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Maßnahmenbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.08.2023, RM/7300004/2023

Beschlagnahme bei Gefahr im Verzug von medizinischen und diätischen Produkten innerhalb der Reisefreimenge, die allerdings zum gewerblichen Gebrauch bzw. Verkauf bestimmt waren.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RM/7300004/2023-RS2
Erste unvorbereitete Aussagen kommen der Wahrheit näher als im Zuge eines Verfahrens geänderte Verteidigungslinien (vgl. etwa die bei Tannert, FinStrG, E 71 zu § 98 FinStrG, zitierte VwGH-Rechtsprechung; ).
Folgerechtssätze
RM/7300004/2023-RS1
wie RM/7300001/2022-RS4
Eine "Gefahr im Verzug"-Situation liegt vor, wenn die Beschlagnahme von Gegenständen durch die Einholung eines schriftlichen Auftrages der zuständigen Finanzstrafbehörde aus irgendeinem Grund gefährdet erscheint, wobei schon die geringste Gefahr zur Beschlagnahme ohne schriftlichen Auftrag ausreicht, weil der Sicherungszweck im Vordergrund steht. Eine solche Gefahrensituation liegt jedenfalls vor, wenn die Beschlagnahme von Gegenständen durch die Einholung eines schriftlichen Auftrages der zuständigen Finanzstrafbehörde verzögert würde und dadurch gefährdet wäre (z.B. ).

Entscheidungstext

Im Namen der Republik

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Groschedl in den Finanzstrafsachen gegen

1. Herrn ***Bf1***, ***Bf1-Adr***
2. Frau ***Bf2***, ***Bf1-Adr***
beide vertreten durch Mag. Alfons Umschaden MBA, M.B.L. Rechtsanwalt, Domgasse 4/9, 1010 Wien,

wegen des Verdachts des Finanzvergehens des Schmuggels und der Verletzung von Verpflichtungen im Barmittelverkehr gemäß §§ 35 Abs. 1 lit. a und 48b des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerden der Beschuldigten vom gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Zollamtes Österreich am an der Zollstelle Flughafen Wien in Form der Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 2 FinStrG von näher bezeichneten Gegenständen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Beschwerdeführer, deren Verteidiger, des Dolmetschers, des Amtsbeauftragten sowie der Schriftführerin zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag auf Kostenersatz wird als unzulässig zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Laut vorliegender Tatbeschreibung des Zollamtes Österreich, Zollstelle Flughafen Wien Reisendenabfertigung, reiste Herr ***Bf1*** gemeinsam mit seiner Frau ***Bf2*** am aus Peking kommend mit Flug CA841 am Flughafen Wien in das Zollgebiet der Europäischen Union ein.

Kurz vor Verlassen des sog. Grünkanal wurde ***Bf2*** zu einer Zollkontrolle gebeten. ***Bf2*** wurde gefragt, ob sie alleine reist. Daraufhin gab ***Bf2*** an, dass sie mit ihrem Ehemann unterwegs ist. Der Mann ist allerdings kurz vor ihr durch den Grünkanal in die Ankunftshalle gegangen.

***Bf2*** wurde gebeten, ihren Mann anzurufen und ihn samt mitgeführtem Gepäck aus der Ankunftshalle zu holen.
Kurze Zeit später erschien der Mann gemeinsam mit der Abholerin der Reisenden. Daraufhin wurden die Reisenden samt der Abholerin in den Kontrollbereich gebeten. Da die Reisenden nicht gut Deutsch konnten übersetzte die Abholerin Frau ***X*** alle Fragen auf Chinesisch.

Auf die Frage, ob die Passagiere etwas anzumelden hätten, antwortete ***Bf1*** sowie ***Bf2*** mit "Nein".
Daraufhin wurden die mitgeführten Gepäckstücke geröntgt und ergaben in jedem Koffer beider Passagiere diverse Auffälligkeiten.
Die Koffer wurden geöffnet und es wurden diverse medizinische Arzneimittel sowie Produkte für Schönheitsbehandlungen vorgefunden. Auf die Frage, ob die vorgefunden Waren gewerblich genutzt werden, gab ***Bf1*** an, dass es sich dabei nur um Geschenke handelte. Aufgrund der Menge wurde dies jedoch angezweifelt.
Auch auf diverse Fragen, wie viel die Waren gekostet haben gab ***Bf1*** keine klaren Antworten. […]

Auf die erneute Nachfrage, ob es sich bei den vorgefunden Waren um gewerbliche Waren handelt, gab ***Bf1*** schließlich an, ein Kosmetik Studio in Wien zu haben und die Waren dort zu verwenden.

Es wurde auch eine Dolmetscherin angefordert. […]

Die Unterschrift auf der Rechtsbelehrung Beschlagnahme wurde verweigert. Die Unterschrift auf der Beschlagnahme wurde verweigert.

Gründe für die Beschlagnahme laut Tatbeschreibung:
Die umseits angeführten Gegenstände sind gem. § 17 iVm. § 35 Abs. 4 FinStrG (Schmuggel) vom Verfall bedroht und/oder kommen im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht. Ihre Beschlagnahme war gem. § 89 Abs. 1 FinStrG zur Sicherung des Verfalls und/oder zur Beweissicherung geboten. Insbesondere liegen folgende Gründe vor: Gefahr in Verzug.

Gründe für die Annahme von Gefahr im Verzug laut Tatbeschreibung:

Die Beschlagnahme erfolgte ohne bescheidmäßige Beschlagnahmeanordnung, weil zu besorgen war, dass ein Zuwarten bis zur Beibringung eines von der zuständigen Finanzstrafbehörde zu erlassenden schriftlichen Bescheides den Zweck der Maßnahme gefährdet hätte. Insbesondere liegen folgende Gründe vor:

Es war zu besorgen, dass die Gegenstände dem staatlichen Zugriff entzogen werden. Darüber hinaus kommen die Gegenstände als Beweismittel in einem Finanzstrafverfahren in Betracht.

Beschlagnahmt wurden zur Sicherung des Verfalls (Tatgegenstände, […]) und als Beweismittel:
Germaine de Capuccini Serum 2 ml 12 Pkg. á 24 Stück
Relaxet Correct Entschlackungstee 182 Pkg. á 5 Stück
Relaxet Omega 3 13 Pkg. á 30 Stück
Einwegspritze mit Nadel KDL 1 ml 200 Stk.
Mussei Protein Spray 10 ml 50 Stk.
Disposable Tip Nadel 100 Stk.
Einwegspritze mit Nadel 5 ml 10 Stk.
Xcisen Creme 2 Gramm 100 Stk.
rote Fläschchen 10 ml 15 Stk.
Tongyanmei Fläschchen 5 ml 6 Stk.
Sirifill Gel Dosen 500 Gramm 2 Stk.
Eye Rinse Nadeln 100 Stk.
Conpuvon Medical Disposable Skin Pick 89 Stk.
Lidocaine Hydrochloride Injection 5 ml Ampulle 1 Stk.
Guang Hui 5 ml Ampullen 2 Pkg. á 5 Stk.
Koffer Rimowa braun 1 Stk.
Koffer Jing-Pwpi-Ju blau 1 Stk.

Aussage der Beschuldigten: […]

"Ich bin bereit ohne Rechtsbeistand auszusagen.

Nehmen Sie weiters zu Beginn Ihrer Ausführung Stellung ob Sie mit der beigezogenen Dolmetscherin zur Einvernahme einverstanden sind.

Antwort: Ich bin mit der anwesenden Dolmetscherin einverstanden.

Frage: Kennen sie den Unterschied zwischen Rot- und Grünkanal im Flugverkehr, welche auch am Flughafen Wien Schwechat vorhanden ist?

Antwort: Nein den Unterschied kenne ich nicht.

Frage: Warum haben sie bei ihrer Einreise den Grünkanal und nicht den Rotkanal gewählt?

Antwort: Ich habe den Unterschied nicht gekannt.

Frage: Warum haben sie die gekauften Gegenstände nicht bei ihrer Einreise beim Zoll angemeldet?

Antwort: Ich wusste nicht, dass ich diese Waren anmelden muss.

Frage: Was sind sie von Beruf?

Antwort: Ich bin Kosmetiker und Geschäftsführer von 5 Kosmetik Studios in China sowie einem in Österreich.

Frage: Wo liegen ihrer Hauptlebensinteressen?

Antwort: Ich bin seit 2016 in Österreich, habe hier mein Geschäft und verbringe immer ca. 2-3 Monate in Österreich.

Frage: Sind sie privat bzw. beruflich des Öftern im Ausland? Wenn ja, wie oft bzw. in welche Länder reisten sie bereits?

Antwort: Ich reise ca. 1 x im Jahr von China nach Österreich und sonst verreise ich nur selten.

Frage: Wissen sie wie hoch die ihnen zustehende Reisefreigrenze im Flugverkehr ist?

Antwort: Nein, die habe ich nicht gekannt.

Frage: Woher stammen die Waren aus dem Gepäck?

Antwort: Die Waren aus China stammen von einer Konvention, für welche ich monatlich einen Beitrag zahle und so div. Waren gratis bekomme. Einen anderen Teil habe ich von meinen Geschäften aus China.

Frage: Für wen sind die Waren gedacht?

Antwort: Die Waren sind sowohl für mich persönlich gedacht als auch für meine Altkunden.

Frage: Sie verwenden also ca. 200 Spritzen sowie 100 Nadeln für Ihren privaten Gebrauch?

Antwort: Manche Spritzen sind für mich und manche für meine Kunden.

Frage: Verabreichen Sie selbst Spritzen in Ihrem Studio?

Antwort: In China habe ich eine Genehmigung zum Kauf von Arzneiwaren in meinen Studios, in Österreich habe ich kaum Kunden, weshalb ich hier keine Arzneiwaren brauche. Unter die Haut spritze ich nicht. Ich dosiere mit den Spritzen die Cremen.

Frage: Wofür sind die Spritzen gedacht?

Antwort: Die Spritzen sind nur ein Werkzeug, für die Dosierung auf der Haut, ich gebe dem Kunden keine direkten Spritzen. Sie sind für den einmaligen Dosierungsgebrauch.

Frage: Gibt es Rechnungen zu diesen Waren?

Antwort: Nein, dazu habe ich in China keine Rechnung bekommen. Ich kann aber noch Rechnungen nachbringen.

Frage: Wie viel hat alles gekostet?

Antwort: Die Waren habe ich teils gratis bekommen, vermute aber, dass sie rund 500,- Euro kosten.

Frage: Übergeben Sie an Ihre Kunde rezeptpflichtige Medikamente?

Antwort: Nein, das tue ich nicht.

Frage: Ist es heute das erste Mal, dass Sie mit so vielen Waren einreisen?

Antwort: Ja, davor habe ich ein Studio im Jahr 2016 in Wien samt Warenlager gekauft und habe seit dem nicht viel Zeit hier verbracht weswegen ich kaum neue Waren gebraucht habe. [… ]

Frage: Möchten Sie noch etwas dazu sagen?

Antwort: Ich möchte nur auf meine Aussagen hinweisen.

Ich ersuche, die Beschlagnahme des (der) aufzuheben und mir diesen Gegenstand - diese Gegenstände - gegen Erlag eines dem Wert entsprechenden Geldbetrages zu belassen.

Ich nehme zur Kenntnis, dass meinem obigen Ersuchen nicht entsprochen wird."

Die Unterschrift wurde von den Verdächtigen verweigert.

Mit Eingabe vom haben beide Beschuldigten durch ihren ausgewiesenen Vertreter binnen offener Frist Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 und Art. 132 Abs. 2 B-VG gegen die in Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Zollamtes Österreich verfügte Beschlagnahme sowie einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 22 Abs. 1 VwGVG an das Bundesfinanzgericht erhoben wie folgt:

"Beschwerde gemäß Art. 130 Abs 1 Z 2 und Art. 132 Abs 2 B-VG

1. Beschwerdegegenstand

Gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch das Organ der belangten Behörde am in 1300 Flughafen Wien, erheben die Beschwerdeführer gemäß Art. 130 Abs 1 Z 2 und Art. 132 Abs 2 B-VG binnen offener Frist nachstehende Beschwerde an das zuständige Bundesfinanzgericht.

2. Sachverhalt

Die Beschwerdeführer reisten am von China nach Österreich ein. Die Beschwerdeführer verfügen über Aufenthaltstitel Österreichs und halten sich damit rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Beschwerdeführer führten in ihrem Gepäck die beschlagnahmten Waren mit. Die Beschwerdeführer wurden im Zuge einer Kontrolle dazu aufgefordert, ihre Koffer zu öffnen. Das Organ der belangten Behörde beschlagnahmte die in der Beilage angeführten Waren, obwohl die Beschwerdeführer angaben, dass sie die Waren für RMB 3.000,00 und damit unter der Freigrenze für andere Waren gekauft hatten und es sich um kosmetische Produkte zum Eigenbedarf handelte sowie um dietätische Nahrungsergänzungsmittel.

Beweis: UR Aufstellung der beschlagnahmten Waren, Beilage ,/A.

Das Organ der belangten Behörde beschlagnahmte die Ware, sprach gegenüber dem 1. Beschwerdeführer eine Rechtsmittelbelehrung aus, aber nicht gegenüber der 2. Beschwerdeführerin, obwohl die Waren auch ihr gehörten und ihr Koffer durchsucht wurde.

Beweis: UR Rechtsbelehrung hinsichtlich des 1. Beschwerdeführers, Beilage ,/B.

3. Zulässigkeit der Beschwerde

Es handelt sich bei der Beschlagnahmung um eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung () einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimme Adressaten gerichtet ist ().

Das Organ der belangten Behörde befahl den Beschwerdeführern ihre Koffer zu öffnen und beschlagnahmte die Beilage ./A angeführten Waren, worin eine Ausübung von Zwang zu erkennen ist.

Die Beschwerde wurde innerhalb von einem Monat ab Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (am ) erhoben und ist somit rechtzeitig.

Das angerufene Bundesfinanzgericht ist für Maßnahmebeschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der Organe der belangten Behörde zuständig.

4. Beschwerdegründe

Bei den beschlagnahmten Waren handelt es sich um Waren für den Eigenbedarf und bedürfen diese keiner Zollanmeldung. Es handelt sich um kosmetische Produkte beziehungsweise nicht dem AWEG 2010 unterliegende Nahrungs(ergänzungs-)mittel und wurde der Gesamtwert von € 430,00 für Flugreisende nicht überstiegen, da die Waren in China zu einem Preis von RMB 3.000,00 eingekauft wurden, was € 393,57 entspricht. Die Waren wurden auch von beiden Beschwerdeführern transportiert und ist der jeweilige Freibetrag von € 430,00, somit € 860,00 insgesamt, jedenfalls nicht überschritten. Die Beschwerdeführer gaben auch gegenüber den Organen der belangten Behörde an, dass sie die Waren um ca. RMB 3.000,00 eingekauft hatten. Die Beschwerdeführer legen eine Rechnung vor, aus der sich für einen Teil der beschlagnahmten Waren der Preis von RMB 2.100,00 ergibt und kostete der Rest RMB 900,00. Die sonstigen Rechnungen haben die Beschwerdeführer jedoch nicht.

Beweis: UR Rechnung samt Übersetzung, Beilage ,/C.

Voraussetzung für die Beschlagnahme von Gegenständen nach § 39 Abs 1 VStG ist zum einen der Verdacht einer Verwaltungsübertretung, zum anderen die Androhung des Verfalls von Gegenständen als Strafe für diese Übertretung und muss zudem eine Sicherung des Verfalls überhaupt geboten sein (vgl. ; , 83/01/0103; , 89/03/0172).

Im gegenständlichen Sachverhalt bestand kein ausreichender Verdacht, da der Warenwert die Freigrenze für andere Waren nicht überschritt und es sich nicht um Waren handelt, die dem AWEG 2010 unterliegen.

Gemäß § 26 Abs 1 Z 2 ZollR-DG iVm § 26 Abs 2 ZollR-DG sind die Zollorgane nur bei Gefahr im Verzug dazu berechtigt, Waren zu beschlagnahmen, wenn ohne diese Beschlagnahme die spätere Geltendmachung der Sachhaftung oder die Abnahme von Gegenständen, auf deren Verfall oder Einziehung rechtskräftig erkannt worden ist, oder die Einbringung von durch die Union oder bundesrechtlich geregelten öffentlichen Abgaben und Nebenansprüchen zu diesen oder von Geldstrafen, Wertersatzstrafen oder Kosten eines Finanzstrafverfahrens gefährdet wären.

Da wie zuvor ausgeführt nicht einmal der Verdacht einer Verwaltungsübertretung bestand, war auch kein Verfall möglich.

Gefahr im Verzug lag nicht vor, da die Beschwerdeführer über Aufenthaltstitel "Rot-Weiß- Rot - Karte plus" in Österreich verfügen und sich rechtmäßig und dauerhaft in Österreich aufhalten. Somit war keine Sachhaftung notwendig, da die Entrichtung von Abgabenbeträgen durch den andauernden Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ausreichend abgesichert ist. Da sie Inhaber von Aufenthaltstiteln "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" sind, verfügen sie auch über ausreichendes Vermögen/Einkommen, um noch festzustellende, bereits jetzt ausdrücklich bestrittene, Abgabenbeträge zu begleichen.

Gemäß § 26 Abs 1 Z 3 ZollR-DG sind die Zollorgane bei Gefahr im Verzug befugt, Waren zu beschlagnahmen, wenn diese Waren als Beweismittel in einem Verfahren zur Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben benötigt werden und ohne diese Beschlagnahme zu befürchten ist, dass sie ansonsten für dieses Verfahren nicht zur Verfügung stehen.

Es bedarf nicht der Beschlagnahme der Waren, um diese als Beweismittel in einem Verfahren zur Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben zu nutzen. Indem die Organe der belangten Behörde die Waren hinsichtlich Anzahl und Marke aufgenommen haben, bedarf es keiner Beschlagnahme, da bereits ausreichende Beweise aufgenommen wurden. Die belangte Behörde kann mit diesem Inventar Einfuhrabgaben bemessen. Auch würde es ausreichen, einzelne der Waren zu beschlagnahmen und nicht, wie von den Organen der belangten Behörde durchgeführt, sämtliche der Waren. Indem sämtliche Waren beschlagnahmt wurden, handelten die Organe der belangten Behörde jedenfalls überschießend und liegt eine nicht vom Gesetz gedeckte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor.

Auch wurde die 2. Beschwerdeführerin nicht ausreichend über ihre Rechte belehrt, eine entsprechende Rechtsbelehrung wurde ihr nicht ausgehändigt. Weiters ist die Rechtsbelehrung, welche von den Organen der belangten Behörde ausgehändigt wurde, mangelhaft und nicht dazu geeignet, die Manuduktion im notwendigen Ausmaß vorzunehmen. Die Rechtsbelehrung erweckt den Anschein, dass eine Maßnahmenbeschwerde keine aufschiebende Wirkung haben könnte. § 152 Abs 2 FinStrG normiert jedoch, dass der Beschwerde nach § 152 Abs 1 FinStrG eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu kommt, jedoch auf Antrag die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist.

5. Beschwerdeanträge

Aus diesen Gründen stellt der Beschwerdeführer an das Bundesfinanzgericht nachstehende Anträge

1. gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen,

2. für diese einen Dolmetscher für Mandarin zu bestellen;

3. die gegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 28 Abs 6 VwGVG für rechtswidrig zu erklären und aufzuheben

sowie

4. dem Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG iVm der VwG- Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBL II 517/2013 idgF, den Ersatz der entstandenen Verfahrenskosten im gesetzlichen Ausmaß binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu Händen des ausgewiesenen Rechtsvertreters gemäß § 19a RAO aufzutragen.

III. Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Gemäß § 22 Abs 1 VwGVG ist einer Maßnahmebeschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Die beschlagnahmten Waren dienen auch der dietätischen Ernährung der Beschwerdeführer. Dies betrifft den Entschlackungstee, das Omega 3. Auch die Kosmetika nutzen die Beschwerdeführer und müssten sie neue Kosmetika anschaffen. Den Beschwerdeführern erwachsen Nachteile durch die Beschlagnahme, da sie ihre Diät nicht führen können, ohne erneut diese Nahrungsergänzungsmittel zu kaufen, beziehungsweise erneut Kosmetika zu kaufen. Dies ist dazu geeignet, die Beschwerdeführer in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen. Zwingende öffentliche Interessen stehen dem nicht entgegen, da es sich um eine unrechtmäßige Beschlagnahmung handelt. Insofern die hypothetischen öffentlichen Interessen betrachtet werden, überwiegt auch hier der Anspruch der Beschwerdeführer auf Aushändigung der beschlagnahmten Waren, da die belangte Behörde ausreichend Zugriff auf die Beschwerdeführer hat, welche ihren Wohnsitz im Bundesgebiet haben und über entsprechende Aufenthaltstitel Österreichs verfügen.

Aus all diesen Gründen stellen die Beschwerdeführer an das Bundesfinanzgericht nachstehenden Antrag, dieser Beschwerde gemäß § 22 Abs 1 VwGVG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Kostenverzeichnis:
Schriftsatzaufwand gem. § 35 VwGVG iVm § 1 Z 1 VwG-AufwErsV € 737,60"

(Anmerkung: über den Antrag auf aufschiebende Wirkung wurde mit hg. Beschlüssen vom , AW/7300004 und 5/2023 bereits entschieden.)

Im Zuge der Aktenvorlage durch das Zollamt Österreich als Finanzstrafbehörde wurde auch eine Stellungnahme des Zollorganes vom vorgelegt, der die Amtshandlung am durchgeführt hat, vorgelegt, in der er die in der Tatbeschreibung geschilderten Vorgänge bestätigt.

In der mündlichen Verhandlung wurde vom Beschuldigten auf die Frage, welchen Ausgang er am Flughafen genommen hat, ergänzt:

"***Bf1***: Ich bin nur den meisten Leuten gefolgt, die durch den Grünkanal gegangen sind. In China gehe ich durch den Ausgang mit der Beschriftung "nichts anzumelden" (nichts zu verzollen). Ich habe dort nie die Reisefreimenge überschritten. Wenn ich in China einreise, darf ich Waren im Wert von 5.000,00 RMB einführen. In Wien bin ich davon ausgegangen, dass es eine vergleichbare Grenze gibt. Umgerechnet wären das rund € 640,00.

Verhandlungsleiter: Diese Reisefreimenge betrifft aber nur Waren des persönlichen Gebrauches, war ihnen das bekannt?

***Bf1***: Ja, das habe ich gewusst. Die Waren sind nur für den persönlichen Gebrauch gedacht.

Verhandlungsleiter: Für den persönlichen Gebrauch? 300 Einwegspritzen?

***Bf1***: Ja, ich verwende das, meine Frau verwendet es und Freunde.

Verhandlungsleiter: Verwendet Sie das nicht in Ihrem Kosmetikstudio?

Antwort: Aufgrund der Pandemie habe ich das Kosmetikstudio nie wirklich betrieben. Das Geschäft ist im Moment geschlossen, Kunden werden keine betreut. Ich habe nur einen Angestellten, der in Teilzeit Verwaltungsarbeiten erledigt.

Verhandlungsleiter: Zahlen diese Freunde auch für die Produkte?

***Bf1***: Nein.

Verhandlungsleiter: Wovon leben Sie in Österreich?

***Bf1***: Ich nehme immer Geld aus China mit. Die Bargeldgrenze von € 10.000,00 bei der Einreise in die EU bzw. Österreich ist mir bekannt.

Verhandlungsleiter: Diese Waren, ist das alles Ihr Eigentum?

***Bf1***: Das gehört uns beiden."

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 35 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich des Schmuggels schuldig, wer eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbringt oder der zollamtlichen Überwachung entzieht.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

§ 11 FinStrG: Nicht nur der unmittelbare Täter begeht das Finanzvergehen, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, es auszuführen, oder der sonst zu seiner Ausführung beiträgt.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Nach Artikel 79 Abs. 1 Buchstabe a 1. Alternative UZK entsteht für einfuhrabgabepflichtige Waren eine Einfuhrzollschuld, wenn eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union, nicht erfüllt ist.

Gemäß Artikel 138 Buchstabe a UZK-DA gelten Waren, die zu nichtkommerziellen Zwecken im persönlichen Gepäck von Reisenden, die gemäß Artikel 41 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 oder als Rückwaren von den Einfuhrabgaben befreit sind, sofern sie nicht mit anderen Mitteln angemeldet werden, als zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr gemäß Artikel 141 angemeldet.

Gemäß Artikel 141 Abs. 1 Buchstabe a UZK-DA gilt für die in Artikel 138 Buchstabe a bis d, Artikel 139 und Artikel 140 Absatz 1 genannten Waren die Benutzung des grünen Ausgangs "Anmeldefrei Waren", sofern bei der betreffenden Zollstelle getrennte Kontrollausgänge vorhanden sind, als Zollanmeldung.

Nach Art. 41 der Zollbefreiungsverordnung iVm der Richtlinie 2007/74/EG des Rates vom sind Waren im persönlichen Gepäck von aus Drittländern kommenden Reisenden im Flugverkehr von den Einfuhrabgaben grundsätzlich bis zu einem Wert von € 430.- befreit.

Artikel 218 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom (UZK-IA) fingiert die Beförderung der Waren gemäß Artikel 135 UZK, die Gestellung der Waren gemäß Artikel 139 UZK sowie auch die Annahme der Zollanmeldung nach Artikel 172 UZK als auch die Überlassung der Waren gemäß Artikel 194 UZK, wenn die Zollanmeldung in konkludenter Form gemäß Artikel 141 UZK-DA abgegeben worden ist.

Sachverhalt:

Am reisten Herr ***Bf1*** gemeinsam mit seiner Frau ***Bf2*** aus Peking kommend mit Flug CA841 am Flughafen Wien in das Zollgebiet der Europäischen Union ein Kurz vor Verlassen des sog. Grünkanal wurde ***Bf2*** zu einer Zollkontrolle gebeten. Ihr Mann, der bereits durch den Grünkanal in die Ankunftshalle gegangen war, wurde ebenfalls zur Kontrolle gebeten. Da die Reisenden nicht gut Deutsch konnten übersetzte die Abholerin Frau ***X*** alle Fragen auf Chinesisch.

Auf die Frage, ob die Passagiere etwas anzumelden hätten, antwortete ***Bf1*** sowie ***Bf2*** mit "Nein".

Daraufhin wurden die mitgeführten Gepäckstücke geröntgt und ergaben in jedem Koffer beider Passagiere diverse Auffälligkeiten.

Die Koffer wurden geöffnet und es wurden diverse medizinische Arzneimittel sowie Produkte für Schönheitsbehandlungen vorgefunden. Auf die Frage, ob die vorgefunden Waren gewerblich genutzt werden, gab ***Bf1*** an, dass es sich dabei nur um Geschenke handelte. Aufgrund der Menge wurde dies jedoch angezweifelt.

Im Verlauf der weiteren Befragung im Zollamt gab ***Bf1*** jedoch an, dass es sich um Waren für sein Kosmetikstudio in Wien handelt, worauf hin die Waren bei Gefahr im Verzug wegen des Verdachts des Schmuggels beschlagnahmt wurden.

Zu prüfen waren daher die Voraussetzungen, ob zum Zeitpunkt der Beschlagnahme ein Verdacht eines Schmuggels gegeben war und Gründe für eine Beschlagnahme bei Gefahr im Verzug gegeben waren.

Verdacht eines Finanzvergehens:

Bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe für ein Finanzvergehen bestehen, geht es nicht darum, schon die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen oder die in deren Besitz befindlichen Unterlagen nach Maßgabe der von dieser durchgeführten Vorerhebungen für einen Verdacht ausreichen ().

Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (für viele: - ÖStZB 1998, 459).

Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen (vgl. VwGH - ÖStZB 2002/444).

Wie der Verwaltungsgerichtshof u a im Erkenntnis vom , 2000/16/0060, ausgeführt hat, kann bereits durch die Wahl des Grünkanals auf das Vorliegen von Vorsatz, die zollamtliche Behandlung der eingeführten Waren zu vereiteln, geschlossen werden ( [R 35(1)/3]). (vgl. Kalcher in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG, Band 1, 5. Aufl. (2018), § 35, II. Kommentar zu § 35 [Rz 41]).

Für das Bundesfinanzgericht steht unzweifelhaft fest, dass die Beschwerdeführer mit Betreten des "Grünkanals" zunächst für sich konkludente Anmeldungen abgeben haben, keine eingangsabgabepflichtigen Waren mit sich zu führen.

Beide Beschuldigten benützten den grünen Ausgang "Anmeldefreie Waren" und brachten damit gemäß Artikel 141 Abs. 1 Buchstabe a iVm Artikel 138 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom (UZK-DA) zum Ausdruck, lediglich Waren zu nichtkommerziellen Zwecken im persönlichen Gepäck von Reisenden, die gemäß Artikel 41 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 (Zollbefreiungsverordnung) oder als Rückwaren von den Eingangsabgaben befreit sind, mitzuführen.

Bei einer Kontrolle wurden die oben dargestellten Waren beschlagnahmt, die laut damaliger Aussage des Beschwerdeführers für sein Kosmetikstudio, somit zu gewerblichen Zwecken gedacht waren. Damit sind jedoch die Voraussetzungen für eine eingangsabgabenfreie Einfuhr nicht mehr gegeben; die Benützung des Grünkanals ist nicht für eingangsabgabenpflichtige gewerbliche Waren gedacht, sodass der Verdacht besteht, dass diese Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen wurden.

Erste unvorbereitete Aussagen kommen der Wahrheit näher als im Zuge eines Verfahrens geänderte Verteidigungslinien (vgl. etwa die bei Tannert, FinStrG, E 71 zu § 98 FinStrG, zitierte VwGH-Rechtsprechung; ).

Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, dass es sich um "Waren für den Eigenbedarf handelte und diese keiner Zollanmeldung bedürfen", darf auf die anlässlich der Amtshandlung anlässlich der Einreise am verwiesen werden, bei der das Gegenteil ausgesagt wurde. Im Sinne der zitierten Rechtsprechung des VwGH kommt daher der ersten Aussage mehr Glaubwürdigkeit zu als der nunmehr geänderten Verantwortung.

Bei dieser Konstellation ist der Verdacht der Entstehung einer Abgabenschuld für die streitverfangenen Waren und damit auch der Tatbestand des Schmuggels für die damals amtshandelnden Zollorgane durchaus gegeben.

Wenn in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wird, dass aufgrund der Pandemie das Kosmetikstudio nie wirklich betrieben wurde, das Geschäft im Moment geschlossen ist und keine Kunden betreut werden, die beschlagnahmten Gegenstände nur für den Eigengebrauch und für Freunde gedacht waren, erscheint diese Aussage angesichts der Menge der Produkte zwar unglaubwürdig, doch werden allfällige Zweifel im weiteren Untersuchungsverfahren oder einer allfälligen Strafentscheidung von der Finanzstrafbehörde zu würdigen sein.

Beschlagnahme bei Gefahr im Verzug:

Gemäß § 89 Abs. 1 erster Satz FinStrG hat die Finanzstrafbehörde mit Bescheid die Beschlagnahme von verfallsbedrohten Gegenständen und von Gegenständen, die als Beweismittel in Betracht kommen, anzuordnen, wenn dies zur Sicherung des Verfalls oder zur Beweissicherung geboten ist.

Gemäß § 89 Abs. 2 FinStrG sind bei Gefahr im Verzug neben den Organen der Finanzstrafbehörden auch die Organe der Abgabenbehörden und des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt, die im Abs. 1 bezeichneten Gegenstände auch dann in Beschlag zu nehmen, wenn eine Anordnung der Finanzstrafbehörde nicht vorliegt. In diesem Fall sind dem anwesenden Inhaber die Gründe für die Beschlagnahme und für die Annahme von Gefahr im Verzug mündlich bekanntzugeben und in einer Niederschrift festzuhalten.

Bei der Beschlagnahme von Gegenständen handelt es sich entweder um eine Maßnahme zur Sicherung eines im Gesetz angedrohten Verfalls oder eine Maßnahme zur Bereitstellung von im Strafverfahren benötigten Beweismitteln.

Tatbestandsvoraussetzung für die Zulässigkeit der Beschlagnahme ist ein aufgrund konkreter Umstände hinreichend begründeter Tatverdacht der Begehung eines Finanzvergehens. Dabei handelt es sich um die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Dass hier der Verdacht eines Finanzvergehens gegeben ist wurde bereits festgestellt.

Der Begriff "Gefahr im Verzug" ist im Hinblick auf den mit der Vorschrift des § 89 Abs. 2 FinStrG verfolgten Zweck der Hintanhaltung de r "Verfalls- oder Beweisgefährdung" da hin zu verstehen, dass eine solche konkrete Gefahr dann anzunehmen ist, wenn durch eine bescheidmäßige Anordnung der Beschlagnahme ein Zeitverlust einträte, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge haben würde, dass die von der Finanzstrafbehörde grundsätzlich mit Bescheid auszusprechende Beschlagnahme zu spät käme, um ihren Zweck noch zu erreichen ().

Eine "Gefahr im Verzug" Situation liegt vor, wenn die Beschlagnahme von Gegenständen durch die Einholung eines schriftlichen Auftrages der zuständigen Finanzstrafbehörde aus irgendeinem Grund gefährdet erscheint; schon die geringste Gefahr reicht zur Beschlagnahme ohne schriftlichen Auftrag aus, weil der Sicherungszweck dominiert (Hinweis Fellner, Finanzstrafgesetz/5, Rz 10 zu § 89 bis § 92 FinStrG; vgl. ; ).

Gefahr im Verzug liegt va dann vor, wenn der Verdacht […] des Verkaufes (zB von Handelswaren) zumindest als naheliegend angenommen werden kann (vgl Reger ua, FinStrG II4 § 89 Rz 9; Leistentritt in Tannert/Kotschnigg/Twardosz, FinStrG § 89 Rz 87).

Dass Beschuldigte das mit Verfall "bedrohte" Finanzvergehen begangen haben, braucht im Zeitpunkt des Ausspruches der Beschlagnahme noch nicht nachgewiesen zu sein, weil diese Aufgabe ebenso wie die Feststellung, dass bestimmte Personen den Verfall gegen sich gelten zu lassen haben, erst dem Untersuchungsverfahren nach § 114 bis § 124 FinStrG und dem Straferkenntnis zukommt. Es genügt, wenn gegen Beschuldigte ein Verdacht besteht. Es müssen hinreichende Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass Beschuldigte als Täter eines mit der Sanktion eines (teilweisen) Vermögensverlustes - in der Gestalt des Verfalls - bedrohten Finanzvergehens in Frage kommen (Hinweis ).

Dass der Verdacht eines Schmuggels im Zuge der Amtshandlung am 18. Ami 2023 gegeben war, wurde oben ausgeführt.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes wäre mit der Einholung einer schriftlichen Beschlagnahmeanordnung der Finanzstrafbehörde - die mögliche Tat wurde an einem gesetzlichen Feiertag begangen - eine zum Unrechtsgehalt der zur Last gelegten Tat außer Verhältnis stehende lange Anhaltung der Beschwerdeführer verbunden gewesen. Andererseits würde eine erst in der Folge (nach erstatteter Anzeige an die Finanzstrafbehörde) verfügte schriftliche Beschlagnahme durch die Finanzstrafbehörde und damit verbunden die Belassung der Waren in der Gewahrsame der Beschwerdeführer genau jene Gefahrensituation darstellen, die den gebotenen Zugriff der Behörde auf die beschlagnahmten Waren erschweren oder verhindern hätte können, da diese Waren für den Verkauf in Österreich gedacht waren und bei erfolgtem Verkauf der Zugriff nicht mehr möglich gewesen wäre.

Die beschlagnahmten Waren sind im durchzuführenden Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der Begehung eines Schmuggels (oder Beteiligung am Schmuggel) von der Strafe des Verfalls bedroht. Dies ist den Beschwerdeführen bei Aufnahme der Tatbeschreibung mitgeteilt und in der Niederschrift auch entsprechend festgehalten worden. Als Tatgegenstände sind die Waren auch Beweismittel in dem von der Finanzstrafbehörde durchzuführenden Finanzstrafverfahren.

Die Beschlagnahme bei Gefahr im Verzug wegen des Verdachts eines Finanzvergehens des Schmuggels war somit zum Tatzeitpunkt rechtmäßig.

Die nähere Prüfung, ob es sich bei den beschlagnahmten Waren um eingangsabgabenfreie Waren handelt bzw. über eine allfällige Freigabe der beschlagnahmten Gegenstände iSd § 91 Abs. 2 FinStrG obliegt der Finanzstrafbehörde.

Die Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 2 FinStrG beim Beschuldigten bei Gefahr in Verzug ohne schriftliche Anordnung der zuständigen Finanzstrafbehörde ist zu Recht erfolgt.

Angesichts der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Amtshandlung die Behörde davon ausgehen durfte, dass es sich um vom Beschwerdeführer für gewerbliche Zwecke bestimmte Produkte handelte, war davon auszugehen, dass sich sämtliche beschlagnahmten Gegenstände in seinem Eigentum befanden. Eine "weitere" Beschlagnahme auch bei ***Bf2*** war daher weder geboten noch erforderlich, sodass ihr gegenüber auch keine entsprechende Rechtsbelehrung zu erteilen gewesen ist.

Zum Antrag auf Kostenersatz gemäß § 35 VwGVG:

Für die Durchführung des verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren bzw. Beschwerdeverfahrens beim Bundesfinanzgericht sind die entsprechenden Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes anzuwenden. Darin ist ein Kostenersatz - wie dies für Verfahren nach dem VwGVG geregelt ist - nicht vorgesehen. Daher fehlt eine gesetzliche Grundlage für eine entsprechende Kostenentscheidung, sodass dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen war.

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine ungeklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die in der höchstgerichtlichen Judikatur nicht eindeutig entschieden wäre, liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Gefahr im Verzug
Reisefreimenge
Beschlagnahme
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RM.7300004.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at