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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.09.2023, RV/7102917/2023

(Lohn-)steuerliche Behandlung von Wiedereingliederungsgeld im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) - Herr ***Bf*** - bezog im Jahr 2021 Bezüge durch die Österreichische Gesundheitskasse in Form eines Wiedereingliederungsgeldes gemäß § 143d ASVG für 132 Tage in Höhe von 19,09 € brutto täglich, ds 2.519,88 €.

Mit Schriftsatz vom wurde der Bf vom Finanzamt ersucht, die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 bis spätestens zu übermitteln und darüber informiert, dass der Bf zur Abgabe einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung verpflichtet sei, weil er zum Beispiel bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt gewesen sei, mehrere Pensionen oder Krankengeld, Rehabilitationsgeld, eine Entschädigung vom Bundesheer, Auszahlungen von der Bauarbeiterurlaubskasse oder vom Insolvenz-Entgelt-Fonds erhalten habe.

Da der Bf dem Ersuchen, seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 zu übermitteln, nicht nachgekommen ist, erfolgte die Veranlagung aufgrund der vorhandenen Daten (Lohzettel des Arbeitgebers, Kontrollmitteilungen, automatisch übermittelte Sonderausgaben). Im Einkommensteuerbescheid 2021 vom wurde von der Österreichischen Gesundheitskasse an den Bf ausbezahltes Wiedereingliederungsgeld in Höhe von 2.519,88 €, abzüglich eines Siebentels (359,98 €), ds 2.159,91 € als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Ansatz gebracht.

Mit Schreiben vom erhob der Bf Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 vom und beantragte - da es sich beim Wiedereingliederungsgeld um nicht lohnsteuerpflichtige Bezüge handle - die Lohnsteuerfreiheit der erwähnten Bezüge bescheidmäßig zu berücksichtigen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 mit der Begründung abgewiesen, dass die behauptete Steuerfreiheit des Wiedereingliederungsgeldes jeder gesetzlichen Grundlage entbehre.

Mit Schreiben vom stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht und führte im Wesentlichen aus, dass ihm mittlerweile gemäß Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 97/13/0096 bekannt geworden sei, dass der in § 69 Abs 2 EStG 1988 normierte tägliche Freibetrag von 30 € im Rahmen der auf § 41 Abs 1 Z 3 EStG 1988 basierenden Pflichtveranlagung nicht mehr berücksichtigt werde, sodass die von der Österreichischen Gesundheitskasse übermittelten Beträge der vollen Tarifbesteuerung unterworfen worden seien. Im Erkenntnis GZ. RV/7102041/2018 des Bundesfinanzgerichtes werde aber dazu in den rechtlichen Erwägungen auch folgendermaßen ausgeführt: "Vorangeführte Nichtabzugsfähigkeit der Freibeträge im Rahmen der Veranlagung bedeutet, dass die Krankengelder - gekürzt um ein Siebentel - als laufende Bezüge in die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einfließen und ergo dessen dem Tarif unterzogen werden. Mit anderen Worten stellt sohin der Freibetrag von 30 Euro pro Tag ein exklusiv im Rahmen der pauschalen Lohnbesteuerung zu erfassendes Element dar." Der Bf räumte ein, dass die Berechnung der Einkommensteuer korrekt vorgenommen worden sei, was auch nicht mehr weiter bestritten werde, jedoch richte sich die Beschwerde aber nunmehr gegen die Richtigkeit der pauschalen Berechnung der Lohnsteuer vor der erfolgten Pflichtveranlagung durch die belangte Behörde. Hätte nämlich gemäß Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zu diesem Zeitpunkt der tägliche steuerliche Freibetrag des § 69 Abs 2 EStG 1988 in Höhe von 30 € rechtmäßig Berücksichtigung gefunden, so hätten diese auf die dem Bf seitens der Österreichischen Gesundheitskasse zugeflossenen Bezüge in Höhe von 2.189,90 € bei der Lohnsteuerberechnung durch die belangte Behörde angerechnet werden müssen. Für das Jahr 2021 betrage demnach die Gesamtsumme des steuerlichen Freibetrags pro Monat insgesamt 900 € (30 € mal 30 Kalendertage) und daher für den betroffenen Zeitraum vom bis zum 3.870 €. Der Bf beantragte, eine neuerliche Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2021 vorzunehmen, in der dieses Mal die Kürzung um den monatlichen steuerlichen Freibetrag gemäß § 69 Abs 2 EStG 1988 von 900 € berücksichtigt werde.
Weiters stellte der Bf den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da er die Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung gemäß § 134 Abs 1 BAO versäumt habe und er im Irrtum über seine Pflicht zur Selbstvornahme der Arbeitnehmerveranlagung gemäß § 42 EStG 1988 gewesen sei; er sei irrtümlich davon ausgegangen, dass es auch im Jahr 2021 zu einer antragslosen Arbeitnehmerveranlagung durch die belangte Behörde kommen würde.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Bescheidbeschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bf bezog im Streitjahr 2021 von der Österreichischen Gesundheitskasse Wiederein-gliederungsgeld für den Zeitraum vom bis (132 Tage) in Höhe von 19,09 € brutto täglich, nämlich 2.519,88 €.

Dem Ersuchen der Abgabenbehörde, eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 zu übermitteln, ist der Bf nicht nachgekommen.

Die Festsetzung der Einkommensteuer erfolgte im Rahmen einer Pflichtveranlagung.

Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2021 wurde der Betrag von 2.519,88 €, abzüglich eines Siebentels, somit 2.159,91 €, als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Ansatz gebracht.

Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit c EStG 1988 sind Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs 1 Z 3 EStG 1988 zu veranlagen, wenn im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs 2, […] zugeflossen sind.

Gemäß § 69 Abs 2 EStG 1988 sind bei Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung sowie aus einer Kranken- oder Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständigen Erwerbstätigen gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit c und e, bei Auszahlung von Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG und bei Auszahlung von Wiedereingliederungsgeld gemäß § 143d ASVG 20 % Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen. Wird ein 13. bzw 14. Bezug zusätzlich ausgezahlt, hat ein vorläufiger Lohnsteuerabzug von diesen Bezügen zu unterbleiben. Zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren haben die Versicherungsträger bis zum 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) auszustellen und an ihr Finanzamt zu übermitteln. In diesem Lohnzettel ist ein Siebentel gesondert als sonstiger Bezug gem § 67 Abs 1 auszuweisen.

Nach § 69 Abs 2 EStG 1988 hat unter anderem im Fall des Bezugs von unter § 25 Abs 1 Z 1 lit c EStG (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) zu subsumierendem Wiedereingliederungsgeld - gleichsam im Vorfeld einer Veranlagung - zunächst eine pauschale Lohnbesteuerung dieser Bezüge im Ausmaß von 20 % zu erfolgen, soweit der Freibetrag von 30 Euro täglich überschritten wird.

Wenn der Bf im Vorlageantrag ausführt, dass sich "die Beschwerde nunmehr gegen die Richtigkeit der pauschalen Berechnung der Lohnsteuer vor der erfolgten Pflichtveranlagung richte", und damit Bezug auf die Bestimmung in § 69 Abs 2 EStG 1988 nimmt, wonach bei Auszahlung von unter anderem Wiedereingliederungsgeld gemäß § 143d ASVG 20 % Lohnsteuer einzubehalten sind, wird darauf verwiesen, dass 20 % Lohnsteuer lediglich dann einzubehalten sind, "soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen". Da laut Schreiben der Österreichischen Gesundheitskasse vom das Wiedereingliederungsgeld 19,09 € brutto täglich beträgt und diese Bezüge 30 Euro täglich somit nicht übersteigen, wurde zu Recht 20 % Lohnsteuer nicht einbehalten und die Lohnsteuer vor der erfolgten Pflichtveranlagung nicht pauschal berechnet. Für einen Freibetrag in Höhe von 30 € täglich im Rahmen einer pauschalen Lohnbesteuerung vor der Pflichtveranlagung bietet das Gesetz im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Grundlage.

Im Hinblick darauf, dass das vom Bf bezogene Wiedereingliederungsgeld in Höhe von 19,09 € brutto täglich den Betrag von 30 Euro täglich nicht übersteigt, war das Wiedereingliederungs-geld - gekürzt um ein Siebentel - als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Ansatz zu bringen und somit dem Tarif zu unterziehen.

Bezüglich des Begehrens des Bf, eine neuerliche Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO vorzunehmen, wird darauf hingewiesen, dass die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen hat, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann (vgl § 184 Abs 1 BAO). Da zum Zeitpunkt der Veranlagung der Einkommensteuer der Lohnzettel des Arbeitgebers des Bf, die Lohnzettel der Österreichischen Gesundheitskasse sowie die Sonderausgaben übermittelt waren, erfolgte keine Schätzung der Grundlagen für die Abgabenerhebung, sondern die Berechnung der Einkommensteuer an Hand der erwähnten Unterlagen.

Hinsichtlich des Begehrens des Bf auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird auf die diesbezügliche Zuständigkeit der Abgabenbehörde verwiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die vorliegende Entscheidung stützt sich auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der zitierten gesetzlichen Bestimmungen.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 143d ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 69 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 134 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 42 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 143a ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Wiedereingliederungsgeld
pauschale Lohnbesteuerung
Pflichtveranlagung
Siebentel
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102917.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at