Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten, Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes von Ungarn nach Österreich
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***1***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang und Sachverhalt
In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 beantragte der Beschwerdeführer (Bf) unter anderem die nunmehr strittigen Aufwendungen für Familienheimfahrten iHv € 3.672,00 und Doppelte Haushaltsführung iHv € 9.000,00 als Werbungskosten zu berücksichtigen. Weiters beantragte er die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales iHv € 372,00 und den Pendlereuro iHv € 10,00.
Das Finanzamt ersuchte den Bf um Vorlage folgender Unterlagen:
"- Mietvertrag, Mietenbelege u. dgl., Fahrtkostenbelege (Bus-,Bahn-,Flugkosten usw.) oder Fahrtenaufzeichnungen bei Benutzung des eigenen PKW's, Aufgliederung und belegmäßige Nachweise der beantragten Kosten.
- Bestätigung über den gemeinsamen Wohnsitz mit Ihrem Partner (Gatt(e)in, Lebensgefährten usw.)- Deutsche Übersetzung ist erforderlich.
- Bestätigung über Höhe der Einkünfte (Lohnbestätigung Ihre(s)r Partner(s)in für das Jahr 2021 mittels Formular E 9.
Erläuterung und Nachweis der beruflichen Veranlassung der doppelten Haushaltsführung bzw. Familienheimfahrten."
Zum beantragte Pendlerpauschale wurde der Bf ersucht, einen Ausdruck aus dem Pendlerrechner vorzulegen.
Der Bf teilte dem Finanzamt daraufhin mit, dass er in diesem Jahr jede Woche allein mit seinem eigenen PKW zwischen seinem Familienwohnsitz in Ungarn (Adresse: ***2***, Eigentumswohnung) und seinem Quartier am Arbeitsort in Österreich (Adresse bis zum : ***3***, ca. 70 m2 große Mietwohnung, danach: ***4***, ca. 100 m2 große Mietwohnung) hin und her gefahren sei. Der Familienwohnsitz in Ungarn liege von seinem Beschäftigungsort so weit entfernt (ca. 600 km), dass eine tägliche Rückkehr nicht möglich sei. Außerdem sei er jeden Arbeitstag zwischen seinem Quartier und seinem Einsatzort (Adresse: ***5***) gependelt. Sein Arbeitgeber habe die Fahrtkosten nicht vergütet. Weiters legte er die vom Finanzamt geforderten Unterlagen vor.
Das Finanzamt verweigerte im angefochtenen Bescheid die Berücksichtigung der beantragten Kosten für Familienheimfahrten und der Doppelten Haushaltsführung mit folgender Begründung:
"Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Ort des Familienwohnsitzes eine Erwerbstätigkeit ausübt und hierbei wesentliche Einkünfte (mehr als € 6000,- jährlich) erzielt. Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor, so können Kosten für Familienheimfahrten vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Als vorübergehend wird bei einem verheirateten Steuerpflichtigen ein Zeitraum von zwei Jahren angesehen. Laut Aktenlage haben Sie bereits seit einen Wohnsitz in Österreich. Die Einkünfte Ihrer Ehegattin betragen lediglich ca. € 2.650,-. Die Nichtzusammenführung IhrerFamilie liegt im eigenen Interesse bzw. wird durch eigenes Handeln begründet. Die beantragtenFamilienheimfahrten sowie Kosten bezüglich der doppelten Haushaltsführung stellen daher Kosten derprivaten Lebensführung gemäß § 20 EStG 1988 dar."
Zum nicht gewährten Pendlerpauschale verwies das Finanzamt darauf, trotz Aufforderung nicht alle Unterlagen erhalten zu haben und daher nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigt hätten werden können.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde führte der Bf aus, dass sie zusammen am Familienwohnsitz ein gemeinsames unterhaltberechtigtes Kind erziehen würden. Das Behalten des bisherigen Wohnsitzes sei auch damit begründet, dass der Verkauf ihres Eigenheims zu erheblichen Vermögenseinbußen führen und nicht die Kosten für ein neues Haus im Arbeitsort decken würde. Aus diesen Gründen sei die Beibehaltung des Wohnsitzes in Ungarn nicht privat veranlasst, die Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe seines Arbeitsortes sei nicht zumutbar. Deshalb könnten die Aufwendungen für die Familienheimfahrten und für die doppelte Haushaltsführung seines Erachtens als Werbungskosten anerkannt werden.
In einem weiteren Vorhalt ersuchte das Finanzamt den Bf, Unterlagen vorzulegen, die belegen würden, welcher Kaufpreis im Falle der Veräußerung der Liegenschaft des Bf in Ungarn erzielbar wäre und welche konkreten Vermögensnachteile durch einen Verkauf allenfalls entstehen würden.
Der BF legte diesbezüglich Unterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass der Wert der Immobilie im bewohnten Zustand 4.000.000,- HUF betragen würde.
Das Finanzamt wies das Begehren des Bf mit Beschwerdevorentscheidung ab und führte ergänzend zur Begründung im angefochtenen Bescheid aus:
"Eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Unter anderem ist eine Wohnsitzverlegung in die Nähe des Arbeitsortes dann unzumutbar, wenn dabei erhebliche finanzielle Nachteile entstehen würden.
Laut der vorgelegten notariellen Steuer- und Wertbescheinigung verfügen Sie in Ungarn über ein Grundstück mit 2233 m2, davon 100 m2 Baufläche, 3 Zimmern, 1 Badezimmer, 1 Vorzimmer und 1 Küche. Der Wert belaufe sich auf 4.000.000 HUF (~€ 9.300). Laut dem vorgelegten Mietvertrag verfügten Sie in der Nähe Ihres Arbeitsplatzes über eine Eigentumswohnung bestehend aus Vorraum, Küche, WC, Abstellraum, Wohn-Essraum, 2 Zimmer, Bad mit ca. 74 m2 und Balkon. Nach Ansicht der erkennenden Behörde verfügten Sie daher bereits über eine adäquate Wohnung in der Nähe zum Beschäftigungsort. Eine Anschaffung aus dem möglichen Verkaufserlös Ihres ungarischen Grundstücks war sohin nicht erforderlich. Trotz Aufforderung haben Sie auch nicht angegeben, welche konkreten Vermögensnachteile sonst durch den Verkauf entstanden wären. Unzumutbarkeit der Familienwohnsitzverlegung ist weiters gegeben, wenn minderjährige unterhaltsberechtigte Kinder im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz wohnen. Laut den uns vorliegenden Informationen war Ihr Kind bereits volljährig. Eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung lag sohin nicht vor."
In dem dagegen fristgerecht erhobenen Vorlageantrag führte der Bf ergänzend aus, dass für die Feststellung der doppelten Haushaltführung benötigt werde, einen Umstand nachzuweisen, mit dem der Umzug der ganzen Familien nach Österreich nicht zumutbar sei. Die Umstände müssten als Ganzes bewertet werden. Er habe eine Frau, die in Ungarn leben und arbeiten würde. Er habe eine Tochter, die in Ungarn zur Mittelschule gehe. Er könne seine Frau nicht in die Firmenwohnung in Österreich einziehen lassen, da das für externe Person nicht möglich sei. Für den Preis seiner Wohnung in Ungarn wäre es nicht möglich, eine Wohnung am Arbeitsplatz zu kaufen, und es wäre ein wirtschaftlicher Nachteil. Deshalb könnten die Aufwendungen für die Familienheimfahrten und für die doppelte Haushaltsführung seines Erachtens als Werbungskosten anerkannt werden. Er bitte darum, in seiner Angelegenheit als Härtefall angemessen zu verfahren und eine positive Entscheidung zu treffen.
Das Finanzamt legte die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht unter anderem aus, dass laut vorgelegtem Formular E9 die Einkünfte der Gattin HUF 1.013.060 (ca. € 2.500) betragen würden. Die Einkünfte des Beschwerdeführers hätten € 60.644,59 betragen. Die Einkünfte der Ehegattin hätten weniger als € 6.000 betragen und ca 4% der Einkünfte des Beschwerdeführers ausgemacht. Wirtschaftlich bedeutende Einkünfte der Ehegattin hätten nicht vorgelegen.
Das Kind des Bf sei am ***8***.2002 geboren und war 2021 bereits volljährig. Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung wegen der Erziehung minderjähriger Kinder lag nicht vor.
Der Beschwerdeführer sei seit 2013 bei der ***6*** GmbH beschäftigt. Ein auf 5 Jahre befristetes Dienstverhältnis liege nicht vor.
Laut Mietvertrag besteht die Wohnung in ***7***, aus Vorraum, Küche, WC, Abstellraum, Wohn-Essraum, 2 Zimmer, Bad mit ca. 74 m² und Balkon. Laut der vorgelegte Steuer- und Wertbescheinigung verfügt der Beschwerdeführer in Ungarn über ein Grundstück mit 2233 m², davon 100 m² Baufläche, 3 Zimmern, 1 Badezimmer, 1 Vorzimmer und 1 Küche (Wert im bewohnten Zustand, HUF 4.000.000).
Nach Ansicht des Finanzamtes verfügte der Beschwerdeführer bereits über eine adäquate Wohnmöglichkeit in der Nähe des Arbeitsortes. Die Anschaffung einer solchen aus dem möglichen Verkaufserlös war nicht erforderlich. Welche weiteren konkreten Vermögensnachteile durch den Verkauf des sich etwa 500km vom Arbeitsort entfernten Familienwohnsitzes entstanden wären, wurde nicht dargelegt. Folglich ging das Finanzamt von einer privat veranlassten doppelten Haushaltsführung aus. Hinsichtlich der Fahrten zwischen der Wohnung in der Nähe des Arbeitsortes und dem Arbeitsort wurde trotz Vorhalts kein Pendlerrechnerausdruck vorgelegt. Diese Kosten konnten nicht berücksichtigt werden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
Sachverhalt
Der Bf bewohnt in der Nähe seines Beschäftigungsortes in Österreich eine ca. 74m2 große Mietwohnung. Seinen Familienwohnsitz hat er in Ungarn und bewohnt dort eine ca. 100 m2 großen Eigentumswohnung, deren Wert bei ca. € 9.300 liegt. Aufgrund der großen Entfernung (ca. 600 km) zwischen Familienwohnsitz und Beschäftigungsort ist die tägliche Rückkehr an den Beschäftigungsort nicht zumutbar.
An seinem Familienwohnsitz in Ungarn wohnt weiters seine Ehegattin und seine im strittigen Jahr 2021 bereits volljährige Tochter, die dort die Mittelschule besucht. Die Ehegattin des Bf ist in Ungarn beruflich tätig und erzielte im strittigen Jahr 2021 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von ca. € 2.650,-. Der Bf bezog laut dem angefochtenen Bescheid ein zu versteuernde Einkommen iHv € 60.848,59 von seinem österreichischen Arbeitgeber, bei dem er seit dem Jahr 2013 beschäftigt ist. In Ungarn geht der Bf keiner Beschäftigung nach.
Strittig ist die Berücksichtigung der Kosten für die doppelte Haushaltsführung und von Familienheimfahrten iZm der Beurteilung, ob dem Bf die Verlegung des Familienwohnsitzes von Ungarn nach Österreich zumutbar ist.
Beweiswürdigung
Der festgestellte nicht weiter strittige Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen des Bf und den Feststellungen des Finanzamtes.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Die Rechtsprechung leitet den Abzug von Kosten der doppelten Haushaltsführung aus dem allgemeinen Werbungskosten- bzw Betriebsausgabenbegriff ab. Die Regelung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988 bewirkt lediglich eine betragsmäßige Begrenzung des Abzuges der Fahrtkosten für die (im Rahmen der doppelten Haushaltsführung anfallenden) Familienheimfahrten (siehe dazu Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG Kommentar, § 16, Tz 201/5).
Die Aufwendungen für Familienheimfahrten des Steuerpflichtigen vom Wohnsitz am Arbeitsplatz zum Familienwohnsitz sind dann Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen (siehe dazu Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG Kommentar, § 16, Tz 200/1 ff und zur Begrenzung der Höhe nach § 20 Tz 104/11 f).
Grundsätzlich sind die Aufwendungen für den zweiten Wohnsitz als Werbungskosten abzugsfähig, wenn der Steuerpflichtige neben seinem primären Wohnsitz (Familienwohnsitz) einen zweiten Wohnsitz am Ort der Erwerbstätigkeit unterhält und wenn der zweite Wohnsitz (Doppelwohnsitz) beruflich bedingt ist ().
Die Begründung und Beibehaltung eines eigenen Haushaltes im Bereich des Beschäftigungsortes bei gleichzeitiger Beibehaltung des primären Wohnsitzes (Familienwohnsitzes) ist als beruflich veranlasst anzusehen, wenn der Beschäftigungsort so weit vom primären Wohnsitz entfernt ist, dass dem Steuerpflichtigen eine tägliche Rückkehr nicht zumutbar ist und wenn dem Steuerpflichtige zudem auch die Verlegung des primären Wohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.
Gegenständlich liegt der Familienwohnsitz in Ungarn vom Wohnsitz am Beschäftigungsort mindestens 600 km entfernt. Eine tägliche Rückkehr vom Beschäftigungsort zum Familienwohnsitz ist damit nicht zumutbar.
Die Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist für jedes Veranlagungsjahr gesondert zu beurteilen, also grundsätzlich unabhängig von einer allenfalls im Vorjahr vorgelegenen Zumutbarkeit (; ; ; ).
Die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ist insbesondere in folgenden im gegenständlichen Fall relevanten Konstellationen unzumutbar:
- Der Steuerpflichtige ist an beiden Orten beruflich tätig oder der (die) Gatte(in) ist am Familienwohnsitz beruflich tätig (; );
- Es ist von vornherein mit Gewissheit anzunehmen, dass die auswärtige Tätigkeit mit bis zu vier bis fünf Jahren befristet ist ().
- Unzumutbarkeit, wenn im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder wohnen und eine (Mit)Übersiedlung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist (). Das gilt auch, wenn für die Kinder am neuen Beschäftigungsort eine entsprechende schulische Ausbildung nicht möglich ist ().
Die LStR 2002 führen in Rz 345 unter anderem als Fälle an:
- Der Verkauf des Einfamilienhauses bzw. der Wohnung am Familienwohnsitz würde aufgrund der Lage in einem strukturschwachen Gebiet zu erheblichen Vermögenseinbußen führen. Die Anschaffung einer adäquaten Wohnung am Beschäftigungsort wäre aus dem Erlös nicht möglich.
- Der Arbeitgeber stellt dem Steuerpflichtigen eine kostenlose bzw. verbilligte Wohnmöglichkeit, die aufgrund der Größe und Ausstattung nicht den Familienbedürfnissen entspricht, zur Verfügung.
Wie den Ausführungen des Finanzamtes zu entnehmen ist, war der Bf seit 2013 bei der ***6*** GmbH beschäftigt. Ein (auf 5 Jahre) befristetes Dienstverhältnis lag nicht vor. Auch der Bf hat diesbezüglich und darüber, dass er auch am Familienwohnsitz in Ungarn einer Beschäftigung nachgehen würde, nichts vorgebracht.
Die Gattin des Bf übte im strittigen Jahr am Familienwohnsitz in Ungarn zwar eine Beschäftigung aus, doch ist zu berücksichtigen, dass nicht schon durch jedwede Beschäftigung der Ehegatten am Familienwohnsitz die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar zu werten ist.
Sind beide Ehegatten an verschiedenen Orten berufstätig, dann ist eine doppelte Haushaltsführung anzuerkennen, wenn der Ehegatte am Familienwohnsitz über nennenswerte Einkünfte verfügt (). Die Verlegung des Familienwohnsitzes ist aber dann nicht unzumutbar, wenn nach den Umständen des Einzelfalles der Beitrag des (Ehe-) Partners im Verhältnis zum Einkommen des Steuerpflichtigen vernachlässigbar ist (, der Beitrag lag hier bei deutlich unter einem Zehntel der Einkünfte des Steuerpflichtigen).
Die LStR 2002 stellen in Rz 344 darauf ab, ob der Ehegatte (im Falle der eheähnlichen Gemeinschaft der Partner) der Steuerpflichtige am Familienwohnsitz steuerlich relevante, ortsgebundene Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 aus einer aktiven Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als 6.000 € jährlich erzielt (Hinweis auf ; ) oder die Einkünfte in Bezug auf das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind (). Betragen die Einkünfte des (Ehe)Partners oder des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz höchstens 6.000 €, machen sie jedoch mehr als ein Zehntel der Einkünfte des Steuerpflichtigen aus, billigen die LStR 2002 in Rz 344 den Einkünften des (Ehe-)Partners eine wirtschaftliche Bedeutung zu, welche die Unzumutbarkeit eines Wechsels des Familienwohnsitzes bewirkt.
Wie dem vom Bf vorgelegten und offensichtlich von einer ungarischen Behörde bestätigte Formular E9 zu entnehmen ist, erzielte die Ehegattin des Bf am Familienwohnsitz in Ungarn Einkünfte iHv 1.013.060 HUF, die im Ansässigkeitsstaat (Ungarn) der Besteuerung unterliegen. Nach den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen des Finanzamtes in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung ergibt sich umgerechnet ein Betrag von ca. € 2.650,-. Laut dem angefochtenen Bescheid beträgt das zu versteuernde Einkommen des Bf in Österreich € 60.644,59. Die Ehegattin des Bf erzielte demnach weder ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von mindestens € 6.000,- noch betrug das zu versteuernde Einkommen der Ehegattin ein Zehntel des Bf (2.650 € sind 4,37 % von 60.644,59 €). Bei diesem Verhältnis kann nicht von nennenswerten, deutlich relevanten, wesentlichen Einkünften der Ehegattin des Bf am Familienwohnsitz gesprochen werden.
Als weiteren Grund für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes macht der Bf die im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz in Ungarn lebende unterhaltsberechtigte Tochter geltend. Er habe eine Tochter, die in Ungarn zur Mittelschule gehen würde. Das Finanzamt hat dem jedoch entgegengehalten, dass die Tochter des Bf am ***8***.2002 geboren wurde und im Jahr 2021 bereits volljährig war und damit eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung wegen der Erziehung minderjähriger Kinder nicht vorgelegen sei.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Unterhaltsverpflichtung für Kinder als alleiniges Kriterium für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nicht ausreicht, da davon auszugehen ist, dass der Unterhalt am Beschäftigungsort genauso gut bewerkstelligt werden kann, als an dem so weit entfernten Familienwohnsitz, zu dem die tägliche Hin und Rückreise nicht zumutbar ist. Im Fall des Bf beträgt die Entfernung zwischen dem Beschäftigungsort in Österreich und dem Familienwohnsitz in Ungarn laut Google-Maps 600 km mit einer Reisezeit vom 6 Stunden 26 Minuten oder 634 km mit einer Reisezeit von 6 Stunden 12 Minuten. Angesichts dieser großen Entfernung bestehen berechtigte für das gegenständliche Verfahren jedoch nicht relevante Zweifel an den Angaben des Bf, diese Strecke wöchentlich hin und retour mit seinem Pkw zurückgelegt zu haben.
Der Bf kann aufgrund seines Einkommens in Höhe von € 60.650,00 auch nicht behaupten, die Mitübersiedlung seiner Familie einschließlich seiner die Mittelschule besuchenden volljährigen Tochter nach Österreich aus wirtschaftlichen Gründen nicht bewerkstelligen zu können. Es ist davon auszugehen, dass bei volljährigen Kindern grundsätzlich keine Ortsgebundenheit des haushaltsführenden Elternteils mehr besteht (; ; LStR 345).
Bezüglich des Vorbringens des Bf, für den Verkaufspreis seiner Wohnung in Ungarn iHv 4.000.000 HUF (ca. 9.300 €) wäre es nicht möglich, eine Wohnung an seinem Beschäftigungsort zu kaufen und es wäre ein wirtschaftlicher Nachteil, die Wohnung in Ungarn zu verkaufen, ist darauf hinzuweisen, dass ein Verkauf der Wohnmöglichkeit in Ungarn aus wirtschaftlichen Gründen nicht erforderlich erscheint, da aus dem vorgelegten Mietvertrag für die im strittigen Zeitraum am Beschäftigungsort angemietete Wohnung ein Hauptmietzins iHv € 550,04 monatlich zuzüglich Betriebs- und Heizkosten zu ersehen ist. Die 74 m2 große Wohnung (Maisonettenwohnung) befindet sich im 1. OG und besteht aus Vorraum, Küche, WC, Abstellraum, Wohn-Essraum, zwei Zimmern, Bad und Balkon. Damit entfällt die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes von Ungarn nach Österreich wegen fehlender geeigneter Wohnbedürfnisse seiner Familie, da auf Grund der Größe und Ausstattung der im strittigen Jahr am Beschäftigungsort angemieteten Wohnung davon ausgegangen werden kann, dass den Wohnbedürfnissen des Bf mit seiner Familie am Beschäftigungsort durchaus Rechnung getragen wird und eine derartige Wohnung imstande ist als Mittelpunkt der Lebensinteressen und damit als Familienwohnsitz zu dienen.
Wenn der Bf vorbringt, er könne seine Frau nicht in die Firmenwohnung in Österreich einziehen lassen, da das für externe Personen nicht möglich sei, ist dem entgegenzuhalten, dass laut Mietvertrag als Vermieterin eine Frau ***9*** und nicht sein Arbeitgeber aufscheint. Weiters ist dem Mietvertrag darüber, dass seine Familie nicht in dieser Wohnung wohnen darf, nichts zu entnehmen ist.
Auch die Betrachtung der vom Bf vorgebrachten Gründe für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes von Ungarn nach Österreich als Ganzes lässt eine für den Bf günstigere Beurteilung nicht zu, da sowohl das Finanzamt als auch das Bundesfinanzgericht an die geltenden Gesetze und der sich daraus ergebenden Rechtsprechung gebunden ist. Ein Härtefall kann im gegenständlichen Fall nicht erblickt werden.
Bezüglich des beantragten Pendlerpauschales iHv € 372,00 und des Pendlereuros iHv € 10,00 wird darauf hingewiesen, dass trotz Vorhalt des Finanzamtes die Voraussetzungen nicht nachgewiesen wurden und der Bf im Vorlageantrag sein diesbezügliches Vorbringen nicht weiter aufrechterhalten hat.
Das Finanzamt hat daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu Recht aus den vorgenannten Gründen die Berücksichtigung der begehrten Aufwendungen verweigert.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war unter Hinweis auf die zitierte eindeutige und einheitliche Rechtsprechung die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100822.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at