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Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 03.08.2023, RS/6100005/2023

Keine Säumnis der Abgabenbehörde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ehemals: Adr., betreffend Säumnisbeschwerde vom wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Österreich (vormals: Finanzamt Salzburg - Land) betreffend den Antrag vom zur Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 284 Abs. 7 lit. b iVm § 260 Abs. 1 lit. a Bundesabgabenordnung (BAO) als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Begründung

Mit Anbringen vom stellte die Beschwerdeführerin (kurz. Bf.) an das Finanzamt den Antrag, die von A überwiesene Umsatzsteuer in der Höhe von EUR 133.194,60 samt Zinsen auf dessen persönliches Abgabenkonto zu überweisen. Als Begründung wurde angeführt, dass die Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 nicht rechtswirksam zugestellt worden seien.

Das Finanzamt wertete diesen Rückzahlungsantrag als Antrag auf Abrechnung gemäß § 216 BAO und erließ am einen Abrechnungsbescheid mit folgendem Spruch:

"Auf Grund Ihres Antrages vom wird gemäß § 216 BAO entschieden:
1.) Der Antrag betreffend Erlassung eines Abrechnungsbescheides für die Verbuchung der Zahllasten aus den Umsatzsteuerbescheiden für 2006 und 2007 ( und ) wird als verspätet zurückgewiesen.
2.) Die Überrechnung des Guthabens iHv EUR 133.194,60 vom persönlichen Abgabenkonto des Antragstellers, lautend auf A, StNr. xxx/yyyy, auf das Abgabenkonto der OEG, StNr. ***BF1StNr1*** am bzw. erfolgte aufgrund eines Antrages von A bzw. der damaligen steuerlichen Vertretung Stb und daher rechtmäßig.
3.) Die Verrechnung des Betrages von EUR 133.194,60 erfolgte am mit dem Rückstand am Abgabenkonto der OEG, StNr. ***BF1StNr1*** in gleicher Höhe und ist richtig und rechtmäßig, da die Verbuchung der Gebarung hinsichtlich des entstandenen Rückstandes ebenfalls richtig erfolgte."

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerdeverfahren erließ das Bundesfinanzgericht das Erkenntnis vom (), welches vom Verwaltungsgerichtshof teilweise aufgehoben wurde (). Im fortgesetzten Verfahren wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde mit Erkenntnis vom ab (). Die dagegen erhobene Revision wies der Verwaltungsgerichtshof zurück (). Auf die zitierten Erkenntnisse des BFG wird verwiesen.

In der nunmehr eingebrachten Säumnisbeschwerde vom legt die Bf. dar, ihr Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides habe auf die Beantwortung der Frage abgezielt, ob die aus den Umsatzsteuerbescheiden resultierende Verbuchung deshalb rechtswidrig war, weil die Umsatzsteuerbescheide nicht wirksam erlassen wurden. Die Bf. vertritt in der Säumnisbeschwerde die Auffassung, dass genau darüber noch nicht abgesprochen worden sei.

Ein Antrag auf Abrechnungsbescheid unterliege der Entscheidungspflicht. Mit einem Abrechnungsbescheid könne laut höchstgerichtlicher Rechtsprechung () auch die strittige Frage beantwortet werden, ob die aus einem Abgabenbescheid resultierende Verbuchung deshalb rechtswidrig sei, weil der Abgabenbescheid etwa gar nicht wirksam erlassen wurde. Mit diesem Abspruch sei die Behörde säumig.

Mit Beschluss vom trug das Bundesfinanzgericht dem Finanzamt auf, über den Antrag binnen drei Monaten zu entscheiden oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.

In seiner Stellungnahme vom wies das Finanzamt auf die Berufungsentscheidung des betreffend die Umsatzsteuer 2006 und 2007 hin. Darin sei (auch) über die Zustellung der Umsatzsteuerbescheide abgesprochen worden und diese Entscheidung vom Verwaltungsgerichtshof mit dem Beschluss über die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde bestätigt worden (). Eine Säumigkeit des Finanzamtes liege nicht vor, weil die nunmehr bemängelten Punkte bereits ausführlich behandelt und darüber rechtskräftig entschieden worden sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 284 Abs 1 BAO kann die Partei wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.

Das Verwaltungsgericht hat der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen (Abs 2 leg.cit.).

Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt (Abs 3 leg.cit.).

Säumnisbeschwerden sind mit Erkenntnis abzuweisen, wenn die Verspätung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde zurückzuführen ist (Abs 4 leg.cit.).

Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Die Richtigkeit einer Abgabenfestsetzung kann nicht im Wege eines Abrechnungsbescheides bekämpft werden; mit einem Abrechnungsbescheid kann in diesem Zusammenhang etwa die strittige Frage beantwortet werden, ob die aus einem Abgabenbescheid resultierende Verbuchung deshalb rechtswidrig war, weil der Abgabenbescheid etwa (z.B. im Rechtsmittelweg) wieder aufgehoben wurde und keine Gutschrift verbucht wurde (vgl. ) oder der Abgabenbescheid gar nicht wirksam erlassen wurde (; , 2008/15/0266; , Ra 2016/16/0032).

Über dieselbe Abgabenschuldigkeit und über denselben Zeitraum sowie über die fraglichen Tilgungsvorgänge darf nicht wiederholt ein Abrechnungsbescheid ausgestellt und damit mehrmals über dieselbe Frage entschieden werden. Über einen bestimmten Zeitraum und die in diesen Zeitraum fallenden Tilgungstatbestände darf daher nur einmal ein Abrechnungsbescheid erlassen werden (Stoll, BAO, 2316; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 216, 640).

Säumigkeit bzw. unerledigter Antrag

Als Voraussetzung zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde gilt gemäß § 284 Abs. 1 BAO, dass die Behörde nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen eines Anbringens (§ 85 BAO) oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung einer amtswegigen Erledigung in Bescheidform entschieden hat. Das Anbringen, auf das sich die Bf. in der Säumnisbeschwerde bezieht, datiert vom und wurde mittels rechtskräftigem Abrechnungsbescheid vom erledigt. Der Spruch dieses Bescheides wurde bereits vorstehend wörtlich wiedergegeben.

Das Finanzamt weist in seiner Stellungnahme vom zutreffend darauf hin, dass über die Zustellung der Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 bereits im Berufungsverfahren vor dem UFS rechtskräftig abgesprochen wurde ( und ).

Aber auch im Abrechnungsbescheid vom , mit dem das Anbringen vom rechtskräftig erledigt wurde, sprach das Finanzamt implizit über die Zustellung der Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 ab (Spruchpunkt 3 des Bescheides: "…da die Verbuchung der Gebarung hinsichtlich des entstandenen Rückstandes ebenfalls richtig erfolgte.)". Laut Spruchpunkt 1 des Bescheides ist darüber hinaus ein Abrechnungsbescheid über die Verbuchung der Zahllasten aus den Umsatzsteuerbescheiden 2006 und 2007 wegen des Ablaufes der Fünfjahresfrist des § 216 BAO nicht zulässig. Insoweit hatte das Finanzamt keine Berechtigung, über die Verbuchung dieser Umsatzsteuerzahllasten und die Zustellung der zugrundeliegenden Bescheide abzusprechen.

Schließlich stellte die Bf. mit Schriftsatz vom einen neuerlichen Rückzahlungsantrag, worüber der Senat des Bundesfinanzgerichts im Verfahren zu RV/6100007/2023 zu entscheiden hatte. Auch in diesem Verfahren erhob die Bf. den Vorwurf, dass über die Frage der Zustellung der Umsatzsteuerbescheide nicht abgesprochen wurde. Mit Erkenntnis vom bestätigte das Bundesfinanzgericht die Zurückweisung des neuerlichen Rückzahlungsantrages wegen entschiedener Sache. Auch in diesem Verfahren gelangte der Senat zur Überzeugung, dass über den Antrag der Bf. vom abschließend und rechtskräftig entschieden wurde (siehe ).

Eine Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes liegt daher nicht vor. Somit ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen (siehe Ritz/Koran, BAO7 § 284 Tz 12).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision nicht zulässig. Das Bundesfinanzgericht folgt darin den Leitlinien der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 284 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise









ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RS.6100005.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at