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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.08.2023, RV/7101240/2023

Unterhaltsabsetzbetrag und Familienbonus Plus bei Leistung von Naturalunterhalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2021 zu Recht erkannt:

I.
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem dem Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurde die Beschwerdeführerin von der Amtspartei aufgefordert, folgende Fragen zu beantworten bzw. Unterlagen einzureichen:
Betreffend des beantragten Unterhaltsabsetzbetrages/beantragten Familienbonus Plus für Unterhaltsverpflichtete werde um folgende Nachweise ersucht:
- Gerichtsbeschluss betreffend die Verpflichtung zur Leistung von Unterhaltszahlungen
- Zahlungsnachweise (z.B. Kontoauszüge sämtlicher tatsächlich bezahlten Alimentationszahlungen).

Mit Schreiben vom wurde wie folgt geantwortet:
Hinsichtlich Naturalunterhalt bei Doppelresidenz (Sachleistung bei annähernd bzw. gleichteiliger Betreuung bei getrennt lebenden Elternteilen) werde der Beschluss des Bezirksgerichtes übermittelt.
Nach einigen Jahren Gerichtsverfahren gebe es betreffend Obsorge viele Schriftstücke, konkret sei der Unterhalt jedoch nicht erwähnt. Da ihr Sohn einfach im wöchentlichen Wechsel betreut werde und dadurch Kosten zu gleichen Teilen anfallen würden. Die Hälfte vom Schulgeld sei belegbar, siehe Anhang. Der Rest wie Kleidung, Essen, Förderaufwand, Schulsachen usw. jedoch nicht.
Sie hätte die Auskunft erhalten, dass hier die Regelsätze zur Anwendung kommen würden. Da es keine behördliche Festsetzung, keinen schriftlichen Vertag betr. Naturalunterhalt und schon gar keine schriftliche Bestätigung vom Kindesvater (keine Gesprächsbasis) geben würde.
Der beigelegte Beschluss des Bezirksgerichtes regelt in keiner Weise den Unterhalt. Zahlungsbestätigungen über Schulgeld im Jahr 2021 in Höhe von in Summe 505,80 € wurden vorgelegt.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2021 vom wurde kein Unterhaltsabsetzbetrag und kein Familienbonus Plus gewährt und wie folgt begründet:
Die tatsächlichen Kosten im Zusammenhang mit dem Schulbesuch von Kindern seien mit dem Kinderabsetzbetrag (Familienbeihilfe) abgegolten. Der bereits gewährte Unterhaltsabsetzbetrag sowie der Familienbonus Plus sei daher mangels Nachweis der Unterhaltsleistungen für den Sohn aberkannt worden.
Da die aus der Begründung des Sachbescheides sich ergebende inhaltliche Rechtswidrigkeit eine nicht bloß geringfügige Auswirkung habe, wäre die Aufhebung des im Spruch bezeichneten Bescheides von Amts wegen zu verfügen gewesen.

Mit Schreiben vom wurde gegen gegenständlichen Bescheid Beschwerde erhoben wie folgt:
Der Kindesvater beziehe die Familienbeihilfe, um in seiner Papa-Woche (Wechselmodell) die Hortkosten damit zu bezahlen, weshalb die Begründung hinsichtlich Abgeltung der Kosten im Zusammenhang mit dem Schulbesuch von Kindern aus ihrer Sicht nicht einzusehen sei. Aufgrund der gemeinsamen Abbuchung (Schulgeld und Hortkosten) würde sie das Schulgeld an den Kindesvater und nicht direkt an die Schule bezahlen.
Der Kindesvater sei verheiratet, somit sei er wohl kein Alleinverdiener, im Gegensatz zur Beschwerdeführerin. Aufgrund annähernd gleicher Betreuung ihres Sohnes seien sie beide keine Alleinerzieher, zudem würden keine weiteren Alimente bezahlt werden. Dies trotz großer Einkommensunterschiede.
Mittels Regelbedarfssätzen hätte sie deshalb die Kosten für den Naturalunterhalt beantragt, den sie im vollen Umfang erfülle. Falls sie ein falsches Formular oder eine falsche Spalte verwendet haben sollte, bitte sie um Berichtigung von Amts wegen.
Als Nachweise der Naturalunterhaltsleistungen dürfe sie auf die übermittelten Beschlüsse des Bezirksgerichtes verweisen, wo explizit keine Barzahlung festgelegt worden wäre. Auf Nachfrage bei Gericht sei ihr mitgeteilt worden, dass eine zusätzliche Bestätigung nur in einem Gerichtsverfahren möglich sein würde. Dies sei unzumutbar aufgrund der ohnehin schon überlangen Verfahrensdauer.
Sie versichere, dass bei Nichterfüllung (Naturalunterhalt in ihrer Woche) der Kindesvater lieber gestern als heute Alimente erwirkt hätte, dies zu Lasten ihres Sohnes.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22.3.3023 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und wie folgt begründet:
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 stehe einem Steuerpflichtigen, der den gesetzlichen Unterhalt leiste, ein Unterhaltsabsetzbetrag (bzw. in weiterer Folge ein Familienbonus Plus) zu. Im gegenständlichen Fall werde jedoch, wie auch schon im Bescheid vom ausgeführt, kein gesetzlicher Unterhalt geleistet. Denn das Schulgeld sei mit dem Kinderabsetzbetrag und der Familienbeihilfe abgegolten, sodass es nicht zu den gesetzlichen Unterhaltsleistungen subsumiert werden könne.
Im konkreten Fall würde weder eine behördlich festgelegte Unterhaltsverpflichtung, noch ein schriftlicher Vertrag über die Leistung von Unterhaltszahlungen vorliegen. Es existiere auch keine Bestätigung der empfangsberechtigten Person, aus der das Ausmaß des vereinbarten Unterhaltes und das Ausmaß des tatsächlich bezahlten Unterhaltes hervorgehe. Somit sei auch eine Anwendung der Regelbedarfssätze nicht möglich.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht gestellt und wie folgt ausgeführt:
Für den Naturalunterhalt beim Wechselmodell (annähernd gleiche Betreuung des Kindes bei getrennt lebenden Eltern) seien die Regelbedarfssätze beantragt worden. Da in den jahrelangen Gerichtsverfahren dies sowieso vorläufig gelebt worden wäre, sei wohl vom Bezirksgericht keine weiter explizite Festsetzung hinsichtlich des Unterhalts erfolgt. Die beiderseitige Erfüllung in Form des Naturalunterhalts (gesetzliche Unterhaltsverpflichtung im vollen Umfang) gelte daher als vereinbart. Weshalb der Unterhaltsabsetzbetrag zustehe, dadurch die Berechtigung, den Familienbonus Plus zu beantragen. Falls das Formular oder der Eintrag in der Spalte falsch gewesen sein würde, ersuche sie gleichermaßen um Korrektur.

Mit Vorlagebericht vom wurde obige Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und unter anderem wie folgt ausgeführt:
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin hätte mit Beschwerde vom gegen den Bescheid vom geltend gemacht, dass ihr die mit Bescheid vom zugesprochenen Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag und Familienbonus Plus in halber Höhe) in der Folge zu Unrecht aberkannt worden wären. Einerseits würde sie den Sohn gemeinsam mit dem Kindesvater betreuen und es sei damit die Leistung von Naturalunterhalt verknüpft. Des Weiteren hätte sie im Jahr 2021 das Schulgeld für den Sohn bezahlt. Damit würden die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Absetzbeträge jedenfalls vorliegen. Mit Beschwerdevorentscheidung sei die Beschwerde abgewiesen worden mit der Begründung, dass die Beschwerdeführerin nicht nachweisen hätte können, dass sie im Veranlagungsjahr den geschuldeten Unterhalt geleistet hätte. Da das Schulgeld durch die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag abgegolten würde, könne dieses nicht unter den Begriff der Unterhaltsleistung subsumiert werden.
Stellungnahme:
Es werde beantragt, der Beschwerde teilweise statt zu geben. Die Beschwerdeführerin lebe getrennt von ihrem Sohn Stephan, der überwiegend beim Kindesvater wohne und diesem den Familienbeihilfenanspruch vermittle. Daher sei § 33 Abs. 3a lit. b EStG 1988 einschlägig, wonach der Familienbonus Plus für ein Kind zustehe, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag zustehe. Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zustehe, stehe dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu. Der Unterhaltsabsetzbetrag stehe Steuerpflichtigen gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 leg. cit. zu, wenn sie für ein Kind, das nicht dem gemeinsamen Haushalt angehöre, den gesetzlichen Unterhalt leisten würden. Ob beide Elternteile die Obsorge über das Kind gemeinsam ausüben würden oder nur einem Elternteil das Sorgerecht eingeräumt worden wäre, hätte auf die Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrages grundsätzlich keinen Einfluss. Auch im Fall einer gemeinsamen Obsorge hätten die Elternteile eine Vereinbarung zu treffen, bei welchem Elternteil sich das Kind hauptsächlich aufhalten solle (§ 177 Abs. 2 ABGB). Die Höhe der Unterhaltsverpflichtung ergebe sich bei Vorliegen eines Gerichtsurteils oder eines gerichtlichen oder behördlichen Vergleiches aus dem darin festgesetzten Unterhaltsbetrag, im Falle einer außerbehördlichen Einigung durch den in einem schriftlichen Vergleich festgehaltenen Unterhaltsbetrag. Liege weder eine behördlich festgelegte Unterhaltsverpflichtung, noch ein schriftlicher Vertrag vor, bedürfe es der Vorlage einer Bestätigung der empfangsberechtigten Person, aus der das Ausmaß des vereinbarten Unterhalts und das Ausmaß des tatsächlich geleisteten Unterhalts hervorgehe. Die von den Gerichten angewendeten Regelbedarfsätze würden nur dann zur Anwendung kommen, wenn keine behördliche Festsetzung, kein schriftlicher Vertrag und keine schriftliche Bestätigung der empfangsberechtigten Person, in der die getroffene Unterhaltsvereinbarung und deren Erfüllung bestätigt würden, vorliegen würden. Mit Vorhalt vom sei die Beschwerdeführerin aufgefordert worden, Nachweise vorzulegen, um die Höhe des geschuldeten Unterhalts und dessen tatsächliche Leistung zu belegen. Aus dem vorgelegten Gerichtsbeschluss vom gehe eindeutig hervor, dass eine Unterhaltsvereinbarung mit dem Kindesvater nicht getroffen werden habe können. Eine Bestätigung des Kindesvaters sei ebenfalls nicht vorgelegt worden. Zur Beurteilung, ob und in welcher Höhe Unterhalt geleistet worden wäre, sei daher auf die Regelbedarfssätze im Veranlagungsjahr 2021 zurückzugreifen. Der monatliche Regelbedarfssatz für ein achtjähriges Kind hätte im Jahr 2021 352,00 € betragen. Die Beschwerdeführerin hätte für das Jahr 2021 die Zahlung von Schulgeld iHv 505,80 € nachgewiesen. Beim Schulgeld handle es sich um eine Unterhaltsleistung (; ; , 95/15/0203). Da die Beschwerdeführerin die vollständige Leistung des geschuldeten Unterhalts lediglich für einen Monat nachweisen hätte können, stehe ihr der Unterhaltsabsetzbetrag und der Familienbonus Plus für diesen Zeitraum zu, für den restlichen Zeitraum sei ihr Anliegen abzuweisen.

Am wurde folgendes Auskunftsersuchen an den Kindesvater abgefertigt:
"1.
Legen Sie dar, inwieweit von der Kindesmutter im Jahr 2021 für Ihren gemeinsamen Sohn Unterhalt geleistet worden ist.
Zahlungen sind anzuführen und soweit möglich nachzuweisen. Wurden konkrete Ausgaben finanziert oder wurde Geldunterhalt geleistet?
2.
Welche Vereinbarungen betreffend Unterhalt haben im Jahr 2021 bestanden? Schriftliche Vereinbarungen sind einzureichen, mündliche in ihren wesentlichen Punkten darzulegen.
3.
Nach Aktenlage wurde im Jahr 2021 Naturalunterhalt bei annähernd gleichteiliger Betreuung durch beide Elternteile vereinbart und gelebt. Entspricht das den Tatsachen? Wurden die Unterhaltsverpflichtungen durch die Kindesmutter erfüllt?
4.
Existiert ein Gerichtsbeschluss betreffend Verpflichtung zu Unterhaltszahlungen? Wenn ja, wäre dieser einzureichen."

Mit Schreiben vom wurde wie folgt geantwortet:
1.
Es seien keine Unterhaltszahlungen geleistet worden. Die Beschwerdeführerin bezahle lediglich monatlich freiwillig den hälftigen Anteil des Schulgeldes, da der Besuch der Privatschule von ihr gewünscht gewesen wäre. Dieser Betrag werde monatlich auf sein Konto überwiesen, der gesamte Betrag werde von der Schule von seinem Konto abgezogen. Die Beschwerdeführerin hätte von diesem Hälfteanteil zusätzlich noch Abzüge vorgenommen für Barauslagen, die in der Schule in ihrer Betreuungszeit zu erledigen gewesen wären. Es werde auf die übersendeten Beilagen verwiesen. Die Schulsachen seien zur Gänze von ihm bezahlt und angeschafft worden. Wenn die Beschwerdeführerin an diesen Schulsachen dann keinen Gefallen gefunden hätte, hätte sie Sachen doppelt angeschafft und parallel benutzt.
2.
Es existiere bis heute keinerlei Unterhaltsvereinbarung
3.
Es sei keine Vereinbarung getroffen worden. Welche Anschaffungen die Beschwerdeführerin für den gemeinsamen Sohn getätigt hätte, wenn er bei ihr in Betreuung sei, entziehe sich seiner Kenntnis. Es seien von ihm nie Unterhaltszahlungen gefordert worden, da er weitere mentale Belastungen durch ein weiteres Verfahren für sein Kind endgültig vermeiden hätte wollen.
4.
Es gebe keinen derartigen Gerichtsbeschluss, der den Kindesunterhalt thematisiert haben würde.
Beigelegt wurde ein Auszug eines Beschlusses des Bezirksgerichtes ohne Datum, diverse Belege betreffend Überweisungen der Beschwerdeführerin an den Kindesvater (Schulgeld), ein Beschluss des Bezirksgerichtes vom (aus dem hervorgeht, dass der gemeinsame Sohn nahezu zu gleichen Teilen Zeit bei Mutter und Vater verbringt), ein Beschluss des Landesgerichtes vom (worin die zeitliche Aufteilung des Aufenthaltes des Sohnes der Beschwerdeführerin 50:50 bestätigt wurde) sowie Rechnungen betreffend Schulsachen.

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurden die obigen Ermittlungsergebnisse der Amtspartei übermittelt und wie folgt ausgeführt:
"Es wird davon ausgegangen, dass im Beschwerdejahr eine annähernd gleichteilige Betreuung des Sohnes durch die Beschwerdeführerin und den Kindesvater stattgefunden hat.
Weder ein Gerichtsbeschluss, noch eine gesonderte Vereinbarung den Unterhalt betreffend liegt vor. Naheliegend ist jedoch, dass von beiden Elternteilen Naturalunterhalt geleistet wurde. Zudem wurde das Schulgeld zu gleichen Teilen übernommen.
Das ergibt sich aus einer Zusammenschau der sowohl von der Beschwerdeführerin, als auch dem Kindesvater eingereichten Beweismittel."

Mit Schreiben vom wurde durch die Amtspartei wie folgt geantwortet:
Der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes könne sich die Amtspartei nur teilweise anschließen. Unbestrittenermaßen würde weder ein Gerichtsbeschluss, noch eine Vereinbarung vorliegen, welche eine Regelung des Unterhaltes den gemeinsamen Sohn betreffend vorsehen würde. Dies werde auch vom Kindesvater bestätigt. Fest stehe auch, dass die Bezahlung des Schulgeldes von beiden Elternteilen zu gleichen Teilen getragen worden wäre.
Nach Ansicht der Amtspartei hätte die Beschwerdeführerin nicht im selben Ausmaß zum Kindesunterhalt beigetragen. Dass die Beschwerdeführerin ihren Unterhaltsverpflichtungen in voller Höhe nachgekommen sei und der Unterhaltsabsetzbetrag daher für das gesamte Kalenderjahr zustehen würde, werde weiterhin in Frage gestellt. Wie bereits erwähnt würden keine Unterhaltsvereinbarungen vorliegen, ein Naturalunterhalt sei von den Elternteilen nicht vereinbart worden. Aus den beigelegten Gerichtsbeschlüssen gehe hervor, dass sich der Sohn überwiegend beim Kindesvater aufhalte, der Beschwerdeführerin komme allerdings ein umfangreiches Kontaktrecht zu. Zwar sei die Bezahlung des Schulgeldes zur Hälfte durch die Beschwerdeführerin nachgewiesen worden. Jedoch würden die vorgelegten Dokumente aus Sicht des Finanzamtes eher dafürsprechen, dass die Betreuung überwiegend durch den Kindesvater erfolgt sei und dieser auch den überwiegenden Sachaufwand getragen hätte. Dieser Eindruck werde unter anderem durch die vorgelegten Rechnungen für Schulartikel bestätigt. Wie der , ausgeführt hätte, könne von einer völligen Bedarfsdeckung des Kindes im Wege von Naturalleistungen durch beide Elternteile nur dann ausgegangen werden, wenn die Eltern diese Aufwendungen auch zur Hälfte tragen würden. Zwar erweise sich die genaue Bezifferung der Naturalleistungen erwartungsgemäß als schwierig, aus den bisher vorgelegten Nachweisen erscheine jedoch eine gleichteilige Tragung der Kosten durch die Beschwerdeführerin zweifelhaft.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Dem Erkenntnis zugrunde liegender Sachverhalt

Strittig ist, ob der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihren minderjährigen Sohn ganzjährig ein Unterhaltsabsetzbetrag sowie 50% des Familienbonus Plus zusteht. Der Kindesvater bezieht Familienbeihilfe, der Sohn lebt beim Vater. Wesentlich ist dabei, ob die Beschwerdeführerin ihren Unterhaltsverpflichtungen nachgekommen ist.

Vorliegend ist weder ein Gerichtsbeschluss, noch eine gesonderte Vereinbarung den Unterhalt betreffend. Von der Beschwerdeführerin wurde die Leistung von Naturalunterhalt bei gleichteiliger Betreuung der getrenntlebenden Elternteile eingewendet. Dem Kindesvater wurde das mit Auskunftsersuchen vom vorgehalten. Im Schreiben vom wurde dies weder bestätigt, noch wurde dem widersprochen.
Aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes vom geht eine annähernd gleichteilige Betreuung des Sohnes durch die Beschwerdeführerin und den Kindesvater hervor.
Die Kosten für die Privatschule werden unstrittig zwischen den Eltern geteilt. Vom Kindesvater wurde die Anschaffung von Schulsachen nachgewiesen, gleichzeitig aber darauf verwiesen, dass auch die Beschwerdeführerin Schulsachen kaufen würde.
Naheliegend ist daher, dass von beiden Elternteilen Naturalunterhalt geleistet wurde. Auch aufgrund der Ausführungen des Kindesvaters (Welche Anschaffungen die Beschwerdeführerin für den gemeinsamen Sohn getätigt hätte, wenn er bei ihr in Betreuung sei, entziehe sich seiner Kenntnis.) liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit die Leistung von Naturalunterhalt durch die Beschwerdeführerin vor.
Eine mathematisch exakte Zurechnung sämtlicher Aufwendungen, die für das Kind zu leisten waren, ist nicht möglich.
In einer Zusammenschau der vorliegenden Ermittlungsergebnisse kommt das Bundesfinanzgericht zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin mit großer Wahrscheinlichkeit Naturalunterhalt geleistet hat.

Rechtliche Begründung

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 € monatlich zu, wenn das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.
Wird bei getrennt lebenden Elternteilen die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung durch Naturalunterhalt (Sachleistung) erfüllt, steht der unterhaltsverpflichteten Person der Unterhaltsabsetzbetrag zu (siehe etwa ; , RV/7103423/2022).

Da von der Beschwerdeführerin bei nahezu gleichteiliger Betreuung des Sohnes Naturalunterhalt geleistet wurde, ist der Unterhaltsabsetzbetrag für 12 Monate iHv 350,40 € zu berücksichtigen und somit der Beschwerde statt zu geben.

Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht ein Familienbonus Plus für ein Kind, das Familienbeihilfe nach dem FLAG 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
Z 1 lit.a:
Der Familienbonus Plus beträgt bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro.
Z 3 normiert:
Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
b.
Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Da von der Beschwerdeführerin bei nahezu gleichteiliger Betreuung des Sohnes Naturalunterhalt geleistet wurde war der Beschwerde stattzugeben und 50 % des Familienbonus Plus für das Jahr 2021 zu gewähren.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis war nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig. Die Frage, ob und in welcher Höhe von der Beschwerdeführerin Unterhalt geleistet worden ist, war im Rahmen freier Beweiswürdigung bezogen auf das konkret vorliegende tatsächliche Geschehen zu lösen. Eine Revision war folglich nicht zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101240.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at