Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.07.2023, RV/7103227/2019

Vertrag auf bestimmte und unbestimmte Dauer, ein vereinbarter anteiliger 'Investitionsbeitrag' für den Fall der Kündigung durch die Mieterin ist Teil der Bemessungsgrundlage

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Thomas Hufnagl, Dr.-Franz-Rehrl-Platz 2, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Rechtsgebühr, Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer 10-2019, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) betreibt mehrere Gewerbeparks, ua. den Gewerbepark "XYZ". Die Flächen im Gewerbepark sind teilweise vermietet, zum Teil veräußert worden. Die Bf führt unter der Steuernummer ***BF1StNr1*** ein Gebührenjournal.

Im Zuge einer Überprüfung der Selbstberechnung durch den vertragserrichtenden Rechtsanwalt vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Bestandvertragsgebühr für den Mietvertrag vom über Geschäftsräumlichkeiten in dem Gewerbepark zwischen den Liegenschaftseigentümern, die Bf und Herrn WS, als Vermieter und der H-GmbH als Mieterin nicht korrekt selbstberechnet worden sei.

Das Finanzamt schloss sich dieser Rechtsansicht an und setzte mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 201 BAO die Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 5 GebG mit € 20.631,23 fest (Nachforderung € 14.920,23). Das Finanzamt ging dabei von einer bestimmten Vertragsdauer von 7 Jahren mit anschließender unbestimmter Dauer (drei Jahre) aus. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Mietvertrag zwar unbefristet abgeschlossen worden sei, die Bestandnehmerin habe jedoch für die Dauer von 7 Jahren auf die ordentliche Kündigung verzichtet und sei somit für diese Dauer an den Vertrag gebunden. Für die Bestandgeberin sei das Kündigungsrecht auf ausdrücklich im Vertrag vereinbarte Kündigungsgründe oder eines jeden Grundes gemäß § 30 MRG beschränkt. Von den Kündigungsgründen des § 30 Abs. 2 MRG würden die Z 5, 6, 8, 10, 11, 12, 15 und 16 ausscheiden. Die verbliebenen Kündigungsgründe des § 30 MRG seien nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Bestandvertrages durch Ausübung des Kündigungsrechtes gegeben sei. Somit hätten weder die Bestandgeber noch die Bestandnehmerin ein uneingeschränktes Kündigungsrecht. Nach Vertragspunkt II/2. habe die Bf außerdem umfangreiche Investitionen getätigt, die von der Mieterin ausgehend von einer 20-jährigen Nutzungsdauer mit einem jährlichen Betrag von € 26.610,- zu ersetzen seien. Bei einer vorzeitigen Kündigung ab dem 8. Jahr verringere sich dieser Betrag auf die Hälfte somit € 13.305,- zuzüglich USt. Nach einer gebührenrechtlichen Vertragsdauer von 10 Jahren verblieben somit 10/20tel als Forderung der Vermieterin, die von der Mieterin zu ersetzen wären. Dies sei der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen.

Dagegen brachte die Bf mit Schriftsatz vom Beschwerde ein und führte zur Begründung aus, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten darstelle, sodass ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen sei (). Der Bf sei außerdem die Kündigung bei wichtigen Gründen im Sinne des § 30 Abs. 1 MRG immer möglich und nicht nur bei Vorliegen der in § 30 Abs. 2 MRG demonstrativ aufgezählten Gründen. Des Weiteren würde es eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darstellen, wenn bei einer gewerblichen Vermietung wegen der Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG eine bestimmte Mietvertragsdauer unterstellt werde, da nur ein Teil der in § 30 Abs. 2 MRG normierten wichtigen Gründe auf gewerbliche Mietverhältnisse Anwendung fänden, während bei einer Wohnungsmiete die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 MRG eine unbestimmte Dauer des Mietverhältnisses bedeuten würde. Ein Eigenbedarf sei im Übrigen auch bei einer Geschäftsraummiete möglich. Der Bf sei es - unter Berücksichtigung der gesetzlich normierten Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG - unbenommen, das Mietverhältnis aufzukündigen. Im Falle der Aufkündigung durch die Bf als Vermieterin löst dies keinerlei Zahlungsverpflichtung der Mieterin aus und zieht dies auch die Befreiung beider Vertragsteile von ihren Verpflichtungen aus diesem Mietverhältnis für die Zeit nach der Vertragsauflösung nach sich. Das auch eine vom Mieter verschuldete Aufkündigung des Bestandverhältnisses durch die Vermieterin (§ 1118 ABGB) die Ersatzpflicht nach sich zieht, sei für diese Beurteilung nicht maßgeblich. Es wurde beantragt, die Gebühr entsprechend der Selbstberechnung festzusetzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

Fristgerecht brachte der Bf mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ohne weitere Begründung ein.

Das Finanzamt legte daraufhin die Beschwerde samt Aktenteilen laut Aktenverzeichnis dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Vorlagebericht vom ).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bf ist (Mit-)Eigentümerin einer Liegenschaft, auf der sich ein aus mehreren ehemaligen Fabrikshallen bestehender Gewerbepark befindet.

Mit Bestandvertrag vom wurden der Mieterin Büro- und Lagerräumlichkeiten in diesem Gewerbepark in Bestand gegeben.

Das Bestandobjekt wurde ausschließlich zu Betriebszwecken vermietet (siehe VP. I Z 5).

Für die im Eigentum der Bf stehenden Bestandräumlichkeiten gelangte ein Mietzins von € 9.620,40 zur Vorschreibung, wobei davon € 2.880,08 auf den Ausbau, der durch die Bf getätigt wurde, entfallen. Für die im Eigentum von Herrn WS stehenden Bestandräumlichkeiten wurden € 1.222,53 vereinbart. Zuzüglich Umsatzsteuer ergibt den gebührenrechtlich relevanten monatlichen Pachtzins von € 13.011,52 (siehe VP. III. Z 1).

Die von der Bf getätigten Investitionen in Höhe von netto € 532.200,00 wurden ausschließlich zum Nutzen der Mieterin gemacht (siehe VP. II. Z 2).

Zuzüglich zum Mietzins hat der Mieter nach Punkt III. Z 3. des Mietvertrages die anteiligen Betriebs- und Heizkosten, die laufenden öffentlichen Abgaben, die Auslagen für die Verwaltung und den Anteil an den besonderen Aufwendungen zu bezahlen. Das dafür vereinbarte Betriebskostenakonto beträgt € 2.850,67.

Vertraglich wurde der Pachtvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es wurde jedoch ein Kündigungsverzicht der Mieterin für die Dauer von 7 Jahren vereinbart.

Punkt II. "Beginn und Dauer des Vertrages" des Mietvertrages lautet:

"1.Das Mietverhältnis beginnt am und wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Es kann unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten zum 30.06. bzw. 31.12. - von den Vermietern nur bei Vorliegen eines Kündigungsgrunds im Sinne des § 30 MRG und gerichtlich, vom Mieter auch schriftlich mittels eingeschriebenen Briefs - aufgekündigt werden, wobei die rechtzeitige Absendung für die Einhaltung der Kündigungsfrist genügt. Der Mieter verzichtet auf die Dauer von 7 Jahren (sieben) auf die Aufkündigung des Mietverhältnisses, sodass ihm eine solche frühestens mit Wirksamkeit zum -unter Einhaltung der 6-monatigen Kündigungsfrist- möglich ist.

2.Der Vermieter Firma ………………. (die Bf) wird umfangreiche Investitionen für den Mieter auf den ihm gehörigen Bestandflächen tätigen. Diese Investitionen belaufen sich auf eine Höhe von netto € 532.200,00, die dann ausschließlich zum Nutzen für den Mieter sein werden. Für diese Investitionen ist eine Nutzungsdauer von 20 Jahren zu veranschlagen, die für den Vermieter dafür anfallenden Kosten wurden so kalkuliert, dass diese aus den für die nächsten 20 Jahren aus diesem Mietverhältnis zu erwartenden Mietzinserlösen entsprechend abgedeckt werden. Da diese Investitionen weder für den Vermieter Fa……………. noch für spätere Mieter Vorteil sein werden, vereinbaren die Vertragsteile für den Fall, dass der Mieter von seinem Kündigungsrecht des Bestandverhältnisses innerhalb von 20 Jahre ab Mietvertragsbeginn, sohin vor dem Gebrauch macht, dass diese dem Vermieter Firma ………. die von ihm getätigten Aufwendungen und Investitionen anteilig ersetzt. Gleiches gilt, wenn gegenständliches Mietverhältnis aus Gründen, die vom Mieter zu verantworten sind, aufgelöst wird (insbesondere nach § 1118 ABGB). Für jedes Jahr der vorzeitigen Aufkündigung des Bestandverhältnisses durch den Mieter bzw. der vorzeitigen vom Mieter zu verantwortenden Auflösung des Bestandverhältnis- dem verpflichtet sich der Mieter Firma ……….. dem Vermieter Firma ………….. gegenüber ein 1/20stel der von ihm aufgewendeten Investitionen, das sind pro Jahr an vorzeitiger Aufkündigung / Auflösung des Mietverhältnisses € 26.610,00 zuzüglich Umsatzsteuer zu bezahlen; wird daher das Bestandverhältnis vom Mieter im ersten Jahr der Dauer dieses Bestandverhältnisses aufgekündigt / aufgrund von ihm zu vertretender Gründe aufgelöst, so hat der Mieter die Investitionen dem Vermieter zur Gänze (€ 532.200,00 zuzüglich Umsatzsteuer), im zweiten Jahr 19/20stel (€ 505.590,00 zuzüglich Umsatzsteuer), im dritten Jahr 18/20stel, im siebten Jahr 13/20stel zu bezahlen. Ab dem 8. Jahr einer vorzeitigen Auflösung / vom Mieter zu verantwortenden Auflösung, sohin vom bis zum , verringert sich die dann der vom Mieter zu leistende und wie zuvor zu berechnende Betrag um die Hälfte, sodass im Fall der vorzeitigen Beendigung der Mieter Firma ……………, dem Vermieter Firma ………….. dann im 8. Jahr die Hälfte von 12/20stel (das sind € 159.660,00 zuzüglich Umsatzsteuer), im 9. Jahr die Hälfte von 11/20stel bzw. letzten 20. Jahr noch die Hälfte von 1/20stel (= € 13.305,00 zuzüglich Umsatzsteuer) jeweils dieser vereinbarten Investitionssumme (€ 532.200,00 zuzüglich Umsatzsteuer) zu bezahlen hat."

Punkt VI. "Vorzeitige Vertragsauflösung" lautet:

"Dieser Mietvertrag kann unbeschadet der vereinbarten ordentlichen Aufkündigung jederzeit gemäß den Bestimmungen der §§ 1117 und 1118 ABGB aufgelöst werden, und zwar seitens des Mieters, wenn das Mietobjekt ohne seine Schuld in einen Zustand gerät, der es zum bedungenen Gebrauch untauglich macht und seitens der Vermieter, wenn der Mieter einen erheblich nachteiligenGebrauch vom Bestandsobjekt macht, oder wenn er nach geschehener Einmahnung und Ablaufs einer darin zu setzenden Nachfrist von mindestens 14 Tagen mit der Bezahlung des Mietzinses, Werterhöhungsbeträgen, Betriebskosten und dergleichen dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf des Termines den rückständigen Mietzins samt Umsatzsteuer und Werterhöhungsbeträgen, Betriebskosten und dergleichen nicht vollständig entrichtet hat."

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig und ergeben sich insbesondere aus dem vorliegenden Bestandsvertrag. Gegenteilige Unterlagen wurden nicht vorgelegt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gebührenschuldner, Festsetzung

Nach § 28 Abs. 1 lit. a GebG sind bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften (vgl. hiezu die Ausführungen bei § 16 GebG) die Unterzeichner der Urkunde zur Entrichtung der Gebühren verpflichtet, wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt ist (vgl. , je vom , 88/15/0119, und 88/15/0120, und vom , 99/16/0405).

Sind mehrere Personen Schuldner derselben Gebühr, so schulden sie diese nach § 28 Abs. 6 GebG grundsätzlich als Gesamtschuldner. Nach § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften wie hier dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 28 GebG Rz 21, und die dort zitierte Rechtsprechung).

Selbstbemessungsabgaben sind Abgaben, bei denen der Abgabenschuldner (Eigenschuldner) oder der Abfuhrpflichtige (Haftungspflichtige) die Abgaben selbst zu berechnen und zu entrichten hat, ohne vorherige abgabenbehördliche Tätigkeiten (zB bescheidmäßige Festsetzungen) abwarten zu dürfen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 201 Rz 1).

Gemäß § 201 Abs. 2 Z 1 BAO kann die Festsetzung von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages erfolgen.

Die (erstmalige) Festsetzung von Selbstberechnungsabgaben liegt grundsätzlich im Ermessen der Abgabenbehörde. Ebenso wie etwa für Maßnahmen nach § 299 Abs. 1 (Aufhebung) oder nach § 303 (Wiederaufnahme) wird primär der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung bei der Ermessensübung nach § 201 BAO zu berücksichtigen sein. Geringfügig sich auswirkende Feststellungen werden idR zu unterlassen sein (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 201 Rz 30).

Grundsätzlich kommt dem Prinzip der Rechtmäßigkeit (Rechtsrichtigkeit) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit (Rechtsbeständigkeit; vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 299 Rz 54).

Bei Ermessensentscheidungen sind die maßgebenden Umstände und Erwägungen aufzuzeigen; solche Entscheidungen sind insoweit zu begründen, als dies die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erfordert (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 93 Rz 13, mit Hinweisen auf die Rsp des VwGH).

Das Finanzamt hat bislang eine Ermessensbegründung unterlassen. Begründungsmängel im Abgabenverfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden (vgl. zB hinsichtlich der Begründung der Ermessensübung; vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 93 Rz 16)

Nach § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Die Festsetzung der Bestandsvertragsgebühr erfolgt unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten Sachverhaltsermittlungen und ergibt sich insbesondere aus dem Inhalt des Bestandsvertrages vom . Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Beibehaltung der bisherigen Selbstberechnung) einzuräumen. Die steuerlichen Auswirkungen sind auch nicht geringfügig.

Wert

Gemäß § 33 TP 5 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Rechtsgebühr von 1 vH nach dem Wert.

Die Rechtsgebühr nach § 33 TP 5 GebG ist "nach dem Wert" des Bestandvertrages zu bemessen. Dieser Wert ergibt sich aus Bestandzins und Bestanddauer (vgl. , vom , 15/2638/80, und vom , 2001/16/0606).

Vertragsdauer

Nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht entgegensteht. Ein nach seinem Wortlaut auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag ist als ein Vertrag auf vorerst bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist. Die Vereinbarung etwa aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stellt noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, weshalb in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (vgl. , und ).

Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. und 0112).

Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. , mwN).

Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. auch nochmals und 0112; ; ).

Unter Punkt II. des gegenständlichen Mietvertrages wurde eine unbestimmte Vertragsdauer sowie ein Kündigungsverzicht der Mieterin für einen Zeitraum von 7 Jahren vereinbart. Die Bf als Bestandgeberin kann nur bei Vorliegen eines der Kündigungsgründe des § 30 MRG kündigen.

Gemäß § 30 Abs. 1 MRG kann der Vermieter nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen. Was als wichtiger Grund insbesondere anzusehen ist, wird in Abs. 2 leg. cit bestimmt.

Betreffend die vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ist zu berücksichtigen, dass der Bestandgegenstand Geschäftsräumlichkeiten in einem Gewerbepark umfasst, weshalb die Ziffern 5, 6, 8 und 16 des § 30 Abs. 2 MRG bereits mangels Wohnraumeigenschaft des Bestandgegenstandes ausscheiden. § 30 Abs. 2 Z 2 MRG kommt nicht zur Anwendung, da das Entgelt für den Bestandgegenstand nicht in einer Dienstleistung besteht. Ebenso wenig greift Z 10 leg cit, da der Bestandgegenstand nicht zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt ist.

Zu den übrigen in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen ist wie folgt auszuführen:

§ 30 Abs. 2 Z 11 MRG ist nicht anwendbar, da es sich bei der Bestandgeberin nicht um eine Gebietskörperschaft handelt.

§ 30 Abs. 2 Z 12 MRG setzt ein Untermietverhältnis voraus, das im vorliegenden Fall nicht vorliegt.

§ 30 Abs. 2 Z 13 MRG ist kein eigenständiger Kündigungsgrund, sondern sieht vielmehr die Möglichkeit der Vereinbarung von weiteren Kündigungsgründen vor. Im gegenständlichen Fall wären das die in Punkt VI. des Bestandvertrages vereinbarten Auflösungsgründe (siehe unten).

§ 30 Abs. 2 Z 14 und Z 15 MRG kommen nicht in Betracht, da das Bestandsobjekt nicht in einem Miet(wohn)haus gelegen ist und darüber hinaus keine Hinweise auf eine wirtschaftlichen Abbruchreife bestehen.

Die Kündigungsgründe § 30 Abs. 2 Z 1 MRG (Mietzinsrückstand), Z 3 (erheblich nachteilige Nutzung des Bestandgegenstandes), Z 4 (Untervermietung) und Z 7 (vertragswidrige Verwendung) liegen allesamt in der ausschließlichen Sphäre des Bestandnehmers und sind jeglichem Einfluss des Bestandgebers entzogen.

Lediglich der Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 9 MRG (Eigenbedarf) liegt in der Sphäre des Bestandgebers. Dieser Kündigungsgrund ist jedoch einerseits von nicht umfassender Natur und andererseits ist auch die Wahrscheinlichkeit einer Realisierung dieses Kündigungsgrundes äußerst gering. Wenngleich der Kündigungsgrund des Eigenbedarfs auch von juristischen Personen geltend gemacht werden kann, bedarf es nämlich als Voraussetzung auch bei diesen, dass die vermieteten Räumlichkeiten zur Zweckerfüllung dringend benötigt werden und die vorliegende unabweisliche Notwendigkeit nur durch Aufkündigung des Bestandverhältnisses erreicht werden kann. Dabei muss es sich um einen Bedarf der juristischen Person selbst handeln (vgl. , mwN). Für den Eigentümer eines Gewerbeparks erscheint ein solcherart zu verstehender dringender Eigenbedarf an sich dort befindlichen Geschäftsräumlichkeiten iSd § 30 Abs. 2 Z 9 MRG allerdings sehr gering, zumal die Vermietung von Gewerbeflächen zum Geschäftszweck der Bf gehört.

Darüber hinaus hat die Bf umfangreiche Investitionen für die Mieterin auf der ihr gehörigen Bestandflächen getätigt (netto € 532.200,00), die dann ausschließlich zum Nutzen der Mieterin waren (siehe VP. II. Z 2).. Diese Investitionskosten waren daher auf die Bedürfnisse der Mieterin abgestimmt und wurden auf 20 Jahre kalkuliert. Aus diesem Grund wurde beim Mietzins eine laufende 'Investitionsablöse' eingepreist und für den Fall der Kündigung durch die Mieterin eine gestaffelte, nachträgliche Abgeltung der Investitionen vereinbart. Der Umstand, dass die Bf für den Fall der von ihr ausgesprochenen Aufkündigung (ohne Verschulden der Mieterin) keine Investitionsabgeltung erhält, macht eine Aufkündigung nach § 30 Abs. 2 Z 9 MRG ebenfalls äußerst unwahrscheinlich.

Die Bf hatte somit keineswegs die Möglichkeit, den Bestandvertrag ohne Beschränkung auf einzelne, in der Urkunde ausdrücklich bezeichnete Gründe durch Kündigung zu beenden. Vielmehr war sie dazu im Ergebnis nur aus einzelnen in § 30 Abs. 2 MRG angeführten Gründen berechtigt, die - soweit diese dem Grunde nach überhaupt denkmöglich sind - sämtlich in der Person des Bestandnehmers gelegen und jeglichem Einfluss der Bf entzogen sind. Eine Ungleichbehandlung zwischen Mietern von Geschäftsräumlichkeiten und Wohnraummietern in Bezug auf die Beurteilung, ob ein befristetes oder unbefristetes Mietverhältnis vorliegt, ist damit nicht gegeben, da es der Bf jederzeit freigestanden wäre, die Kündigungsmöglichkeiten vertraglich eben nicht zu beschränken.

Die unter Punkt VI. des Mietvertrages vereinbarten Gründe für eine vorzeitige Vertragsauflösung, setzen ein Fehlverhalten des Vertragspartners bzw. die Unbrauchbarkeit des Bestandsgegenstandes voraus und können daher ebenso nicht beliebig ausgeübt werden.

Auf Seiten der Mieterin liegt außerdem ein Kündigungsverzicht vor, der diese für die Dauer von 7 Jahren in ihrer Kündigungsmöglichkeit einschränkt.

Aufgrund des vereinbarten einseitigen Kündigungsverzichts der Mieterin und der Eingeschränktheit der Kündigungsmöglichkeit bzw der Unwahrscheinlichkeit der Ausübung der Kündigungsgründe der Bf liegt daher dem Vertragsinhalt nach zunächst ein auf 7 Jahre befristeter Mietvertrag vor, der danach in einen Vertrag mit unbestimmter Dauer übergeht.

Preis

Die Bestimmung der Bemessungsgrundlage mit dem Begriff "nach dem Wert" bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung sowohl des Verwaltungsgerichtshofes als auch des Verfassungsgerichtshofes, dass darunter der Preis, das heißt alle Leistungen zu verstehen sind, die der Bestandnehmer für die Überlassung der Sache zum Gebrauch zu erbringen hat (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 33 TP 5 GebG Rz 75, und die dort zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zählen zum "Wert", von dem die Gebühr für Bestandverträge zu berechnen ist, alle Leistungen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet hat, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 33 TP 5 GebG Rz 76, und die dort zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung).

Betriebskosten sind daher in die Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr einzubeziehen (vgl. 812, 813/60, und ).

Baukostenbeiträge zählen zur Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr (vgl. ; Slg 207/F). Ein vom Bestandnehmer versprochener Baukostenzuschuss gehört zum "Werte" und damit zur Bemessungsgrundlage der Gebühr, weil die Leistung des im Vertrag vereinbarten Baukostenzuschusses eine Voraussetzung dafür war, dass der Beschwerdeführer in den Genuss des Mietrechtes an der Wohnung gelangen konnte (). Einmalige Leistungen, wie etwa Baukostenzuschüsse oder Grundkostenanteile sind ebenso in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (vgl. ; ; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 33 TP 5 GebG Rz 94).

Im § 26 GebG wird bestimmt, dass für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände grundsätzlich, soweit also insbesondere in den Tarifbestimmungen nichts anderes vorgeschrieben wird, die Bestimmungen des BewG 1955 gelten (vgl. ; , vom , 84/15/0184, vom , 85/15/0246, je vom , 88/15/0119, und 88/15/0120, und vom , 2000/16/0562).

Abweichend von den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes sind gemäß § 26 GebG bei der Bewertung gebührenpflichtiger Gegenstände bedingte ("unsichere") Leistungen und Lasten als sofort fällige bzw. unbedingte ("sichere") zu behandeln (vgl. , vom , 88/15/0109, vom , 88/15/0032, vom , 89/15/0140, vom , 92/16/0130, und vom , 95/16/0248, 0249). Diese Bestimmung stellt eine zur Wahrung des Urkundenprinzips im Gebührenrecht erforderliche Sondervorschrift dar (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 26 Rz 39).

Für die Bewertung von Leistungen und Lasten, somit für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage einer Rechtsgebühr, wird im § 26 GebG die Unbeachtlichkeit einer Bedingung bestimmt (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 26 Rz 40).

Im vorliegenden Bestandsvertrag wurde die (anteilige) Investitionsablöse unter der Bedingung der Vertragsauflösung vereinbart. Nach § 26 GebG ist eine solche Bedingung unbeachtlich.

Ausgehend von einer gebührenrechtlichen Vertragsdauer von 10 Jahren wäre daher nach Ablauf des 10. Jahres (sohin ab ) eine Investitionsablöse von € 133.050,-, das sind 10/20stel der Gesamtsumme (siehe Berechnung in der Mietvertragsurkunde unter VP. II. Z 2), zuzüglich Umsatzsteuer zu leisten. Dieser Betrag ist in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen.

Der angefochtene Bescheid entspricht sohin der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da sich das Bundesfinanzgericht bei der Lösung der anstehenden Rechtsfragen auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut und auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen konnte.

Im Revisionsfall liegt somit bereits aus diesem Grund eine klare bzw. geklärte Rechtslage vor.

Ob ein konkreter Bestandvertrag vom Verwaltungsgericht, das sich auf dem Boden der erwähnten Rechtsprechung bewegt, im Einzelfall in seiner Gesamtgestaltung als Vertrag auf bestimmte Dauer oder auf unbestimmte Dauer gedeutet wird, ist von krassen Fehlentscheidungen abgesehen keine Frage, die über den Einzelfall hinausgeht und daher nicht grundsätzlich im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. etwa , , ; ; ).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt ganz allgemein die Auffassung, dass Einzelfragen zur Auslegung von Verträgen keine grundsätzliche Bedeutung zu kommt (vgl. Beschluss vom , Ra 2018/16/0119).

Salzburg, am

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ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103227.2019

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