Zession - Unterfertigung im Ausland § 33 TP 21 GebG
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3142/2023 anhängig. Ablehnung der Beschwerde mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. ***Stb***, ***Adr Stb***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Gebühr und Gebührenerhöhung zu Abtretungsvertrag vom , ErfNr ***1***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Gebührenbescheid vom wurde die Gebühr zu Abtretungsvertrag vom mit ***G*** gemäß § 33 TP 21 GebG in der Höhe von € 16.717,21 festgesetzt.
In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Gebührenschuld gemäß § 16 Abs. 2 Z 1 GebG für den in Deutschland errichteten Abtretungsvertrag entstanden sei, da beide Vertragsteile im Inland einen Wohnsitz haben und das Rechtsgeschäft eine im Inland befindliche Sache betreffe und auch eine Partei im Inland zu einer Leistung berechtigt oder verpflichtet sei. Die Abtretung sei im Wege der geschäftlichen Gegenverrechnung erfolgt.
Gleichzeitig wurde mit Bescheid vom die Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 2 GebG in Höhe von 50% der zu entrichtenden Gebühr (iHv € 8.358,61) festgesetzt. Die Zustellung beider Bescheide erfolgte nachweislich am .
Mit Schreiben vom wurde gegen beide Bescheide Bescheidbeschwerde erhoben und die Aussetzung der Einhebung für die Gebühr und die Gebührenerhöhung beantragt.
Die Abgabenbehörde erließ daraufhin am einen Mängelbehebungsauftrag, mangels Vorliegen einer Begründung.
Die beschwerdeführende Partei behob den Mangel fristgerecht am .
Die Beschwerden gegen den Gebührenbescheid und gegen die Gebührenerhöhung wurden mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , abgewiesen.
Im Vorlageantrag vom wurde hinsichtlich Gebühren- und Erhöhungsbescheid um Vorlage an das Bundesfinanzgericht ersucht und ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
Der Akt wurden dem Bundesfinanzgericht am vorgelegt.
Am fand die beantragte mündliche Verhandlung in ***x*** statt.
Am langte an der Außenstelle ***y*** ein Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung ein.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Vertrag vom abgeschlossen zwischen ***G***, Hauptwohnsitz in ***PLZ*** ***Ort***, ***Adr*** und der beschwerdeführenden Partei lautet wie folgt:
"Abtretungsvertrag
Herr ***G***, geb. ***DAT***, ***Adr***, ***PLZ*** ***Ort***, hat im Insolvenzverfahren der ***Q*** GmbH, ***Adr1***, ***PLZ*** ***Ort1***, eine Forderung in der Höhe von Euro 9.498.412,10 (neun Millionen vierhuntertachtundneunzig Tausend vierhundertzwölf, zehn Euro) angemeldet. Mit Beschluss vom hat das Landesgericht ***X*** die Bestätigung des Sanierungsplans und die Aufhebung des Sanierungsverfahrens beschlossen.
Wesentlicher Inhalt des Sanierungsplans:
Die Insolvenzgläubiger erhalten auf ihre Forderung eine 22%-ige Quote. Meine errechnete Quote zuzüglich Zinsen ist bei Dr. ***JH*** sichergestellt.
Ich trete meine mir zustehenden Ansprüche in voller Höhe und im gesamten Umfang aber von mindestens Euro 2.089.650,66 zuzüglich Zinsen unwiderruflich an Frau ***Bf1***, geb. ***DAT***, ***Adr***, ***PLZ*** ***Ort***, ab.
Ich versichere, dass die gesamte Forderung anderweitig weder abgetreten noch verpfändet ist.
***D***, am
Die Kopie des Vertrages wurde am von Notar Dr. ***N*** beglaubigt.
Die beschwerdeführende Partei hat seit ***Oktober***2013 ihren Hauptwohnsitz an der Adresse ***PLZ*** ***Ort***, ***Adr***.
Der Gatte der beschwerdeführenden Partei hatte von ***März***2011 - ***'Februar***2017 seinen Hauptwohnsitz an der Adresse ***PLZ*** ***Ort***, ***Adr***. Seit ***März***2017 wohnt er an derselben Adresse wie die beschwerdeführende Partei.
Beide Vertragsparteien hatten im Zeitpunkt der Unterfertigung ihren Hauptwohnsitz in Österreich.
Die Abtretung erfolgte im Wege der geschäftlichen Gegenverrechnung.
Der Abtretungsvertrag wurde ausschließlich aus gebührenrechtlichen Überlegungen in Deutschland abgeschlossen.
Die ***Q*** GmbH (FN ***2***) wurde am errichtet. Sitz der Gesellschaft war ***PLZ*** ***Ort1***.
Am wurde das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und mit Beschluss des Gerichts vom der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt. Am wurde die Gesellschaft infolge beendeter Liquidation aus dem Firmenbuch gelöscht.
2. Beweiswürdigung
Gemäß § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gemäß § 167 Abs 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Akten sowie aus seitens des BFG vorgenommenen Abfragen im Auskunftssystem 4.0 der Finanzverwaltung, dem Zentralen Melderegister und dem Firmenbuch.
Darüber hinaus wurde folgende Beweiswürdigung vorgenommen:
Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt ***FA1*** die beschwerdeführende Partei um Stellungnahme hinsichtlich eines Abtretungsvertrages (datiert mit ), ob es sich diesbezüglich um eine Schenkung gemäß § 121a Abs. 1 BAO handle.
Mit Schreiben vom nahm die steuerlich vertretene beschwerdeführende Partei insoweit Stellung, als 1. die Abtretung in Deutschland erfolgt sei, 2. keine Schenkung, sondern eine Abtretung vorliege und 3. eine Schenkung einen Bereicherungswillen voraussetze, der im geschäftlichen Verkehr grundsätzlich nicht zu vermuten sei. Auch wenn es sich hier um eine Zuwendung unter nahen Angehörigen handle, habe sie einen rein geschäftlichen Hintergrund: Die beschwerdeführende Partei habe für ihren Gatten bzw ihm nahestehenden Gesellschaften zahlreiche Verpflichtungen - sei es in Form von Barzahlungen oder der Übernahme von Haftungen - im Gesamtbetrag von (weit) mehr als € 2 Mio und mit steigender Tendenz übernommen.
Diese wenigen Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit genügen, um zu erkennen, dass es sich hier um eine geschäftliche Gegenverrechnung zwischen Ehegatten fernab einer Schenkung iSd ErbStG handle.
Der geschäftliche Charakter ergebe sich auch (oder gerade) aus der Art der Zuwendung; es sei ganz bewusst nicht die Variante der Schenkung, sondern jene der Forderungsabtretung gewählt worden, wobei Abtretungsobjekt bezeichnenderweise einen dem geschäftlichen Bereich des Herrn ***G*** zurechenbares Vermögen war.
Aus diesem Schreiben ist ersichtlich, dass die Vertragsparteien bewusst einen Ort außerhalb Österreichs gewählt haben und eine Abtretung vorliegt. Darüber hinaus wird schriftlich festgehalten, dass es sich aufgrund der Haftungsübernahmen seitens der beschwerdeführenden Partei um eine geschäftliche Gegenverrechnung handelt.
In der Erklärung vom , unterfertigt von der beschwerdeführenden Partei und ihrem Gatten wird Folgendes festgehalten:
"***G***, geb. ***DAT***, ***Adr***,***PLZ*** ***Ort*** und ***Bf1***, geb. ***DAT***, ***Adr***, ***PLZ*** ***Ort***, stellen klar, dass der Abtretungsvertrag vom dem materiellen österreichischen Recht unterliegt. ***G*** und ***Bf1*** wollten zu keinem Zeitpunkt eine Rechtswahl treffen, wonach als gegenständliches Recht deutsches Recht anzunehmen wäre. Der Abtretungsvertrag wurde ausschließlich aus gebührenrechtlichen Überlegungen in der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen."
Mit Ladung vom , zugestellt am wurde die mündliche Verhandlung für den in ***x*** anberaumt.
Mit Schreiben vom , eingelangt am ersuchte der steuerliche Vertreter um Vertagung wegen Unabkömmlichkeit seiner Mandantin. Ihr Ehegatte sei zum Pflegefall geworden, der eine 24/7 Betreuung benötige, die alleinige Aufgabe seiner Mandantin sei. Angesichts des angegriffenen Gesundheitszustandes samt der damit einhergehenden Unmöglichkeit der Selbstversorgung für einen halben Tag - so lange daure diese "Veranstaltung" für seine Mandantin, weil zur Verhandlungsdauer noch die jeweils zumindest einstündige An- und Abreise von und nach ***Ort*** komme, sei ein Kommen nicht möglich. Ohne Teilnahme seiner Mandantin mache die Verhandlung nur sehr bedingt Sinn.
Die erforderlichen Unterlagen zum Nachweis der Richtigkeit dieses Vorbringen (und damit der Berechtigung der Vertagungsbitte) würde kurzfristig nachgereicht werden.
Ein etwaig möglicher Termin wurde nicht bekannt gegeben.
Hinsichtlich der Bitte um Vertagung ist zunächst auszuführen, dass über Antrag der Partei eine Vertragung grundsätzlich möglich ist.
Der Antrag auf Vertagung war mit datiert, langte jedoch erst am Tag der Verhandlung an der Außenstelle ***y*** ein. Es erfolgte weder eine telefonische Kontaktaufnahme noch eine Vorabinformation per Fax.
Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse, die eine Partei vom Erscheinen beim Verwaltungsgericht abhalten, können einen Verhinderungsgrund darstellen. Allerdings stellen Krankheit oder Gebrechlichkeit nur dann einen Verhinderungsgrund dar, wenn nicht rechtzeitig für eine Vertretung gesorgt werden kann (vgl Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren Bd 1, § 275 Rz 20). Im konkreten Fall wurde die Unabkömmlichkeit der beschwerdeführenden Partei angeführt. Aus welchen Gründen ein Wechsel in der Betreuung (für einen halben Tag) nicht möglich gewesen sei, wurde nicht dargelegt.
Ergänzend ist auszuführen, dass die beschwerdeführende Partei steuerlich vertreten ist und die Ladung zur mündlichen Verhandlung bereits am zugestellt worden ist. Ein persönliches Erscheinen war nicht notwendig und steht das Fernbleiben der Durchführung der Verhandlung nicht entgegen.
Darüber hinaus handelt es sich im streitgegenständlichen Verfahren um eine reine Rechtsfrage und wurde das persönliche Erscheinen auch nicht vom Gericht gefordert. Die beschwerdeführende Partei hätte sich auch vom Steuerberater bei der Verhandlung vertreten lassen können.
Sämtliche Verträge wurden vorgelegt. Darüber hinaus sind sowohl Stellungnahmen der belangten Behörde, sowie der beschwerdeführenden Partei aufliegend. Eine Vertagung der Verhandlung war nicht erforderlich.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
1. Rechtliche Grundlagen
Gemäß § 15 Abs 1 GebG sind Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.
Wird über ein Rechtsgeschäft eine Urkunde im Ausland errichtet, so entsteht gemäß § 16 Abs 2 GebG die Gebührenschuld ua wenn die Parteien des Rechtsgeschäftes im Inland einen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt), ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz haben oder eine inländische Betriebsstätte unterhalten und
a) das Rechtsgeschäft eine im Inland befindliche Sache betrifft oder
b) eine Partei im Inland zu einer Leistung aufgrund des Rechtsgeschäftes berechtigt oder verpflichtet ist, in dem für im Inland errichteten Urkunden maßgeblichen Zeitpunkt.
Gemäß § 17 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.
Zessionen oder Abtretungen von Schuldforderungen oder anderen Rechten unterliegen einer Gebühr von 0,8 % vom Entgelt.
Gemäß § 9 Abs 2 GebG kann das Finanzamt Österreich zur Sicherung der Einhaltung der Gebührenvorschriften bei nicht ordnungsgemäßer Entrichtung oder nicht ordnungsgemäßer Gebührenanzeige bei den im Abs 1 genannten Gebühren zusätzlich eine Erhöhung bis zu 50 vH, bei den anderen Gebühren, mit Ausnahme der Wettgebühren nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1, eine Erhöhung bis zum Ausmaß der verkürzten (gesetzmäßigen) Gebühr erheben. Bei Festsetzung dieser Gebührenerhöhung ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem Gebührenschuldner bei Beachtung dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Gebührenpflicht einer Schrift oder eines Rechtsgeschäftes zugemutet werden konnte, ob eine Gebührenanzeige geringfügig oder beträchtlich verspätet erstattet wurde sowie, ob eine Verletzung der Gebührenbestimmungen erstmalig oder wiederholt erfolgt ist.
2. Gebührenbescheid
Das Gebührengesetz regelt, welche Rechtsgeschäfte einer Gebührenpflicht unterliegen. Gemäß § 15 GebG besteht grundsätzlich nur dann eine Gebührenpflicht, wenn über ein Rechtsgeschäft eine Urkunde errichtet wurde. Für die Gebührenpflicht sind das Vorhandensein und der Inhalt eines Schriftstückes maßgebend. Wurde eine Schrift tatsächlich verfasst, so unterliegt sie der Gebührenpflicht, auch wenn ihre Errichtung bei zweckmäßigerer Vorgangsweise hätte unterbleiben können ().
Unter einer Urkunde ist jede, auch formlose, schriftliche Festhaltung eines Rechtsgeschäftes, also ein Schriftstück zu verstehen, welches kraft seines Inhaltes geeignet ist, über ein gültig zustande gekommenes Rechtsgeschäft gegenüber dem Vertragspartner zum Beweis zu dienen. Dazu muss die Urkunde unterzeichnet sein und alle wesentlichen Merkmal des Rechtsgeschäftes enthalten (vgl Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel-und Rechtsgebühren, § 16).
Die mit "Abtretungsvertrag" bezeichnete Urkunde wurde am in Deutschland unterfertigt und in weiterer Folge am in Österreich notariell beglaubigt.
Beide Vertragsparteien hatten zu diesem Zeitpunkt ihren Hauptwohnsitz in Österreich. Darüber hinaus bestand die Forderung gegenüber einer österreichischen Gesellschaft.
Es liegt somit ein Inlandsbezug gemäß § 16 Abs 2 GebG vor.
Mangels einer im Gebührengesetz enthaltenen Begriffsbestimmung ist die Abtretung nach dem bürgerlichen Recht zu beurteilen. Nach § 1392 ABGB liegt eine Abtretung (Zession) dann vor, wenn eine Forderung von einer Person an eine andere übertragen und von dieser angenommen wird. Die Zession stellt also einen Gläubigerwechsel dar (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II, 116).
Unter einer rechtsgeschäftlichen Zession versteht man die durch Willenseinigung zwischen Altgläubiger (Zedent) und Neugläubiger (Zessionar) bewirkte Veränderung der Rechtszuständigkeit der abgetretenen Forderung. Sie erfolgt in der Regel im Wege eines formlosen Konsensualvertrages. Die Zession ist ein sog. kausales Verfügungsgeschäft und bedarf eines gültigen Titels. Der gebührenrechtliche Tatbestand wird nur durch eine entgeltliche Zession verwirklicht ().
Nach § 33 TP 21 GebG ist Bemessungsgrundlage der Rechtsgebühr das Entgelt (vgl ), also jener Betrag, um den die abgetretene Forderung erworben wurde.
Was als Entgelt, das ist als Gegenleistung des Zessionars für die Abtretung einer Forderung, anzusehen ist, ist je nach dem Rechtsgrund der Abtretung verschieden.
Bemessungsgrundlage ist das Entgelt, also jener Betrag, um den die Forderung oder das sonstige Recht erworben wird. Zum Entgelt gehören alle Leistungen, die der Erwerber dafür zu erbringen hat, dass er das Recht oder die Forderung erhält. Dazu gehören also auch übernommene Schulden und Haftungen (Bergman/Pinetz (Hrsg), GebG, § 33 TP 21, Tz 55 ff). Es kommt nicht darauf an, ob und in welchem Ausmaß dem Abtretenden bzw. einem Dritten die vereinbarten Leistungen tatsächlich zukommen ().
Die beschwerdeführende Partei führt selber aus, dass sie hohe Forderungen gegenüber ihren Gatten hatte bzw. noch immer hat. Die Bezeichnung der Urkunde als "Abtretungsvertrag" sei unzutreffend. Ihrem Wesen nach handle es sich um die Tilgung von Schulden durch ***G*** senior.
Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich bei der Zession um ein kausales Verfügungsgeschäft. Eine wirksame Zession erfordert somit einen gültigen Titel (Verpflichtungsgeschäft).
Die Forderung des Herrn ***G*** senior gegen die ***Q*** GmbH wird in Höhe des im Abtretungsvertrages vereinbarten Betrages mit der Forderung der Frau ***Bf1*** gegen Herrn ***G*** gegenverrechnet. Es liegt somit Entgeltlichkeit vor.
Der Abtretungsvertag vom stellt somit das Verfügungsgeschäft dar, die Tilgung der Schulden das Verpflichtungsgeschäft.
Die Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 21 GebG erfolgte somit zu Recht.
3. Gebührenerhöhung
Das Finanzamt kann gemäß § 9 Abs 2 GebG zur Sicherung der Einhaltung der Gebührenvorschriften bei nicht ordnungsgemäßer Entrichtung oder nicht ordnungsgemäßer Gebührenanzeige bei den in Abs. 1 genannten Gebühren zusätzlich eine Erhöhung bis zu 50 vH, bei den anderen Gebühren, mit Ausnahme der Wettgebühren nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1, eine Erhöhung bis zum Ausmaß der verkürzten (gesetzmäßigen) Gebühr erheben. Bei Festsetzung dieser Gebührenerhöhung ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem Gebührenschuldner bei Beachtung dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Gebührenpflicht einer Schrift oder eines Rechtsgeschäftes zugemutet werden konnte, ob eine Gebührenanzeige geringfügig oder beträchtlich verspätet erstattet wurde sowie, ob eine Verletzung der Gebührenbestimmungen erstmalig oder wiederholt erfolgt ist.
Voraussetzung für eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 2 GebG ist die nicht ordnungsgemäße Entrichtung oder Anzeige der Gebühr.
Wurde die Eingabengebühr nicht bei Fälligkeit entrichtet, so ist sie nicht vorschriftsmäßig entrichtet (vgl ).
Die Tatsache, dass hinsichtlich des gegenständlichen Vertrages die Gebührenanzeige gänzlich unterblieben ist und die beschwerdeführende Partei die hierfür nach den bisherigen Ausführungen des Bundesfinanzgerichts anfallende Gebühr auch nicht entrichtet hat steht außer Streit, sodass insoweit die Voraussetzung für eine Gebührenerhöhung dem Grunde nach vorliegt. Im Folgenden ist somit lediglich das von der Behörde bei der Bemessung der Gebührenerhöhung zu übende Ermessen zu überprüfen.
Die Entscheidung über eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs 2 GebG ist als Ermessensentscheidung grundsätzlich gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei Auslegung des § 20 BAO ist dabei dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von "Angemessenheit" in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das "öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Nach der speziellen Vorschrift des zweiten Satzes des § 9 Abs 2 GebG sind bei der Festsetzung dieser Gebührenerhöhung die darin erwähnten Umstände "insbesondere" zu berücksichtigen.
Für die Zweckmäßigkeit der von der belangten Behörde festgesetzten Gebührenerhöhung spricht vor allem, dass für die beschwerdeführende Partei die Gebührenpflicht für diesen erkennbar gewesen wäre, dass sie die Gebührenanzeige aber gänzlich und auf Dauer unterlassen hat, sodass die belangte Behörde erst im Wege einer Kontrollmitteilung mit großer Verspätung von dem Gebührengebrechen Kenntnis erlangt hat.
Die Gebührenerhöhung kann bis zur Höhe des verkürzten Betrages ausgemessen werden. Unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände ist die belangte Behörde jedoch zu der Auffassung gelangt, dass mit einer Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 % der verkürzten Gebühr das Auslangen gefunden werden konnte.
Dem Vorbringen in der Beschwerde "Kein Mensch bei klarem Verstand - ausgenommen Experten des Gebührenrechts - käme jemals auf die Idee anzunehmen, dass die Rückzahlung einer Verbindlichkeit eine Urkundensteuer auslösen konnte" muss entgegnet werde, dass die Vertragsparteien in ihrer Erklärung vom ausführen, der Abtretungsvertrag sei aus "gebührenrechtlichen Überlegungen im Ausland abgeschlossen worden". Daraus lässt sich schließen, dass die Vertragsparteien sehr wohl über eine Gebührenpflicht informiert waren, bzw. durch den Abschluss des Vertrages im Ausland diese umgehen wollten.
Die Festsetzung iHv 50% erfolgte daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts zu Recht.
4. Gleichheits- und Verfassungswidrigkeit
Hinsichtlich des Vorbringens der steuerlichen Vertretung im Schreiben vom , eingelangt am , dass das GebG als Ganzes verfassungswidrig sei, ist darauf hinzuweisen, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, welche Verträge und Rechtsgeschäfte er einer Gebühr unterwirft. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich frei, den Gegenstand einer Abgabe zu bestimmen. Er ist durch den Gleichheitssatz nur insoweit gebunden, dass die Regelung in sich nicht unsachlich sein darf ().
Hinsichtlich der Gebührenerhöhung wird darauf verwiesen, dass im konkreten Fall sehr wohl die Festsetzung der Gebührenerhöhung unter 50% möglich gewesen wäre, insoweit verkennt die beschwerdeführende Partei die Rechtslage.
Nach § 2 Abs 2 lit a FinStrG gelten die Stempel- und Rechtsgebühren - ausgenommen Wettgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs 1 Z 1 - nicht als Abgaben iSd FinStrG. Das FinStrG ist daher nicht auf Stempel- und Rechtsgebühren anwendbar. Als Sanktion für eine nicht vorschriftsmäßige Entrichtung der Gebühren ist die Gebührenerhöhung nach Maßgabe des § 9 vorgesehen (Erhöhung bis zu 100 % des nicht vorschriftsmäßig entrichteten Gebühren-betrags). Nach den ErlRV zum GebG 1946 soll dies eine rasche und einfache Ahndung von Gebührenverstößen ermöglichen, zumal es der weitgespannte Rahmen der Gebührensteigerungen zulässt, einzelne Fälle nach der Schwere des Verstoßes individuell zu behandeln. Nach der Rsp des VwGH stellt die Gebührenerhöhung iSd § 9 eine objektive Säumnisfolge dar, die nicht als Strafe betrachtet werden kann (Bergmann/Pinetz (Hrsg) GebG, 2. Auflage vor § 1 Rz 43).
Hinsichtlich der Bedenken betreffend "Auslandsurkunden" wird auf die Rsp des VwGH verwiesen. Danach dürfen Staaten Sachverhalte, zu denen sie keinerlei persönliche oder sachliche Beziehung aufweisen, nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts nicht besteuern. Diese Anknüpfung an sachliche Momente zum Inland erfolgt hinsichtlich der im III. Abschnitt des Gebührengesetzes, näherhin in den einzelnen Tarifposten des § 33, geregelten Rechtsgebühren im § 16 GebG (vgl ).
Weder den allgemeinen Bestimmungen des III. Abschnittes noch den Tarifvorschriften des § 33 GebG kann ein Grundsatz entnommen werden, dass über die formelle Anknüpfung an die Beurkundung hinaus das jeweilige Rechtsgeschäft an sich eine weitere Nahebeziehung zum Inland aufzuweisen habe ().
Die verfassungsrechtlichen Bedenken werden vom Bundesfinanzgericht nicht geteilt.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Fall die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen eindeutig ist und das Erkenntnis auf die angeführte, bisherige Rechtsprechung des VwGH Bedacht genommen hat, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 2 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 9 Abs. 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 21 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101811.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at