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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 20.09.2023, RV/2100195/2023

Verspäteter Vorlageantrag

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe für 9/2022, SVNR ***1***, beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 278 Abs. 1 lit. a BAO und § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO als verspätet zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Zum Sachverhalt laut Vorlagebericht:

Am stellte die Beschwerdeführerin (Bf.) einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihre Tochter wegen Studium und legte eine Studienbestätigung der Universität ***2*** betreffend das Wintersemester 2021 vor.

Mit ihrer Antwort vom auf das Anspruchsüberprüfungsschreiben vom legte die Bf. bezüglich ihrer Tochter zwei Studienerfolgsnachweise vor.
Mit Rückforderungsbescheid vom wurde die Familienbeihilfe für die Tochter der Bf. betreffend den Monat September 2022 zurückgefordert, da sich die Tochter nicht in einer Berufsausbildung befunden habe.
Gegen den Rückforderungsbescheid richtet sich die Beschwerde vom , welche von der Bf. damit begründet wurde, dass ihre Tochter mit September 2022 lediglich die Universität gewechselt habe und weiterhin studiere. Ein Studienblatt der ***6*** ***3*** für das Wintersemester 2022 vom wurde vorgelegt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da sich die Tochter mit vom Studium in ***4*** abgemeldet habe und das neue Studium in ***2*** erst im Oktober 2022 begonnen habe. Die Beschwerdevorentscheidung wurde der Bf. nachweislich am zugestellt.

Der Vorlageantrag der Bf. vom mit umfangreichen weiteren Unterlagen zur Stützung ihres Vorbringens langte am beim Bundesfinanzgericht (BFG) ein und wurde nach § 249 Abs. 1 BAO iVm § 264 Abs. 4 lit b BAO an das Finanzamt weitergeleitet, welches einen Vorlagebericht erstellte und die Zurückweisung des Vorlageantrages wegen verspäteter Einbringung beantragte.

Sachverhalt soweit für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages relevant:

Mit Rückforderungsbescheid vom wurde die Familienbeihilfe für die Tochter der Bf. betreffend den Monat September 2022 zurückgefordert.
Die dagegen eingebrachte Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde der Bf. nachweislich am zugestellt (Übernahmebestätigung des RSb-Briefes liegt vor).

Der Vorlageantrag ist mit datiert und am beim BFG eingelangt.

Rechtslage / Erwägungen:

Gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 Bundesabgabenordnung (BAO) kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).
Gemäß
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO ist § 260 Abs. 1 BAO für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 249 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde bei der Abgabenbehörde einzubringen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. …
Wird eine Bescheidbeschwerde
innerhalb der Frist gemäß § 245 beim Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; das Verwaltungsgericht hat die bei ihr eingebrachte Bescheidbeschwerde unverzüglich an die Abgabenbehörde weiterzuleiten.

§ 245 BAO und § 249 BAO gelten gemäß § 264 Abs. 4 BAO auch für Vorlageanträge.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Die Zurückweisung nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt gemäß
§ 264 Abs. 5 BAO dem Verwaltungsgericht.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht.

Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Gemäß § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Erledigungen werden gemäß § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Die Bf. hat die Beschwerdevorentscheidung nachweislich am übernommen und hätte der Vorlageantrag spätestens mit (einem Freitag) eingebracht werden müssen, wobei die Postaufgabe gereicht hätte.
Tatsächlich ist der Vorlageantrag mit datiert und beim Bundesfinanzgericht am eingelangt.
Die Bf. ist den Ausführungen zur Verspätung im Vorlagebericht nicht entgegengetreten. Dem Vorlagebericht, welcher der Bf. zuzustellen ist (§ 265 Abs. 4 BAO), kommt Vorhaltscharakter zu (vgl. ; ).

Eine Postaufgabe bzw. Einbringung vor der Datierung des Schreibens ist nicht wahrscheinlich bzw. nicht ersichtlich, ebenso liegt kein Fristverlängerungsantrag vor.
Da der Vorlageantrag demnach außerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat eingebracht wurde, ist dieser nach den gesetzlichen Bestimmungen als verspätet zurückzuweisen.

Das BFG hat diesbezüglich keinerlei Ermessen, bzw. kann eine inhaltliche Prüfung des Beschwerdevorbringens, wonach es zu keinem Studienabbruch im August 2022 kam, sondern lediglich zu einem zeitlich nahtlosen Wechsel der Studieneinrichtung (von der ***6*** ***4*** an die ***7*** ***3***, gleiches Studium ***5***) nicht erfolgen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Das BFG sieht sich zu folgendem Hinweis veranlasst:

Gemäß § 299 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;
b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.

Gemäß § 302 Abs. 1 BAO sind Aufhebungen nach § 299 BAO bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des Bescheides (§ 97) zulässig (der Rückforderungsbescheid ist mit datiert, entscheidend ist das Zustellungsdatum).

Weiters kann gemäß § 26 Abs. 4 FLAG 1967 die Oberbehörde, (das ist derzeit die für die Vollziehung des FLAG 1967 zuständige Bundesministerin im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab), in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre. Hierbei handelt es sich nach den Durchführungsrichtlinien (zitiert nach Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. Auflage, § 26 Rz 73) um eine Maßnahme der Dienstaufsicht.

Das FLAG 1967 räumt der jeweiligen Partei des Verwaltungsverfahrens aber keinen Anspruch auf Ausübung des im § 26 Abs. 4 FLAG 1967 genannten Aufsichtsrechtes ein (vgl. ; ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage, ob ein Rechtsmittel rechtzeitig erhoben wurde, ist eine Sachverhaltsfrage, die nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu lösen ist.
Sachverhaltsfragen sind einer Revision nicht zugänglich.
Die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels und die Rechtsfolgen bei Versäumung dieser Frist ergeben sich unmittelbar aus den gesetzlichen Bestimmungen, daher liegt auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 Satz 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100195.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at