Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 28.09.2023, RV/2100295/2023

Verspätet eingebrachte Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom 19. Feber 2023 gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe für den Zeitraum 04/2021 bis 09/2021 für die Tochter ***1***, SVNR des Beschwerdeführers (Bf.) ***2***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 278 Abs. 1 lit. a BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Sachverhalt soweit für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Beschwerde relevant:

Gegen den Rückforderungsbescheid vom , wonach vom Bf. die Familienbeihilfe für den Zeitraum 04/2021 bis 09/2021 zurückgefordert wurde, weil dessen Tochter ***1*** einen beihilfenschädlichen Studienwechsel vorgenommen habe, erhob der Bf. Beschwerde vom , eingelangt am .
Fristverlängerungsanträge wurden nicht eingebracht.

Der Rückforderungsbescheid vom wurde dem Bf. am über FinanzOnline durch Versendung in die Databox zugestellt.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt mit über FinanzOnline, gemäß § 260 BAO als verspätet eingebracht zurück, weil diese außerhalb der Rechtsmittelfrist von einem Monat erfolgte.

Mit Eingabe vom , eingelangt beim Bundesfinanzgericht am , beantragte der Bf. die Entscheidung über seine Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Es sei ihm unmöglich gewesen, die einmonatige Frist einzuhalten, weil er erst nach weiteren Recherchen und einer Anfragebeantwortung durch das BMF erkannt habe, dass das Finanzamt bei seiner Beurteilung von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei; ein schädlicher Studienwechsel habe nicht vorgelegen.
Das Finanzamt beantragte die Zurückweisung der nicht fristgerecht eingebrachten Beschwerde mit Vorlagebericht vom .

Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 243 BAO sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Nach § 245 Abs. 3 BAO ist die Beschwerdefrist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

Gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Gemäß § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Gemäß § 108 Abs. 4 BAO werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet.

Erledigungen werden gemäß § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

§ 5b Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV 2006) idF BGBl. II 122/2020 lauten:
Elektronische Zustellung
§ 5b. (1) Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

(2) Jeder Teilnehmer, der an der elektronischen Form der Zustellung über FinanzOnline teilnimmt, hat in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen E-Mailadresse nicht gehindert.

(3) Teilnehmer, die Unternehmer im Sinne des § 3 Z 20 des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 163/1999, sind und die wegen Überschreiten der Umsatzgrenze zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind, haben an der elektronischen Zustellung über FinanzOnline teilzunehmen und können auf diese nicht verzichten. Andere Teilnehmer können in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihnen bei ihrem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten. Wenn sie nicht zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verpflichtet sind, können die in § 2 Abs. 2 genannten Parteienvertreter den Verzicht für die Zustellungen in ihren eigenen Angelegenheiten und davon getrennt für die Zustellungen in den Angelegenheiten als Parteienvertreter erklären.

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.

Nach dem beschwerdegegenständlichen Sachverhalt und der Aktenlage wurde der Rückforderungsbescheid vom über FinanzOnline durch Versendung in die Databox am zugestellt (vgl. zur Zustellung in die Databox ).

Dieser Umstand, der auch im Vorlagebericht aufscheint, welcher an den Bf. ging, wurde seitens des Bf. nicht bestritten.

Dem Vorlagebericht kommt wie etwa einer Beschwerdevorentscheidung Vorhaltscharakter zu (vgl. ; ; ; ). Hält der Beschwerdeführer, dem der Vorlagebericht zuzustellen ist (§ 265 Abs. 4 BAO), diesen für unzutreffend, wird er sich zeitgerecht dazu zu äußern haben. Eine derartige Äußerung ist nicht erfolgt.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid gilt daher mit als wirksam zugestellt, da an diesem Tag in den elektronischen Verfügungsbereich des Beschwerdeführers gelangt, und auch keinerlei relevante Gründe vorgebracht wurden, die gegen die Wirksamkeit der Zustellung sprechen würden. Ob und wann die Dokumente abgerufen wurden, ist für die Wirksamkeit der Zustellung unerheblich (vgl. ).

Die Beschwerdefrist von einem Monat endete damit gemäß § 245 Abs. 1 BAO am , einem Montag.

Beschwerden sind rechtzeitig, wenn sie spätestens am letzten Tag der Beschwerdefrist eingebracht werden.

Der Bf. hat die Beschwerde erst am eingebracht (Datum des Vorlageantrages mit Eingang am ).
Das ist außerhalb der Monatsfrist, was der Bf. im Vorlageantrag auch gar nicht bestreitet.

Dass der Bf. erst verspätet aufgrund weiterer Erkundigungen erkannte, welche Argumente gegen den Rückforderungsbescheid sprächen, bzw. wie er die Begründung der Beschwerde ausführen könnte, ändert nichts an der dem Grunde nach verspäteten Einbringung der Beschwerde.

Ein Fristverlängerungsantrag nach § 245 Abs. 3 BAO wäre möglich gewesen, ist jedoch nicht aktenkundig oder auch nur behauptet worden und nicht erfolgt.

Das Finanzamt hat seine Entscheidung im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen rechtsrichtig getroffen, es bestand keinerlei Ermessen in der Gesetzesanwendung hinsichtlich der Verspätung gemäß § 260 BAO.

Da die Beschwerde auch in Erledigung des Vorlageantrages als verspätet zurückzuweisen war, ist auf das inhaltliche Vorbringen im gegenständlichen Verfahren nicht mehr einzugehen und war spruchgemäß zu entscheiden.

Hingewiesen wird auf § 26 Abs. 4 FLAG 1967:
Nach dieser Bestimmung ist die Oberbehörde ermächtigt, (das ist derzeit die für die Vollziehung des FLAG 1967 zuständige Bundesministerin im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab), in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre. Hierbei handelt es sich nach den Durchführungsrichtlinien (zitiert nach Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. Auflage, § 26 Rz 73) um eine Maßnahme der Dienstaufsicht.

Das FLAG 1967 räumt der jeweiligen Partei des Verwaltungsverfahrens aber keinen Anspruch auf Ausübung des im § 26 Abs. 4 FLAG 1967 genannten Aufsichtsrechtes ein (vgl. 85/14/0130; ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage, ob ein Rechtsmittel rechtzeitig erhoben wurde, ist eine Sachverhaltsfrage, die nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu lösen ist.
Sachverhaltsfragen sind einer Revision nicht zugänglich.
Die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels und die Rechtsfolgen bei Versäumung dieser Frist ergeben sich unmittelbar aus den gesetzlichen Bestimmungen, daher liegt auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100295.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at