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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.08.2023, RV/6100528/2020

Steuerpflichtiger Sachbezug aufgrund der Zurverfügungstellung einer Naturalwohnung

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0107. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Albert Salzmann in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl & Partner, Rechtsanwälte, Petersbrunnstraße 13, 5020 Salzburg, über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich; St.Nr.: ***BF1StNr1***) betreffend
- Einkommensteuer 2013 vom ,
- Einkommensteuer 2014 vom und
- Einkommensteuer 2015 vom
zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom hat das Finanzamt (FA) die jeweiligen Verfahren betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 gem § 303 Abs 1 BAO wiederaufgenommen und neue Sachbescheide erlassen. Am gleichen Tag wurde ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2014 erlassen.

Mit Bescheiden vom hat das FA das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2013 gem § 303 Abs 1 BAO wiederaufgenommen und einen neuen Sachbescheid erlassen. Am gleichen Tag wurde ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2013 erlassen.

Mit Schriftsätzen vom und hat die beschwerdeführende Partei (bP) gegen die og Einkommensteuerbescheide 2013, 2014 und 2015 Beschwerde erhoben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das FA die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 als unbegründet abgewiesen. Im Begründungsteil dieser Beschwerdevorentscheidungen wurden darüber hinaus nicht näher bestimmbare Beschwerden gegen die Festsetzungsbescheide betreffend Anspruchszinsen für 2014 und 2015 als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das FA die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 als unbegründet abgewiesen und dabei auf die gesonderte Begründung vom (Verf 67; "Bescheidbegründung") verwiesen.

Mit Schriftsatz des steuerlichen Vertreters vom hat die bP die Entscheidung über die Beschwerden durch das BFG beantragt (Vorlageantrag) und folgende Bescheide angeführt:
- Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2013, 2014 und 2015,
- Einkommensteuerbescheide 2013, 2014 und 2015,
- Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2013, 2014 und 2015 und
- Beschwerdevorentscheidungen über die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide
2013, 2014 und 2015 betreffend ESt-Bescheide 2013, 2014 und 2014.

Mit Bescheid vom hat das FA nicht näher bestimmbare "Eingaben" der bP gegen Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2013 (vom ) und von Anspruchszinsen für die Jahre 2014 und 2015 (jeweils vom ) zurückgewiesen.

Mit Vorlagebericht vom hat das FA die Beschwerden vom und dem BFG elektronisch zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schriftsatz des steuerlichen Vertreters vom hat die bP die Beschwerden gegen die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2013, 2014 und 2015 zurückgenommen.

Mit Schriftsatz des steuerlichen Vertreters vom hat die bP den Vorlageantrag betreffend die Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2013, 2014 und 2015 zurückgenommen.

Mit Beschluss vom hat das BFG die Beschwerdeverfahren betreffend
- Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2013, 2014 und 2015 und
- Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2013, 2014
und 2015
als gegenstandslos erklärt.

Mit Beschluss vom hat das BFG die Entscheidung in der gegenständlichen Beschwerdesache, insoweit sich diese gegen die Einkommensteuerbescheide 2013, 2014 und 2015 richtet, gemäß § 271 Abs 1 BAO bis zur Beendigung des vor dem VwGH zur GZ Ra 2021/15/0034 anhängigen Verfahrens ausgesetzt.

Mit hat der VwGH die ao Revision der Partei zurückgewiesen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Die bP ist Dienstnehmerin des BMLV im Ruhestand und erhält als solcher seit 1999 Pensionsbezüge. Weiter stellte das BMLV im Streitzeitraum der bP eine Naturalwohnung zur Verfügung, für die von der bP Vergütungen gem § 24a Gehaltsgesetz 1956 und Betriebskosten an die Eigentümerin zu leisten waren.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten, insbesondere aus den Beschwerdeschriftsätzen vom und , den Beschwerdevorentscheidungen vom und , dem Vorlageantrag vom , sowie dem Vorlagebericht vom und ist zwischen den Verfahrensparteien unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Rechtsgrundlagen

§ 15 EStG 1988 lautet:
(1) Einnahmen liegen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 4 bis 7 zufließen. Die Veräußerung von Wirtschaftsgütern führt nur dann zu Einnahmen, wenn dies ausdrücklich angeordnet ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs 3 anzuwenden.
(2) 1. Geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) sind mit den um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreisen des Abgabeortes anzusetzen.
2. …."

§ 25 Abs 1 EStG 1988 lautet:
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:
1 a) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Dazu zählen
auch Pensionszusagen, wenn sie ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten
Arbeitslohns oder der Lohnerhöhungen, auf die jeweils ein Anspruch besteht, gewährt
werden, ausgenommen eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6
sieht dies vor.
…."

§ 2 Abs 1 SachbezugswerteVO lautet:
"Stellt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Wohnraum kostenlos oder verbilligt zur Verfügung, ist als monatlicher Quadratmeterwert der jeweils am 31. Oktober des Vorjahres geltende Richtwert gemäß § 5 des Richtwertgesetzes, BGBl Nr 800/1993, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 50/2008, bezogen auf das Wohnflächenausmaß gemäß Abs 5 anzusetzen. Kostenbeiträge des Arbeitnehmers vermindern den Sachbezugswert."

Gem Art 1, Z 5, lit c Richtwertegesetz beträgt der Wohn- und Mieten-Richtwert in Salzburg für 2013 und 2014 € 7,12 pro m² und für 2015 € 7,45 pro m².

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Einleitend wird festgehalten, dass ausschließlich die Einkommensteuerbescheide 2013, 2014 und 2015 Sache des gegenständlichen Verfahrens sind. Soweit sich die Beschwerde (auch) gegen Bescheide über die Wiederaufnahme von Verfahren betreffend Einkommensteuer und Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen richtet, wurden über diese bereits mit entschieden.

Strittig ist die Rechtsfrage, ob die vom Dienstgeber vergünstigt zur Verfügung gestellte Wohnung einen geldwerten Vorteil aus dem (ehemaligen) Dienstverhältnis iSd § 15 Abs 2 EStG 1988 darstellt, oder - wie von der bP vertreten - eine steuerfreie Sachleistung auf Grundlage des Beamten-Dienstrechtsgesetzes iVm dem Gehaltsgesetz vorliegt.

Da nach Ansicht der bP zu dieser Rechtsfrage ein Beschwerdeverfahren des Dienstgebers BMLV beim (damaligen) Finanzamt Wien 1/23 sei, regte diese die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung dieses Verfahrens an. Eine nähere Bezeichnung des Verfahrens erfolgte nicht.

Die bP bezieht sich mit dieser Umschreibung offenbar auf das Verfahren RV/7103469/2020. Dazu hat das BFG am entschieden, dass die angefochtenen Bescheide (ua Haftungs-bescheide betreffend Lohnsteuer) ersatzlos aufgehoben werden, weil in diesem Verfahren keine Wiederaufnahmegründe vorlägen bzw jedenfalls eine Wiederaufnahme im Rahmen der Ermessensübung unterbleiben hätte müssen. Über die materiellen Feststellungen der Abgabenbehörde wurde im og Erkenntnis des BFG nicht abgesprochen. Sohin kann aus diesem Erkenntnis für den gegenständlichen Beschwerdefall nichts gewonnen werden.

Im Verfahren Ra 2021/15/0034, bis zu dessen Beendigung die Entscheidung im vorliegenden Beschwerdeverfahren gem § 271 BAO ausgesetzt wurde, hat der VwGH die Revision mit Beschluss vom zurückgewiesen, ohne dabei auf die inhaltlichen Beschwerdepunkte einzugehen.

Zwischenzeitlich hat das BFG in gleichgelagerten Fällen entschieden (siehe insbesondere ; , RV/7103404/2020; , RV/6100507/2020; , RV/6100376/2020; , RV/5100184/2021; , RV/7103175/2020; RV/5100609/2021; , RV/2100272/2022; , RV/2100759,2021; , RV/61000567/2020; , RV/5100052/2023; , RV/7100097/2023; siehe dazu auch SWK-Heft 29 vom , Seite 1155 f). Ein Zuwarten erscheint daher nicht (mehr) zweckmäßig.

Wie in den og BFG-Entscheidungen ausgeführt wird, ist das Vorliegen eines steuerpflichtigen Sachbezuges nicht nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz oder dem Gehaltsgesetz zu beurteilen, sondern ausschließlich auf Grundlage des Einkommensteuergesetzes. Das BFG stellt in den og Entscheidungen zu gleichgelagerten Sachverhalten mehrmals fest, dass durch die verbilligte Zurverfügungstellung von Wohnraum zur privaten Nutzung ein Zufluss von Sachbezügen (im Rahmen der nichtselbständigen Einkünfte) vorliegt. Eine gegen das BFG-Erkenntnis vom , RV/5100184/2021, erhobene Revision wies der , als unzulässig zurück.

§ 15 Abs 2 EStG 1988 normiert, dass die Zurverfügungstellung einer vergünstigten Wohnung einen geldwerten Vorteil aus dem Dienstverhältnis darstellt. Im Ausmaß, in dem der Sachbezugswert laut SachbezugsVO iVm dem RichtwerteG höher ist, als die von der bP selbst zu tragenden Kosten (Betriebskosten und Vergütungen), stellt der Differenzbetrag steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar.

Wie dem Vorlagebericht vom zu entnehmen ist, hat das FA die Höhe des Sachbezuges gem § 2 der SachbezugswerteVO durch Gegenüberstellung von Richt- und Vergleichswert den Ausgangswert für die Sachbezugsberechnung ermittelt und von diesem die von der bP an den Dienstgeber bezahlte Grundvergütung (Miete = Vergütungen gem § 24a Gehaltsgesetz) in Abzug gebracht. Die Betriebskosten wurden in tatsächlicher Höhe vorgeschrieben und von der bP beglichen.

Im Streitzeitraum wurde der zu versteuernde Sachbezug wie folgt berechnet (siehe dazu Jakom, EStG-Kommentar, 15. Auflage, § 15, Rz 14):
2013 bezahlte die bP für die gegenständliche Wohnung (Wohnnutzfläche = 112,02 m²) eine monatliche Miete iHv € 383,45 und Betriebskosten iHv 283,29 (= gesamt € 667,80).
Der Richtwert für 2013 beträgt € 598,19 (= Nutzfläche x Salzburger Richtwert iHv € 7,12 x 75%), der Vergleichswert beträgt € 500,85 (75 % von der Miete mit BK). Für die Berechnung des Sachbezuges ist daher der höhere Richtwert von € 598,19 anzusetzen. Der monatliche Sachbezug beträgt € 214,74 (Richtwert abzüglich bezahlter Miete).
Der Sachbezug für 2013 beträgt € 2.576,84 (= 12 x € 214,74).

2014 bezahlte die bP für die gegenständliche Wohnung eine monatliche Miete iHv € 385,35 und Betriebskosten iHv 283,29 (= gesamt € 668,64).
Der Richtwert für 2014 beträgt € 598,19 (= Nutzfläche x Salzburger Richtwert iHv € 7,12 x 75%), der Vergleichswert beträgt € 501,48 (75 % von der Miete mit BK). Für die Berechnung des Sachbezuges ist daher der höhere Richtwert von € 598,19 anzusetzen. Der monatliche Sachbezug beträgt € 212,84 (Richtwert abzüglich bezahlter Miete).
Der Sachbezug für 2014 beträgt € 2.554,04 (= 12 x 212,84).

2015 bezahlte die bP für die gegenständliche Wohnung eine monatliche Miete iHv € 396,75 und Betriebskosten iHv 310,16 (= gesamt € 706,91).
Der Richtwert für 2015 beträgt € 625,91 (= Nutzfläche x Salzburger Richtwert iHv € 7,45 x 75%), der Vergleichswert beträgt € 530,18 (75 % von der Miete mit BK). Für die Berechnung des Sachbezuges ist daher der höhere Richtwert von € 625,91 anzusetzen. Der monatliche Sachbezug beträgt € 229,16 (Richtwert abzüglich bezahlter Miete).
Der Sachbezug für 2015 beträgt € 2.749,94 (= 12 x 229,16).

Die og Sachbezugswerte stellen geldwerte Vorteile für die verbilligte Nutzung der vom (ehemaligen) Dienstgeber zur Verfügung gestellten Wohnung dar und unterliegt gem § 15 Abs 2 iVm § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 der Einkommensteuer.

Da die Wohnung schon deshalb nicht im ausschließlichen Interesse des Dienstgebers genutzt wurde, weil die bP sich im Streitzeitraum bereits mehrere Jahre im Ruhestand befunden hat, liegt auch keine Ausnahme von der grundsätzlichen Steuerpflicht für durch den Dienstgeber verbilligt zur Verfügung gestellten Wohnraum vor.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind und darüber hinaus die vorliegende Entscheidung von der bestehenden und einhelligen Rechtsprechung des VwGH nicht abweicht, liegt kein Grund vor, eine (ordentliche) Revision zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100528.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at