Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.09.2023, RV/2100030/2022

Abweichendes Wirtschaftsjahr, periodenrichtige Gewinnermittlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adresse Bf***, vertreten durch Südsteirische Steuerberatung GmbH & Co KG, Hauptplatz 7, 8430 Leibnitz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom betreffend Körperschaftsteuer 2017 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (Bf), eine in Österreich ansässige GmbH, war ursprünglich Gruppenmitglied einer Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG 1988. Im Gefolge einer bei der Bf durchgeführten Außenprüfung betreffend Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 2014 bis 2018 hob das Finanzamt ua den an die Bf ergangenen Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2017 vom gemäß § 295 Abs 3 BAO ersatzlos auf.

In der Folge unterwarf das Finanzamt die Bf der ertragsteuerlichen Individualbesteuerung. Mit an die Bf gerichtetem Bescheid vom setzte es die Körperschaftsteuer 2017 in Höhe von 180.577,00 Euro fest. Der Gesamtbetrag der Einkünfte beläuft sich auf 3.047.228,30 Euro. Das Einkommen ist nach Abzug vorgetragener Verluste im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte (2.285.421,23 Euro) mit 761.807,07 Euro ausgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der berücksichtigte Verlustvortrag sei gemäß § 8 Abs 4 Z 2 KStG 1988 ermittelt worden.

Mit Schreiben des steuerlichen Vertreters der Bf vom wurde dagegen innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen wie folgt ausgeführt: Im Zuge einer Außenprüfung sei ua festgestellt worden, dass die Bf aufgrund der Verletzung einer Offenlegungspflicht nicht Teil der Unternehmensgruppe gemäß Antrag vom sei. In der Folge sei eine Individualbesteuerung erfolgt. Es seien eigenständige Körperschaftsteuerbescheide erlassen worden. Gegenstand der Beschwerde sei der gemäß § 8 Abs 4 Z 2 KStG 1988 ermittelte Verlustabzug, der nur in Höhe von 75% berücksichtigt worden sei. Im Jahr 2017 sei die stille Beteiligung der Bf an der ***X GmbH*** beendet worden, weil die ***X GmbH*** veräußert worden und die stille Beteiligung daher obsolet geworden sei. Im Zuge der stillen Beteiligung der Bf an der ***X GmbH*** seien von der Bf wesentliche Tätigkeiten für die ***X GmbH*** verrichtet worden. Die Aufgabe der stillen Beteiligung sei einer Betriebsaufgabe gleichzustellen. Die Bf habe in diesem Zusammenhang eine einmalige Abfindungszahlung in Höhe von 3.506.785,00 Euro erhalten. Der Verlustabzug stehe daher gemäß § 8 Abs 4 Z 2 lit b KStG 1988 in Höhe von 100% zu. In weiterer Folge seien die betriebliche Tätigkeit aus dem bisherigen Unternehmensgegenstand zur Gänze beendet worden und sei eine Umfirmierung der Bf erfolgt. Der bisherige Unternehmensstandort mit einer Bürofläche von rund 1.000 m2 sei aufgelassen worden.

In seiner abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, es sei nicht erkennbar, weshalb im gegenständlichen Fall eine Betriebs- bzw Teilbetriebsaufgabe vorliegen sollte. Es gehe um die vorzeitige Beendigung einer echten stillen Gesellschaft. Die Bestimmung des § 8 Abs 4 Z 2 lit b KStG 1988 finde keine Anwendung. Ergänzend sei zu erwähnen, dass das Büro an der Adresse ***frühere Adresse Bf*** aufgelassen worden sei, es jedoch gleichzeitig zu einer Geschäftssitzverlegung an die Adresse ***Adresse Bf*** gekommen sei.

Mit Schreiben des steuerlichen Vertreters der Bf vom wurde die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Begründend wurde - wie schon in der Beschwerde - darauf verwiesen, dass die im Jahr 2017 erfolgte Beendigung der stillen Beteiligung der Bf an der ***X GmbH*** als Betriebsaufgabe zu qualifizieren sei und der Bf folglich ein "100%iger Verlustabzug" zustehe. Im Zuge der stillen Beteiligung der Bf an der ***X GmbH*** habe die Bf wesentliche Tätigkeiten (anstelle von finanziellen Mitteln) in die ***X GmbH*** eingebracht, wie beispielsweise:

  1. Zurverfügungstellung der IT-Infrastruktur

  2. Zurverfügungstellung der Büroräumlichkeiten und Telefonanlagen

  3. Zurverfügungstellung der Hardware

  4. Entwicklung und Support

  5. Fakturierung und Mahnwesen

  6. Back-Office

  7. Marketing

Durch den Verkauf der ***X GmbH*** habe die Bf ihren Teilbetrieb eingestellt. Neben der Umfirmierung und der Auflassung des bisherigen Unternehmensstandortes mit rund 1.000,00 m2 Bürofläche seien - mit Ausnahme eines Dienstverhältnisses in der Verwaltung - sämtliche Dienstverhältnisse aufgelöst worden. Es sei ein neues Geschäftsmodell (Bereich Immobilienentwicklung) an einem kleineren Standort aufgebaut worden (bzw werde ein solches aufgebaut).

In der Folge legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom beantragte es die Abweisung der Beschwerde.

Am wurde am Bundesfinanzgericht ein Erörterungstermin abgehalten. Das darüber aufgenommene Protokoll lautet auszugsweise wie folgt:

"(…)

Richter an ***stV***: Bitte beschreiben Sie das Geschäftsmodell, wie es während der stillen Gesellschaft bestand.

***stV***:Die ***X GmbH*** (in der Folge ***X GmbH***) war die Betreiberin des gleichnamigen Internetportals, über welches ***Wirtschaftsgüter*** vertrieben werden konnten, vergleichbar mit ***Internetplattform X***. Die ***X GmbH*** ist nach außen hin als Plattformbetreiberin am Markt aufgetreten. Die Bf war es jedoch, die die Plattform programmiert, gewartet und Büroflächen angemietet hat. Bei der ***X GmbH*** waren Vertriebsmitarbeiter angestellt. Back-Office Personal, Programmierer etc. waren bei der Bf beschäftigt. Neben der ***X GmbH*** gab es noch weitere Online-Plattformen, für die die Bf ebenfalls als stille Gesellschafterin die oben genannten Tätigkeiten erbrachte. Dies diente der Ausnutzung von Synergie-Effekten.

(…)

Richter an ***stV***: Die Bf ermittelt ihren unternehmensrechtlichen und steuerlichen Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (1.7. bis 30.6.). Warum wurde der gegenständliche "Abfindungsbetrag" von 3.506.785,00 Euro, der auf die aktenkundige schriftliche Vereinbarung vom zurückzuführen ist und am an die Bf überwiesen wurde, im Wirtschaftsjahr 2016/2017 ( bis ) ertragswirksam erfasst?

***stV***: Dies ist darauf zurückzuführen, dass laut Vertrag vom die stille Gesellschaft rückwirkend per aufgelöst wurde.

***Finanzamtsvertreterin***: Nach Durchsicht des Aktenkonvoluts ist das FA der Ansicht, dass der Abfindungsbetrag nicht im abweichenden Wirtschaftsjahr 2016/2017 (-) zu erfassen gewesen wäre, weil sowohl die Wirksamkeit des Vertrages vom als auch die Zahlung des Abfindungsbetrages an die Bf in das darauffolgende Wirtschafsjahr 2017/2018 (-) fallen."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt:

Bei der Bf handelt es sich um eine in Österreich ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die mit Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom ***tt.mm.2008*** errichtet und am ***tt.mm.2008*** im Firmenbuch eingetragen wurde.

Seit ihrer Gründung ermittelt die Bf ihren unternehmensrechtlichen und steuerrechtlichen Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr. Bilanzstichtag ist der 30.6. des jeweiligen Jahres.

Am wurde zwischen der Bf und der ***X GmbH*** eine als "Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft" titulierte, schriftliche Vereinbarung abgeschlossen. Der Inhalt dieser Vereinbarung lautet wörtlich wie folgt:

"1. Präambel

Hiermit wird ein Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft geschlossen. Wurden bereits in der Vergangenheit Verträge über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft zwischen den Vertragsparteien geschlossen, gelten die Bestimmungen dieses Vertrages.

2. Geschäftsinhaber, Unternehmen

Die Firma des Geschäftsinhabers lautet "***X GmbH***". Sitz und Ort der Geschäftsleitung ist in ***Adresse X GmbH***.

3. Stellung der stillen Gesellschafterin

Die "***Bf***" beteiligt sich bei bereits einem in der Vergangenheit laut 1. Präambel abgeschlossenen Vertrag über die Errichtung einer typisch stillen Gesellschaft, mit Tag der Unterschrift an der "***X GmbH***" als typisch stiller Gesellschafter am Gewerbebetrieb des Beteiligungsnehmers gemäß §§ 179 UGB ff und nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Vertrages.

Der hiefür vom stillen Gesellschafter geleistete Beitrag besteht in der Erbringung sämtlicher technischer und administrativer Aufgaben, welche mit der Entwicklung und dem operativen Betrieb von (i) Webanwendungen und/oder (ii) Software-Produkten und/oder (iii) ähnlichen Produkten und/oder (iv) ähnlichen Dienstleistungen verbunden sind. Dazu zählt auch die Planung und Realisierung von Werbe- und/oder Marketing-Kampagnen. Die anfallenden Kosten für Werbekampagnen über Dritte übernimmt stets der Geschäftsinhaber selbst (zB Inserate in Zeitungen, Preis pro Klick oder Impression bei Google-AdWords usw.).

4. Gewinnanteile der stillen Gesellschafterin

Gewinnanteile können von der stillen Gesellschafterin nach Ablauf von neun Monaten des Geschäftsjahres des Geschäftsinhabers entnommen werden.

5. Geschäftsjahr, Jahresabschluss

Das Geschäftsjahr der stillen Gesellschaft entspricht dem des Geschäftsinhabers.

Der Jahresabschluss ist innerhalb der gesetzlichen Fristen nach dem Ende des Geschäftsjahres zu erstellen und dem stillen Gesellschafter binnen 14 Tagen nach Erstellung zu übermitteln. Binnen gleicher Frist ist dem stillen Gesellschafter die Abrechnung über den auf den stillen Gesellschafter entfallenden unternehmensrechtlichen und steuerrechtlichen Anteil am Ergebnis zu übermitteln.

Für den Jahresabschluss der Gesellschaft und die Abrechnung des Ergebnisses des stillen Gesellschafters sind die zwingenden unternehmensrechtlichen Bestimmungen und die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung maßgebend.

6. Beteiligung am Gewinn und Verlust

Für die Ermittlung des zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter zu verteilenden Jahresergebnisses ist das nach unternehmensrechtlichen Vorschriften zu ermittelnde EBIT (earnings before interest and taxes bzw. Gewinn vor Zinsen und Steuern) maßgebend. Bei der Berechnung des EBITs sind allfällige Entgelte für die Geschäftsführung hinzuzurechnen und erhöhen entsprechend das EBIT. Bei (i) Bestehen eines Gruppenbesteuerungsvertrages oder (ii) bei künftig abgeschlossenen Gruppenbesteuerungsverträgen werden unter dem Begriff "Steuern" auch positive und negative Steuerumlagen an Gruppenträgern erfasst.

Wird der Jahresabschluss nachträglich, allenfalls infolge einer abgabenrechtlichen Außenprüfung, berichtigt, so ist der berichtigte Jahresabschluss für die Beteiligung am Ergebnis maßgebend, es sei denn, das stille Gesellschaftsverhältnis wurde zwischenzeitig beendet.

Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters beträgt 50 % (fünfzig Prozent) des EBITs.

Der stille Gesellschafter ist am Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt.

7. Geschäftsführung, Informations- und Kontrollrechte

Die Geschäftsführung obliegt ausschließlich dem Geschäftsinhaber, der die Geschäfte des Unternehmens mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers führt.

8. Dauer der Gesellschaft, Kündigung

Die Gesellschaft wird auf die Dauer von 7 (sieben) Geschäftsjahren abgeschlossen und endet somit am ohne dass es einer weiteren Aufkündigung bedarf. Sofern nicht beide Gesellschafter bis die Fortsetzung der stillen Gesellschaft vereinbaren, gilt die Gesellschaft als aufgelöst.

Ohne Einhaltung einer Frist kann das stille Gesellschaftsverhältnis von jedem Vertragsteil jederzeit aus wichtigem Grund gekündigt werden.

Als wichtiger Grund gilt die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vertragspartners (wobei als Insolvenzverfahren jedes Konkurs- oder Sanierungsverfahren ebenso wie die Abweisung eines Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens gilt). Eine Änderung in der Gesellschaftersphäre der Vertragspartner stellt keinen Kündigungsgrund dar.

9. Ansprüche des stillen Gesellschafters bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses

An den stillen Reserven und am Firmenwert des Geschäftsinhabers ist der stille Gesellschafter nicht beteiligt.

Erfolgt die Auflösung der stillen Gesellschaft während des Geschäftsjahres, ist ein Status zum Auflösungsstichtag zu erstellen. Da die stille Gesellschafterin an den stillen Reserven und dem Firmenwert nicht beteiligt ist, setzt sich das Auseinandersetzungsguthaben lediglich aus dem zum Auflösungsstichtag ermittelten Gewinnanteil zusammen.

Das Auseinandersetzungsguthaben ist längstens sechs Monate nach dem Stichtag der Beendigung des stillen Gesellschaftsverhältnisses fällig, sofern keine Verbindlichkeiten der stillen Gesellschafterin gegenüber der Geschäftsinhaberin bestehen. Vorhandene Verbindlichkeiten gegenüber der Geschäftsinhaberin sind zuerst mit den Gewinnanteilen abzudecken und nur ein verbleibender Gewinnanteil kann entnommen werden.

10. Sonstige Bestimmungen

Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam oder ungültig sein bzw. werden, so bleibt hievon die Rechtswirksamkeit der übrigen Bestimmungen unberührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung ist eine wirksame Bestimmung zu vereinbaren, die dem Parteiwillen wirtschaftlich am nächsten kommt. Das Gleiche gilt für den Fall, dass der Vertrag eine Lücke aufweist.

Alle das Gesellschaftsverhältnis betreffenden Vereinbarungen zwischen Beteiligungsnehmer und Beteiligungsgeber bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, soweit nicht kraft Gesetzes notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist. Das gilt auch für einen etwaigen Verzicht auf das Erfordernis der Schriftform.

Mit Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom veräußerten ***A***, ***B***, ***C***, ***D*** und ***E*** die ihnen - erst nach Vornahme der im genannten Vertrag näher definierten Umgründungsschritte - gehörigen Geschäftsanteile von insgesamt 100% an der ***X GmbH*** mit Wirksamkeit zu einem im genannten Vertrag näher bestimmten "Closing-Termin" an die deutsche ***A GmbH***. Die Wirksamkeit des genannten Vertrages stand unter mehreren aufschiebenden Bedingungen ("Closing-Bedingungen"; vgl Punkt 7. des genannten Vertrages). In Punkt 6.3. des genannten Vertrages heißt es überdies wörtlich wie folgt: "Die Verkäufer tragen dafür Sorge, dass spätestens zum Closing, die stille Gesellschaft zwischen ***X GmbH*** und ***Bf*** aufgelöst und beendet wird und ***Bf*** auf sämtliche Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit der stillen Gesellschaft gegenüber den Zielgesellschaften ausdrücklich verzichtet."

Mit schriftlicher Vereinbarung vom , tituliert als "Auflösung des Vertrages über die Errichtung einer typisch stillen Gesellschaft", lösten die Bf und die ***X GmbH*** die stille Gesellschaft auf. Der Inhalt dieser Vereinbarung lautet wörtlich wie folgt:

"1. Präambel

Zwischen den Vertragspartnern wurde mit Vertrag vom die Errichtung einer typisch stillen Gesellschaft beschlossen. Vereinbarung dieses Vertrages ist die vorzeitige Auflösung der typisch stillen Gesellschaft.

2. Auflösung

Die Gesellschafter der ***X GmbH*** haben am einen Anteilskauf- und Abtretungsvertrag unterfertigt wo sie sämtliche Gesellschaftsanteile an der ***X GmbH*** veräußern. Für die Rechtsgültigkeit des Anteilskauf- und Abtretungsvertrages ist es notwendig, dass die stille Gesellschaft mit der ***Bf*** per Stichtag vorzeitig beendet wird.

3. Zeitpunkt

Die Vertragsauflösung erfolgt mit Unterfertigung des Vertrages und wird rechtswirksam mit Closing des Anteilskauf- und Abtretungsvertrages vom , voraussichtlicher Termin für das Closing ist . Für den Zeitraum ab steht der stillen Gesellschafterin kein Gewinnanspruch mehr zu. Festgehalten wird, dass für den Zeitraum bis zum sämtliche Ergebniszuweisungen erfolgt sind und keine weiteren Ansprüche der ***Bf*** gegenüber der ***X GmbH*** mehr bestehen."

In einer als "Zusatz zur Auflösung des Vertrages über die Errichtung einer typisch stillen Gesellschaft" titulierten, schriftlichen Vereinbarung vom , abgeschlossen zwischen der Bf und den Gesellschaftern der ***X GmbH***, heißt es wörtlich wie folgt:

"1. Präambel

Durch den beabsichtigten Verkauf der Gesellschaftsanteile an der ***X GmbH***, musste der Vertrag über die stille Beteiligung zwischen der ***X GmbH*** und der ***Bf*** vorzeitig beendet werden. Ziel dieser Zusatzvereinbarung ist es den Abfindungsanspruch zugunsten der ***Bf*** zwischen den Verkäufern festzulegen. Der Abfindungsanspruch ist eine Verminderung des Kaufpreises bei den Gesellschaftern der ***X GmbH*** und ein steuerpflichtiges Abschichtungsentgelt bei der ***Bf***.

2. Abfindung

Durch die Beschlussfassung der vorzeitigen Auflösung der stillen Beteiligung zwischen der ***Bf*** und der ***X GmbH*** kommen die Gesellschafter der ***X GmbH*** überein, dass der ***Bf*** für ihre Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages über die stille Gesellschaft und unter Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschriften ein Abfindungsanspruch zusteht.

Aufgrund der vorzeitigen Beendigung der Gewinnzuweisungen ab dem Kalenderjahr 2017, wird der ***Bf*** vom Kaufpreis ein Anteil In Höhe von € 3.506.785 zugewiesen. Der Abfindungsbetrag ergibt sich aus der Beilage."

In einem mit datierten Berechnungsblatt ist die Berechnung des der Bf zustehenden Abfindungsbetrages in Höhe von 3.506.785,00 Euro dargestellt.

Diesen Betrag erhielt die Bf am per Banküberweisung.

Am erfolgte das "Closing" betreffend den oben genannten Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom .

Der Abfindungsbetrag in Höhe von 3.506.785,00 Euro wurde von der Bf als Ertrag (Betriebseinnahme) des abweichenden Wirtschaftsjahres 2016/2017 ( bis ) erfasst.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen, die sich allesamt aus den aktenkundigen Unterlagen ergeben (Verträge, Closing-Protokoll, Jahresabschlüsse, Kontoauszug betreffend den am am Bankkonto der Bf eingegangenen Abfindungsbetrag), wurden den Parteienvertretern vom erkennenden Gericht im Zuge des am abgehaltenen Erörterungstermines - niederschriftlich festgehalten - zur Kenntnis gebracht. Die Parteienvertreter hatten dagegen nichts einzuwenden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung):

Gemäß § 7 Abs 1 KStG 1988 ist der Körperschaftsteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der unbeschränkt Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Einkommen ist gemäß § 7 Abs 2 KStG 1988 der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im § 2 Abs 3 EStG 1988 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 8 Abs 4 KStG 1988) und des Freibetrages für begünstigte Zwecke (§ 23 KStG 1988).

Gemäß § 7 Abs 3 KStG 1988 sind bei Steuerpflichtigen, die auf Grund der Rechtsform nach unternehmensrechtlichen Vorschriften zur Rechnungslegung verpflichtet sind, alle Einkünfte (§ 2 Abs 3 EStG 1988) den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 23 Z 1 EStG 1988) zuzurechnen.

Gemäß § 7 Abs 4 KStG 1988 ist Gewinnermittlungszeitraum das Wirtschaftsjahr. Das Wirtschaftsjahr deckt sich grundsätzlich mit dem Kalenderjahr.

Gemäß § 7 Abs 5 KStG 1988 dürfen Steuerpflichtige, die zur Rechnungslegung verpflichtet sind, und buchführende Steuerpflichtige, die eine Land- und Forstwirtschaft betreiben, ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr haben; in diesem Fall ist der Gewinn bei Ermittlung des Einkommens für jenes Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem das Wirtschaftsjahr endet.

Seit ihrer Gründung ermittelt die Bf, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ihren steuerlichen Gewinn (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) durch Betriebsvermögensvergleich (§ 5 Abs 1 EStG 1988) nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr. Bilanzstichtag ist der 30.6. des jeweiligen Jahres.

Wesentliche Bedeutung kommt der periodengerechten Ermittlung des Gewinnes zu (vgl etwa Marschner in Jakom EStG16 § 4 Rz 183; zur "Richtigkeit der Periodenbesteuerung" vgl auch ; ; ). Was die Erfassung von Geschäftsfällen in zeitlicher Hinsicht anbelangt, ist im Rahmen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 und § 5 EStG 1988 ua das Realisationsprinzip zu beachten, demzufolge Gewinne erst dann ausgewiesen werden dürfen, wenn sie realisiert sind (dazu genauer etwa ).

Wie den Ausführungen des erkennenden Gerichtes unter Punkt II.1. (Festgestellter Sachverhalt) zu entnehmen ist, wurde zwischen der Bf und der ***X GmbH*** am eine als "Auflösung des Vertrages über die Errichtung einer typisch stillen Gesellschaft" titulierte, schriftliche Vereinbarung abgeschlossen, deren Rechtswirksamkeit an das "Closing" des Anteilskauf- und Abtretungsvertrages vom geknüpft war (das "Closing" erfolgte am ). Am wurde zwischen der Bf und den Gesellschaftern der ***X GmbH*** weiters eine als "Zusatz zur Auflösung des Vertrages über die Errichtung einer typisch stillen Gesellschaft" titulierte, schriftliche Vereinbarung abgeschlossen, mit welcher der Bf für ihre Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung ein Abfindungsanspruch in Höhe von 3.506.785,00 Euro eingeräumt wurde. In einem mit datierten Berechnungsblatt ist die Berechnung des der Bf zustehenden Abfindungsanspruches in Höhe von 3.506.785,00 Euro dargestellt. Die Bf erhielt den Abfindungsbetrag am per Banküberweisung.

Sowohl die Vertragsabschlüsse betreffend die Auflösung der stillen Gesellschaft und den der Bf für ihre Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung zustehenden Abfindungsanspruch als auch die Überweisung des Abfindungsbetrages an die Bf erfolgten demnach nach dem und fielen folglich nicht in das abweichende Wirtschaftsjahr 2016/2017 ( bis ). Vor dem Hintergrund der unternehmensrechtlichen und allgemeinen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ist, wie auch die Finanzamtsvertreterin im Zuge des am am Bundesfinanzgericht abgehaltenen Erörterungstermines im Ergebnis einräumte, kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen würde, den Abfindungsbetrag als gewinnerhöhende Betriebseinnahme im abweichenden Wirtschaftsjahr 2016/2017 ( bis ) zu erfassen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die stille Gesellschaft laut Vertrag vom "per Stichtag vorzeitig beendet wird." Denn nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind rückwirkende Rechtsgeschäfte ungeachtet ihrer zivil- oder unternehmensrechtlichen Zulässigkeit für den Bereich des Steuerrechtes nicht anzuerkennen, es sei denn, der Gesetzgeber selbst hätte diesen Grundsatz durch eine besondere Vorschrift ausdrücklich oder schlüssig zu Gunsten einer steuerlichen Relevanz rückwirkender Tatbestände durchbrochen, wie etwa im Bereich des Umgründungssteuerrechts (jüngst etwa ; ), was gegenständlich jedoch nicht der Fall ist.

Der Abfindungsbetrag in Höhe von 3.506.785,00 Euro ist daher aus dem steuerlichen Ergebnis des abweichenden Wirtschaftsjahres 2016/2017 ( bis ) auszuscheiden. Das steuerliche Ergebnis (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) dieses Gewinnermittlungszeitraumes beläuft sich folglich auf - 459.556,70 Euro (3.047.228,30 Euro [Einkünfte aus Gewerbebetrieb laut angefochtenem Bescheid] abzüglich 3.506.785,00 Euro [Abfindungsbetrag]).

Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die eigentlich strittige Frage, ob ein Verlustabzug im Sinne des § 8 Abs 4 KStG 1988 im hier streitgegenständlichen Veranlagungsjahr 2017 (nur) im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte zusteht (lit a leg cit) oder ob diese Verlustvortragsgrenze nicht anzuwenden ist (lit b leg cit). Dies aus folgendem Grund:

Der Körperschaftsteuer des hier streitgegenständlichen Veranlagungsjahres 2017 ist gemäß § 7 Abs 1 KStG 1988 das Einkommen zugrunde zu legen, das die Bf innerhalb des Kalenderjahres 2017 bezog. Bei der Ermittlung des Einkommens des Kalenderjahres 2017 ist gemäß § 7 Abs 5 KStG 1988 (nur) das steuerliche Ergebnis (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) des abweichenden Wirtschaftsjahres 2016/2017 ( bis ) zu berücksichtigen, zumal (nur) dieses abweichende Wirtschaftsjahr im Kalenderjahr 2017 endete. Infolge des Ausscheidens des Abfindungsbetrages als gewinnerhöhende Betriebseinnahme verbleiben im abweichenden Wirtschaftsjahr 2016/2017 ( bis ) negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Verlust) in Höhe von - 459.556,70 Euro (siehe oben). Diese negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb bilden zugleich den im Rahmen der Ermittlung des Einkommens des Kalenderjahres 2017 zu berücksichtigenden negativen Gesamtbetrag der Einkünfte. Da der Gesamtbetrag der Einkünfte negativ ist, kommt ein Verlustabzug als Sonderausgabe im Sinne des § 8 Abs 4 KStG 1988 im hier streitgegenständlichen Veranlagungsjahr 2017 von vornherein nicht in Betracht.

Die Körperschaftsteuer war daher, wie dem beiliegenden Berechnungsblatt, das einen Bestandteil des Spruches des gegenständlichen Erkenntnisses bildet, zu entnehmen ist, nur in Höhe der Mindestkörperschaftsteuer (§ 24 Abs 4 KStG 1988) festzusetzen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision):

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das Bundesfinanzgericht der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung, weshalb die Voraussetzungen für die Revisionszulassung nicht erfüllt sind.

Graz, am

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