Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.09.2023, RV/7100797/2023

Keine Pflichtverletzung des Geschäftsführers, wenn die vertretene GmbH überhaupt keine liquide Mittel hat.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Helmut Hummel in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Team23 Steuerberatung GmbH, Dresdner Straße 47 Tür 03 OG, 1200 Wien, über die Beschwerde vom , eingebracht durch die damalige ***Vetr. alt***, gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***xxxx***, nach der am in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner steuerlichen Vertreter ***V1*** und ***V2***, der Amtsbeauftragten ***AB1*** und ***AB2***, sowie der Schriftführerin ***S*** durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Haftungsbescheid aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde der nunmehrige Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) als Haftungspflichtiger gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff. Bundesabgabenordnung für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma ***xy*** GmbH, Firmenbuchnummer: ***1***, im Ausmaß von 302.678,13 Euro in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

Der Haftungsbetrag setzt sich wie folgt zusammen:


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Abgabenart
Zeitraum
Fällig am
Betrag in Euro
Bescheid vom
Körperschaftsteuervorauszahlung
10-12/20
185,20
Körperschaftsteuervorauszahlung
01-03/21
250,00
Körperschaftsteuer
2016
57.939,00
Körperschaftsteuer
2017
77.930,00
Anspruchszinsen
2016
970,93
Anspruchszinsen
2017
768,00
Aussetzungszinsen
2021
1.280,62
Anspruchszinsen
2017
448,66
Anspruchszinsen
2016
736,48
Körperschaftsteuervorauszahlung
07-09/21
250,00
Körperschaftsteuer
2019
96.629,00
Körperschaftsteuervorauszahlung
10-12/21
59.636,00
Säumniszuschlag1
2021
1.932.58
Säumniszuschlag 1
2021
1.192,72
Säumniszuschlag 2
2021
966,29
Säumniszuschlag2
2021
596,36
Säumniszuschlag 3
2021
966,29
Summe:
302.678,13

Die Abgabenbescheide wurden dem Haftungsbescheid beigelegt.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.Gemäß § 9 Abs. 1 leg.cit. haften die in § 80 Abs. 1 leg. cit. erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergibt sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Sie waren im Zeitraum von ***Datum1*** bis ***Datum2*** unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***xy*** GmbH, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Die Vertreterhaftung besteht insbesondere für Abgaben, deren Zahlungstermin (zB Fälligkeitszeitpunkt) in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt. Sie besteht aber auch für noch offene Abgabenschuldigkeiten, deren Zahlungstermin bereits vor der Tätigkeit des betreffenden Vertreters gelegen ist (zB ; ; ).

Hinsichtlich Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral sind, ist es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet wurden, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht. Außerdem trifft den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO), die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 leg. cit.) wie den Abgabenpflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises eines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer hat daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem hat er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat (vgl. Erk. des ZI. 84/13/0198; vom , ZI. 85/17/0035 und vom , ZI. 87/14/0148). Da Sie Ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen im angeführten Umfang nicht nachgekommen sind und die Abgaben bei der o.a. Gesellschaft uneinbringlich sind, war wie im Spruch zu entscheiden.

In Ihrer Stellungnahme vom geben Sie bekannt, keine Kenntnis über die Abgabenschuldigkeiten beim Finanzamt erlangt zu haben. Diese Behauptung entfaltet aus den folgenden Gründen keine haftungsbefreiende Wirkung:

• Die von Ihnen angegebene notarielle Übergabe hat keine Auswirkung auf die abgabenrechtliche Würdigung der Haftungsvoraussetzung.

Bei Übernahme der Geschäftsführertätigkeit hat der übernehmende Geschäftsführer eine Überwachungs- und Erkundungspflicht. Dies bedeutet, dass sich der Geschäftsführer bei Übernahme seiner Geschäftsführertätigkeit darüber zu erkundigen hat, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist (; 92/17/0178). Dies wäre ohne großen Aufwand möglich, indem zum Beispiel Buchungsmitteilungen des Finanzamtes vom bisherigen Geschäftsführer abverlangt und eingesehen werden.

• Die Behauptung, dass der Abgabenschuldner nicht wusste und auch nicht wissen konnte, dass die Firma in der Zeit seiner Vertretungstätigkeit fällige Schulden gegenüber dem Finanzamt hat, ist insoweit widerlegbar, dass mehrere Bescheide (zB Körperschaftsteuerbescheid 2016 v. , Körperschaftsteuerbescheid 2019 vom ) an den steuerlichen Vertreter ergangen sind.

Ein Verschulden ist auch insofern gegeben, da in Ihrem Vertretungszeitraum weitere Abgaben (wie die Körperschaftvorauszahlungen 2020) entstanden sind, welche nicht angefochten oder beglichen wurden.

Des Weiteren wurden in Ihrer Stellungnahme auch keine Unterlagen vorgebracht, die aufzeigen, dass während des Zeitraumes in dem Sie Vertreter der Gesellschaft waren, diverse Gläubiger (Lieferanten, Banken, Löhne, Krankenkassen) gleichmäßig befriedigt wurden.

Der Geschäftsführer hat darzutun, aus welchen Gründen eine Erfüllung der Abgabenpflichten nicht möglich war. Da dies nicht erfolgte, darf die Behörde annehmen, dass er schuldhaft seine Pflichten verletzt hat: , ÖStZB 2002/65; , 2000/14/0149, ÖStZB 2002/293.

Die Schuldhaftigkeit ist damit zu begründen, dass durch Ihr pflichtwidriges Verhalten als Vertreter der Gesellschaft, die Uneinbringlichkeit eingetreten ist."

In der dagegen - nach Fristverlängerung - fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom wurde ausgeführt:

"Der Bf. wurde am ***Datum1*** als Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma ***xy*** GmbH im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien eingetragen.

Im Abtretungsvertrag vom ***Datum1*** (GZ.9525 erfasst und beglaubigt in Form eines Notariatsaktes vom Notar ***N***) wurde dem Bf. zugesichert, dass die Firma keine Schulden gegenüber dem Finanzamt Österreich hat.

Absatz "Fünftens" des Abtretungsvertrages auf Seite 3. lautet:

"Der übernehmende Gesellschafter erklärte davon in Kenntnis zu sein, dass die Gesellschaft bei der Gebietskrankenkasse und bei der Hausverwaltung Verbindlichkeiten von insgesamt EUR 4.700, - (Euro viertausendsiebenhundert) hat. Der abtretende Gesellschafter erklärte und leistet dafür Gewähr, dass es darüber hinaus keine Schulden der Gesellschaft gibt."

Beilage 1/ Abtretungsvertrag vom ***Datum1***

Der Beschwerdeführer wurde am ***Datum2*** mit dem Gesellschafterbeschluss vom ***Datum2*** (B.R.Z, 980/2021 beglaubigt vom Notar ***N2***) als Geschäftsführer der Firma ***xy*** GmbH abberufen.

Er hat die Firma dem vorherigen Gesellschafter Herrn ***2*** zurückgegeben,

Beilage 2.1 Gesellschafterbeschluss vom ***Datum2***

Beilage 3./ Abtretungsvertrag vom ***Datum2***

Das Finanzamt Österreich hat dem Beschwerdeführer in der Zeit seiner Vertretungstätigkeit (***Datum1*** - ***Datum2***) keine Rechtsauskünfte bezüglich fälliger Abgaben mitgeteilt.

Beilage 4./ Buchungsmitteilung Nr. 1/2021 vom

Aus dieser Buchungsmitteilung Nr. 1/2021 vom ist ersichtlich, dass die Firma ***xy*** GmbH am Buchungstag ein Guthaben von EUR 250,00 hatte. Nur das hätte der Beschwerdeführer in der Buchungsmitteilung sehen können.

Beilage 5./ Zahlungsbestätigung EUR 250,00 -KöSt 7-9/2020

Zahlungsbestätigung EUR 481,71 KöSt 10-12/2020

Daraus folgt, dass der Abgabenschuldner nicht wusste und auch nicht wissen konnte, dass die Firma in der Zeit seiner Vertretungstätigkeit fällige Schulden gegenüber dem Finanzamt Österreich hatte.

Darüber hinaus ist die Rückstandsaufgliederung im angefochtenen Haftungsbescheid mangelhaft, weil die unten aufgelisteten Beträge erst nach dem ***Datum2*** fällig geworden sind.


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Abgabenart
Zeitraum
Fällig am
Betrag in Euro
Bescheid vom
Körperschaftsteuer
2019
96.629,00
Körperschaftsteuer
10-12/2021
59.636,00
Säumniszuschlag 1
2021
1.932,58
Säumniszuschlag 1
2021
1.192,72
Säumniszuschlag 2
2021
966,29
Säumniszuschlag 2
2021
596,36
09.03,2022
Säumniszuschlag 3
2021
966,29

(Die Beträge beziehen sich auf die Abgaben außerhalb des Haftungszeitraumes des Bf. und außerdem sind sie nach seinem Austritt fällig geworden).

Der Bf. haftet nur für die Beträge, die im Zeitraum ***Datum1*** - ***Datum2*** fällig geworden sind.

ln der Außenprüfung für den Zeitraum 2015-2017 (§ 147-153 BAO) wurde der wesentliche Grundsatz des Parteiengehörs gem. § 115 Abs. 2 BAO verletzt. Die Vorladung zur Schlussbesprechung am wurde dem Bf. nicht ordnungsgemäß zugestellt. Er hatte auch keine gewillkürte bzw. befugte Vertretung gem. § 83 ff BAO, die sein Interesse in der Schlussbesprechung am vertreten könnte.

Der Beschwerdeführer stellt daher, in eventu, falls das Finanzamt Österreich den Haftungsbescheid vom nicht aufhebt, den Antrag auf Aufhebung

- des Körperschaftsteuerbescheides 2016 vom und des Körperschaftsteuerbescheides 2017 vom aus dem Beschwerdevorentscheidungsverfahren § 262 BAO.

Begründung: Die Schadenersatzpflicht des Beschwerdeführers scheitert, weil weder Verschulden nach Kausalität vorhanden seien.

- des Körperschaftsteuerbescheides 2019 vom

Begründung: siehe Beilage 4. Buchungsmitteilung Nr. 1/2021 vom

- des Vorauszahlungsbescheides 2021 vom .

Begründung: Das ist nur eine vorläufige Vorschreibung der Körperschaftsteuer 2021) sowie

- des Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheides 10-12/2021 iHv € 59.636,00

Das ist ein Vorauszahlungsbescheid. Da die Firma während des Zeitraumes des Beschwerdeführers keine Aktivitäten hatte (keine aufrechte Gewerbeberechtigung, keine Mitarbeiter, keine Rechnungslegung) wäre diese Körperschaftsteuervorauszahlung -Bescheid 10-12/2021 bei Abgabe einer Körperschaftsteuererklärung gutzuschreiben. Die Körperschaftsteuererklärung konnte vom Beschwerdeführer nicht abgegeben werden, weil er aus der GmbH vor Abgabefrist ausgetreten ist.

Die Körperschaftsteuer 10-12/2020 iHv 250,00 ist am ***Datum1*** bezahlt worden.

Die Anspruchszinsen und Säumniszuschläge entfallen mit der Aufhebung bzw. Änderung der Körperschaftscheuerbescheide 2016, 2017, 2019 und des Vorauszahlungsbescheides 2021.

Rechtliche Beurteilung:

Die Haftung des § 9 BAO trifft den Vertreter gem. dem § 80 BAO den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Diese Haftung erstreckt sich vor allem auf Abgaben, deren Zahlungstermin - Fälligkeitszeitpunkt in die Zeit der Vertretungstätigkeit fällt ().

Für die Rückstände, die im Haftungsbescheid vom gelistet sind, haftet der Bf. nicht, weil diese Abgaben nicht in der Zeit seiner Vertretungstätigkeit fällig waren.

Darüber hinaus ist die schuldhafte Pflichtverletzung nach den Maßstäben des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.

Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme des Abgabenschuldners.

Wird der Geschäftsführer ausschließlich durch eine unrichtige Rechtsbelehrung, die ihm der abtretende Gesellschafter in voller Kenntnis des richtigen Sachverhaltes erteilt, so trifft ihn kein Verschulden (). (Anm. BFG: sic). Dies gilt auch, wenn der Vertreter auf die Richtigkeit von Rechtsauskünften des zuständigen Finanzamtes oder Erlässen des BMF vertraut.

Die Haftungsinanspruchnahme setzt eine Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und Abgabenausfall voraus.

Da in dieser Rechtssache die Kausalität nicht vorhanden ist, haftet der Abgabenschuldner für die aufgelisteten Rückstände auch aus diesem Grunde nicht."

*****

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise statt und schränkte die Haftung auf € 287.321,86 anstatt bisher € 302.678,13 ein.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Stellungnahme des Bf. vom seitens des Finanzamtes zur Kenntnis genommen worden sei, jedoch seien die von ihm genannten Argumente nicht als schuldbefreiend gewertet worden.

Es dürfe dem Bf. nochmals der Standpunkt des Finanzamtes, wie schon im Haftungsbescheid vom erläutert, nähergebracht werden:

"In Ihrer Stellungnahme vom geben Sie bekannt, keine Kenntnis über die Abgabenschuldigkeiten beim Finanzamt erlangt zu haben. Diese Behauptung entfaltet aus den folgenden Gründen keine haftungsbefreiende Wirkung:

• Die von Ihnen angegebene notarielle Übergabe hat keine Auswirkung auf die abgabenrechtliche Würdigung der Haftungsvoraussetzung.

Bei Übernahme der Geschäftsführertätigkeit hat der übernehmende Geschäftsführer eine Überwachungs- und Erkundungspflicht. Dies bedeutet, dass sich der Geschäftsführer bei Übernahme seiner Geschäftsführertätigkeit darüber zu erkundigen hat, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist (; 92/17/0178).

Dies wäre ohne großen Aufwand möglich, indem zum Beispiel Buchungsmitteilungen des Finanzamtes vom bisherigen Geschäftsführer abverlangt und eingesehen werden.

• Die Behauptung, dass der Abgabenschuldner nicht wusste und auch nicht wissen konnte, dass die Firma in der Zeit seiner Vertretungstätigkeit, fällige Schulden gegenüber dem Finanzamt hat, ist insoweit widerlegbar, dass mehrere Bescheide (zB Körperschaftsteuerbescheid 2016 v. , Körperschaftsteuerbescheid 2019 v. ) an den steuerlichen Vertreter ergangen sind.

Ein Verschulden ist auch insofern gegeben, da in Ihrem Vertretungszeitraum weitere Abgaben (wie die Körperschaftvorauszahlungen 2020) entstanden sind, welche nicht angefochten oder beglichen wurden."

Bei genauerer fachkundiger Betrachtung der vom Bf. angeführten Buchungsmitteilung vom dürfte ihm auffallen, dass es sich bei der Buchungszeile vom lediglich um eine Gutschrift und nicht um den Gesamtsaldo auf dem Abgabenkonto handle. Entgegen der Behauptung des Bf. habe kein Guthaben bestanden, sondern ein fälliger Abgabenrückstand in Höhe von € 139.138,55, zuzüglich eines ausgesetzten Betrages von € 32.374,14.

Dieser sei ersichtlich zu erkennen gewesen und lasse keinen Interpretationsspielraum zu. Des Weiteren sei auf der Buchungsmitteilung ersichtlich, dass zuvor ein Abgabenrückstand iHv € 481,71 bestanden habe.

Durch die Buchung der KVZ 07-09/2020 sei es zu einem Rückstand iHv € 731,00 gekommen, welcher im Zuge der Zahlungen abgedeckt worden sei. Durch die Buchung der KVZ 10-12/2020 sei ein neuerlicher Rückstand entstanden, welcher sich aufgrund des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung erhöht habe. Das letzte Guthaben am Abgabenkonto habe am bestanden, weshalb die Behauptung, es wäre ein Guthaben ersichtlich gewesen, bestritten werden könne.

Des Weiteren werde in der Buchungsmitteilung mit keinem Wort ein Guthaben erwähnt. Im Gegenteil, werde doch des Öfteren von einem Rückstand gesprochen, eine Formulierung die auch für einen fachunkundigen Leser eindeutig die Situation am Abgabenkonto wiederspiegle.

Es wäre ohne großen Aufwand möglich gewesen, die fälligen Abgabenrückstände oder deren Zusammensetzung in Erfahrung zu bringen. Daher komme das Finanzamt neuerlich zu der Erkenntnis, dass dem Bf., wäre er seiner Überwachungs- und Erkundungspflicht nachgekommen, diese Umstände bekannt gewesen wären und ihn der Vertreter auf die fehlerhafte Auslegung der Buchungsmitteilung hinweisen hätte können.

Die offenen Rückstände seien zu jeder Zeit offen ersichtlich gewesen. Die Behauptung, dass der Abgabenschuldner nicht gewusst habe und auch nicht habe wissen können, dass die Firma in der Zeit seiner Vertretungstätigkeit, fällige Schulden gegenüber dem Finanzamt gehabt habe, sei daher widerlegbar.

Die Haftung für die Körperschaftsteuer 2019 bestehe zu Recht, da die Vertreterhaftung auch für noch offene Abgabenschuldigkeiten bestehe, deren Zahlungstermin bereits vor der Tätigkeit des betreffenden Vertreters gelegen sei (zB ; ; ).

Wäre die Körperschaftsteuer 2019 den abgabenrechtlichen Vorschriften entsprechend zum gesetzlichen Fälligkeitstag entrichtet worden, wäre es zu keiner Säumnis und Festsetzung eines entsprechenden Säumniszuschlages gem. § 217 BAO gekommen. Da die Entrichtung der Körperschaftsteuer nicht erfolgt sei, liege auch die Entstehung der dazugehörigen Säumniszuschläge in der schuldhaften Pflichtverletzung des Haftungsschuldners und seien daher zur Haftung heranzuziehen. Dabei handelt es sich um folgende Säumniszuschläge:


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Abgabenart
Zeitraum
Fällig am
Betrag in Euro
Bescheid vom
Säumniszuschlag 1
2021
1.932,58
Säumniszuschlag 2
2021
966,29
Säumniszuschlag 3
2021
966,29

Bezüglich der Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2021 werde der Argumentation des Bf. Folge geleistet und die Höhe der Körperschaftsteuervorauszahlung aliquot berechnet. Da die Erhöhung der Körperschaftsteuervorauszahlung an die Nachzahlung der Körperschaftsteuer 2019 angepasst worden sei, welche erst am festgesetzt worden sei, hätte diese Erhöhung erst im letzten Quartal berücksichtigt werden können. Die Erhöhung der Körperschaftsteuervorauszahlungen betreffe jedoch auch die vorangegangenen Quartale des Jahres 2021 (Ausgleichsviertel), die in Ihren Geschäftsführerzeitraum fielen.

Es erfolge daher die Haftung der


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Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2021
€ 59.636,00 /4 * 3=
€ 44.727,00
Säumniszuschlag 1
€ 1.192,72/4 * 3=
€ 894,54
Säumniszuschlag 2
€ 596.36 /4 * 3=
€ 447,27
In folgender Höhe (Aliquotierter Betrag für die Quartale 1-3/2021):
€ 46.068,81

*******

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

*****

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde seitens des Bf. vorgebracht, dass der Bf. vom ***Datum1*** bis ***Datum2*** Geschäftsführer der GmbH gewesen sei. Bei der Übernahme der Gesellschaft habe er sich nach aushaftenden Verbindlichkeiten erkundigt. Bei der Gebietskrankenkasse hafteten ca. € 4.700,00 aus, beim Finanzamt am € 481,71.

Es habe eine Betriebsprüfung vor der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit des Bf. stattgefunden. Der vorangehende Geschäftsführer habe gegen die daraus resultierenden Bescheide Beschwerde eingelegt und die diesbezüglichen Beschwerdevorentscheidungen seien im Jänner 2021 ergangen. Die Gewerbeberechtigung der GmbH sei Ende 2019 erloschen (Löschung der Gewerbeberechtigung wurde in Kopie vorgelegt). Seither sei keine Tätigkeit ausgeführt worden. Das Bankkonto der GmbH sei im Mai 2020 gelöscht worden (vorgelegt wurde ein Bankauszug in Kopie). Vorgelegt werde auch ein Einzahlungsbeleg vom ***Datum1*** über den Betrag von € 481,71, überwiesen an das Finanzamt. Damit sei der Rückstand beglichen worden. Die GmbH sei übernommen worden, da der Vorbesitzer gesundheitliche Probleme gehabt habe. Es hätten noch Haftungsrücklässe in Höhe von über € 20.000,00 bestanden, die der Bf. auch lukrieren wollte.

Vertreter des Finanzamtes: Am ***Datum1*** hafteten am Abgabenkonto ein Saldo von ca. € 500,00 aus, allerdings sei ein Betrag von über € 100.000,-- gem. § 212a BAO ausgesetzt gewesen. Es wäre somit erkennbar gewesen, dass erhebliche Schulden zumindest potentiell vorhanden gewesen seien.

Es bestehe Konsens darüber, dass im Haftungsbescheid Abgabenschuldigkeiten einbezogen worden seien, die erst nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit fällig gewesen seien.

Steuerliche Vertretung: Im Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit des Bf. habe es keinerlei Geschäftstätigkeit gegeben und die GmbH habe auch über keinerlei Wirtschaftsgüter und liquide Mittel verfügt. Ein Kassenbuch sei mangels Geschäftstätigkeit nicht vorhanden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenschuld gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

I.) Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen:

Bei den haftungsgegenständlichen Abgaben handelt es sich ausschließlich um bescheidmäßig festzusetzende Abgaben. Die Bescheide wurden dem Haftungsbescheid angeschlossen. Das Vorliegen eines Zustellmangels, wurde nicht behauptet. Die Beträge haften, wie im Haftungsbescheid geltend gemacht, am Abgabenkonto unberichtigt aus.

II.) Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin:

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum3*** wurde ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gemäß § 63 IO zurückgewiesen und die Firma in der Folge am ***Datum4*** gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Die haftungsgegenständlichen Abgaben sind daher bei der GmbH uneinbringlich.

III.) Stellung des Bf. als Vertreter

Laut Firmenbuchauszug vertrat der Bf. die Gesellschaft ab ***Datum1*** als handelsrechtlicher Geschäftsführer. Am ***Datum2*** wurde der Bf. mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen. Der Bf. zählt somit zum Kreis der im § 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, welche - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - gemäß § 9 BAO zur Haftung herangezogen werden können.

IV.) Schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. als Geschäftsführer

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht. Außerdem trifft den Haftenden die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht wie den Abgabepflichtigen, sodass er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat.

Demzufolge hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. , mwN).

Für die Haftung nach § 9 BAO ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung ().

Für Abgabenschuldigkeiten, die nach Beendigung der Tätigkeit zu entrichten sind, besteht in der Regel keine Haftung.

Die Geschäftsführertätigkeit des Bf. endete wie bereits ausgeführt am ***Datum2***.

Die Körperschaftsteuer 2019 wurde erstmals mit Bescheid vom festgesetzt und war am fällig.

Die Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2021 war gemäß § 45 Abs. 2 EStG iV mit § 24 Abs. 3 KStG am fällig.

Bei einem Säumniszuschlag handelt es sich um eine bescheidmäßig festzusetzende Abgabe, die Zahlungsverpflichtung entsteht erst mit der Zustellung des maßgeblichen Bescheides, wobei für die Haftung der Zahlungstermin (Fälligkeit) maßgeblich ist. Die haftungsgegenständlichen Säumniszuschläge waren am , , und fällig.

Für diese Abgabenschuldigkeiten kann der Bf. nicht zur Haftung herangezogen werden, da sie erst nach Beendigung der Vertretertätigkeit fällig wurden. Der Beschwerde war daher insoweit stattzugeben.

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass der Bf. den Firmenanteil mit Abtretungsvertrag vom ***Datum1*** erworben habe und ihm vom abtretenden Gesellschafter im genannten Vertrag zugesichert worden sei, dass die Gesellschaft keine Schulden beim Finanzamt habe.

Dazu ist festzustellen:

Die Haftung erstreckt sich vor allem auf Abgaben, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt. Sie besteht aber weiters für die noch offenen Abgabenschuldigkeiten, weil die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten erst mit deren Abstattung endet (vgl. z.B. ).

Der Bf. bzw. dessen steuerlicher Vertreter hat der Beschwerde eine Buchungsmitteilung vom mit der Behauptung angeschlossen, aus dieser wäre nur ersichtlich, dass die Firma am Buchungtag ein Guthaben von € 250,00 gehabt habe und der Bf. keine Kenntnis von weiteren Schulden der Firma gehabt haben könne.

Unverständlich ist diese Behauptung deshalb, da sich diese Buchungsmitteilung 1/2021 vom wie folgt darstellt:


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Alter Kontostand
Rückstand
481,71
Neuer Kontostand
Rückstand
139.138,55
Ausgesetzter Betrag
-32.374,14


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Buchungstag
Buchungstext
Betrag
Vierteljahresbuchung Körperschaftsteuer 07-09/2020
250,00
Zahlung
vom
-481,71
Vierteljahresbuchung Körperschaftsteuer 10-12/2020
250,00
Zahlung
vom
-250,00
Ablauf der Aussetzung der Einhebung
Körperschaftsteuer 2016
zahlbar bis
28.970,00
Beschwerdevorentscheidung Körperschaftsteuer 2016
zahlbar bis
28.969,00
Festsetzung Anspruchszinsen
zahlbar bis
970,00
Ablauf der Aussetzung der Einhebung
Körperschaftsteuer 2017
zahlbar bis
38.838,00
Beschwerdevorentscheidung Körperschaftsteuer 2017
zahlbar bis
39.092,00
Festsetzung
Anspruchszinsen 2017
zahlbar bis
768,00
Anspruchszinsen 2021
zahlbar bis
1.280,62

Die Buchungsmitteilung gibt eine klare Auskunft über den Abgabenrückstand "Neuer Kontostand Rückstand 139.138,55" und es ist auch für steuerlich nicht versierte Personen leicht erkennbar, dass einerseits die GmbH per kein Guthaben, sondern einen Rückstand von € 250,00 (nämlich Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2020) hatte, sowie dass am Beschwerdevorentscheidungen betreffend Körperschaftsteuer 2016 und 2017 ergingen, die zu einem Ablauf von beantragten Aussetzungen der Einhebung führten und in diesem Zusammenhang auch Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen und Aussetzungszinsen erlassen wurden. Sämtliche Bescheide müssen dem Bf. bekannt sein, da diese an die GmbH z.H. der damaligen steuerlichen Vertretung, der ***C*** KG adressiert waren. Es bleibt nicht nachvollziehbar, weshalb diese Verbindlichkeiten, die nunmehr auch dem Haftungsbescheid zugrunde liegen, dem Bf. unbekannt gewesen sein sollten. Vielmehr hat der Bf. durch die Vorlage der Buchungsmitteilung den Beweis erbracht, dass er Kenntnis von den Abgabenschuldigkeiten hatte.

Diese am verbuchten Abgabenschuldigkeiten wären bis zu entrichten gewesen, somit zu einem Zeitpunkt, der in den Zeitraum der Vertretertätigkeit des Bf. fällt.

Ergänzend ist zur Frage, ob der Bf. Kenntnis von den haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten haben musste, auf die Bescheide über den Ablauf der Aussetzung vom (betreffend Anspruchszinsen 2017 in Höhe von € 448,66) und vom (betreffend Anspruchszinsen 2016 in Höhe von € 736,48) zu verweisen, die ebenfalls an die GmbH z.H. der damaligen steuerlichen Vertretung, der ***C*** KG adressiert waren und dem Bf. daher bekannt sein mussten. Auch in der vom Bf. vorgelegten Buchungsmitteilung wird auf den Umstand, dass noch Abgabenschuldigkeiten gemäß § 212a BAO von der Einhebung ausgestetzt waren hingewiesen ("Ausgesetzter Betrag -32.374,14")

Allerdings brachte der Bf. in der mündlichen Verhandlung vor, dass die GmbH über keinerlei liquide Mittel zur Begleichung der Abgabenschuldigkeiten verfügte und belegte dies durch Vorlage des Bankkontos der GmbH, das am nach Ausbuchung eines Betrages in Höhe von € 29,02 wegen Uneinbringlichkeit gelöscht wurde.

Nach der Aktenlage übte die Firma im Zeitraum der Geschäftsführertätigkeiten keine Geschäftstätigkeit aus, es wurden auch keinerlei Umsätze gemeldet bzw. von der belangten Behörde Umsatzsteuervorauszahlungen festgesetzt. Kassabuch ist lt. Angaben des Bf. mangels Geschäftstätigkeit nicht vorhanden.

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/17/0420).

Im gegenständlichen Fall hat der Bf. Unterlagen zum Nachweis der Vermögenslosigkeit der GmbH vorgelegt. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass liquide Mittel vorhanden waren liegen nicht vor.

Im Hinblick auf die völlige Mittellosigkeit der Gesellschaft liegt auch keine Pflichtverletzung des Bf. im Zusammenhang mit der Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten vor.

Der Beschwerde war somit stattzugeben und der angefochtene Haftungsbescheid aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der oben zitierten ständigen und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab und hatte lediglich die Klärungen der Haftungsvoraussetzungen gemäß § 9 Abs. 1 BAO im Einzelfall zum Gegenstand.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§§ 80 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1298 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100797.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at