbeträgen lagen. Für Januar und Februar 2016 fehlen ebenso Zahlungsnachweise an die Kindesmutter.

Im Zeitraum Februar 2014 bis Februar 2016 hat der Bf ohne Zuschläge, Elterngeld, Barabhebungen und Transferüberweisungen einen Betrag von EUR 2.670,00 an die Kindesmutter geleistet, wobei die Überweisungsbelege selten Widmungen aufweisen. Die laufend geleisteten Beträge schwankten, mit Ausnahme der Monate Juni und Juli 2014 (iHv EUR 270,00 und EUR 250,00), zwischen EUR 70,00 und EUR 150,00. In keinem einzigen Monat hat der Bf Geldbeträge an die Kindermutter für den Unterhalt der Kinder überwiesen, die annähernd an die Höhe des geringsten Monatsbetrages der Familienbeihilfe von EUR 300,66 herangekommen ist. Im Verhältnis zu österreichischen Familienbeihilfe kann weder festgestellt werden, dass der Bf "größere Geldbeträge an seine Familie geleistet" hat, noch kann festgestellt werden, dass der Bf die erhaltenen Beträge 1:1 weitergeleitet hat.

Auch wenn während aufrechter Ehe die Geldunterhaltspflicht für ein Kind betraglich nicht bekannt ist, ist davon auszugehen, dass der Unterhaltsbedarf der Kinder im Streitzeitraum gleich hoch war, wie er mit Urteil im Jahr 2015 festgesetzt worden ist. Demnach hat der Bf im Streitzeitraum seine Unterhaltspflicht entweder nicht vollständig oder in den zuvor bezeichneten Monaten gar nicht erfüllt.

Der Aufforderung der belangten Behörde, einen Nachweis darüber vorzulegen, dass der Bf den Betrag von EUR 11.331,00 (entspricht Zeitraum 03/2014 bis 01/2017) an die Kindesmutter weitergeleitet hat, ist er nicht nachgekommen. Der Aufforderung des BfG, einen Nachweis darüber vorzulegen, dass der Bf den Betrag von EUR 11.331,00 in Form einer Zahlung des Unterschiedsbetrages auf die bisher geleisteten Beträge nach Erhalt am weitergeleitet hat, ist er ebenfalls nicht nachgekommen.

Der Bf hat Kinderbetreuungsgeld iHv EUR 7.523,18, das von der Kindesmutter beantragt worden ist, bezogen und für sich behalten. Der Aufforderung des BFG, einen Nachweis über die Weiterleitung des Kinderbetreuungsgeldes an die Kindesmutter vorzulegen, ist der Bf nicht nachgekommen.

3. Beweiswürdigung

Obige Sachverhaltsfeststellung ergab sich aus den im Verfahrensgang dargestellten Beweismitteln aufgrund folgender Überlegungen:

Die Annahme der belangten Behörde, die monatliche Unterhaltspflicht habe EUR 270,00 betragen, entspricht nicht den Fakten. Die belangte Behörde hat die Herabsetzung der Geldunterhaltspflicht durch das Berufungsgericht nicht berücksichtigt.

Das BFG hat durch eine Internetübersetzung folgende Übersetzungen erhoben:

"vyzivne na deti" bedeutet "Alimente für Kinder", "pridavky na deti" bedeutet "Zulagen für Kinder", "rodicovsky prispevok" bedeutet "Elterngeld", "prevod na sk uce" bedeutet "Transfer in die Slowakei", "moj" deutet "mein".

Nachgewiesene Zahlungen an Kindesmutter im eingeschränkten Zeitraum Februar 2014 bis Februar 2016

Den für den Zeitraum bis gerichtlich festgestellten Unterhaltsrückstand von EUR 670,00 hat der Bf in zwei aufeinanderfolgenden Raten außerhalb des Streitzeitraumes (am und um ) bezahlt. Diese Zahlungen hat er als "Zuschlag" bezeichnete. Das BFG geht davon aus, dass es sich auch bei den monatlichen Zuschlägen von EUR 70,00 um Nachzahlungen für frühere Zeiträume handelt. Auch diese Zuschläge wurden erst nach dem Streitzeitraum im Jahr 2016 getätigt. Aus diesen außerhalb des Streitzeitraumes getätigten Nachzahlungen ergibt sich, dass der Bf in den betreffenden Monaten seine Zahlungspflicht nicht eingehalten hat.

Die Nachweise wurden mit Schriftsatz vom vorgelegt, die laufenden monaltichen Zahlungen bewegten sich zwischen EUR 50,00 und EUR 150,00 (Beträge in Euro):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Absender
Empfänger
Betrag
Referenz
gebucht
Bf
***4***
70,00
nein
ja
"
"
70,00
nein
ja
"
"
70,00
nein
ja
"
"
60,00
nein
ja
"
"
50,00
nein
ja
"
"
140,00
nein
ja
"
"
80,00
nein
ja
"
"
80,00
nein
ja
"
"
150,00
nein
ja
"
"
150,00
nein
ja
"
"
150,00
nein
ja
"
"
150,00
nein
ja
"
"
150,00
nein
ja
"
"
150,00
nein
ja
"
"
150,00
nein
ja
"
"
50,00
nein
ja
"
"
50,00
nein
ja
"
"
50,00
nein
ja
"
"
100,00
nein
ja
"
"
250,00
nein
ja
"
"
270,00
nein
ja
"
"
160,00
vyzivne na deti
ja
"
"
70,00
pridavky na deti
ja
Summe
2.670,00

Die Feststellung, dass die nachgewiesenen Zahlungen an die Kindesmutter geringer sind, als die von Österreich bezogenen Familienleistungen, wurde dem Bf mit hg Beschluss vorgehalten und es wurde keine Gegenäußerung dazu abgegeben.

Da mit den Transferzahlungen nicht der Nachweis erbracht wird, dass die Gelder für den Unterhalt der Kinder verwendet wurde, waren diese Gelder auszuscheiden.

Gleiches gilt für das Elterngeld an die Kindesmutter (Überweisung vom über EUR 205,00 mit der Zahlungsreferenz "rodicovsky prispevok"), das der Kindesmutter, und nicht den Kindern gewidmet war. Auch folgende SB-Abhebungen geben keinen Beweis über deren Widmung oder Verwendung.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Betrag
gebucht
40,00
ja
100,00
ja
60,00
ja
100,00
ja
250,00
ja
20,00
ja
70,00
ja
40,00
ja
30,00
ja
30,00
ja
Summe
740,00

Ende der Haushaltsgemeinschaft mit Februar 2014

Da der Bf die mit hg Beschluss gestellte Frage, wann er den Haushalt der Kindesmutter und der gemeinsamen Kinder verlassen hat, nicht beantwortet und auch nicht die angeforderten Beweismittel (zB Meldebestätigungen in der Slowakei) vorgelegt hat, hat das BFG diesen Zeitpunkt nach ausreichender Ermittlung im Rahmen der freien Beweiswürdigung im Einklang mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut zu ermitteln.

Das BFG hält das an die belangte Behörde gerichtete Vorbringen der Kindesmutter, der Bf habe ab Februar 2014 keinen Unterhalt für die Kinder geleistet, für wahr.

Das ist der Zeitpunkt, bzw kurze Zeitraum, für den der Bf ausschließlich Transferzahlungen auf ein eigenes Bankkonto in der Slowakei nachgewiesen hat. Erst mit Mai 2014 haben Zahlungen auf das Konto der Kindesmutter eingesetzt und für den Mai 2014 ist das einzige Elterngeld für die Kindesmutter belegt. Aus der Zeit stammt weiters der Aktenvermerk der belangten Behörde vom . Die Kindesmutter hat den Februar 2014 auch gegenüber dem slowakischen Kreisgericht vorgebracht. Die Höhe der Transferüberweisungen lassen auf einen Eigenbedarf des Bf in der Slowakei schließen. Der Bf verwendete als Zahlungsreferenz in einem Fall das Possessivpronomen "moj", was im Kontext ebenfalls dafürspricht, dass diese Beträge dem Bf selbst verblieben sind.

In ihrer Gesamtheit lassen diese Umstände einen Bruch im Zusammenleben der Eltern im Februar 2014 als gewiss erscheinen, weshalb festzustellen war, dass die Haushaltsgemeinschaft des Bf mit der Kindesmutter und den beiden gemeinsamen Kindern nicht mehr gegeben war.

Transferzahlungen des Bf auf das auf seinen Namen lautende slowakische Konto (Beträge in Euro):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Absender
Empfänger
Betrag
Widmung
gebucht
Bf
Bf
600,00
prevod na sk uce
ja
"
"
600,00
prevod na sk uce
ja
"
"
500,00
prevod na sk uce
ja
"
"
300,00
prevod na moj uce
ja
Summe
2.000,00

Aus den dem Antrag beigelegten Bankbelegen ergeben sich folgende Überweisungen an die Kindesmutter (Kontonummer wie im Vorlagebericht, Beträge in Euro):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Absender
Empfänger
Betrag
Referenz
durchgeführt
Bf
Kindesmutter
230,00
Alimente Jan 2017
ja
"
"
70,00
Zuschlag Alimente
"
"
"
230,00
Alimente Dez
"
"
"
35,00
Zuschlag Alimente
"
"
"
230,00
Alimente Nov
"
"
"
70,00
Zuschlag Alimente
"
"
"
230,00
Alimente Okt
"
"
"
70,00
Zuschlag Alimente
"
"
"
230,00
Alimente Sep
"
"
"
70,00
Zuschlag Alimente
"
"
"
230,00
Alimente
"
"
"
110,00
***5***
"
"
"
110,00
***6***
"
Summe
1.915,00

Kinderbetreuungsgeld

Die Kindesmutter hat dem Bf angelastet, Kinderbetreuungsgeld iHv EUR 7.523,18, das sie beantragt habe, für sich behalten zu haben. Auch dieses Vorbringen, das dem Bf aus dem Urteil des Kreisgerichts ***2*** ***14***, bekannt ist, wurde dem Bf mit hg Beschluss vorgehalten und es wurde keine Gegenäußerung dazu abgegeben.

4. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Beschwerde und Vorlageantrag sind form- und fristgerecht. Die Beschwerde ist unbegründet.

Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides

Diesbezüglich wird auf die rechtlichen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung verweisen. Bemerkt wird, dass ein Nichtbescheid mangels normativer Wirkung keiner Aufhebung bedürfte. Diesfalls wäre die Bescheidbeschwerde zurückzuweisen.

Aufschiebende Wirkung

Gemäß § 254 BAO wird durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten.

Die Bundesabgabenordnung schließt die aufschiebende Wirkung durch ein Rechtsmittel aus. Zum verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich sieht § 212a BAO die Aussetzung der Einhebung einer rechtsmittelverfangenen Abgabe vor. Für die Entscheidung von auf § 212a BAO gestützte Anträge ist belangte Behörde als zuständige Abgabenbehörde zuständig, die die Aussetzung im Beschwerdefall verfügt und damit den an das Verwaltungsgericht gerichteten Antrag formell und materiell erledigt hat.

Das Beschwerdevorbringen, die Rückzahlung des geforderten Betrages würden den Bf existentiell beeinträchtigen, steht überdies teilweise in Widerspruch zum Schriftsatz des Bf vom , gerne die Überzahlung retour zu überweisen. Dieser Wortlaut ist dahin zu deuten, dass der Bf die Überzahlung für eine Rücküberweisung bereitgehalten hat.

Mündliche Verhandlung

Eine mündliche Verhandlung war nicht durchzuführen, da der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung "in eventu" nach der Judikatur nicht als ausreichender Antrag anzusehen ist (vgl. Ritz, BAO. 6. Auflage, Rz 5 zu § 274, ; ).

Anspruchsberechtigte Person

Die Beschwerde führt in Punkt 2 als Verfahrensmangel ins Treffen, dass die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung abgehalten habe, in der er Gelegenheit gehabt hätte, die Behauptungen der Kindesmutter zu entkräften. Dazu ist auszuführen, dass die Bundesabgabenordnung die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nur für das vom BFG geführte Beschwerdeverfahren einrichtet. Weiters ist im Fall einer Verfahrensrüge stets auch darzulegen, welches Vorbringen, dass eine andere rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde zur Folge gehabt hätte, bei Möglichkeit zum Gehör hätte erstattet werden können. Da die Beschwerde solches nicht anführt, wird eine Relevanz eines Verfahrensmangels nicht aufgezeigt.

Mit hg Beschluss vom wurden dem Bf bzw dessen rechtsfreundlicher Vertretung die entsprechenden Fragen gestellt und damit Gehör eingeräumt. Auf den Beschluss wurde nicht reagiert.

Im Kern wird mit der Beschwerde vorgebracht, dass der Bf hinsichtlich der erhaltenen Familienbeihilfe jedenfalls anspruchsberechtigt sei, weil er "die seitens der Behörde erhaltenen Zahlungen jeweils 1:1 der Kindesmutter habe zukommen lassen" und den Nachweis, dass er die erhaltenen Beihilfen an seine Familie ausbezahlt hat, bereits erbracht habe.

Beides sind auf der Sachverhaltsebene zu lösende Tatsachenfragen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf obige Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung verwiesen, die diesen Beschwerdeeinwand nicht bestätigt hat.

Weiters ist auszuführen, dass zwischen Anspruchsberechtigung und Rechtfertigung der Rückforderung zu unterscheiden ist.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Bf als Staatsbürger eines Mitgliedstaates der Union und Ausübung einer Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat der Union, wobei die Familie im Herkunftsstaat verblieben ist, sodass Wohnort und Beschäftigungsort auf zwei Mitgliedstaaten verteilt sind, sowie die Kinder und die Kindesmutter, und zwar unabhängig von ihrem Familienstand, als Familienangehörige in den persönlichen Geltungsbereich der VO 883/2004 fallen. Die österreichische Familienbeihilfe nach dem FLAG 1967 fällt als Familienleistung in den sachlichen Geltungsbereich der VO 883/2004. Damit ist ein Unionsfall gegeben. Das österreichische Familienlastenausgleichsgesetz 1967 knüpft den Beihilfenanspruch ausschließlich an Erfordernisse der Gebietsansässigkeit, die im Beschwerdefall von den Familienangehörigen nicht erfüllt werden. Der Anspruch in Österreich besteht ausschließlich aufgrund des vorrangig anzuwendenden Unionsrechts.

Kraft der Fiktion des Art 67 VO 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Leg.cit. bestimmt nicht, wer diese Person ist. Welche Personen Anspruch auf Familienleistungen haben, bestimmt sich nämlich, wie aus Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 klar hervorgeht, nach dem nationalen Recht (EuGH C-199/21, Rn 44).

Das Scheidungsurteil ist erst mit Monatsersten des Februar 2016 rechtskräftig geworden. Bei aufrechter Ehe hat nach österreichischem FLAG der Bf nur unter der Voraussetzung auf die Familienbeihilfe, dass die Kindesmutter gemäß § 2a Abs 2 FLAG 1967 eine Verzichtserklärung abgegeben hat. Da das nicht der Fall ist, ist der Bf nach nationalem Recht nicht anspruchsberechtigte Person. Die Gründe, weshalb eine Verzichtserklärung nicht beigebracht wird, sind abgabenrechtlich grundsätzlich irrelevant, sofern nicht Willensmängel bestehen.

Außerhalb der Ehe liegt lediglich der Februar 2016.

Bereits ab Februar 2014 ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die Haushaltsgemeinschaft zwischen dem Bf und seiner Familien aufgehoben war. Die Elternteile waren seither dauernd getrennt lebend. Bei dieser Sachlage hat gemäß § 2 Abs 2 FLAG 1967 ausschließlich die Kindesmutter Anspruch auf die österreichische Familienbeihilfe. Bei Elternteilen, die nicht einen gemeinsamen Haushalt bilden, verschafft die Verzichtserklärung des haushaltsführenden Elternteils dem anderen Elternteil nicht das Recht, seinen eigenen Anspruch geltend zu machen (s ausführlich , mwN). Auch in diesem Fall ist der Bf nach nationalem Recht nicht anspruchsberechtigte Person.

Im Beschwerdefall ist Art 60 Abs 1 3. Satz VO 987/2009 einschlägig, da die Kindesmutter ihr Recht, Anspruch auf die österreichischen Leistungen zu erheben, durch eigenen Antrag bzw zwei eigene Anträge wahrgenommen hat. Beide Anträge lagen der belangten Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung über den vom Bf gestellten Antrag vor. Weiters erwähnt der Vorlagebericht, dass "nach Absprache mit dem Vater" die Überweisung auf das auf den Namen der Mutter lautende Konto gehen, was aber nicht geschah.

Gestützt auf , Trapkowski, war die belangte Behörde im ANTRAGSVERFAHREN jedenfalls verpflichtet, den Antrag der Mutter aufgrund deren vorrangiger Anspruchsberechtigung dem Antrag des Bf, der ohne Verzichtserklärung der Kindesmutter nicht rechtswirksam war, vorzuziehen. Aufgrund des von der Kindesmutter gestellten Antrages, der im Zeitpunkt der Erledigung des vom Bf gestellten Antrages rechtswirksam eingebracht worden ist und der belangten Behörde vorlag, erweist sich der Rückforderungsbescheid gegenüber dem Bf auch hinsichtlich des verbliebenen Zeitraum als rechtskonform.

Liegt in einem Unionsfall ein Beihilfenantrag des haushaltsführenden Elternteils vor, so ist dieser von der Beihilfenbehörde zu erledigen. Eine spätere Rückforderung kann dadurch ausgeschlossen werden.

Liegt in einem Unionsfall ein Beihilfenantrag des haushaltsführenden Elternteils und des geldunterhaltsverpflichteten Elternteils vor, ist der Beihilfenantrag des haushaltsführenden Elternteils vorzuziehen. Eine allenfalls zuvor erteilte Verzichtserklärung verliert durch den Antrag des haushaltsführenden Elternteils ihre Wirksamkeit.

Der Beihilfenantrag des geldunterhaltsverpflichteten Elternteils ist auch im Anwendungsbereich der sozialen Koordinierung in Einklang mit dem Gebot der Inländergleichstellung gemäß Art 4 VO 883/2004 GRUNDSÄTZLICH nur bei Vorliegen der Verzichtserklärung des haushaltsführenden Elternteils rechtswirksam. Abweichende Erledigung ist nach Unionsecht zulässig.

Liegen in einem Unionsfall weder ein Antrag des haushaltsführenden Elternteils noch eine Verzichtserklärung desselben zum Beihilfenantrag des geldunterhaltsverpflichteten Elternteils vor, so ist die Beihilfenbehörde als zuständiger Träger gestützt auf , Trapkowski, im ANTRAGSVERFAHREN kraft Unionsrecht berechtigt,

  1. den Antrag des geldunterhaltsverpflichteten Elternteils als Antrag des haushaltsführenden Elternteils zu werten und das Beihilfenverfahren mit dem haushaltsführenden Elternteil zu führen ODER

  2. den Antrag des Geldunterhaltsverpflichteten unter der Voraussetzung seiner ÜBERWIEGENDEN Tragung der Unterhaltslasten zu akzeptieren, weil diesfalls nach Art 60 Abs 1 Satz 3 VO 987/2009 iVm Art 1 lit i Z 3 VO 883/2004 kraft unionsrechtlicher Fiktion eine Haushaltsgemeinschaft von Kindesvater und Kind als gegeben gilt, wodurch § 2 Abs 2 FLAG 1967 verdrängt wird (aA , , Slanina, -C-363/08, bekräftigt (; ; ; ; ; ). Der Antrag ist grundsätzlich nur rückwirkend zulässig, weil die überwiegende Tragung der Unterhaltslast nachzuweisen ist. Ausnahmen sind denkbar.

  3. Liegt die Geldunterhaltspflicht unter der Höhe der österreichischen Familienbeihilfe, tritt an die Stelle der überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten die Weiterleitung der Familienbeihilfe.

Im Beschwerdefall war die Weiterleitung der Familienbeihilfe daher nicht erst nach Antragserledigung zu prüfen, sondern als Antragsvoraussetzung im Antragsverfahren, was zur Abweisung des Antrages beim Bf und zur Berücksichtigung des Antrages zugunsten der Kindesmutter (oder zur Berücksichtigung ihrer Eigenanträge) geführt hätte.

Die Ansicht des VwGH, dass bei überwiegender Tragung der Kinderlasten allein dieser anspruchsberechtigt ist, wird nicht geteilt (siehe oben zitierte VwGH-Judikatur).

Rechtfertigung der Rückforderung

Mit eingangs erwähntem , Finanzamt Österreich, hat der Europäische Gerichtshof für Recht erkannt, dass derjenige Elternteil, der nach den nationalen Rechtsvorschriften nicht die Person ist, die Anspruch auf die Familienleistung hat, der aber vom zuständigen Träger die Familienleistungen gewährt wurden, dann von der Rückforderung dieser Beträge gerechtfertigt ist, wenn er entweder die Familienleistungen an die berechtigte Person weitergeleitet oder überwiegend zum Kindesunterhalt beigetragen hat.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde dem Bf die Familienbeihilfe gewährt und diese Entscheidung im Vorlagebericht damit begründet, die vorrangige Anspruchsberechtigung des Bf sei wegen dessen Unterhaltsleistung als gegeben erachtet worden. Damit spricht die belangte Behörde die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und dessen Auslegung des § 2 Abs 2 FLAG 1967 an (erstmals ):

"Die Familienbeihilfe iSd FLAG ist eine Familienleistung, auf welche grundsätzlich Anspruch bestehen kann, wenn der sorgeberechtigte oder der zum Unterhalt verpflichtete Elternteil den Rechtsvorschriften (iSd Art. 13 der Verordnung Nr. 1408/71) Österreichs unterliegt. Es steht dem nationalen Gesetzgeber frei, welchen von mehreren möglichen Anspruchsberechtigten (einen bestimmten Elternteil oder etwa unmittelbar das Kind) er für eine solche Familienleistung vorsieht, und etwa den den gemeinsamen Haushalt überwiegend Führenden vorrangig, den den Unterhalt überwiegend Leistenden ersatzweise und schließlich unter bestimmten Voraussetzungen das Kind selbst als Anspruchsberechtigten zu normieren. Es ist daher auch nicht zu beanstanden, wenn wie etwa im Beschwerdefall in Folge des Wegzuges der Mutter, zu deren Haushalt die Kinder gehören, in einen anderen EU-Staat der Anspruch auf Familienbeihilfe von einem Elternteil auf den anderen Elternteil übergeht. Denn die Familienleistung trägt auch in einem solchen Fall noch immer zum Familienbudget durch Verringerung der Kosten des Unterhalts der Kinder bei. Entscheidend ist lediglich, dass ein derartiger Übergang der Anspruchsberechtigung tatsächlich stattgefunden hat, also der Vater der Kinder nach § 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG anspruchsberechtigt ist, weil er die Unterhaltskosten für das jeweilige Kind überwiegend getragen hat. Die belangte Behörde durfte einen (grundsätzlichen) Anspruch der Beschwerdeführerin auf Familienbeihilfe deshalb nur dann verneinen, wenn der iSd Art. 13 der Verordnung Nr. 1408/71 den österreichischen Rechtsvorschriften unterliegende Vater der Kinder der Beschwerdeführerin die Kosten des Unterhalts für die Kinder überwiegend getragen hat, wenn somit aufgrund dieser subsidiären Anspruchsberechtigung für die Kinder der Beschwerdeführerin ein grundsätzlicher Anspruch des Vaters auf die österreichische Familienbeihilfe besteht."

Die belangte Behörde vertritt im Vorlagebricht nunmehr die Ansicht, dass im Beschwerdefall richtigerweise , Trapkowski, der Mutter zum Erfolg verhelfe. Damit wird übersehen, dass die Rs Trapkowski zu einem ANTRAGSVERFAHREN ergangen ist, dem Beschwerdefall jedoch eine Rückforderung zu Grunde liegt.

Eingangs erwähntes , Finanzamt Österreich, erging in einem Rückforderungsfall, in dem die belangte Behörde ebenfalls mit der Rs Trapkowski den Anspruch der Mutter als vorrangig zu begründen suchte und aus diesem Grund die Rückforderung beim Vater betrieb. Der EuGH hat auf Vorabentscheidungsersuchen des BFG zu Recht erkannt, dass derjenige Elternteil, der nach den nationalen Rechtsvorschriften nicht die Person ist, die Anspruch auf die Familienleistung hat, der aber vom zuständigen Träger die Familienleistungen gewährt wurden, dann von der Rückforderung dieser Beträge gerechtfertigt ist, wenn sie entweder die Familienleistungen an die berechtigte Person weitergeleitet oder überwiegend zum Kindesunterhalt beigetragen hat.

Rechtfertigungsgründe im Rückforderungsverfahren nach § 26 FLAG 1967 sind in der österreichischen Rechtsprechung neu.

Im Spannungsfeld zwischen den Urteilen EuGH Rs C-378/14, Trapkowski, und EuGH Rs C-199/21, FAÖ, hat das BFG mit Erkenntnis , zu Recht erkannt, dass das Urteil Rs C-378/14, Trapkowski, nur im Antragsverfahren Anwendung finden kann. Diesfalls ist die Behörde gleichzeitig berechtigt, den Antrag als von der berechtigten Person gestellt zu werten und mit dieser das Antragsverfahren zu führen ( mHa die jüngere Rechtsprechung des VwGH).

Auch die Weiterleitung der Familienbeihilfe an die berechtigte Person stand in Inlandsfällen nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer Rückforderung nicht entgegen. Anders die Rechtsprechung in Deutschland. Die Weiterleitung des Kindergeldes an die berechtigte Person ist in Deutschland dann ein tauglicher Rechtfertigungsgrund, wenn eine entsprechende Willensübereinkunft in Schriftform von den Personen getroffen wurde ( mwN). Für Österreich fehlt bislang eine solche Rechtsprechung bzw eine vergleichbare Rechtstradition.

Mit den Transferzahlungen auf ein eigenes Konto und den SB-Anhebungen wird nicht der Nachweis erbracht, dass die Gelder für den Unterhalt der Familie verwendet wurden, weil damit nicht dargetan werden kann, dass die Gelder die Rechtssphäre des Bf verlassen und in die Rechtssphäre der Kindesmutter verschoben wurden. Im Beschwerdefall liegen laut Sachverhalt die an die Mutter getätigten Unterhaltszahlungen sowie die gerichtlich festgesetzten Unterhaltszahlungen weit unter dem Betrag der für denselben Zeitraum bezogenen Familienbeihilfe. Die Beschwerdebehauptung, die Zahlungen seien 1:1 an die Kindesmutter weitergeleitet worden, steht in Widerspruch zur Faktenlage, die dem Bf zur Kenntnis gebracht wurde und gegen die er keine Einwände erhoben hat.

Ist der für einen bestimmten Zeitraum bezogene Betrag an Familienbeihilfe höher als die in diesem Zeitraum getätigte Unterhaltszahlung oder der gerichtlich festgesetzte Geldunterhalt, reicht als Rechtfertigung die Leistung der Unterhaltszahlung auch dann nicht aus, wenn damit der Unterhaltsbedarf überwiegend abgedeckt worden wäre. Damit unterscheidet sich der Beschwerdefall von .

Zweck der Familienbeihilfe ist, die durch ein Kind entstehenden materiellen Lasten teilweise durch einen finanziellen Beitrag seitens der öffentlichen Hand abzudecken. Die Geldlasten entstehen dort, wo das Kind lebt. Das ist im Scheidungsfall der Haushalt, der von jenem Elternteil geführt wird, dem die Obsorge für das Kind übertragen wurde, und zu dessen Haushalt das Kind gehört. In diesem Fall ist der den Geldunterhalt leistende Elternteil nicht berechtigt, die Familienbeihilfe als staatliche Entlastung zu behalten, sondern hat sie dem anderen Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, weiterzuleiten, damit der Normzweck erreicht wird.

Im Beschwerdefall kommt hinzu, dass der Bf weitere Familienleistungen Österreichs, nämlich Kinderbetreuungsgeld iHv EUR 7.523,18, das die Mutter beantragt hat, nicht an die Mutter weitergeleitet hat. Zweck des Kinderbetreuungsgeldes ist, den Eltern den Betreuungsaufwand für Kleinkinder (teilweise) abzugelten. Das Kinderbetreuungsgeld ist also wie die Familienbeihilfe eine Familienleistung iSd Art 1 lit z VO 883/2004. Der Betreuungsaufwand für Kleinkinder entsteht am Wohnort der Familie. Zur Erreichung des Normzwecks war der Bf auch in diesem Fall verpflichtet, das bezogene Kinderbetreuungsgeld zum Wohle der Kinder der Mutter weiterzuleiten, damit es am Wohnort der Familie eingesetzt werden kann.

Um die Weiterleitung der Familienbeihilfe annehmen zu können, wäre der Nachweis erforderlich, dass beide Arten der Familienleistungen der Mutter zugegangen ist. Die Familienleistungen sind nicht dazu bestimmt, dass der Leistungsbezieher die Familienleistungen zu seinen eigenen Zwecken verwendet oder die eine Familienleistung für die "Finanzierung" der anderen verwendet. Diesfalls läge eine zweckwidrige Verwendung vor.

Zur Erbringung des Nachweises der Weiterleitung beider Familienleistungen an die Mutter wurde der Bf aufgefordert und hat darauf nicht reagiert.

Zu Spruchpunkt II

Da die Kindesmutter selbst Anträge, die den Rückforderungszeitraum des Bf abdecken, gestellt hat, besteht keine Notwendigkeit, den Antrag des Bf als den ihren umzudeuten.

Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Rechtfertigung gegen eine Rückforderung nach § 26 Abs 1 FLAG 1967 fehlt, war die ordentliche Revision zuzulassen. Im Beschwerdefall wurde das Vorliegen von Rechtsfertigungsgründen, anders als im Beschwerdefall , verneint.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 1, 2 und 3 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 Abs. 1 bis 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 3 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 11 Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 1 lit. i VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 1 lit. z VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
Art. 4 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102799.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at