Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.09.2023, RV/7100082/2020

Höhe der Pendlerpauschale, wenn im Kalendermonat für ein Dienstverhältnis das volle und für ein anderes Dienstverhältnis das aliquote Pendlerpauschale zusteht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erzielte im beschwerdegegenständlichen Jahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus zwei Dienstverhältnissen. In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2017 beantragte sie u.a. ein Pendlerpauschale von 2.321,00 Euro und ein Pendlereuro von 108,00 Euro.

Im Einkommensteuerbescheid 2017 vom wurde lediglich ein kleines Pendlerpauschale für 54 km berücksichtigt und somit 1.356,00 Euro sowie ein Pendlereuro von 108,00 Euro als Werbungskosten in Abzug gebracht.

Mit Vorhalt vom wurde die Bf. hinsichtlich Pendlerpauschale und Pendlereuro aufgefordert, je Arbeitgeber einen Ausdruck aus dem Pendlerrechne r sowie zusätzlich zum Ausdruck eine genaue Berechnung beizulegen.

Mit Schreiben vom gab die Bf. dazu an, dass sich die Verhältnisse genauso wie 2015 und 2016 darstellen, sie jedoch anstatt nach A. nunmehr dreimal pro Woche nach B. fahre und bis 24 Uhr Dienst versehe. Sie wisse nicht, was ihr genau zustehe, aber sicher nicht nur 1.356 Euro. Beigelegt wurde u.a. jeweils ein Ausdruck aus dem Pendlerrechner zu beiden Dienstverhältnissen (mit Abfragetag ), danach wurden die Fahrten zum ersten Arbeitgeber in Wien als zumutbar beurteilt. Nach dem Pendlerrechnerausdruck zu den Fahrten nach B. (zweiter Arbeitgeber) betrage die Pendlerpauschale für 8 bis 10 Dienste (Arbeitsbeginn 14:00 Uhr, Arbeitsende 0:00 Uhr) im Monat 2.448,00 Euro jährlich/ 204,00 Euro monatlich und der Pendlereuro 86,67 Euro jährlich/ 7,22 Euro monatlich. Die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln sei auf überwiegenden Strecke nicht möglich oder nicht zumutbar. Die Entfernung zwischen Wohnung und erster Arbeitsstätte beträgt 53 km bzw. zwischen Wohnung und zweiter Arbeitsstätte 65 km.

Mit Vorhalt vom wurde die Bf. zur Klärung der Grundlage hinsichtlich der Berücksichtigung eines Pendlerpauschbetrages für das Jahr 2017 aufgefordert, eine Arbeitszeitbestätigung sowohl des Dienstgebers Medizinische Universität (erster Arbeitgeber) samt Bekanntgabe des Arbeitsbeginnes und des Arbeitsendes als auch des Dienstgebers ***1*** (zweiter Arbeitgeber) über die wöchentliche Arbeitszeit, Bekanntgabe der Wochentage sowie des genauen Arbeitsbeginnes und Arbeitsendes je Kalenderwochen für den Zeitraum 02.04. bis vorzulegen.

Mit Schreiben vom übermittelte die Bf. neben einer Arbeitsbestätigung des ***Krankenhaus*** auch Kopien der Arbeitsnachweislisten. Die Bf. sei als Vollzeitkraft (40 Stunden) hauptsächlich von 07:00 bis 15:00 Uhr tätig, aber auch teilweise bis 19:00 Uhr und auch am Wochenende. Nach einer weiteren Bestätigung der Arbeitszeiten beim Dienstgeber ***1*** sei die Bf. vom April 2017 bis September 2017 als Teilzeitkraft (80 Stunden pro Monat) tätig gewesen, wobei ihre Hauptarbeitszeit von 14:00 bis 24:00 Uhr zwischen 8 bis 10 Diensten pro Monat gewesen sei.

Mit Bescheid vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2017 gemäß § 299 BAO aufgehoben. Im neuen Sachbescheid wurde - wie bisher - ein Pendlerpauschale von 1.356,00 Euro berücksichtigt, der Pendlereuro wurde mit 118,00 Euro (statt bisher 108,00 Euro) anerkannt. Es wurde Einkommensteuer in Höhe von 940,00 Euro (statt bisher 950,00 Euro) festgesetzt. Begründen wurde Folgendes ausgeführt:

"Ein aliquotes Pendlerpauschale kann zusätzlich zu einem vollen Pendlerpauschale berücksichtigt werden, allerdings ist im Wege der Veranlagung zu beachten, dass der gesamte Pendlerpauschalbetrag mit dem vollen Pendlerpauschale für die gesamte (fiktive) Wegstrecke (aus beiden Dienstverhältnisses) begrenzt ist (Kontrollrechnung). Für diese Kontrollrechnung sind hinsichtlich der Zumutbarkeit der Benützung des Massenbeförderungsmittels jene Verhältnisse maßgebend, welche dem vollen Pauschale zugrunde liegen.
Aufgrund der vorgelegten Bestätigung waren Sie im Veranlagungsjahr 2017 von April bis September etwa 8 bis 10 Mal im jeweiligen Kalendermonat in
B. tätig. Sie begründen hier ein aliquotes Pendlerpauschale (2/3) für die Dauer der Beschäftigung.
Es sind daher die Fahrtstrecken im Zusammenhang mit dem aliquoten Pendlerpauschale für das Ausmaß des Pendlerpauschbetrages nur dann zu berücksichtigen, wenn zusätzliche Wegstrecken für die Fahrten von der Wohnung zur weiteren Arbeitsstätte anfallen, die noch nicht mit dem vollen Pendlerpauschale aus dem anderen Dienstverhältnis abpauschaliert sind.
Für die Kontrollrechnung sind hinsichtlich Zumutbarkeit der Benützung des Massenbeförderungsmittels jene Verhältnisse maßgebend, welche dem vollen Pendlerpauschale zugrunde liegen.
Ein zusätzlicher Arbeitsweg entsteht nur auf der zusätzlichen Wegstrecke, die sich auf Grund der weiteren Entfernung zum Arbeitgeber in
B. ergibt. Das sind 11 km (für 54 km wird bereits ein volles Pendlerpauschale berücksichtigt).
Die Mehrstrecke beträgt 11 km x 9 Dienste durchschnittlich pro Monat/20 Arbeitstage im Monate = 4,95 gerundet 5 km Mehrstrecke pro Arbeitstag.
Das volle Pendlerpauschale 40 bis 60 km ändert sich jedoch aufgrund der Mehrstrecke von 5 km nicht (54 km + 5 = 59 km). Der Pendlereuro war jedoch für 59 km, somit in Höhe von 118 Euro zu berücksichtigen.
Der Einkommensteuerbescheid war daher aufgrund der unrichtigen Berechnung des Pendlereuros gemäß § 299 BAO aufzuheben und in Höhe von 118 Euro zu berücksichtigen, wobei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang gegenüber dem der Rechtsbeständigkeit einzuräumen war."

In der mit Eingabe vom eingebrachten Beschwerde führte die Bf. aus:
"Ich habe Ihnen schon wie auch in den letzten Jahren mitgeteilt, dass ich nicht anschließend an die andere Arbeit zu meiner zweiten Arbeit fahre, da es einfach unmenschlich ist, sich für die 2. Arbeit in einer Tiefgarage fertig zu machen oder 2 Std zu warten, bis man den anderen Dienst antreten kann. Ich habe verschiedene Dienstkleidungen, die ich auch verwenden muss, abgesehen davon habe ich auch das Recht mich dazwischen auszurasten, zu Hause zwischen 2 Dienststellen, wenn ich schon an mehreren Tagen bis zu 16 Stunden arbeite. Weiters bin ich auch an den Feiertagen und an den Wochenenden noch extra zu der 5 Tage Woche ins ***Krankenhaus*** gefahren, also jede 2 Wochen 7mal, egal ob jetzt ins ***Krankenhaus*** oder auf die Tankstelle. […]"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde neben dem Pendlerpauschale von 1.356,00 Euro nunmehr ein Pendlereuro von 113,00 Euro anerkannt, was eine Einkommensteuer von 945,00 Euro ergab. Das volle Pendlerpauschale für 40 bis 60 km ändere sich aufgrund der Mehrstrecke von 5 km nicht (54 + 5 = 59 km). Der Pendlereuro sei jedoch richtigerweise 6 Monate (= Dauer der Beschäftigung in B. von April bis September) mit 59 km und 6 Monate mit 54 km zu berücksichtigen, wodurch sich ein zu berichtigender Jahresbetrag von 113,00 Euro [(108 + 118 = 226):2 = 113] ergeben habe.

Die Bf. ersuchte mit Schriftsatz vom um Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung.

In weiterer Folge legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die in Wohnort_BF wohnhafte Bf. bezog im Beschwerdejahr 2017 für einen Zeitraum von (beinahe) 6 Monaten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus zwei Dienstverhältnissen gleichzeitig; die übrigen 6 Monate bei einem Arbeitgeber.

Sie war von 01.01. bis 31.12 im ***Krankenhaus*** in Vollzeit beschäftigt (idR von 07: bis 15:00 Uhr), wofür bei einer einfachen Wegstrecke von 53 km (laut Pendlerrechner) ein kleines Pendlerpauschale in Höhe von 1.356,00 Euro zu berücksichtigen ist, denn sie legte die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an mehr als 10 Tagen im Kalendermonat zurück, wobei laut Pendlerrechner die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar ist.

In einem zweiten Dienstverhältnis war sie von 02.04. bis 11.09. in Teilzeit (80 Stunden pro Monat, 8 bis 10 Dienste, von 14:00 bis 24:00 Uhr) in B. tätig. Auf Basis der vorherigen Daten bezifferte der Pendlerrechner die schnellste Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit 65 km. Nicht strittig ist zudem, dass die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln unter Berücksichtigung der angegebenen und letztlich unbestritten gebliebenen Arbeitszeit auf der überwiegenden Strecke nicht möglich oder zumutbar war.

An Tagen, an denen sie bei beiden Arbeitgebern beschäftigt war, beendete sie den Dienst im ***Krankenhaus*** zu 11 bzw. 12 Uhr, wobei sie z.T. auch am Wochenende im ***Krankenhaus*** tätig war.

Fest steht, dass die Bf. idR jeweils von ihrem Wohnort in Wohnort_BF aus sowohl zu ihrem Dienstort in Wien als auch zu ihrem Dienstort nach B. gefahren ist.

Die Bf. hat den Nachweis erbracht, dass sie von April bis September 2017 sowohl in Wien als auch in B. gearbeitet hat. Sie ist von der Wohnung zur ersten Arbeitsstätte, dann von der ersten Arbeitsstätte zur Wohnung, an manchen Tagen anschließend von der Wohnung zur zweiten Arbeitsstätte und von dieser wieder zur Wohnung gefahren. Sie hat somit im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusätzliche Wegstrecken zurückgelegt. Festgehalten wird, dass der weitere Ort der Dienstverrichtung nicht auf dem Weg von der ersten Arbeitsstätte und dem Wohnort liegt und diese Strecke nicht ohnehin zurückgelegt worden wäre und dadurch der Bf. jedenfalls zusätzliche Aufwendungen anfallen, zumal sie für beide Dienstverhältnisse unterschiedliche Arbeitskleidung zu tragen hat.

Laut den vorliegenden Lohnzetteln wurde das Pendlerpauschale und der Pendlereuro weder vom ersten Arbeitgeber noch vom zweiten Arbeitgeber berücksichtigt.

2. Beweiswürdigung

Dass die Bf. für 6 Monate zwei lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezieht, die sich zeitlich überschneiden, ergibt sich jeweils aus den aktenkundigen Lohnzettel des ersten Arbeitgebers und des zweiten Arbeitgebers. Die genauen Tätigkeitszeiten bei diesen Arbeitgebern ergeben sich aus den von der Bf. im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vom sowie vom übermittelten Unterlagen.

Die Entfernung zwischen der Wohnung der Bf. und den jeweiligen Arbeitsstätten der Arbeitgeber ergibt sich aus vorgelegten Ausdrucken des Pendlerrechners, die vom Bundesfinanzgericht heranzuziehen sind, weil die Ergebnisse nach § 3 Abs. 3 Pendlerverordnung den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen.

Auch die Wegstrecke zum ersten Arbeitgeber (53 km) an mehr als 10 Tagen im Monat sowie die Wegstrecke zum zweiten Arbeitgeber (65 km) ergeben sich aus den vorgelegten Ausdrucken.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Strittig ist insbesondere die Höhe des Pendlerpauschales für jene Zeiten (von 02.04. bis 11.09.), in denen die Bf. gleichzeitig bei zwei Arbeitgebern an unterschiedlichen Tätigkeitsorten mit unregelmäßigen Arbeitszeiten beschäftigt war.

Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (§ 16 Abs. 1 EStG 1988).

Nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a EStG 1988 erfolgt die Berücksichtigung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1), wobei nach Maßgabe der lit. b bis j zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zusteht. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Bei mehreren Dienstverhältnissen - wie im Beschwerdefall - steht der Verkehrsabsetzbetrag nur einmal zu (vgl. ).

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 sind Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Werbungskosten. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt

"a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.
b) Wird dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, steht kein Pendlerpauschale zu.
c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:
Bei mindestens 20 km bis 40 km 696 Euro jährlich, bei mehr als 40 km bis 60 km 1 356 Euro jährlich, bei mehr als 60 km 2 016 Euro jährlich.
d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:
Bei mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich, bei mehr als 20 km bis 40 km 1 476 Euro jährlich, bei mehr als 40 km bis 60 km 2 568 Euro jährlich, bei mehr als 60 km 3 672 Euro jährlich.
e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:
- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu
zwei Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.
- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.
Einem Steuerpflichtigen steht im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zu.
[…]"

Die Pauschalbeträge sind Jahresbeträge; für die Lohnsteuerberechnung sind sie auf den Lohnzahlungszeitraum umzurechnen; grundsätzlich gilt als Lohnzahlungszeitraum der Kalendermonat (§ 77 Abs 1EStG 1988).

Voraussetzung für die Berücksichtigung eines (vollen) Pendlerpauschales ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt (Z 6 lit e). Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei Drittel zu.

Nach Z 6 lit h steht das Pendlerpauschale auch für Feiertage, für Krankenstandstage und für Urlaubstage zu; diese Regelung stellt darauf ab, dass der Arbeitnehmer an jenen Tagen gearbeitet hätte und die Arbeit nur wegen Krankheit oder Urlaub oder deshalb, weil Feiertag ist, ausfällt.

In § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 wurde durch das BGBl. I Nr. 53/1988 der Pendlereuro als Absetzbetrag eingeführt. Nach § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 steht bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis als Absetzbetrag ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.

Unter Berufung auf die Verordnungsermächtigung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit j EStG 1988 erließ der Bundesminister für Finanzen die Pendler-VO (BGBl II 2013/276), mit der insbesondere die Kriterien für die Ermittlung der Entfernung (Wohnung - Arbeitsstätte) (§ 1) und für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung des öffentlichen Verkehrs (§ 2) festgelegt wurden. In § 3 dieser Verordnung wird zudem normiert, dass für die Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. zwischen Arbeitsstätte und Wohnung (§ 1) und für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder unzumutbar ist (§ 2), für Verhältnisse innerhalb Österreichs der vom Bundesministerium für Finanzen im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden ist.

In der Pendlerverordnung ist regelmäßig von der "Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte" die Rede. Diese Bestimmungen legen die näheren Voraussetzungen für die Zuerkennung des Pendlerpauschales in Bezug auf ein konkretes Dienstverhältnis fest. Ausdrückliche Regelungen zur im Beschwerdefall vorliegenden Konstellation, in der eine steuerpflichtige Person bei mehreren Arbeitgebern parallel beschäftigt ist und die Fahrten zur jeweiligen Arbeitsstätte jeweils von ihrem Wohnort aus antritt, enthalten diese Bestimmungen nicht (vgl. ).

Unbestritten ist, dass nach dem jeweils vorliegenden Pendlerrechner des Bundesministeriums für Finanzen die Benützung eines Massenbeförderungsmittels für die Wegstrecken vom Wohnort nach Wien zumutbar ist, jedoch waren die Fahrten nach B. unzumutbar (Dienstschluss um 24 Uhr). Erst laut Pendlerrechner aus dem Jahr 2021 wurde auch für die Fahrten nach Wien und retour die Unzumutbarkeit festgestellt.

Für den Fall des Vorliegens mehrerer paralleler Dienstverhältnisse enthalten die LStR 2002, die jedoch für das Bundesfinanzgericht mangels Veröffentlichung im BGBl keine verbindliche Rechtsquelle darstellen, in Rz 272b ff folgende Vorschläge, bei denen zwar die Interpretation der Zusammenrechnung von Wegstrecken (Entfernungen) sowie des Höchstbetrages mit einem vollen Pendlerpauschale sachlich gerechtfertigt erscheint, die vorgeschlagene Art der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benutzung des öffentlichen Verkehrs ist aber wohl nur eingeschränkt aus dem Gesetz ableitbar (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 16, Kapitel 15. Im Gesetz angeführte Werbungskosten, Rz 125):

"Bestehen zwei Dienstverhältnisse und würde jedes Dienstverhältnis den Anspruch auf ein volles Pendlerpauschale vermitteln (was bei der laufenden Lohnverrechnung auch erfolgen kann), ist im Rahmen der Veranlagung das Pauschale neu zu berechnen. Bringt das weitere Dienstverhältnis zusätzliche Wegstrecken mit sich, sollen die Wegstrecken für die Bemessung des Pauschales kumuliert werden und ein Pauschale für die kumulierte Strecke berechnet werden. Für die Frage der Zumutbarkeit des öffentlichen Verkehrsmittels soll dabei auf die Verhältnisse bei der Fahrt mit der längeren Strecke abgestellt werden.

Liegen im Kalendermonat zwei oder mehrere Dienstverhältnisse vor, die jeweils nur den Anspruch auf ein aliquotes Pendlerpauschale vermitteln, sind diese Pauschalen auch bei der Veranlagung zu gewähren, allerdings nur bis zum Höchstbetrag des vollen Pendlerpauschales für die längere Strecke (Kontrollrechnung). Für die Frage der Zumutbarkeit des öffentlichen Verkehrsmittels soll dabei auf die Verhältnisse bei der Fahrt, welche den höheren Drittelanteil (subsidiär die längere Strecke) aufweist, abgestellt werden (LStR 2002 Rz 272c).

Steht im Kalendermonat für ein Dienstverhältnis das volle und für ein anderes Dienstverhältnis das aliquote Pendlerpauschale zu, können bei der Veranlagung ebenfalls beide Beträge kumuliert gewährt werden, falls das weitere Dienstverhältnis mit zusätzlichen Wegstrecken verbunden ist. Es besteht allerdings die Begrenzung mit einem Höchstbetrag, nämlich mit dem vollen Pendlerpauschale für die rechnerisch kumulierte Strecke (Kontrollrechnung). Für die Frage der Zumutbarkeit des öffentlichen Verkehrsmittels soll dabei auf die Verhältnisse bei dem Dienstverhältnis, welches den Anspruch auf ein volles Pendlerpauschale vermittelt, abgestellt werden (LStR 2002 Rz 272d)."

Werden im Kalendermonat gleichzeitig volle und aliquote Pendlerpauschale berücksichtigt, sind die Wegstrecken iZm dem aliquoten Pauschale nur dann bei der Veranlagung zu berücksichtigen, wenn es sich um zusätzliche Strecken handelt, die nicht mit dem vollen Pendlerpauschale abpauschaliert sind (vgl. ). In Fall von zusätzlichen Strecken kann grundsätzlich das aliquote Pendlerpauschale zusätzlich zum vollen Pendlerpauschale kumuliert werden, allerdings ist der Pendlerpauschalfreibetrag mit dem vollen Pendlerpauschale für die gesamte (fiktive) Strecke aus beiden Dienstverhältnissen begrenzt, weshalb eine Kontrollrechnung durchzuführen ist.

Streitgegenständlich vermitteln grundsätzlich beide Dienstverhältnisse für sich einen Anspruch auf ein Pendlerpauschale. Eine "Abpauschalierung" kommt aufgrund der zusätzlichen Wegstrecke nicht zur Anwendung.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs stehe einem Steuerpflichtigen ein zusätzliches (zweites) Pendlerpauschale für ein weiteres Dienstverhältnis zu, wenn dadurch im Lohnzahlungszeitraum überwiegend das Zurücklegen zusätzlicher Wegstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verursacht wird (, , ; ergangen zur Rechtslage für Veranlagungszeiträume bis 2012).

Im vorliegenden Beschwerdefall ist die Bf. in einem vollen und (für einen bestimmten Zeitraum) auch gleichzeitig in einem aliquoten Dienstverhältnis (2/3) beschäftigt, wobei sie laut Pendlerrechner zur ersten Arbeitsstätte eine Entfernung von 53 km bzw. zum zweiten Arbeitsstätte 65 km zurücklegen muss.

Aufgrund der Entfernung zwischen Wohnstätte und Arbeitsstätte des ersten Arbeitergebers steht der Bf. ein Pendlerpauschale im Ausmaß von 1.356,00 Euro zu. Damit steht auch dem Grunde nach der Absetzbetrag des Pendlereuros gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 zu, was laut Pendlerrechner für eine Entfernung von 53 km einen Jahresbetrag von 106 Euro ergibt.

Fraglich ist, ob bzw. in welcher Höhe ein zweites Pendlerpauschale für die Wegstrecke zwischen Wohnstätte und Arbeitsstätte des zweiten Arbeitgebers im Zeitraum 02.04. bis zu berücksichtigen ist.

Nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e letzter Satz EStG 1988 steht "einem Steuerpflichtigen [...] im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zu" (vgl. hierzu auch , Rn 25).

Der Bf. steht daher im Lohnzahlungszeitraum (=der Kalendermonat) nur ein volles Pendlerpauschale zu.

Die Bf.wurde für etwa 6 Monate (April bis September) gleichzeitig für den zweiten Arbeitgeber jeweils 8 bis 10 Dienste pro Monat tätig und musste daher 65 km (zusätzliche Wegstrecke zur zweiten Arbeitsstätte) von Wohnung zur Arbeitsstätte zurücklegen. Da der Bf. überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht zumutbar war, steht ihr für diese Fahrten - isoliert betrachtet für dieses Dienstverhältnis - das große Pendlerpauschale pro Jahr 2.448,00 Euro (3.672,00 Euro * 2/3) zu.

Da nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e letzter Satz EStG 1988 seit dem Veranlagungsjahr 2013 nur ein volles Pendlerpauschale im Höchstausmaß berücksichtigt werden kann, war der gesamte Pendlerpauschalefreibetrag für die gesamte (fiktive) Wegstrecke (aus beiden Dienstverhältnissen) zu begrenzen.

Die rechnerisch kumulierte Strecke aus beiden Dienstverhältnissen beträgt weit mehr als 60 km.

Warum die Beurteilung der Zumutbarkeit sich nach dem vollen Dienstverhältnis orientieren soll, vermag das erkennende Gericht nicht zu überzeugen, da schon das für das zweite Dienstverhältnis zustehende Pendlerpauschale höher ausfällt (Zweidrittel-Jahresbetrag 2.448,00) als das Höchstausmaß des kleinen Pendlerpauschales (2.016,00 Euro).

Da nach dem Gesetz "im Kalendermonathöchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß" zusteht, eine Orientierung an der längeren Wegstrecke sachgerechter erscheint, ist daher für den Zeitraum 02.04. bis 11.09. (anteilig) - unter Berücksichtigung beider Dienstverhältnisse bzw. Kumulierung beider Wegstrecken - das Pendlerpauschale iHv 3.672,00 Euro ("bei mehr als 60 km"; 306,00 Euro monatlich; 10,20 Euro täglich) anzuwenden.

Für die Zeiträume, in denen die Bf. bei einem Arbeitgeber beschäftigt war, war lediglich das kleine Pendlerpauschale ("bei mehr als 40 km bis 60 km) iHv 1356,00 Euro (113,00 Euro monatlich) zu berücksichtigen.

Auch bei der Berechnung des Pendlereuros waren die Wegstrecken zu beiden Arbeitgebern zu berücksichtigen, wobei die Regelungen über die Aliquotierung des Pendlerpauschales nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e EStG 1988 entsprechend heranzuziehen waren. Die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt 53 km sowie 65 km.

Es waren daher monatlich folgende Freibeträge anzuerkennen (in Euro):


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Monat
Pendlerpauschale
Pendlereuro
Jänner bis März
339,00 (113,00 x 3)
26,49 (8,83 x 3)
April bis August
678,00 (113,00 x 5)
1.224,00 (204,00 x 5), maximal jedoch 306,00 (x 5) monatlich; in Summe 1.530,00
44,16 (8,83 x 5)
36,10 (7,22 x 5), in Summe 80,26
September (bis 11.09 zwei Dienstverhältnisse)
- für 11 Tage: 10,20 x 11 sowie
- für 19 Tage: 3,77 x 19; in Summe 183,83
2,64 (0,24 x 11)
5,51 (0,29 x 19); in Summe 8,15
Oktober bis Dezember
339,00 (113,00 x 3)
26,49 (8,83 x 3)
Summe
2.391,83
141,39

Zum Pendlerpauschale:
1. hinsichtlich kleiner Pendlerpauschale: 1.356,00 jährlich/ 113,00 Euro monatlich/ 3,77 täglich
2. hinsichtlich großer Pendlerpauschale (2/3): 2.448,00 jährlich/ 204,00 Euro monatlich/ 6,80 Euro täglich
Zum Pendlereuro:
1. hinsichtlich erster Arbeitsstätte (53 km): 106,00 Euro jährlich/8,83 Euro monatlich/0,29 Euro täglich;
2. hinsichtlich zweiter Arbeitsstätte (65 km): 65 x 2 x 2/3 = 86,66 Euro pro Jahr/ 7,22 Euro pro Monat/0,24 Euro täglich.

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Beschwerde wie im Spruch zu entscheiden.

Beilage: Berechnungsblatt

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts stützt sich auf die dargestellten Gesetzesbestimmungen sowie die zitierte höchstgerichtliche Judikatur. Zudem waren Sachverhaltsfeststellungen in freier Beweiswürdigung zu treffen, weshalb die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen war.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
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ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100082.2020

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