Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 22.09.2023, RS/4100011/2023

Säumnisbeschwerde per E-Mail

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Österreich betreffend den unerledigten Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe vom für Tochter ***1***, geb. ***2***, SVNr. ***3***, beschlossen:

Das Säumnisbeschwerdeverfahren wird eingestellt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Verfahrensgang und Sachverhalt

Am langte ein E-Mail der Beschwerdeführerin (Bf.) mit dem Betreff Säumnisbeschwerde beim Bundesfinanzgericht (post.klagenfurt@bfg.gv.at) ein. Demnach habe sie am einen Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe für die damals noch minderjährige Tochter ***1*** beim Finanzamt Spittal Villach, Meister-Friedrich-Straße 2, 9500 Villach eingebracht. Da über diesen Antrag bis dato nicht entschieden worden sei, erhebe sie - wegen Verletzung der Entscheidungspflicht - gegenständliche Säumnisbeschwerde.

2. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten (u.a. Rechtsmittel, daher auch Säumnisbeschwerden) grundsätzlich schriftlich einzureichen. Gemäß § 86a Abs. 1 BAO können Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, auch telegrafisch, fernschriftlich oder - soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird - im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden.

Bislang sind zwei derartige Verordnungen ergangen, welche die Einbringung von Anbringen im Wege automationsunterstützter Datenübertragung bzw. auf andere technisch mögliche Weise zulassen: Die Verordnung BGBl Nr. 494/1991 i.d.F. BGBl II Nr. 579/2020, welche die Einbringung mittels Telekopierer (Fax) gestattet, und die Verordnung BGBl II Nr. 97/2006 i.d.F. BGBl II Nr. 190/2022 (FinanzOnline-Verordnung 2006 - FOnV 2006), welche die Einbringung über das Portal FinanzOnline gestattet. Eine Verordnung, welche die Einbringung per E-Mail zulassen würde, ist bislang nicht ergangen.

Einem E-Mail kommt daher im Anwendungsbereich der BAO nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu. Ein mit E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht aus, noch berechtigt es die Behörde (bzw. hier: das Verwaltungsgericht), eine inhaltliche Entscheidung zu fällen. Da es sich bei einem E-Mail nicht um eine Eingabe handelt, ist die Behörde/das Verwaltungsgericht auch nicht befugt, das "Anbringen" als unzulässig zurückzuweisen.

Da die gegenständliche "Säumnisbeschwerde" lediglich per E-Mail eingebracht wurde, war das Verfahren in Ermangelung eines "Anbringens" einzustellen (vgl. ; vgl. auch ).

Anzumerken ist, dass es der Bf. unbenommen bleibt eine Säumnisbeschwerde im Postwege, per Telefax oder iR von FinanzOnline einzubringen.

Abschließend sei auf § 13 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 verwiesen:
Danach hat über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe das Finanzamt Österreich zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass das Verwaltungsgericht berechtigt ist, ein Verfahren einzustellen, dem lediglich ein E-Mail und damit kein wirksames Anbringen zugrunde liegt, wurde durch die o.a. Entscheidung des VwGH geklärt. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung waren im vorliegenden Fall nicht zu lösen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 86a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RS.4100011.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at