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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 21.08.2023, RV/3100194/2019

Zurückweisung eines Vorlageantrages: Weder die behauptete Ortsabwesenheit im Zeitpunkt der Zustellung noch eine rechtzeitige Einbringung wurden nachgewiesen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Bf_Adr, betreffend Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid gem. § 9 BAO des FA (nunmehr FA Österreich) vom , Steuernummer Bf_StNr, beschlossen:

Der Vorlageantrag wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b iVm § 278 Abs. 1 lit. a BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom nahm das FA den Beschwerdeführer (Bf) als Haftungspflichtigen gemäß § 9 iVm §§ 80 ff BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Fa_D, Firmenbuchnummer 123, Adr_Fa_D, im Ausmaß von € 49.340,14 in Anspruch und forderte ihn auf, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am (Beginn der Abholfrist gemäß § 17 Abs. 3 ZustG) durch Hinterlegung zugestellt.

2. Mit Schriftsatz vom , laut Eingabestempel beim FA persönlich eingebracht am , erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Beschwerde.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdevorentscheidung wurde laut RSb-Rückschein am von eine/r Mitbewohner/in des Beschwerdeführers übernommen. Das diesbezügliche Kästchen auf dem RSb-Rückschein ist angekreuzt, darunter befindet sich eine Unterschrift. Nach dieser Aktenlage erfolgte die Zustellung gemäß § 16 Abs. 1 ZustG am , sodass die Vorlagefrist gemäß § 264 Abs. 1 BAO am Montag, endete.

4. Der Vorlageantrag wurde laut Eingangsstempel des Finanzamtes am persönlich beim FA eingebracht, sodass er sich nach dieser Aktenlage als verspätet eingebracht erweisen würde.

Unter Hinweis auf die dargestellte Aktenlage ersuchte das Bundesfinanzgericht den Beschwerdeführer mit Vorhalt vom , eine schriftliche Stellungnahme zur Frage der Rechtzeitigkeit der Einbringung des Vorlageantrages zu erstatten und allfällige Belege in Kopie beizuschließen.

5. Mit Schreiben vom , laut Eingangsstempel am selben Tag persönlich beim Bundesfinanzgericht eingebracht, brachte der Beschwerdeführer zur Frage der Rechtzeitigkeit vor, die Beschwerdevorentscheidung sei bei ihm infolge Ortsabwesenheit nicht am , sondern am eingegangen. Die Argumentation des Finanzamtes, die Beschwerdevorentscheidung sei am von einem Mitbewohner übernommen sei unrichtig, zumal der Bf keinen Mitbewohner habe. Vielmehr habe ihm die Beschwerdevorentscheidung kurz nach seiner Rückkehr, nämlich am , ein Nachbar übergeben. Da dieser nicht empfangsbevollmächtigt sei, sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Schriftstück als am zugestellt gelten solle.

Da auf dem Schreiben durch den Postzusteller jedoch ein entsprechendes Datum vermerkt worden sei, habe der Bf vorsichtshalber seinen Beschwerdeantrag (gemeint wohl: Vorlageantrag) vom am selben Tag in die Post gegeben, und zwar in W, wo er sich zu diesem Zeitpunkt aus gesundheitlichen und privaten Gründen für mehrere Tage aufgehalten habe.

Die Behauptung, der Vorlageantrag sei "persönlich bei der Abgabenbehörde eingebracht" worden, sei falsch, da er sich zu diesem Zeitpunkt nicht in Innsbruck aufgehalten habe.

Mit E-Mail vom übermittelte der Bf dem Bundesfinanzgericht die Kopie bzw. von seinem Bekannten, der ihn zur Post begleitet habe, angefertigte Fotografie eines Kuvertabschnitts (Priority; Bar freigemacht; PLZ W).

6. Nach Replik des Finanzamtes wurde dem Bf am eine Farbkopie des Vorlageantrages vom übermittelt; weiters wurde der Bf aufgefordert, seine Behauptung der Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung zu konkretisieren, durch geeignete Belege nachzuweisen und die von ihm angesprochenen Zeugen zu benennen. Er wurde außerdem darauf aufmerksam gemacht, dass dem mit Mail vom übermittelten "Poststempel" keine Angaben über Datum, Absender oder Adressat eines Schreibens zu entnehmen seien. Auch in diesem Zusammenhang seien geeignete Nachweise vorzulegen sowie die angesprochenen Zeugen bekanntzugeben.

7. In seinem nach Verlängerung der Vorhaltefrist am eingebrachten Schreiben verwies der Bf eingangs darauf, dass nach dem Vorbringen der Abgabenbehörde eben nicht, wie auf dem Rückschein vermerkt, ein Mitbewohner, sondern seine Lebensgefährtin A M, die, wie der Bf ausdrücklich einräumt, unter seiner Anschrift gemeldet war, die Beschwerdevorentscheidung angenommen habe. Tatsächlich sei es jedoch so, dass seine Lebensgefährtin aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten für gewöhnlich nicht die Tür öffne; es lasse sich aus ihrer Erinnerung nur vermuten, dass sie die Beschwerdevorentscheidung von einem Nachbarn erhalten und zur Post dazugelegt habe. Im Übrigen versichere er als jemand, der derzeit regelmäßig öffentliche Zustellungen bekomme, dass es absolut üblich sei, dass der Zusteller versuche, diese irgendwo im Haus loszuwerden. Nach umfangreichen Ausführungen dazu, dass der Vorlageantrag von ihm per Post übermittelt und nicht persönlich abgegeben worden sei, benannte der Bf den bereits angesprochenen Zeugen für seinen Aufenthalt in W und bot an, für seinen unmittelbar anschließenden Aufenthalt in Deutschland bis (gemeint wohl: ) ebenfalls Zeugen zu benennen.

8. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Rechtssache infolge Ruhestandsversetzung nunmehr der Gerichtsabteilung GA_neu zugeteilt.

9. Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Bf darauf hingewiesen, dass vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit seinem Beschwerdevorbringen im Haftungsverfahren zwingend die Frage der Rechtzeitigkeit zu klären sei. Weiters wurde dem Bf vorgehalten, dass es Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Beschwerdevorentscheidung vom nicht das erste Schriftstück gewesen sei, welches seine Lebensgefährtin für ihn übernommen habe. Er wurde außerdem (erneut) dazu aufgefordert, seine Ortsabwesenheit im Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung durch geeignete Belege nachzuweisen und die bislang angebotenen, aber nicht namhaft gemachten Zeugen zu benennen, sowie verschiedene Unstimmigkeiten in seinem bisherigen Vorbringen aufzuklären.

10. Mit Schreiben vom beantwortete der Bf diesen Vorhalt nach Fristerstreckung. Darin behauptete der Bf nunmehr erstmals, dass er und Frau M zum Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom nicht mehr liiert gewesen seien. Es habe keine Lebens- oder Wohngemeinschaft mehr bestanden, weshalb Frau M nicht nur keine Vollmacht zur Übernahme behördlicher Schriftstücke gehabt habe, sondern es den Bf auch nicht verwundern würde, wenn sie Post angenommen und weggeworfen oder bewusst später übergeben hätte. Die angeforderten Belege sowie die Stellungnahme zu bislang widersprüchlichen Vorbringen blieb der Bf unter Verweis auf eine bei ihm (Anm.: Im Zusammenhang mit einem hier nicht interessierenden Ermittlungsverfahren) durchgeführte Hausdurchsuchung und Beschlagnahme von Unterlagen schuldig. In Deutschland aufhältige/ansässige Zeugen für die Ortsabwesenheit am sowie die Postaufgabe am wurden benannt.

11. Die vom Bundesfinanzgericht jeweils am zur schriftlichen Zeugenaussage aufgeforderten Zeuge_1, Adr_Zeuge_1, sowie Zeuge_2, Adr_Zeuge_2, sind diesen Aufforderungen nicht nachgekommen.

II. Sachverhalt

Dem Bf wurde im Haftungsverfahren gem. § 9 BAO am Mittwoch, den die Beschwerdevorentscheidung zugestellt. Die Frist zur Erhebung eines Vorlageantrages endete sohin, da der ein Samstag war, am Montag, den .

Der Vorlageantrag wurde am persönlich bei der Einlaufstelle des FA abgegeben. Die Einbringung des Vorlageantrages erfolgte daher verspätet.

Nicht festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdevorentscheidung dem Bf infolge Ortsabwesenheit erst am zugekommen ist.

Nicht festgestellt werden konnte, dass der Vorlageantrag am in W zur Post gegeben wurde.

III. Beweiswürdigung

Dem dargestellten Sachverhalt liegt folgende Beweiswürdigung zugrunde:

1. Mit Vorhalt vom wurde der Bf darauf aufmerksam gemacht, dass vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit seinem Beschwerdevorbringen im Haftungsverfahren zwingend die Frage der Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages zu klären war. Bereits unmittelbar nach der Vorlage seines Rechtsmittels gegen den Haftungsbescheid vom wurde ihm der Sachverhalt aufgrund des vorgelegten Akteninhaltes vorgehalten (vgl. Pt. I.3. und I.4. dieses Erkenntnisses). Der Bf stellte im Weiteren in Abrede, die Beschwerdevorentscheidung vom sei ordnungsgemäß zugestellt bzw. von einem tauglichen Ersatzempfänger iSd § 16 ZustG übernommen worden und führte seine Ortsabwesenheit bis ins Treffen.

2. Das Vorbringen des Bf zu dieser Thematik erwies sich jedoch im Verlauf des mit ihm geführten Ermittlungsverfahrens als widersprüchlich. Während der Bf zunächst behauptete, die Beschwerdevorentscheidung nach der Rückkehr am von einem nicht zur Empfangnahme von RSb-Briefen bevollmächtigten Nachbarn erhalten zu haben, und keinen Mitbewohner, der die Beschwerdevorentscheidung angenommen haben soll, in seiner Wohnung beherbergt zu haben, musste er auf entsprechenden Vorhalt eingestehen, dass seine Lebensgefährtin bei ihm gemeldet war und wohnte. Diese habe ihm die Beschwerdevorentscheidung nach seiner Rückkehr am mit anderer Post überreicht, nachdem sie sie, wie aus der Erinnerung der Lebensgefährtin zu vermuten sei, vom Nachbarn erhalten und zur Post gelegt habe. Sie könne sich nicht erinnern, sie selbst entgegengenommen zu haben, da sie aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten für gewöhnlich nicht die Tür öffne.

Nachdem dem Bf vorgehalten worden war, dass seine Lebensgefährtin bereits früher Rückscheinpost der Abgabenbehörde für ihn angenommen habe, stritt er in neuerlicher Änderung seiner Argumentation nunmehr ab, zum fraglichen Zeitpunkt überhaupt noch in einer Lebensgemeinschaft mit Frau M gewesen zu sein. Aufgrund der erheblichen Streitereien habe er keinen Zugang zur Zustellanschrift gehabt und sei anzunehmen, dass sie Post angenommen und weggeworfen oder bewusst später übergeben habe. Zusätzlich führte der Bf nunmehr aus, in der fraglichen Zeit aufgrund falscher Anschuldigungen mehrfach der eigenen Wohnung verwiesen worden zu sein. Es sei ihm daher teilweise nicht möglich gewesen, an seine Post zu gelangen bzw. habe er nur auf diese reagieren können, falls und sobald er sie erhalten habe.

Eine Untauglichkeit von Frau M als Ersatzempfängerin iSd § 16 ZustG war schon aus dem Grund nicht erkennbar, dass sie bereits früher und an einer früheren Adresse Schreiben der Abgabenbehörde für den Bf in Empfang genommen hatte. Inwieweit die - in offenem Widerspruch zum bisherigen Vorbringen in Bezug auf die Lebensgefährtin stehenden - Zwistigkeiten mit der Dame bzw. eine Wegweisung des Bf aus der Wohnung dem Postzusteller bekannt sein hätten müssen, sodass eine taugliche Ersatzzustellung nicht vorlag, hat der Bf nicht einmal ansatzweise zu erklären versucht. Falls der Zusteller aber von der regelmäßigen Anwesenheit des Bf an dessen Wohn- und Meldeadresse ausgehen durfte, konnte er auch eine Ersatzzustellung an die Lebensgefährtin vornehmen. Dass der Bf ein schriftliches Verlangen iSd § 16 Abs. 3 ZustG an die Post gerichtet hätte, demnach eine Zustellung an Frau M nicht erfolgen hätte dürfen, hat er nicht einmal behauptet.

3. Im Beschwerdefall war weiters die Frage zu klären, ob sich der Bf tatsächlich, wie bisher behauptet, im in Frage stehenden Zeitraum beruflich in W bzw. B aufgehalten hat, somit ortsabwesend war. Den mehrfach, und zuletzt nochmals explizit im Vorhalt vom abverlangten Nachweis der Ortsabwesenheit bis , etwa durch Vorlage von Tank- und Hotelrechnungen, Flug- oder Zugtickets etc., hat der Bf nicht erbracht. Aus welchen Gründen er über diese, vom Bundesfinanzgericht im Vorhalt beispielhaft aufgezählten Belege nicht (mehr) verfügt bzw. keine Möglichkeit der Einsichtnahme hat, verschweigt der Bf in seiner Stellungnahme. Der vom Bf zum Nachweis seiner Ortsabwesenheit erst nach ausdrücklicher Aufforderung im Vorhalt vom benannte Zeuge Zeuge_2, Adresse in B, wurde vom Bundesfinanzgericht gem. § 173 BAO zur Abgabe einer schriftlichen Zeugenaussage aufgefordert. Eine Antwort durch den Zeugen ist nicht erfolgt. Inwieweit dieser angesichts des vagen Vorbringens des Bf, welcher in seiner Stellungnahme vom lediglich angab, er habe recherchieren können, zu dem Zeitpunkt wiederholt geschäftlich zwischen W und B gependelt zu sein, tatsächlich konkrete Aussagen dazu machen hätte können, dass der Bf nach mehrwöchiger Abwesenheit erst am an seinen Wohnsitz in O zurückgekehrt sei, ist ohnehin äußerst fraglich. Der Verweis des Bf auf allenfalls noch vorhandene Kalendereinträge des Zeugen bzw. anderer, vom Zeugen namhaft zu machender Personen im geschäftlichen Umfeld des Zeugen und (angeblich) des Bf vermag naturgemäß den vom Bf zu erbringenden Nachweis über seinen Aufenthalt zur fraglichen Zeit nicht zu ersetzen.

Somit konnte der Bf weder dartun, dass seine Lebensgefährtin keine Ersatzempfängerin iSd § 16 ZustG war, noch seine tatsächliche Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am nachweisen bzw. auch nur glaubhaft machen. Eine Einvernahme der, vom Bf "äußerst hilfsweise" als Zeugin angebotenen Lebensgefährtin erübrigt sich sohin mangels Relevanz sowie der mittlerweile vom Bf selbst in Frage gestellten Glaubwürdigkeit einer allfälligen Aussage.

4. Zweiter Streitpunkt in der verfahrensrechtlichen Problematik war, ob der mit datierte Vorlageantrag tatsächlich am in W zur Post gegeben worden war, und damit rechtzeitig iSd § 264 Abs. 1 BAO eingebracht wurde.

Dagegen spricht zunächst, dass der Vorlageantrag einen schwarzen Einlaufstempel des FA mit dem Datum aufweist. Schwarze Einlaufstempel werden für persönlich abgegebene Eingaben verwendet. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein falscher Einlaufstempel verwendet wurde, ist als verschwindend gering einzustufen.

Im bisherigen Ermittlungsverfahren stritt der Bf vehement ab, den Vorlageantrag persönlich beim Finanzamt abgegeben zu haben. Vielmehr habe er ihn, da er sich zu diesem Zeitpunkt in W aufgehalten habe, den Vorlageantrag dort im Büro einer befreundeten Firma ausgedruckt und mit einem Bekannten, der ihn fahren habe müssen, am Hauptbahnhof W als Priority-Sendung zur Post gegeben. Auch dazu benannte der Bf einen Zeugen, Zeuge_1, Adresse Q, der auf die Aufforderung zur schriftlichen Zeugenaussage durch das Bundesfinanzgericht nicht reagierte. Inwieweit der Zeuge tatsächlich zur Erhellung des Sachverhaltes beitragen hätte können bzw. wollen, kann jedoch dahingestellt bleiben. Im Vorhalt vom wurde der Bf, nachdem ihm bereits im Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom die fehlende Aussagekraft des vorgelegten "Poststempels" vorgehalten worden war, darauf hingewiesen, dass der Poststempel eine nicht zum dezidiert behaupteten Postamt am Hauptbahnhof passende Postleitzahl aufweise. Eine Aufklärung dieses offensichtlichen Widerspruchs durch den Bf ist nicht erfolgt. Vielmehr verstrickte er sich in seiner Stellungnahme vom in weitere Widersprüche: Entgegen des bisherigen Vorbringens schrieb der Bf nunmehr, er habe den Brief seinerzeit persönlich im Finanzamt abgegeben bzw. eingeworfen, um nur wenige Absätze weiter unten wieder auf die Postaufgabe in W zu beharren. Der Aufforderung, den Aufgabebeleg der Post vorzulegen, kam der Bf kommentarlos nicht nach. Auch bereits in einem früheren Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom war der Bf auf die Notwendigkeit von Nachweisen für seine Behauptungen in Bezug auf die Postaufgabe des Vorlageantrages in W hingewiesen worden. Abgesehen von der Benennung des Zeugen Zeuge_1 verblieb das Vorbringen des Bf jedoch ausschließlich auf der Behauptungsebene.

5. Aus welchen Gründen es dem Bf nicht möglich gewesen sein soll, mit den benannten Zeugen bzw. weiteren, angeblich mit ihm im fraglichen Zeitraum 2019 in geschäftlicher oder privater Beziehung stehenden Personen Kontakt aufzunehmen und die erforderlichen, diesen Personen angeblich zur Verfügung stehenden Beweise beizuschaffen, ist nicht nachvollziehbar. Im Übrigen wurden die Zeugen bzw. deren Adressen vom Bf nicht unverzüglich aus eigenem, sondern erst sukzessive auf ausdrückliche Aufforderung hin benannt bzw. wurde in jedem weiteren Schreiben wiederum lediglich eine Benennung von Belegen/Zeugen in Aussicht gestellt. Auch zuletzt versuchte der Bf, das Verfahren weiter zu verzögern, etwa durch den Verweis auf von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmte Unterlagen, welche "Notizen" zum gegenständlichen Verfahren enthielten, und ohne welche ihm eine Beantwortung, konkret der Frage der "vorsorglichen" Postaufgabe des Vorlageantrages in W, nicht möglich sei. Nachdem von der angeblichen Postaufgabe in W am jedoch ohnehin nicht ausgegangen wird, war dem Ansuchen auf weitere Fristerstreckung zur Besorgung der Unterlagen von der Staatsanwaltschaft nicht näherzutreten. Gemeinsam mit der Tatsache, dass der Bf selbst über keinerlei Belege für seine angeblichen W- und B_aufenthalte verfügt, lässt dies nur den Schluss zu, dass, angefangen von den Datumsangaben im Vorlageantrag, das gesamte Vorbringen bzw. sämtliche aufgestellten Behauptungen nur dazu dienten, die Versäumnis der Rechtsmittelfrist zu verschleiern.

IV. Rechtslage und Erwägungen

1. § 16 ZustG zur Ersatzzustellung lautet, soweit von Relevanz:
(1) Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
(2) Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist.
(3) Durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat.
(5) Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Als öffentliche Urkunde begründet ein "unbedenklicher" - dh die gehörige äußere Form aufweisender - Zustellnachweis die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs, doch ist der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit zulässig (; , 2007/05/0205; , 96/03/0350). Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen ( mwN).

In seiner ursprünglichen Verantwortung machte der Bf die Unrichtigkeit des Zustellnachweises zur Beschwerdevorentscheidung vom , indem er behauptete, die Beschwerdevorentscheidung sei vom Zustellorgan an einen nicht zur Empfangnahme bevollmächtigten (Ersatz)Empfänger ausgehändigt worden, insbesondere stimme die Angabe auf dem Zustellschein nicht, wonach das Schriftstück von einem "Mitbewohner" übernommen worden sei. Der Bf konnte jedoch diese Behauptung im Weiteren nicht nachweisen. Bloße Andeutungen darüber, dass Zusteller üblicherweise versuchten, Schriftstücke irgendwo im Haus loszuwerden, können die Richtigkeitsvermutung eines Zustellnachweises für sich gesehen nicht entkräften. Der Bf konnte außerdem, wie oben unter Pt. III. dieses Erkenntnisses dargestellt, weder die Untauglichkeit seiner an seiner Wohnadresse gemeldeten Lebensgefährtin als Ersatzempfängerin nachweisen, noch seine behauptete Ortsabwesenheit, welche die Untauglichkeit der Ersatzzustellung zur Folge gehabt hätte.

Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung war somit mit der Übernahme durch die Lebensgefährtin am bewirkt.

2. Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde. Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist diese Bestimmung sinngemäß auf Vorlageanträge anzuwenden.

Die Monatsfrist zur Erhebung des Vorlageantrages begann im Beschwerdefall mit der Zustellung am zu laufen und endete somit grundsätzlich am . Da der ein Samstag war, endete die Frist gem. § 108 Abs. 3 BAO am Montag, den .

Die Einreichung des Vorlageantrages durch persönliche Abgabe am erfolgte somit verspätet, der Vorlageantrag war gem. § 260 Abs. 1 lit. b iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen.

3. Es wird abschließend angemerkt, dass die inhaltliche Behandlung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom , deren Vermeidung der Bf der Abgabenbehörde wiederholt vorwarf, aufgrund des Eingeständnisses des Bf in der Beantwortung des Haftungsvorhaltes vom , lediglich pro-forma-Geschäftsführer gewesen zu sein und über keine Unterlagen zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu verfügen, kaum zu einer Stattgabe des Rechtsmittels führen hätte können (vgl. die Ausführungen von Ritz/Koran, BAO7, § 9, unter C. Verletzung von Pflichten u. D. Verschulden des Vertreters, samt weiteren Verweisen).

4. In der Beschwerde vom erhob der Bf "vorsorglich" Einwendungen gegen die haftungsgegenständlichen Abgaben. Dieses als Beschwerde iSd § 248 BAO zu wertende Vorbringen wird infolge Rechtskraft des Haftungsbescheides von der Abgabenbehörde zu erledigen sein.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Beschluss erging in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Bei der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung und der Einbringung des Vorlageantrages war das Sachverhaltsvorbringen im Einzelfall zu würdigen. Einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100194.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at