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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 05.09.2023, RV/7300054/2023

Einschränkung der Tatzeiträume, da die Beschuldigte ab 2021 nicht mehr als Unternehmerin tätig war. Teilrechtskraft, Anpassung der Strafen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 2 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen Frau ***Bf1***, geboren 1986, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Naske, Wipplingerstraße 21, 1010 Wien, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß §§ 33 Abs. 1, Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) und Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates W2 beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , ***FV1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in der Sitzung am in Anwesenheit der Schriftführerin zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird antragsgemäß stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates insoweit abgeändert, als das beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde zur Geschäftszahl **FV1** geführte Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der versuchten Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG für Umsatzsteuer 2021 in Höhe von € 7.000,00, der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG für Umsatzsteuer 01/2022 in Höhe von € 1.500,00, Umsatzsteuer 02/2022 in Höhe von € 1.500,00, Umsatzsteuer 03/2022 in Höhe von € 1.500,00 und Umsatzsteuer 04/2022 in Höhe von € 1.500.00 sowie Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für Lohnsteuer 1-12/2021 in Höhe von € 40,06 und Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen 1-12/2021 in Höhe von € 3,90 gemäß §§ 136, 157, 82 Abs. 3 lit. c FinStrG eingestellt wird.

Über ***Bf1*** wird für die verbleibenden Finanzvergehen gemäß §§ 33 Abs. 5 iVm 21 Abs. 2 FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 14.000,00 verhängt.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Tagen festgesetzt.

Die Kosten werden in unveränderter Höhe von € 500,00 festgesetzt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde als Organ des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , Geschäftszahl **FV1**, wurde Frau ***Bf1***, geboren 1986 selbständig, wohnhaft in ***Bf1-Adr***, schuldig erkannt, sie habe in Wien vorsätzlich

a) durch die Nichtabgabe von Umsatzsteuerjahreserklärungen, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht, zu bewirken versucht, dass bescheidmäßig festzusetzende Abgaben, nämlich

Umsatzsteuer 2019 in Höhe von € 17.646,57
Umsatzsteuer 2020 in Höhe von € 25.000,00
Umsatzsteuer 2021 in Höhe von € 7.000,00
Summe: € 49.646,57

zu niedrig festgesetzt und dadurch verkürzt werden;

b) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung selbst zu berechnender Abgaben, nämlich
Umsatzsteuer 01/2022 in Höhe von € 1.500,00
Umsatzsteuer 02/2022 in Höhe von € 1.500,00
Umsatzsteuer 03/2022 in Höhe von € 1.500,00
Umsatzsteuer 04/2022 in Höhe von € 1.500.00
Summe: € 6.000,00

bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten;

c) selbst zu berechnende Abgaben, nämlich

Lohnsteuer
1-12/2020 in Höhe von € 1.363,60
1-12/2021 in Höhe von € 40,06

Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe
1-12/2020 in Höhe von € 3.967,58

Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen
1-12/2020 in Höhe von € 386,58
1-12/2021 in Höhe von € 3,90
gesamt: € 5.761,72

nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet (abgeführt).

Sie habe hiedurch
zu a) das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1 FinStrG,
zu b) das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG
zu c) die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG
begangen und werde hiefür unter Anwendung von § 21 Abs 1 und 2 FinStrG nach § 33 Abs 5 FinStrG mit einer Geldstrafe in Höhe von € 19.200.- bestraft.

Gemäß § 20 Abs 1 FinStrG werde für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Tagen festgesetzt.

Gemäß § 185 FinStrG habe die Bestrafte die Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 500.- und des allfälligen Vollzuges zu ersetzen.

Als Entscheidungsgründe wurde Folgendes ausgeführt:

"Vorweg sei festgehalten, dass die Beschuldigte zur heutigen mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht erschienen ist, sodass gemäß § 126 FinStrG in ihrer Abwesenheit verhandelt und das Erkenntnis gefällt werden konnte.

Über die Vermögens- und Ertragslage der finanzstrafrechtlich bisher noch nicht in Erscheinung getretenen Beschuldigten ist nichts Näheres bekannt.

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere Einsichtnahme in die Veranlagungsakten und Verlesung des Strafaktes steht nachstehender Sachverhalt fest:

Eine im Einzelunternehmen der Beschuldigten mit Bericht vom abgeschlossene Betriebsprüfung ergab folgende abgabenrechtliche Malversationen:

Die Beschuldigte hat Lohnabgaben in den Zeiträumen 01-12/2020 und 01-12/2021 nicht vollständig entrichtet, wodurch sich nach Überprüfung eine Differenz zwischen den gemeldeten und den einbehaltenen Lohnabgaben ergeben hat.

Dadurch wurden Abgaben, die selbst zu berechnen sind in der im Spruch unter c) angeführten Höhe nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet bzw. abgeführt. Der Abgabenbehörde wurde bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht die Höhe der geschuldeten Beträge bekanntgegeben.

Im Zuge der Würdigung des Prüfberichts erfolgte eine Überprüfung des Abgabenkontos bei der Abgabenpflichtigen, bei welcher festgestellt wurde, dass Umsatzsteuervoranmeldungen für die Zeiträume 01-12/2019 und 01-12/2020 nicht abgegeben und daher die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege gem. § 184 BAO festgesetzt werden mussten, woraus die im Spruch unter b) angeführten strafbestimmenden Wertbeträge resultieren.

Zusätzlich wurden die Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Zeiträume 2019, 2020 und 2021 nicht eingereicht, wodurch die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege gem. § 184 BAO festgesetzt werden mussten. Daraus ergeben sich die im Spruch unter a) angeführten steuerlichen Malversationen.

Als jahrelang im Geschäftsleben selbständig Tätige wusste die Beschuldigte über ihre Verpflichtung zur Abgabe inhaltlich richtiger Abgabenerklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen zu den jeweiligen Fälligkeitsdaten Bescheid.

Bei Abgabe der unrichtigen Erklärungen zur Umsatzsteuer für die im Spruch unter a) bezeichneten Zeiträume hielt die Beschuldigte sowohl eine Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, als auch eine Verkürzung der entsprechenden Abgaben ernstlich für möglich und fand sich damit ab.

Bei der Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen unter gleichzeitiger Nichtentrichtung der jeweiligen Umsatzsteuervorauszahlungen für die im Spruch unter b) bezeichneten Monate hielt die Beschuldigte eine Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen ernstlich für möglich und fand sich damit ab. Die dadurch bedingten Verkürzungen an Umsatzsteuervorauszahlungen für die entsprechenden Monate hielt sie für gewiss.

Bei der nicht rechtzeitigen Abgabe der unter c) des Spruches bezeichneten Erklärungen hielt die Beschuldigte eine verspätete, nämlich nicht spätestens am 5. Tag nach jeweils eingetretener Fälligkeit erfolgte Entrichtung der im Spruch angeführten Abgaben ernstlich für möglich und fand sich damit ab.

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die Feststellungen der Betriebsprüfung im Bericht vom

Die strafbestimmenden Wertbeträge gründen sich auf die Ergebnisse des im Strafakt erliegenden Betriebsprüfungsberichtes, verbunden mit den Berechnungen der Finanzbehörde. Im strafbestimmenden Wertbetrag sind keinerlei Sicherheitszuschläge enthalten.

Die Beschuldigte hat sich trotz Aufforderung zur Rechtfertigung weder im Ermittlungsverfahren zu den Vorwürfen geäußert, noch erschien sie zur heutigen Verhandlung vor dem Spruchsenat, weshalb mangels anderer Beweisergebnisse die Feststellungen der Betriebsprüfung dem Erkenntnis bedenkenlos zu Grunde gelegt werden konnten.

Dazu hat der Spruchsenat nach Darstellung der §§ 33, 49 Abs. 1 lit. a, 13 Abs. 1 und 8 Abs. 1 FinStrG erwogen:

Das Verhalten des Beschuldigten erfüllt das vom Gesetz vorgegebene Tatbild in objektiver und subjektiver Hinsicht.

Es war daher mit einem Schuldspruch vorzugehen.

Nach der Bestimmung des § 33 Abs 5 FinStrG wird das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet.

Nach der Bestimmung des § 49 Abs 2 FinStrG wird die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit. a FinStrG mit einer Geldstrafe bis zur Hälfte des Verkürzungsbetrages geahndet.

Hat jemand durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Finanzvergehen derselben oder verschiedener Art begangen und wird über diese Finanzvergehen gleichzeitig erkannt, so ist gemäß § 21 Abs 1 FinStrG auf eine einzige Geldstrafe, Freiheitsstrafe oder Geld- und Freiheitsstrafe zu erkennen.

Die einheitliche Geld- oder Freiheitsstrafe ist gemäß § 21 Abs 2 FinStrG jeweils nach der Strafdrohung zu bestimmen, welche die höchste Strafe androht. Es darf jedoch keine geringere Strafe als die höchste der in den zusammentreffenden Strafdrohungen vorgesehenen Mindeststrafen verhängt werden. Hängen die zusammentreffenden Strafdrohungen von Wertbeträgen ab, so ist für die einheitliche Geldstrafe die Summe dieser Strafdrohungen maßgebend.

Nach § 23 FinStrG bemisst sich die Strafe nach der Schuld des Täters und sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, sowie die persönlichen Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen.

Bei der Strafbemessung war im Einzelnen mildernd: der ordentliche Lebenswandel, sowie die teilweise Schadensgutmachung (11%); erschwerend: der mehrfache Tatentschluss.

Bei Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und die Täterpersönlichkeit ist die ausgesprochene Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe schuld- und tatangemessen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht zwingend auf der angezogenen Gesetzesstelle."

In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde der Beschuldigten wird wie folgt ausgeführt:

"1. Am wurde die Abweisung eines Konkursantrags mangels kostendeckenden Vermögens über die Bf in der Insolvenzdatei kundgemacht. In der Folge hat die Bf ihre selbstständige Tätigkeit vollständig eingestellt und auch sämtliche Gewerbeberechtigungen zurückgelegt.

Eine Abfrage im zentralen Gewerberegister zeigt acht Einträge zur Bf, wobei alle Gewerbeberechtigungen, bei welchen die Bf Gewerbeinhaberin war, spätestens im Dezember 2020 geendet haben (bei der Gewerbeberechtigung zur GISA Zahl **100**, welche vom bis aufrecht war handelt es sich um eine solche, bei welcher die Bf lediglich gewerberechtliche Geschäftsführerin war, die Inhaberin war **A**).

Beweis: Suchergebnis GISA
Auszug Insolvenzdatei
Einvernahme der Bf

2. Da die Bf im Jahr 2021 nicht mehr selbstständig tätig war (sie war entweder arbeitslos gemeldet oder unselbstständig beschäftigt) kann in diesem Zeitraum weder Umsatzsteuer angefallen sein noch die Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verletzt worden sein. Die Bf hatte 2021 auch keine Dienstnehmer mehr.

Beweis: Sozialversicherungsdatenauszug

3. Der strafbestimmende Wertbetrag wird daher um die Umsatzsteuer 2021, die Umsatzsteuer 01/02/03 und 04/2022, die Lohnsteuer 01-12/2021 und die Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen 01-12/2021, insgesamt also um EUR 13.043,96 zu kürzen sein und die Geldstrafe dann auf dieser Basis neu zu bemessen sein.

Beweis: Sozialversicherungsdatenauszug
Einvernahme der Bf

Es ergeht daher der Antrag, die angebotenen Beweise durchzuführen und das angefochtene Erkenntnis dahingehend abzuändern, dass die Bf hinsichtlich Zeiträumen nach Dezember 2020 nicht schuldig erkannt wird und die Geldstrafe neu - niedriger - zu bemessen."

Anlässlich der elektronischen Beschwerdevorlage am wurde von der Finanzstrafbehörde ausgeführt, dass "dem Beschwerdevorbringen aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht entgegengetreten werden kann".

Eine mündliche Verhandlung wurde von keiner Partei beantragt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

§ 13 Abs. 1 FinStrG: Die Strafdrohungen für vorsätzliche Finanzvergehen gelten nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch und für jede Beteiligung an einem Versuch.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.

Gemäß § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 bewirkt mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermins für sich allein nicht strafbar.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

§ 160 Abs. 1 FinStrG: Über Beschwerden ist nach vorangegangener mündlicher Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, die Beschwerde ist zurückzuweisen oder der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben, das Verfahren einzustellen oder es ist nach § 161 Abs. 4 vorzugehen.

§ 160 Abs. 2 lit. b FinStrG: Das Bundesfinanzgericht kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn nur die Höhe der Strafe bekämpft wird und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt hat. […]

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Teilrechtskraft:

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Bereich des Finanzstrafrechtes Teilrechtskraft hinsichtlich des Ausspruches von Schuld einerseits und Strafe andererseits rechtlich möglich (vgl. ).

Nachdem die Beschuldigte explizit ausgeführt hat, dass "die Beschwerde sich ausschließlich auf Finanzvergehen mit strafbestimmenden Wertbeträgen für die Umsatzsteuer 2021, die Umsatzsteuer 01/02/03 und 04/2022, die Lohnsteuer 01-12/2021 und die Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen 01-12/2021, insgesamt für EUR 13.043,96 richtet, wonach die Geldstrafe auf der um diese Anschuldigungen verringerten Basis neu zu bemessen sein soll, ist hinsichtlich der Frage des Vorliegens und der Strafbarkeit der Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG für Umsatzsteuer 2019 in Höhe von € 17.646,57 und Umsatzsteuer 2020 in Höhe von € 25.000,00 (gesamt € 42.676,57,0 der Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für Lohnsteuer 1-12/2020 in Höhe von € 1.363,60, Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe 1-12/2020 in Höhe von € 3.967,58 und Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen 1-12/2020 in Höhe von € 386,58 (gesamt € 5.717,76) laut angefochtenem Erkenntnis Teilrechtskraft eingetreten. Erwächst nämlich der (Teil)-Schuldspruch der Finanzstrafbehörde mangels Bekämpfung in (Teil-)Rechtskraft, so ist er nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Als Konsequenz daraus ist auch der Schuldspruch der Finanzstrafbehörde für die genannten Finanzvergehen nicht mehr Gegenstand der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes; das Bundesfinanzgericht ist vielmehr an diesen Schuldspruch gebunden (; ).

Objektive Tatseite zu Finanzvergehen 2021:

Zunächst ist festzuhalten, dass laut Bericht über die Außenprüfung vom betreffend Lohnabgaben für den Zeitraum bis die im angefochtenen Erkenntnis dargestellte Lohnsteuer 1-12/2021 in Höhe von € 40,06 die Dienstgeberbeiträge 1-12/2021 in selber Höhe betroffen hat und so festgesetzt wurde. Da eine Lohnsteuer 1-12/2021 in Höhe von € 40,06 somit nicht Gegenstand eines Finanzvergehens sein kann, war insoweit das Finanzstrafverfahren einzustellen.

Angesichts der Beschwerdeausführungen und den beigelegten Unterlagen, dass die Beschuldigte im Jahr 2021 nicht mehr selbständig tätig gewesen ist und keine Umsätze erzielt worden sind, davor mit Beschluss vom ein Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet wurde, der Amtsbeauftragte dem Beschwerdevorbringen aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht entgegengetreten ist, somit diese Tatsache insoweit außer Streit gestellt wird, besteht für den Finanzstrafsenat keine Veranlassung, von einem anderen Sachverhalt als der in der Beschwerde behaupteten Beendigung der selbständigen Tätigkeit mit Ende 2020 auszugehen.

Zusammengefasst war daher das Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der versuchten Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG für Umsatzsteuer 2021 in Höhe von € 7.000,00, der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG für Umsatzsteuer 01/2022 in Höhe von € 1.500,00, Umsatzsteuer 02/2022 in Höhe von € 1.500,00, Umsatzsteuer 03/2022 in Höhe von € 1.500,00 und Umsatzsteuer 04/2022 in Höhe von € 1.500.00 sowie Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für Lohnsteuer 1-12/2021 in Höhe von € 40,06 und Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen 1-12/2021 in Höhe von € 3,90 gemäß §§ 136, 157, 82 Abs. 3 lit. c FinStrG einzustellen und insoweit über die (verbleibende) Strafbeschwerde (mit dem Antrag, die Geldstrafe niedriger zu bemessen) zu entscheiden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte absehen werden, weil aufgrund der Beschwerde und der Aktenlage das Verfahren - soweit beantragt - einzustellen war. Zusammengefasst wurde nur die Höhe der Strafe für die verbleibenden Finanzvergehen bekämpft und keine Partei hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Strafbemessung:

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob es dem Täter darauf angekommen ist, sich oder einem Verband, als dessen Entscheidungsträger er gehandelt hat, durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine nicht nur geringfügige fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Eine wiederkehrende Begehung liegt vor, wenn der Täter bereits zwei solche Taten begangen hat oder einmal wegen einer solchen Tat bestraft worden ist. Ebenso ist bei der Bemessung der Strafe darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

§ 33 Abs. 5 FinStrG: Die Abgabenhinterziehung wird mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerechtfertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. […]

Gemäß § 49 Abs. 2 FinStrG wird die Finanzordnungswidrigkeit mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages oder der geltend gemachten Abgabengutschrift beträgt.

§ 20 Abs. 1 FinStrG: Wird auf eine Geldstrafe oder auf Wertersatz erkannt, so ist zugleich die für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

§ 20 Abs. 2 FinStrG: […] Bei Finanzvergehen, deren Ahndung in den Fällen des § 58 Abs. 2 lit. a dem Spruchsenat vorbehalten ist, dürfen die Ersatzfreiheitsstrafen das Höchstmaß von je drei Monaten und bei den übrigen Finanzvergehen das Höchstmaß von je sechs Wochen nicht übersteigen.

Hat ein Täter wie im gegenständlichen Fall durch mehrere selbständige Taten mehrere Finanzvergehen derselben und auch verschiedener Art begangen, ist gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 FinStrG dabei auf eine einzige Geldstrafe zu erkennen, wobei die Summe der sich aus den strafbestimmenden Wertbeträgen ergebenden Strafdrohungen maßgeblich ist.

Gemäß der Bestimmung des § 23 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters, wobei Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und bei der Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sind.

Laut Strafbemessung durch den Spruchsenat waren mildernd der ordentliche Lebenswandel, sowie die teilweise Schadensgutmachung (11%); erschwerend: der mehrfache Tatentschluss zu berücksichtigen, wobei "über die Vermögens- und Ertragslage der finanzstrafrechtlich bisher noch nicht in Erscheinung getretenen Beschuldigten nichts Näheres bekannt ist".

In der Beschwerde wurde auf die aktuell schwierige finanzielle Lage der Beschuldigten hingewiesen. Mit Beschluss des HG Wien vom , Aktenzeichen 2 Se 98/20d, wurde das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet geworden. Die Schuldnerin ist zahlungsunfähig. Der Beschluss ist am rechtskräftig. Laut aktuellem Versicherungsdatenauszug ist die Beschuldigte arbeitslos gemeldet.

Weitere Milderungsgründe wurden nicht geltend gemacht bzw. sind auch dem Strafakt nicht zu entnehmen.

Aufgrund der Teileinstellung errechnet sich der Strafrahmen NEU (Umsatzsteuer 2019 von € 17.646,57 + Umsatzsteuer 2020 von € 25.000,00 = € 42.676,57 x 2 = € 85.353,14 plus Lohnsteuer 1-12/2020 von € 1.363,60 + Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe 1-12/2020 von € 3.967,58 + Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen 1-12/2020 von € 386,58 = € 5.717,76 : 2 = € 2.858,88) von € 88.212,02 (statt bisher € 114.234,00). Die Geldstrafe von 19.200,00 entsprach 16,81% der Strafdrohung.

Unter Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Beschuldigten und der oben dargestellten aktenkundigen Milderungsgründe ist eine Geldstrafe von € 14.000,00 angemessen. Einer darüber hinaus gehenden weiteren Reduzierung stehen jedoch generalpräventive Gründe entgegen, um den Eindruck zu vermeiden, monatelanges Ignorieren abgabenrechtlicher Verpflichtungen und der Verpflichtung, bei Fälligkeit die Abgaben fristgerecht zu entrichten zu müssen, bliebe ohne Konsequenzen.

Bei den selben Strafbemessungsgründen war auch die Ersatzfreiheitsstrafe auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß zu reduzieren. Zudem sind die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Täterin nur bei der Bemessung der Geldstrafe, nicht aber der Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Insbesondere scheiden für die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe Überlegungen darüber, wie diese vollzogen werden kann, aus ().

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten in unveränderter Höhe von € 500,00 gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ungelöste Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung waren für die Entscheidung nicht relevant, sodass eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Teilrechtskraft
Anpassung der Geldstrafe
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7300054.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at