Vertreterpauschale
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
In der elektronisch eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranalgung 2017 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) für seine Tätigkeit als Business Development Manager das Vertreterpauschale.
Dem Bf. wurde ein Ergänzungsersuchen vom über Finanzonline zur Beantwortung folgender Ergänzungspunkte (Frist zur Beantwortung bis zum ) übermittelt:
"Sie haben Werbungskosten in Form des Berufsgruppenpauschales beantragt. Bitte schicken Sie uns dazu den Dienstvertrag inkl. einer aktuellen Tätigkeitsbeschreibung sowie eine Bestätigung Ihres Arbeitgebers.
Die Bestätigung muss jedenfalls enthalten?
• Die Bezeichnung der Berufsgruppe, in der Sie tätig sind
• Das Datum von wann bis wann Sie diese Tätigkeit ausgeübt haben
• Das Beschäftigungsausmaß und welche Tätigkeiten in welchem zeitlichen Umfang ausgeübt
wurden
• Alle Unterbrechungen Ihrer Tätigkeit z.B. durch Karenzurlaub, Krankenstand, Waffenübungen, Sonderurlaube, Dienstzuteilungen oder Dienstfreistellungen
• Die vom Arbeitgeber geleisteten Kostenersätze für Reisen, Arbeitskleidung oder Ausbildungen
Geben Sie uns bekannt, ob und welche Werbungskosten (Art und Höhe) Ihnen aus der Tätigkeit tatsächlich entstanden sind.
Zusätzliche Fragen für bestimmte Berufsgruppen:
…
• Wenn Sie als Vertreter/in tätig sind, schicken Sie uns bitte einen Nachweis in welchem Ausmaß Ihre Tätigkeit im Innen- und Außendienst ausgeübt wurde".
In der Folge erließ das Finanzamt am den Einkommensteuerbescheid 2017 unter Berücksichtigung des Werbungskostenpauschales von 132 € sowie der Sonderausgaben mit folgender Begründung: "Trotz Aufforderung haben wir nicht alle Unterlagen erhalten. Daher konnten wir nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigen".
Vom Bf. wurde elektronisch (ohne Beilagen) über Finanzonline Beschwerde am eingebracht. Der Bf. beantragte das Vertreterpauschale mit der Begründung, dass er für ein ausländisches Unternehmen, im Wege des Personaldienstleisters ***T**, in Österreich im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung sowie des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung von 2013-2022 tätig gewesen sei. Der Kundenkreis beinhalte Architekten, Bauherren, Händler und Verarbeiter der Produkte, welche er durchschnittlich an vier Tagen in der Woche besucht habe. Da er inzwischen nicht mehr für das ausländische Unternehmen bzw. ***T** tätig sei, könne er nur den Dienstvertrag und das Arbeitszeugnis als Beleg für seine Tätigkeit übermitteln. Er ersuche um nochmalige Prüfung und Zuerkennung des Berufsgruppenpauschale.
Aufgrund des Ergänzungsersuchens vom wurden am vom Bf. elektronisch über Finanzonline die Schriftstücke "Arbeitsvertrag Angestellte" vom sowie die "Überlassungsmitteilung Angestellter gemäß § 12 AÜG" vom zwischen der ***T** Personaldienste GmbH und dem Bf. übermittelt.
Aus der "Überlassungsmitteilung Angestellter gemäß § 12 AÜG" vom geht folgendes hervor:
"Beginnend ab werden Sie zur weiteren Arbeitsleistung an die Firma ***CR*** SPA in …,als neuem Beschäftiger zugewiesen.
Kollektivvertrag Beschäftigerbetrieb: Allgemeines Gewerbe (Ang)Kollektivvertragliche Einstufung: Verwendungsgruppe VWGR IV im 10. Verwendungsgruppenjahr
Ort(e) der Beschäftigung: Wien
Voraussichtliche Dauer: unbefristet
Kontaktperson beim Beschäftiger: Dr. ***AS***
Art der Arbeitsleistung: Business Development Manager
Normalarbeitszeit: 40 Stunden / Woche
Voraussichtliche Arbeitszeiteinteilung: MO - FR je 8
Entgelt für die Überlassung:
Monatsgehalt (brutto): € 2.925,58
Sonderzahlungen: Es gelten die Bestimmungen des anzuwendenden Kollektivvertrages.
Zuschläge: Es gelten die Bestimmungen des anzuwendenden Kollektivvertrages.
Zulagen: Es gelten die Bestimmungen des anzuwendenden Kollektivvertrages.
Auswärtige Arbeiten/Aufwandsentschädigungen:
Es sind auswärtige Arbeiten zu verrichten: ja
• Basis für Ihre Beschäftigung ist der Arbeitsvertrag, den Sie von der ***T** Personaldienste GmbH erhalten haben.
• Das Entgelt für diesen Einsatz wird in dieser Überlassungsmitteilung festgehalten.
Darüber hinausgehende (mündliche) Vereinbarungen wurden keine getroffen.
• Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration werden (entsprechend den kollektivvertraglichen Bestimmungen) bezahlt.
• Diese Überlassungsmitteilung regelt die besonderen Punkte bei der gegenständlichen Überlassung. Jeder neue Einsatz wird durch eine neue Überlassungsmitteilung festgehalten.
• Sie sind verpflichtet, sich am ersten Tag Ihres Einsatzes (Arbeitsantrittes beim Beschäftiger) bei Ihrem Personalberater zu melden.
• Ihre Entlohnung erfolgt ausschließlich durch ***T**.
Sie sind nicht berechtigt, vom Beschäftiger Geld entgegenzunehmen. Der Arbeitgeber behält sich ausdrücklich vor etwaige freiwillig gewährte Aufwandersätze (insbesondere freiwillige Diäten, Fahrtkostenzuschüsse udgl.) jederzeit zu widerrufen.
• Der Stundennachweis ist von Ihnen laufend vollständig auszufüllen und vom Beschäftiger (Kunden) bestätigen zu lassen. Die bestätigten Stundenachweise sind 2x/Monat bis spätestens 15. des aktuellen Monats und 3. des Folgemonats an ***T** zu übersenden.
• Die Vergütung von Mehrarbeitszeiten, Überstunden, Reiseaufwandsentschädigungen usw. erfolgt aus verrechnungstechnischen Gründen jeweils 1 Monat im Nachhinein. Grundlage für die Berechnung ist das vom Kunden bestätigte Monatsabrechnungsformular, bzw. die vom Kunden bestätigte Reisekostenabrechnung.
• Wenn der Einsatz vor Ende des Kalendermonats endet, sind Sie verpflichtet, sich am letzten Arbeitstag bei Ihrem Personalberater zu melden.
• Sie bestätigen mit Ihrer Unterschrift, auf dieser Überlassungsmitteilung, dass Sie bei der FA ***T** den "Sicherheits- und Gesundheitspass für Zeitarbeiterinnen" sowie die entsprechenden Sicherheitsunterweisungen erhalten haben, dass diese Unterlagen mit Ihnen besprochen wurden und Sie diese auch inhaltlich und sprachlich verstanden haben. Sie sind verpflichtet die im "Sicherheits-und Gesundheitspass" angeführten Bestimmungen einzuhalten und gewissenhaft anzuwenden.
Sie sind dafür verantwortlich, dass im "Sicherheits- und Gesundheitspass" die persönlichen Daten eingetragen sind und sind verpflichtet, die im Beschäftigerbetrieb durchgeführten Unterweisungen eintragen zu lassen.
• Sie sind verpflichtet, an Einschulungen und Unterweisungen, die im Zusammenhang mit demArbeitnehmerschutzrecht und mit den Sicherheitsbestimmungen am Arbeitsort beim Beschäftiger erforderlich sind, beim Kunden (Beschäftiger) teilzunehmen und die dabei erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Informationen gewissenhaft anzuwenden.
• Zur Angabe der voraussichtlichen Dauer wird ausdrücklich festgehalten, dass die Überlassung auch vor diesem Datum enden oder über dieses Datum hinausgehen kann.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 vom als unbegründet abgewiesen, mit der Begründung, dass aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervorgehe, dass Sie die Merkmale für die Zuerkennung der Vertreterpauschale erfüllen, mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst, vorrangiges Ziel die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen.
Aus dem am über Finanzonline eingebrachten Vorlageantrag und den Beilagen (Schreiben vom , Projektliste) geht im Wesentlichen folgendes hervor:
"… Bei der zugestellten Beschwerdevorentscheidung gem. §262 BAO für meinen Einkommenssteuerbescheid 2017, stimme ich der angeführten Entscheidung und deren Begründung nicht zu und ersuche fristgerecht um Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht in dem Sinne, dass mir die Vertreterpauschale für das Jahr 2017 zuerkannt wird. …
Die mir in der Beschwerdevorentscheidung abgesprochenen Kriterien für die Zuerkennung der Vertreterpauschale (mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst, vorrangiges Ziel die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen) erfüllte ich auf jeden Fall im Jahr 2017, sowie auch in den Folgejahren bis inklusive 2019. Die hohe Mobilität die die Vertretertätigkeit mit sich brachte, erfuhr erst 2020 durch die Covid Lockdowns eine Einschränkung.
Wie auch schon in meiner bereits übermittelten Dienstbeschreibung (nochmals als Beilage hinzugefügt) angeführt, war meine Tätigkeit als "Business Development & Sales Manager", neudeutsch für "Handelsvertreter", 100%ig darauf ausgerichtet, Geschäftsabschlüsse für unsere Produkte (italienische Feinsteinzeugfliesen) herbeizuführen. Welchen anderen Sinn hätte es sonst für meinen Arbeitgeber gehabt, mich in Österreich Architekten, Bauherrn, Großhändler und Fliesenleger besuchen zu lassen? Kein nach guten kaufmännischen Grundsätzen geführtes Unternehmen wird es sich leisten, Mitarbeiter aus philanthropischen Gründen durch ganz Österreich zu schicken. Gerne könnte ich Ihnen zur weiteren Beweisführung auch meine am Handy gespeicherten 824 individuellen Architekten/Bauherrn/Großhändler/Fliesenleger-Kontakte übermitteln, allerdings wird dies wohl dem Datenschutz widersprechen. Von diesen Kunden wurde ichals Vertreter wahrgenommen und als solcher bezeichnet worden.Solch eine Anzahl von beruflichen Kontakten gewinnt man nur durch ständige Besuche und Betreuung der Kunden (= mehr als die Gesamtarbeitszeit im Außendienst), aus denen sich in weiterer Folge Geschäftsabschlüsse entwickelten, die dann zu jährlichen Umsatzsteigerungen im hohen zweistelligen Bereich führten. Genau das ist der Sinn und der Zweck, wenn man als Businessdevelopment & Sales Manager unterwegs ist.
Als Anlage füge ich auch meine persönliche Auflistung, der alleine im Jahr 2017 umgesetzten Projekte an (Kunden und Umsätze habe ich anonymisiert). Hinter all diesen Projekten stecktjahrelanger Aufbau bis es schlussendlich zu einem Geschäftsabschluss kommt. Diese Liste zeigt aber nur die in diesem Jahr abgeschlossenen Projekte, nicht die Projekte, die man zur selben Zeit aufbaute und dann in den Folgejahren abschloss.
Aus den angeführten Gründen ersuche ichdie Beschwerdevorentscheidung zur Entscheidung dem Verwaltungsgericht vorzulegen und um Entscheidung im Sinne des oben angeführten Antrages".
Aus dem vom Bf. beigelegten Dienstzeugnis vom der ***T** Personaldienste GmbH geht im Wesentlichen folgendes hervor:
"…***T** ist ein verlässlicher Business-Partner für alle Belange in der Arbeitswelt und unterstützt Menschen und Unternehmen sich weiterzuentwickeln.
Herr ***Bf*** war vom bis im Ausmaß von 38,5 Stunden pro Woche und vom bis im Ausmaß von 40 Stunden pro Woche als Business Development & Sales Manager Österreich an unseren Kunden ***CR*** S.p.A überlassen und dabei mit folgenden Aufgaben betraut:
■ Marktaufbau Österreich für die Marke ***CR*** (italienische Designfliesen) und Neukundengewinnung im Objektbereich
o Entwicklung und Umsetzung Vertriebsstrategie
o Budget- und Umsatzverantwortung
o Angebotslegung, Gewinnung und Abwicklung von Projekten im Objektbereich
o Betreuung der Architekten, Planer Immobilienfirmen und Investoren
■Design- und technische Beratung im Objektbereich für Architekten, Bauherren und Projektentwickler
o Schnittstelle zum internen Großhandel
o Key-Account Management; z.B. Firma ***M*** WarenvertriebsgmbH, Fa. ***S*** HOLDING GMBH, ***X*** Planungs- und BeteiligungsAG
o Organisation und Marketing spezifischer Fachmessen in Österreich bei der
*** und Mitwirkung an Fachmessen in Deutschland bei der *** und in Italien bei der ***
Soft Skills
o Große fachliche Kompetenz und direkte Art der Kommunikation mit Kunden
o Begeisterung für die Produkte und Weiterentwicklung der Kundenbeziehungen
o Absolute Kompetenz und Zuverlässigkeit bei der Geschäfts- und Projektabwicklung
o Hohe Belastbarkeit und lösungsorientierter Einsatz im Service für die Kunden
Outsourcing & HR Services
Herr ***Bf*** war ein höchst motivierter und engagierter Mitarbeiter, der sich innerhalb kürzester Zeit in den ihm übertragenen Aufgabenbereich eingearbeitet hat. Durch seinen persönlichen Einsatz leistete er einen bedeutenden Beitrag zum Unternehmenserfolg und erzielte aufgrund seines ausgezeichneten Fachwissens überdurchschnittliche Erfolge bei seiner Tätigkeit. Sein Arbeitsstil war stets geprägt von höchster Effizienz, Zielstrebigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Auch in Situationen mit sehr hohem Arbeitsanfall erwies sich Herr ***Bf*** als äußerst belastbarer Mitarbeiter, der immer den Überblick behielt.
Herr ***Bf*** war ein äußerst zuverlässiger und loyaler Mitarbeiter mit einer sehr hohen Auffassungsgabe und Eigeninitiative. Er war stets bereit, Verantwortung zu übernehmen und sich in neue Aufgabengebiete einzuarbeiten.
Aufgrund seiner hervorragenden fachlichen Kompetenz, seiner ausgeprägten Teamfähigkeit und seiner freundlichen Art wurde Herr ***Bf*** sowohl von den Mitarbeiterinnen der ***T** Personaldienste GmbH als auch von den Mitarbeiterinnen und Vorgesetzten unseres Kunden gleichermaßen sehr geschätzt und anerkannt. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kolleginnen war in jeder Hinsicht vorbildlich und förderte eine aktive Zusammenarbeit. …
Aufgrund der Einstellung der unternehmenseigenen Objektberatung unseres Kunden ***CR*** S.p.A am österreichischen Markt, wurde das Dienstverhältnis mit Herrn ***Bf*** einvernehmlich aufgelöst ...".
Aus der vom Bf. beigelegten persönlichen Liste "Projektumsetzungen 2017 Österreich" - ohne Nennung der Kunden bzw. der Umsätze - sind Projekte, die anhand von "AB/Factura an R" für 2017 und 2018 gemeldet worden seien, aufgelistet.
Im Vorlagebericht vom führte die belangte Behörde aus, dass der Bf. als Business Development Manager über eine Leiharbeitsfirma angestellt gewesen sei.
Aus den vorgelegten Unterlagen könne die Vertretertätigkeit im Sinne des § 17 Abs. 6 EStG bzw. im Sinne der dazugehörigen Verordnung BGBl. II 2001/382 idF BGBl. II 2021/500 sowie der einschlägigen Judikatur nicht abgeleitet werden. Der Bf. sei aus Sicht der Abgabenbehörde zwar zweifelsohne im Außendienst tätig, doch Projekte zu betreuen sei nicht dem Abschluss von Geschäften gleichzustellen. Aus der Tätigkeitsbeschreibung sei dies auch nicht ersichtlich. Die Abgabenbehörde beantrage die Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Sachverhalt ergibt sich aus Punkt I (Verfahrensgang).
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt aus dem Akteninhalt und stützt sich auf die Angaben des Bf. sowie den vorgelegten Unterlagen, wie die Liste "Projektumsetzungen 2017 Österreich", dem Dienstzeugnis vom , den Schreiben "Arbeitsvertrag Angestellte" vom (auf den Inhalt im Schreiben wird verwiesen) und der "Überlassungsmitteilung Angestellter gemäß § 12 AÜG" vom .
Laut Vorbringen des Bf., sei er durchschnittlich an vier Tagen in der Woche im Außendienst gewesen.
Trotz Aufforderung einen Nachweis über das Ausmaß die Tätigkeit im Innen- und Außendienst vorzulegen, kam der Bf. dieser Aufforderung nicht nach.
Der Bf. legte zwar eine Liste "Projektumsetzungen 2017 Österreich" - ohne Namhaftmachung der Kunden bzw. ohne Nennung der Umsätze vor-, doch wurden weitere Unterlagen zur "Projekt-Liste" nicht beigelegt. Konkrete Ausführungen zu den einzelnen Projekten fehlen. Hinsichtlich Projektabwicklung ist nichts bekannt.
Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben Abgabepflichtige in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) den Inhalt ihrer Anbringen zu ergänzen, sowie dessen Richtigkeit zu beweisen.
Ein Sachverhalt ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, dass der angegebene Sachverhalt von allen anderen denkbar möglichen der wahrscheinlichste ist ( Zl. 86/13/0150).
Den Steuerpflichtigen trifft - unbeschadet der amtswegigen Ermittlungspflicht (§ 115 BAO) - die Verpflichtung, am Verfahren mitzuwirken (§§ 119, 138 ff BAO). Wenn Tatsachenfeststellungen nicht getroffen werden können, trifft die Beweislast denjenigen, zu dessen Gunsten die entsprechende Tatsache wirkt: Die Abgabenbehörde hat damit die Beweislast für Tatsachen zu tragen, die den Abgabenanspruch begründen; der Steuerpflichtige für Tatsachen, die Begünstigungen, Steuerermäßigungen u.ä. begründen bzw. die den Abgabenanspruch einschränken oder aufheben oder eine gesetzliche Vermutung widerlegen (vgl. GZ. RV/1687-W/02, unter Hinweis auf Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts II, Tz. 526).
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob der Bf. als Vertreter im Sinne der zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 ergangenen Verordnung zu qualifizieren ist.
a) Rechtsgrundlagen und rechtliche Ausführungen:
Gem. § 16 Abs. 1 EStG 1988 idgF sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Gem. § 17 Abs. 6 EStG 1988 idgF können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001, lautet auszugsweise:
"Auf Grund des § 17 Abs. 6 EStG 1988 wird verordnet:
§ 1 Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:
…
9. Vertreter
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich.
Die Verordnung enthält keine Definition des Begriffs "Vertreter". Sie legt lediglich fest, dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden muss, sohin der Außendienst den Innendienst zeitlich überwiegen muss und der Innendienst die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit umfassen darf (Brameshuber/Halder/Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz 21a, Rz 139, 1.9 Vertreter).
Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.
Eine andere Tätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt somit nicht als Vertretertätigkeit.
Vertreter sind Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Der Arbeitnehmer muss eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben (Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 17 Tz 71).
Voraussetzung für die Zuerkennung des genannten Werbungskostenpauschales ist somit nach dem klaren und eindeutigen Verordnungswortlaut, dass die Vertretertätigkeit ausschließlich ausgeübt wird und der Außendienst in zeitlicher Hinsicht gegenüber dem Innendienst vorherrschend ist.
Nach dem Erkenntnis des , ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Begriff des Vertreters auf die Verkehrsauffassung abzustellen. Danach sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind (vgl. zuletzt , mwN). Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, ist keine Vertretertätigkeit (z.B. Kontroll- oder Inkassotätigkeit, beratende Tätigkeit; , mwN). Auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst gehört zur Vertretertätigkeit. Hiezu zählen etwa Abrechnungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen oder Entgegennahme von Waren (vgl. 2885 und 2994/80). Der Vertreter muss eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben. Eine völlig untergeordnete andere Tätigkeit steht der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales allerdings nicht entgegen (vgl. , VwSlg 8732 F/2012; , 2012/15/0125, mwN).
Keine ausschließliche Vertretertätigkeit liegt bspw. vor bei einem Gebietsleiter eines Unternehmens, da dieser idR keine ausschließliche Vertretertätigkeit ausübt, auch wenn er überwiegend im Außendienst tätig ist (vgl. ; , RV/0282-S/04).
Bei einem Bankangestellten kann hingegen bei entsprechendem Außendienst Vertretertätigkeit vorliegen (vgl. RV/0080-F/03); jedoch nicht, wenn der Bankangestellte Geschäftsstellenleiter einer neu gegründeten Bankfiliale ist und hauptsächlich mit der Akquisition von Neukunden, der Kundenbetreuung, PR-Tätigkeiten und der Repräsentation des Unternehmens nach außen beschäftigt ist ().
Der Unabhängige Finanzsenat entschied in seinem Erkenntnis vom , RV/0944-L/04, im Fall einer nichtselbständigen Immobilienmaklerin, die unstrittig im Rahmen ihres Dienstverhältnisses überwiegend im Außendienst tätig war, wie folgt:
Es treffe nicht zu, dass die Tätigkeit einer unselbständig tätigen Immobilienmaklerin in die Gruppe der Vertreter gemäß § 1 Z 9 der Verordnung falle, da die Tätigkeit des Immobilienmaklers nach der Judikatur des OGH die Vermittlung von Geschäften sei um zwei potenzielle Vertragspartner zusammenzubringen und zum Geschäftsabschluss zu bewegen, nicht aber selbst Geschäftsabschlüsse zu tätigen, wie dies für die Berufsgruppe der "Vertreter" typisch sei. Des Weiteren sei sowohl nach der Verordnung als auch nach der Lehre für die Gewährung des "Vertreterpauschales" die Ausübung einer ausschließlichen Vertretertätigkeit maßgeblich.
Gleiches gilt, wenn ein Projektentwickler eines Bauträgers im Außendienst nicht überwiegend mit Kundenkontakten (Wohnungssuchenden) beschäftigt ist, sondern mit Tätigkeiten, die erst zur Herstellung der Wohnungen führen ().
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () muss eine Tätigkeit, damit sie als Vertretertätigkeit im Sinne der Pauschalierungsverordnung angesehen werden kann, nicht nur (zeitlich) überwiegend im Außendienst erfolgen, sondern zudem der Außendienst vom Abschluss von Rechtsgeschäften geprägt sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat dieses Erfordernis dahingehend konkretisiert, dass bei einem Vertreter im Rahmen des (den Innendienst überwiegenden) Außendienstes der Kundenverkehr in Form des Abschlusses von Geschäften im Namen und für Rechnung des Arbeitgebers (über Verkauf von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen) eindeutig im Vordergrund gestanden sein muss.
b)Erwägungen:
Dass der Bf. im beschwerdegegenständlichen Jahr eine ausschließliche Vertretertätigkeit iSd Rechtsprechung des VwGH ausgeübt hat, kann aus den vom Bf. vorgelegten Unterlagen (Dienstzeugnis vom , "Überlassungsmitteilung Angestellter gemäß § 12 AÜG" vom , Projektliste) nicht geschlossen werden.
Die Dienstverwendung des Bf. lag im Marktaufbau Österreich für die Marke des Beschäftigers und Neukundengewinnung im Objektbereich und in der Beratung im Objektbereich für Architekten, Bauherren und Projektentwickler. Im Verantwortungsbereich lag es somit, neue Geschäftsfelder zu entwickeln um den Absatz in neuen Märkten zu fördern.
Im Dienstzeugnis vom sind weitere Aufgaben angeführt, die außerhalb der Anbahnung und dem Abschluss von Geschäften und der Kundenbetreuung liegen. Dass diese Tätigkeiten völlig untergeordnete Tätigkeiten darstellen, wird vom Bf. selbst nicht einmal behauptet.
Vielmehr wurde behauptet, dass die Tätigkeit als "Business development & Sales Manager100%ig darauf ausgerichtet (war), Geschäftsabschlüsse für unsere Produkte herbeizuführen", was aus den vorliegenden Unterlagen, insbesondere der "Überlassungsmitteilung Angestellter gemäß § 12 AÜG" vom und dem Dienstzeugnis vom , aber nicht zu entnehmen ist.
Auf Grund des im Dienstzeugnis vom ausgeführten Aufgabengebietes ergibt sich, dass aufgrund der vielfältigen Aufgaben das vorrangige Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen gewesen ist, auch wenn im Dienstzeugnis vom nun vom Business development & Sales Manager die Rede ist, obwohl bisher in den Schreiben "Arbeitsvertrag Angestellte" vom und der Überlassungsmitteilung Angestellter gemäß § 12 AÜG" vom sowie in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung lediglich vom "Business Development Manager (BDM)" die Rede war.
Auch mit der Vorlage der Projekt-Liste wird nicht aufgezeigt, dass die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen im Vordergrund stand. Wurden vom Bf. weder die Kunden namhaft gemacht noch die Umsätze bekanntgegeben, sodass nicht eruiert werden kann, ob und mit wem (welchen Kunden) tatsächlich Geschäfts- bzw. Vertragsabschlüsse im Außendienst erfolgten. Die Bekanntgabe von Projekten allein ist kein ausreichender Nachweis für eine ausschließliche Vertretertätigkeit.
Auch verhilft das Argument des Bf., "von diesen Kunden sei er als Vertreter wahrgenommen worden und als solcher bezeichnet worden", der Beschwerde nicht zum Erfolg, zumal aus den Unterlagen und dem Dienstzeugnis nicht zu entnehmen ist, dass im Jahr 2017 ausschließlich eine Vertretertätigkeit zur "Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen" ausgeübt wurde.
Aufgrund seiner Aufgaben kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass das ausgeübte Tätigkeitsbild des Bf. dem des Vertreters nach der Verkehrsauffassung entspricht, zumal der Bf. trotz Aufforderung auch keine Angaben zur Innendiensttätigkeit aufgezeigt bzw. dargelegt hat.
Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, ist aber keine Vertretertätigkeit im steuerrechtlichen Sinn, auch wenn sie überwiegend im Außendienst ausgeübt wird.
Im vorliegenden Fall wurde vom Beschwerdeführer weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass die überwiegende Außendiensttätigkeit, die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen zum vorrangigen Ziel hatte. Außerdem, fehlte der Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung, dass die übrigen Tätigkeiten, die außerhalb der Anbahnung und dem Abschluss von Geschäften und Kundenbetreuung liegen, völlig untergeordnete Tätigkeiten darstellen.
Der Begriff "Manager" spricht gegen die Ausübung einer ausschließlichen Vertretertätigkeit.
Wikipedia beschreibt "Business Development", deutsch Geschäftsfeldentwicklung, die zielgerichteten Maßnahmen zur Weiterentwicklung einer wirtschaftlich ausgerichteten Organisation.
Das Aufgabengebiet eines BDM erstreckt sich über die Entwicklung und Umsetzung neuer Geschäftsideen im Zuge der strategischen und operativen Weiterentwicklung des Unternehmens. Dabei wird das Ziel verfolgt, den Umsatz des Unternehmens zu steigern, Marktanteile auszubauen und zu optimieren bzw. bestehende und zukünftige Kunden mit den bestehenden, weiterentwickelten oder neuen Produkten zu überzeugen und zufriedenzustellen. Um das zu gewährleisten, müssen Trends und Marktentwicklungen frühzeitig erkannt werden.
Zusammenfassend ist ein BDM für die Entwicklung und Umsetzung neuer Geschäftsideen verantwortlich. Er ist ein Stratege, der immer auf dem Laufenden sein muss. Er pflegt die Beziehungen zu den Kunden und schmiedet zu beiderseitigem Nutzen strategisches Ideen.
Diese Tätigkeit ist allerdings nicht die eines Vertreters, weil die unmittelbare Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen durch Betreuung eines bestimmten Kundenkreises nicht im Vordergrund stand.
Aufgrund der vom Beschwerdeführer verrichteten Tätigkeiten steht fest, dass andere Tätigkeiten als Anbahnung und Abschluss von Geschäften sowie Kundenbetreuung nicht eine völlig untergeordnete Rolle spielten.
Die vorgelegten Unterlagen lassen darauf schließen, dass der Bf. nicht beinahe ausschließlich als Vertreter tätig war.
Da die Feststellungen der Beschwerdevorentscheidung als Vorhalt gelten, wäre es Sache des Abgabepflichtigen gewesen, sich im Vorlageantrag mit diesem Ermittlungsergebnis auseinander zu setzen und die daraus gewonnenen Feststellungen überzeugend zu widerlegen (VwGH, , 93/17/0110; , 85/17/0019).
Daher ist aufgrund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung des VwGH - für die Beschäftigung des Bf. im beschwerdegegenständlichen Zeitraum die Vertretertätigkeit und somit auch die Gewährung des Vertreterpauschales zu verneinen.
Somit ist spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil der vorliegende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung beurteilt wurde und das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100078.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at