Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 20.09.2023, RV/5100550/2016

nicht fristgerecht eingebrachte Beschwerde

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ABS-Wirtschaftstreuhand GmbH, Mühldorf 58, 4644 Scharnstein, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Einkommensteuer 2012 und Umsatzsteuer 2012, zu Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Die verfahrensgegenständlichen Bescheide betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2012 wurden am erlassen und dem Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) elektronisch zugestellt.

Am wurde vom steuerlichen Vertreter des Bf. Beschwerde gegen die o.a. Bescheide erhoben und zur Rechtzeitigkeit ausgeführt, dass diese Bescheide "durch FINON-Abfrage am zugestellt" worden seien.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen, woraufhin am ein Vorlageantrag eingebracht wurde. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde die belangte Behörde ersucht, bekannt zu geben, ab wann die Bescheide in der Databox des Bf. zur Verfügung standen.

Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde mit, dass beide Bescheide laut Auskunft der Verfahrensbetreuung am um 22:04 Uhr in der Databox zugestellt wurden.

Zwecks Wahrung des Parteiengehörs wurde der Bf. mit Vorhalt vom , zugestellt am , über die Auskunft der belangten Behörde und darüber in Kenntnis gesetzt, dass für die Zustellung - und damit den Beginn der einmonatigen Beschwerdefrist - nicht das Datum der Abfrage durch den Bf., sondern das Einlangen der Daten in der Databox relevant ist, da elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt gelten, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, was laut den Erläuterungen zu § 98 Abs. 2 BAO (270 BlgNR XXIII. GP 13) "bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox" ist. Dem Bf. wurde Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens gegeben.

Eine Stellungnahme seitens des Bf. wurde nicht eingebracht.

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 245 Abs. 1 BAO einen Monat.

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist gemäß § 109 BAO für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist.

§ 97 BAO idF BGBl. I Nr. 112/2012 lautet auszugsweise:

(1) Erledigungen werden dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt

a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;

b) bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung.

(2) […]

(3) An Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung kann deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. […]

Gemäß § 5b Abs. 1 FOnV 2006 idF BGBl. II Nr. 373/2012 haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO idF BGBl. I Nr. 99/2007 gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Zeitpunkt, in dem Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 98 Rz 8).

Diese Auslegung ergibt sich auch aus den Erläuterungen (270 BlgNR 23.GP 13) zu § 98 Abs. 2 BAO, worauf auch schon der Verwaltungsgerichtshof () ausdrücklich hingewiesen hat. Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an.

Die Erläuterungen zu § 98 Abs. 2 BAO enthalten den Satz, der Zeitpunkt, in dem die Daten "in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt" seien, sei "bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox" (270 BlgNR XXIII. GP 13). Gemäß § 1 Abs. 2 der FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97, ist die automationsunterstützte Datenübertragung nur zulässig für Funktionen, die "dem jeweiligen Teilnehmer" in FinanzOnline "zur Verfügung stehen". Das setzt - für die Zustellung von Erledigungen in die "Databox" - voraus, dass dem Empfänger die für den Zugriff darauf erforderlichen Zugangsdaten "zur Verfügung stehen". In Bezug auf die Frage, wann Letzteres so zutrifft, dass die Zustellung in die "Databox" zulässig und die Einbringung der Daten in diesen Speicherbereich mit der in § 98 Abs. 2 erster Satz BAO normierten Rechtsfolge verbunden ist, bedarf es aber einer Abgrenzung gegenüber Abruf- und Empfangsproblemen, die sich aus der Verwahrung und dem Gebrauch der dem Empfänger zur Verfügung gestellten Zugangsdaten ergeben. § 98 Abs. 2 dritter Satz BAO steht dem nicht entgegen. Das Gesetz beschränkt die damit verbundene Berücksichtigung der nicht rechtzeitigen Kenntnis vom Zustellvorgang aber ausdrücklich auf den Fall der Abwesenheit von der Abgabestelle (vgl. ).

Die Zustellung gilt nur dann als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (§ 98 Abs. 2 BAO). Hinweise auf eine längere Abwesenheit des Bf. liegen nicht vor und ist eine solche auch insbesondere deshalb nicht anzunehmen, weil er am einen anderen, per Post zugestellten Bescheid entgegennahm.

Die bekämpften Bescheide wurden bereits durch die Einbringung in die Databox des Bf. am und nicht erst durch das Abrufen am gemäß § 98 Abs. 2 BAO wirksam an den Bf. zugestellt. Die Frist des § 245 Abs. 1 BAO von einem Monat zur Einbringung der Beschwerde endete somit am Montag, . Die erst am beim Finanzamt eingebrachte Beschwerde war daher nicht fristgerecht eingebracht und gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO zurückzuweisen.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, weil sich die gegenständliche Entscheidung unmittelbar aus den oben zitierten Gesetzesbestimmungen ableitet und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100550.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at