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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.09.2023, RV/7104342/2019

Keine Nachsicht nach § 236 BAO, wenn der Ablauf der Aussetzung der Einhebung versehentlicherweise erst Jahre später verfügt wurde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Anna Radschek, den Richter Mag.Dr. Wolfgang Pagitsch sowie die fachkundigen Laienrichter Manfred Fiala und DI Thomas Hrdinka in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BONAFIDE Treuhand- und Revisions- gesellschaft m.b.H., Berggasse 10, 1090 Wien, über deren Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamtes Wien 4/5/10 ) vom über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Nadine Bernold zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Antrag vom ersuchte die Beschwerdeführerin um Nachsicht hinsichtlich des derzeitigen Rückstandes auf dem Abgabenkonto iHv € 31.161,91. Als Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Rückstand aus der seinerzeitigen Vorschreibung von Kapitalertragsteuer für die Jahre 1995 und 1996 resultiere. Das dahingehende Rechtsmittelverfahren sei mit der Erlassung des Erkenntnisses des , rechtskräftig erledigt worden und sei daher die Aussetzung der Einhebung zu diesem Zeitpunkt per se abgelaufen. Vom Finanzamt sei diese Angelegenheit aber erst zehn Jahre später aufgegeben worden. Zudem seien die seinerzeitigen Begünstigten nicht mehr greifbar und sei die Ertrags- und Vermögenslage sehr angespannt, zumal mit japanischen Lebensmitteln gehandelt werde und seit dem Atomunfall in Japan ungleich höhere Einkaufspreise zu zahlen seien, welche auf die Kunden kaum übergewälzt werden könnten. Darüber hinaus sei die Fünfjahresfrist gem. § 238 Abs. 1 BAO abgelaufen und erscheine es daher unbillig diesen Rückstand zu verlangen.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag ab und begründete dies zusammenfassend damit, dass weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit vorliege und daher für eine Ermessensentscheidung kein Raum bleibe. Eine sachliche Unbilligkeit des Einzelfalles liege nicht vor, wenn die Abgabennachforderung die Auswirkung genereller Rechtsnormen sei, die alle Wirtschaftstreibenden in ähnlicher Lage treffe. Eine persönliche Unbilligkeit liege insbesondere vor, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen gefährden würde und mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme. Zudem sei bereits in einem vorherigen Verfahren festgestellt worden, dass keine Verjährung gem. § 238 BAO eingetreten sei. Auch die lange Dauer der Aussetzung der Einhebung lasse auf keine Art von Unbilligkeit schließen, da dadurch einerseits die Begünstigung der Hemmung der Einbringung genutzt worden sei und andererseits genügend Zeit zur Bildung von Reserven, für eine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit folgende Nachforderung, gegeben gewesen sei.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am fristgerecht Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei, weil die Finanzbehörde unter Verletzung des § 115 BAO keinerlei Erhebungen über die Vermögenslage der Gesellschaft bzw. deren Gesellschafter und Geschäftsführer vorgenommen habe. Bei Einhaltung dieser Pflicht hätte sie festgestellt, dass die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft aufgrund einer 50% igen Erhöhung der Einkaufspreise wegen des Atomunfalls in Japan äußerst ungünstig sei. Zudem werde erneut Verjährung gem. § 238 BAO eingewendet und handle es sich um Abgaben deren Entstehung 23 Jahre zurückliege. Sollte § 238 BAO eine Einhebung ermöglichen, so verstöße diese Gesetzesbestimmung gegen das verfassungsrechtlich gewährte Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, da dieser Bestimmung der Begriff der absoluten Verjährung fehle. Darüber hinaus liege bezüglich der Aussetzungszinsen auch Festsetzungsverjährung vor. Es werde daher beantragt den angefochtenen Bescheid aufzuheben und im Falle der direkten Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung sowie die Durchführung einer Senatsentscheidung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte in ihrer Begründung zusammenfassend aus, dass dem Nachsichtswerber eine erhöhte Mitwirkungspflicht treffe und er einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun habe, auf welche die Nachsicht gestützt werden könne. Die Ermittlungspflicht gem. § 115 BAO trete daher in den Hintergrund. Zudem liege unter Verweis auf das Schreiben vom keine Verjährung der Abgabenschuld vor, da die Einhebung der Abgaben in den Zeiträumen bis , bis und bis ausgesetzt und daher die Verjährung gem. § 238 Abs. 3 lit. a BAO gehemmt gewesen sei.

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte ergänzend zur bisherigen Begründung aus, dass es tatsachenwidrig sei, dass das Finanzamt keine Informationen über die Vermögens-und Ertragslage gehabt habe, da laufend und regelmäßig Rechnungsabschlüsse beim Finanzamt eingereicht worden seien. Diese seien unter Verletzung des § 115 BAO nicht eingeflossen und seien aufgrund des vorliegenden Rechenwerkes auch keine Erhebungen durchgeführt worden. Die Finanzbehörde habe daher den Sachverhalt nicht in einer nach den Grundsätzen des § 20 BAO vorzunehmenden Weise gewürdigt. Es lägen alle Gründe für eine Abgabennachsicht vor, nämlich insbesondere, dass die Entstehung der Schuld Jahrzehnte lang zurückliege und die Vermögens- und Ertragslage ungünstig sei, sodass bei Entrichtung der Abgabenschuld der Bestand des Unternehmens schwer gefährdet wäre.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde samt relevanter Aktenteile mit dem Ersuchen diese als unbegründet abzuweisen dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Am brachte die Beschwerdeführerin einen weiteren Schriftsatz ein und führte ergänzend aus, dass aufgrund des abgeschlossenen Rechtsmittelverfahrens die Aussetzung der Einhebung schon 2008 de facto abgelaufen sei und daher die Finanzbehörde bezüglich des Einwands der Einhebungsverjährung iSd § 238 BAO beweispflichtig sei. Daher werde beantragt der Finanzbehörde aufzutragen, den Verfahrensverlauf hinsichtlich der Kapitalertragsteuer 1996 exakt darzulegen, da sich aus der Beschwerdevorentscheidung vom Widersprüchlichkeiten ergeben würden. Zudem hätte die Finanzbehörde bei Erhebung der Einkommens- und Vermögenslage der Gesellschafter festgestellt, dass diese äußerst schlecht seien. Zudem seien 2019 nicht einmal Geschäftsführerbezüge ausbezahlt worden, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft aufrecht zu erhalten. Weiters sei auch beim Bundesfinanzgericht die Bearbeitung als schleppend anzusehen, da der Fall seit nahezu 4 Jahren anhängig sei. Darüber hinaus habe die verjährte Abgabenschuld bei der Finanzierung stets große Probleme bereitet, weil die Bank nicht habe glauben wollen, dass Steuerangelegenheiten des Jahres 1996 noch ungeregelt seien, was jedoch in der schleppenden Behandlung seitens der Finanzbehörde gelegen sei.

Nach Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht legte die belangte Behörde ergänzende Aktenteile vor. Ebenso beantwortete die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom den Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom und übermittelte am weitere Unterlagen.

In der mündlichen Verhandlung am legte der Vertreter der Beschwerdeführerin deren aktuelle wirtschaftliche Situation dar und verwies noch einmal darauf, dass deren Verdienstspanne wesentlich eingeschränkt sei. Zudem sei die Verrechnung von höheren Sollzinsen durch die Bank der wirtschaftliche Nachteil der schleppenden Behandlung durch die Finanzbehörde gewesen sei. Hinsichtlich des verspäteten Ablaufs der Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragssteuer 1996 konnten die Parteien keine konkreten Angaben machen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Festgestellter Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin betreibt ein Geschäft mit japanischen Lebensmitteln und Kochutensilien sowie eine japanische Teestube. Der Betrieb wurde im Jahr 1987 gegründet. Die geschäftsführende Alleingesellschafterin erhält einen Geschäftsführerbezug iHv jährlich ca. € 30.000,00. Sie hat kein Vermögen.

Der jährliche Umsatz der Beschwerdeführerin beträgt rund € 1,8 Mio, wobei ein jährlicher Gewinn von ca. € 25.000,00 erzielt wird. Die Beschwerdeführerin hat kein Vermögen. Zudem haften an Bankkrediten rund € 60.000,00 aus, welche für das Umlaufvermögen verwendet werden. Die wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführerin hat sich seit der Pandemie verbessert.

Die Abgabenschulden der Beschwerdeführerin betrugen am (Tag des Nachsichtsansuchens) hinsichtlich Kapitalertragssteuer 1996 € 19.842,11 und betreffend Aussetzungszinsen 2017 € 5.719,47.

Aufgrund anhängiger Rechtsmittel war die Einhebung der Kapitalertragssteuer 1996 zunächst vom bis und vom bis ausgesetzt.

Die rechtskräftige Festsetzung der Kapitalertragssteuer 1996 iHv ursprünglich € 28.466,97 erfolgte mit Entscheidung des ) und resultierte aus einer verdeckten Ausschüttung. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom VwGH am , 2008/15/0044, abgewiesen.

Am erhob die Beschwerdeführerin gegen die Bescheide vom betreffend Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragssteuer 1996 und der Festsetzung von Aussetzungszinsen Berufung und beantragte deren Aussetzung.

Nach ergangener Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin am die Berufung dem UFS vorzulegen. Aufgrund des Aussetzungsantrages wurde von der belangten Behörde am die Kapitalertragssteuer 1996 iHv € 28.466,97 und die Aussetzungszinsen 2008 iHv € 8.541,73 ausgesetzt. Gegen die Aussetzung der Einhebung wurde von der Beschwerdeführerin keine Berufung erhoben.

Mit Entscheidung vom (RV/2704-W/08) wies der UFS die Berufung vom als unbegründet ab. Eine Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung aus Anlass der Erledigung der Berufung unterblieb aber und wurde von der belangten Behörde erst mit Bescheid vom unter gleichzeitiger Festsetzung von Aussetzungszinsen iHv € 5.719,47 für den Zeitraum vom bis vorgenommen. Gegen diese Bescheide hat die Beschwerdeführerin keine Beschwerden erhoben.

Während des Zahlungsaufschubes entrichtete die Beschwerdeführerin weder die Kapitalertragssteuer 1996 noch urgierte sie bei der belangten Behörde, die Aussetzung der Einhebung ablaufen zu lassen.

Mit Bescheid vom wurden der Beschwerdeführerin Raten hinsichtlich der Entrichtung der gegenständlichen Abgaben gewährt. Die gänzliche Entrichtung dieser Abgaben erfolgte im September 2019, teils durch Zahlung, teils durch Gutschriften.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den vorgelegten Akten der belangten Behörde, den Angaben und Unterlagen der Beschwerdeführerin, den zitierten Entscheidungen sowie diverser Abfragen aus dem Abgabeninformationssystem.

Rechtliche Erwägungen

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtsgrundlagen

Gem. § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Gem. § 236 Abs. 2 BAO findet Abs. 1 auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.

Die dazu ergangene Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 2005/435 idF BGBl II 2019/236 konkretisiert das Erfordernis der Unbilligkeit wie folgt:

"§ 1. Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein.

§ 2. Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.

§ 3. Eine sachliche Unbilligkeit liegt bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, diea) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde geäußert oderb) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung oder im Internet als Amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.(…)."

Gem. § 209a Abs. 2 erster Satz BAO steht im Falle, dass eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 85) abhängt, der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Beschwerde oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt eingebracht wird.

Gem. § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

Gem. § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder b) Erkenntnisses (§ 279) oder c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus (…).

Gem. § 212a Abs. 9 erster Satz BAO sind ab dem Zeitpunkt des Einlangens eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung 1. bis zu dessen Ab- oder Zurückweisung oder 2. bei Bewilligung für die Dauer des Zahlungsaufschubes Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten.

Gem. § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.

Gem. § 238 Abs. 3 BAO ist die Verjährung gehemmt, solange(…)b) die Einbringung auf Grund eines Aussetzungsantrages oder einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Aussetzungsantrages gemäß § 230 Abs. 2 oder 6 gehemmt ist, (…).

Zunächst wird ausgeführt, dass hinsichtlich eines Antrages auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft (, 97/13/0091; ). Er hat einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (; ). Das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt somit beim Nachsichtswerber (; ). Weiters hat die Abgabenbehörde im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nur die vom Antragsteller geltend gemachten Gründe zu prüfen (; ).

Der Nachsichtswerber ist daher verpflichtet, im Nachsichtsansuchen die gemäß § 236 Abs. 1 BAO bedeutsamen Umstände offenzulegen. Zu diesen Umständen zählt auch die konkrete, ziffernmäßige Darstellung der aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse einschließlich einer Auflistung sämtlicher Verbindlichkeiten.

Weiters ist das Bundesfinanzgericht gem. § 279 Abs. 1 BAO berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen. Die Änderungsbefugnis nach jeder Richtung ist durch die "Sache" begrenzt. Sache ist grundsätzlich die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides gebildet hat.

Die Beschwerdeführerin führte im Nachsichtsansuchen vom aus, dass sie "um Nachsicht des derzeitigen Rückstandes von € 31.161,91" ersuche. In der Begründung und in sämtlichen weiteren Eingaben bezog sie sich aber ausschließlich auf die Kapitalertragssteuer 1996 und die Aussetzungszinsen 2017. Hinsichtlich Säumniszuschlägen, Einfuhrumsatzsteuer und Dienstgeberbeiträgen, welche ebenfalls am aushafteten, hat die Beschwerdeführerin hingegen keine Angaben gemacht, warum eine Unbilligkeit der Einhebung dieser Abgaben vorliegen sollte. Aufgrund der Klarstellung der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung steht fest, dass sich der Nachsichtsantrag ausschließlich auf die Kapitalertragssteuer 1996 iHv € 19.842,11 und die damit in Zusammenhang stehenden Aussetzungszinsen iHv € 5.719,47, insgesamt somit iHv € 25.561,58 bezogen hat.

Da die Abschreibung von Abgabenschuldigkeiten durch Nachsicht einen hierauf gerichteten Antrag voraussetzt und aufgrund der Tatsache, dass infolge der Antragsgebundenheit dieses Verwaltungsaktes eine Nachsicht nicht über den Antrag hinausgehen kann (), erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, warum die belangte Behörde im bekämpften Bescheid über die Bewilligung einer Nachsicht iHv € 37.990,10 abgesprochen hat.

Aufgrund des § 236 Abs. 2 BAO können auch bereits entrichtete Abgaben nachgesehen werden. Weiters findet § 236 BAO auf Abgaben schlechthin Anwendung, gleichgültig ob es sich um Hauptabgaben oder um Nebenansprüche iSd § 3 BAO (zB wie hier um Aussetzungszinsen) handelt (). Zudem ist für die Nachsicht entrichteter Abgaben an den Begriff der Unbilligkeit kein anderer (kein strengerer) Maßstab anzulegen als bei der Nachsicht noch nicht entrichteter Abgabenschulden (; ).

Aus diesen Gründen war daher gegenständlich die Beschwerde nicht schon aufgrund der erfolgten Entrichtung der streitgegenständlichen Abgaben abzuweisen, sondern war entsprechend oa. Judikatur das Vorliegen einer Unbilligkeit zu prüfen.

Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach Lage des Falles kann eine persönliche oder eine sachliche sein und ist tatbestandsmäßige Voraussetzung für das in § 236 BAO vorgesehene Ermessen. Die Prüfung der Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe ist von der Billigkeit gem. § 20 BAO als Element der Ermessensübung selbst zu unterscheiden. Liegt keine Unbilligkeit vor, kommt es zu keiner Ermessensübung. Der VwGH stellt auf die Unbilligkeit "im Einzelfall" ab ().

Die in den §§ 2 und 3 der Verordnung aufgezählten Fälle schließen Fälle anderer Art nicht aus ("insbesondere"). Es ist aber auch § 1 der Verordnung nicht dahingehend auszulegen, dass ein Sachverhalt mit Merkmalen sowohl der sachlichen als auch der persönlichen Unbilligkeit die in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilende Voraussetzung der Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO nur erfüllt, wenn eine dieser Komponenten auch für sich allein genommen dafür ausreichen würde. Die Beurteilung erfordert in solchen Fällen eine Gesamtschau ().

Eine persönliche Unbilligkeit ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers. Sie besteht bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen (; ). Eine solche Unbilligkeit wird stets gegeben sein, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet ist (; ). Es bedarf aber nicht zwingend einer Existenzgefährdung, es genügt, wenn die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, zB wenn die Abgabenschuld nur unter Verschleuderung von Vermögenswerten entrichtet werden könnte (; ). Hingegen werden Überschuldung oder Liquiditätskrisen (; ), finanzielle Engpässe bzw. wirtschaftliche Bedrängnisse () allein den strengen (Unbilligkeits-) Anforderungen der Rechtsprechung nicht gerecht ().

Eine Unbilligkeit ist nach der Judikatur zudem dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts ändere (; ). Darüber hinaus bedarf es nach der Rspr. keiner Abgabennachsicht, wenn Zahlungserleichterungen Härten aus der Abgabeneinhebung abhelfen können (), wobei selbst eine Tilgungszeit von rund 23 Jahren noch keine persönliche Unbilligkeit zu begründen vermag ().

Für die Entscheidung über ein Nachsichtsansuchen sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen maßgebend (; ).

Die von der Beschwerdeführerin angeführten aktuellen betrieblichen Zahlen belegen zwar das Bestehen von Schulden, nicht jedoch das Vorhandensein einer Existenzgefährdung. So gab die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung an, dass hinsichtlich des Umlaufvermögens zwar Bankkredite iHv rund € 60.000,00 aushaften, sich die wirtschaftliche Situation seit der Pandemie aber verbessert habe. Daher werde jetzt auch wieder ein Geschäftsführerbezug ausbezahlt.

Weiters wurde der Beschwerdeführerin hinsichtlich der strittigen Abgaben mit Bescheid vom eine Ratenzahlung gewährt, sodass die belangte Behörde die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin in angemessener Weise berücksichtigt und eine mögliche durch die sofortige Abgabenentrichtung begründete Härte der Abgabeneinhebung abgefedert hat. Die Beschwerdeführerin hat noch während der aufrechten Ratenbewilligung die streitgegenständlichen Abgaben, teilweise durch Gutschriften, entrichtet. Darüber hinaus konnte die Beschwerdeführerin nicht aufzeigen, dass die Abstattung der Abgabenschulden nur unter Verschleuderung von Vermögenswerten erfolgt ist.

Dass die seinerzeitigen Begünstigten der verdeckten Ausschüttung nicht mehr greifbar sind, wie von der Beschwerdeführerin dargelegt, kann nicht zu Lasten des Fiskus gehen. Ebenso spielen die wirtschaftlichen Verhältnisse der (früheren) Gesellschafter keine Rolle und kann hinsichtlich der nunmehrigen alleinigen geschäftsführenden Gesellschafterin keineswegs von schlechten Einkommensverhältnissen gesprochen werden, verfügt sie doch über einen Geschäftsführerbezug von jährlich € 30.000,00.

Nach Ansicht des Gerichtes besteht daher kein wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der Einhebung der streitgegenständlichen Abgaben und den im Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen. Eine persönliche Unbilligkeit liegt somit nicht vor.

Eine sachliche Unbilligkeit ist nach ständiger Rspr. des VwGH anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnis muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (). Eine sachliche Unbilligkeit liegt nicht vor, wenn sie ganz allgemein die Auswirkung genereller Normen ist ().

Zudem kann die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nicht damit begründet werden, dass die Abgabenfestsetzung zu Unrecht erfolgt ist. Vielmehr muss die behauptete Unbilligkeit in Umständen liegen, die die Entrichtung der Abgabe selbst betreffen. Im Nachsichtsverfahren können daher nicht Einwände nachgeholt werden, die im Festsetzungsverfahren geltend zu machen gewesen wären (). Eine Nachsicht dient nämlich nicht dazu, Unrichtigkeiten der Abgabenfestsetzung zu beseitigen und unterlassene Rechtsbehelfe nachzuholen oder "Versäumnisse" im Abgabenfestsetzungsverfahren zu sanieren (; ), da dies im Ergebnis auf eine unzulässige Durchbrechung der Rechtskraft hinauslaufen würde ().

Aus der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten langen Verfahrensdauer ergibt sich keine sachliche Unbilligkeit der Einhebung der Kapitalertragsteuer 1996, weil deren Entstehen in beträchtlicher Höhe durch Entrichtung der ausgesetzten Abgabe hätte verhindert werden können (). So hat die Beschwerdeführerin dreimal die Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragssteuer 1996 beantragt, welche ihr für die Zeiträume bis , bis und bis auch gewährt wurde.

Zudem wird klargestellt, dass die im Jahr 2000 erstmals festgesetzte Kapitalertragsteuer 1996 am mit Entscheidung des UFS im ordentlichen Rechtsweg beendet wurde, sohin das Beschwerdeverfahren (nur) 4 Jahre dauerte. Die weitere Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragssteuer 1996 erfolgte aufgrund von Anträgen der Beschwerdeführerin wegen ihrer Beschwerde an den VwGH und wegen einer Beschwerde gegen die Bescheide vom betreffend Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragssteuer 1996 und der Festsetzung von Aussetzungszinsen.

Zudem kommt es nicht darauf an, dass die Dauer der in Rede stehenden Beschwerdeverfahren außerhalb des Einflussbereiches der Beschwerdeführerin gelegen war und ist zu berücksichtigen, dass den durch die lange Dauer der Beschwerdeverfahren aufgelaufenen Nebenansprüchen der Zinsengewinn durch den Zahlungsaufschub bei der Beschwerdeführerin gegenübersteht (; ).

Der VwGH erachtet es nämlich bei der Beurteilung der sachlichen Unbilligkeit nur für beachtlich, wenn die Abgabenbehörde in ihrer Verfahrensführung den Abgabepflichtigen ua aufgrund überlanger Verfahrensdauer mit schwerwiegenden, in den Abgabenvorschriften nicht vorgesehenen Nachteilen belastet (). Derartige schwerwiegende Nachteile sind der Aktenlage nicht zu entnehmen und überzeugte das Gericht auch nicht die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie hätte aufgrund des noch nicht verfügten Ablaufes der Aussetzung der Kapitalertragssteuer 1996 höhere Kreditzinsen (als sonst) bei der Bank bezahlen müssen. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass dem Kreditinstitut nicht der vollständige Sachverhalt geschildert wurde, zumal es nicht stimmt, dass "Steuerangelegenheiten des Jahres 1996 noch immer nach etwa 20 Jahren ungeregelt sind" (siehe Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom ). Daraus erschließt sich für das Gericht, dass der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer angespannten wirtschaftlichen Situation die Nichtverfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragssteuer 1996 nicht ungelegen kam, sind doch die Zinsen am freien Markt höher als die Aussetzungszinsen.

Hinsichtlich des Einwandes der Beschwerdeführerin, dass auch das Beschwerdeverfahren beim Bundesfinanzgericht als schleppend anzusehen sei, ist zu entgegnen, dass die Dauer des Nachsichtsverfahrens nach Rsp des VwGH an sich zu keiner sachlichen Unbilligkeit führt (),

Bezüglich der Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragsteuer 1996 für den Zeitraum bis ist unstrittig, dass die Aussetzung aufgrund des Antrages der Beschwerdeführerin vom bewilligt wurde. Zudem steht außer Streit, dass die zugrundeliegende Berufung am vom UFS als unbegründet abgewiesen wurde, sodass der Ablauf der Aussetzung der Einhebung von der belangten Behörde unmittelbar nach dieser Entscheidung verfügt werden hätte müssen, zumal der bescheidmäßig zu verfügende Ablauf der Aussetzung der Einhebung nicht im Ermessen der Abgabenbehörde steht, sondern vielmehr zwingend vorzunehmen ist (, 95/13/0020; ).

Der VwGH hat aber auch klargestellt, dass der Gesetzesauftrag, anlässlich einer der in § 212a Abs. 5 dritter Satz BAO genannten Erledigung den Ablauf einer bewilligten Aussetzung der Einhebung zu verfügen, nicht dadurch erlischt, dass die Abgabenbehörde dieser Anordnung im zeitlichen Nahebereich der Erledigung des Berufungsverfahrens nicht nachkommt (), bedarf doch der Ablauf der Aussetzung eines konstitutiven Aktes, zu dessen Setzung die Abgabenbehörde auch dann verpflichtet bleibt, wenn sie ihn nicht schon anlässlich der Berufungserledigung vorgenommen hatte (). Auch wenn der Bescheid, mit dem die Beendigung der Aussetzung ausgesprochen wurde, später als die Berufungserledigung ergangen ist, richtet sich die Wirksamkeit des Endes der Aussetzung nach dem Aussetzungsbeendigungsbescheid und nicht nach dem früheren die Berufung erledigenden Bescheid (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2280).

Der durch die Aussetzung der Einhebung gewährte Zahlungsaufschub endete gegenständlich durch den von der belangten Behörde, wenn auch 9 Jahre verspätet, verfügten Ablauf der Aussetzung am . Auch wenn die Verspätung die belangte Behörde zu verantworten hat, hätte die Beschwerdeführerin die Folgen der verzögerten Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung auf dem Wege der in § 212a Abs. 8 BAO vorgesehenen Tilgung in einfacher Weise abwenden können () oder die belangte Behörde zumindest darauf hinzuweisen können, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Einhebung nicht mehr vorlagen. Auch wenn sich der Vertreter der Beschwerdeführerin dahingehend nicht mehr erinnern kann, geht das Gericht davon aus, dass die nicht erfolgte Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung der Beschwerdeführerin bekannt war, zumal die "offene Kapitalertragssteuer 1996" Thema bei den jährlichen Verhandlungen mit der Bank war, und nahezu auszuschließen ist, dass die Beschwerdeführerin oder ihr Vertreter nie einen Blick auf das Abgabenkonto oder die laufenden Buchungsmitteilungen geworfen haben.

Da somit gegenständlich die Beschwerdeführerin durch ihren am gem. § 212a BAO gestellten Antrag auf Aussetzung der Einhebung das Entstehen der Aussetzungszinsen ausgelöst und in der Folge aufgrund der aufrechten Aussetzung der Einhebung von der Entrichtung der Abgabenschuld Abstand genommen hat, lag nach Ansicht des Gerichtes in Bezug auf den Anfall der Aussetzungszinsen eine nach der Rechtslage in Kauf genommene Abgabenschuld vor ().

Hinsichtlich der Aussetzungszinsen wird ergänzend ausgeführt, dass diese das Äquivalent für den tatsächlich in Anspruch genommenen Zahlungsaufschub darstellen (). Gem. § 212a Abs. 9 BAO sind Aussetzungszinsen für die Dauer des durch die Aussetzung bewirkten Zahlungsaufschubes zu entrichten. Eine Bedachtnahme auf die für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens unbedingt notwendige oder angemessene Zeit kommt nach der dargestellten Rechtslage ebenso wenig in Betracht (), wie die beantragte Festsetzung von Aussetzungszinsen für nur sechs Monate unter Hinweis auf § 284 BAO.

Infolge Bewilligung der Aussetzung der Einhebung am trat gegenständlich hinsichtlich der Kapitalertragssteuer 1996 iHv € 28.466,97 Zahlungsaufschub ein, sodass nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 212a Abs. 9 BAO dafür Aussetzungszinsen zu entrichten waren. Diese wurden infolge des wenn auch verspäteten Ergehens des Bescheides über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung mit dem Zinsenbescheid am festgesetzt.

Zusammenfassend hat der VwGH zur Nachsicht von Aussetzungszinsen schon wiederholt ausgesprochen, dass deren Einhebung nicht sachlich unbillig erscheint (vgl. ), zumal es der Abgabepflichtige in der Hand hat, die Entstehung der Aussetzungszinsen jederzeit durch Entrichtung der ausgesetzten Abgaben zu verhindern (). Zudem steht den Aussetzungszinsen der Aspekt des Zinsengewinnes durch den Zahlungsaufschub beim Abgabepflichtigen gegenüber (; ). Sollen daher Aussetzungszinsen vermieden oder geringgehalten werden, kann entweder von einer Antragstellung gemäß § 212a Abs. 1 BAO Abstand genommen werden oder im Falle der Bewilligung der dadurch bewirkte Zahlungsaufschub jederzeit durch die in § 212a Abs. 8 BAO vorgesehene Tilgung beendet werden ().

Die Vorschreibung der gegenständlichen Aussetzungszinsen stellt daher eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage dar, die jeden vom betreffenden Gesetz erfassten Abgabepflichtigen gleichermaßen trifft. Ein außergewöhnlicher Geschehensablauf der durch die Beschwerdeführerin nicht beeinflussbar war und zu einem vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Ergebnis führte, liegt nicht vor.

Zum Einwand der eingetretenen Einhebungsverjährung wird zunächst auf § 238 Abs 3 lit. b BAO verwiesen, wonach diese gehemmt ist, solange die Einhebung der Abgabe ausgesetzt ist. Die Wirkung der Hemmung besteht für die Zeitspanne zwischen der Wirksamkeit der Bewilligung und der Verfügung des Ablaufes der Aussetzung oder des Widerrufes der Aussetzung; dies gilt auch dann, wenn die Verfügung der Aussetzung rechtswidrig ist () oder wie gegenständlich der Ablauf der Aussetzung der Einhebung (rechtswidrigerweise) erst später verfügt wurde.

Nachdem gegenständlich die Einhebung der Kapitalertragssteuer 1996 von bis ausgesetzt war, trat für diesen Zeitraum die Hemmungswirkung des § 238 Abs. 3 lit. b BAO ein. Zudem wurden die Aussetzungszinsen erst am vorgeschrieben, sodass auch dahingehend keine Einhebungsverjährung vorliegen kann, zumal die streitgegenständlichen Abgaben im Laufe des Jahres 2019 entrichtet wurden.

Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass - ohne nähere Gründe anzugeben - hinsichtlich der Festsetzung der Aussetzungszinsen Verjährung eingetreten sei, scheitert schon daran, dass die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nicht damit begründet werden kann, dass die Abgabenfestsetzung zu Unrecht erfolgt ist. Im Nachsichtsverfahren können - wie bereits oben ausgeführt - Einwände nicht nachgeholt werden, die im Festsetzungsverfahren geltend zu machen gewesen wären (). Gegenständlich gab der Vertreter der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung an, dass gegen den Aussetzungsbescheid vom keine Beschwerde erhoben wurde.

Unabhängig davon, scheitert der eingewendete Eintritt der Verjährung bereits an § 209a Abs. 2 BAO (vgl. ; ) und § 4 Abs. 1 BAO, wonach der Aussetzungszinsenanspruch laufend während jener Zeit entsteht, in der der Zahlungsaufschub in Anspruch genommen wird (vgl. ; , 92/17/0166).

Auf das erneute Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Bestimmung des § 238 Abs. 3 BAO verstoße gegen das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, wird auf die Entscheidung des , verwiesen.

Da somit gegenständlich weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit vorliegt, war für eine Ermessensübung kein Raum (; , 91/15/0017), sodass die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt und die zugrundeliegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet sind.

Wien, am

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