Familienheimfahrten bei gemeinsamer Obsorge
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.a Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. als Vorsitzende, die Richterin Dr.in Elisabeth Hafner, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Christian Waldmann und Mag. Herwig Draxler in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom und betreffend Einkommensteuer 2019 und 2020 (Arbeitnehmerveranlagung), Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Zwischen den Parteien ist die Frage der Anerkennung von Aufwendungen für Familienheimfahrten sowie das Internet strittig.
Mit den am bzw. bei der belangten Behörde eingelangten Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung die Jahre 2019 und 2020 betreffend, beantragte der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) neben der Anerkennung von (unstrittigen) Sonderausgaben, auch den Zuspruch von diversen Werbungskosten (Pendlerpauschale und -euro iHv je Euro xxxxx bzw. Euro xx, Gewerkschaftsbeiträge iHv Euro xxx bzw. xxx, Arbeitsmittel iHv je Euro xxx, sowie schließlich aus dem Titel der Familienheimfahrten den Betrag iHv Euro xxxxx je Veranlagungsjahr).
Am wurde der Bf. aufgefordert die Werbungskosten im Zusammenhang mit der Erklärung 2019 konkret darzulegen und nachzuweisen; fristgerecht führte er in seiner Anfragebeantwortung vom aus, als technischer Angestellter (***D***) in Betriebsstätte tätig zu sein. Die Arbeitsmittel setzten sich aus Kosten für das im Homeoffice verwendete Internet zusammen, wobei bereits ein Privatanteil von 50% ausgeschieden worden sei. Die Kosten für Familienheimfahrten iHv Euro xxxxx resultierten aus dem amtlichen Kilometergeld von Euro 0,42 für insgesamt xxxxx gefahrene Kilometer zwischen seinem Hauptwohnsitz in Kärnten und seiner Arbeitsstätte in Niederösterreich. Für die Heimfahrten habe er ein KFZ verwendet. In der Anfragebeantwortung war eine Aufstellung diverser Tankrechnungen enthalten. Am Beschäftigungsort habe er eine Schlafmöglichkeit "bei Freunden", er sei dort auch nebenwohnsitzgemeldet. Seine Tätigkeit in Betriebsstätte erfolge "nicht aus komplett freien Stücken", sondern deshalb, da er in Kärnten bzw. der Steiermark trotz langjähriger Suche keinen adäquaten Job gefunden habe. Durch das Naheverhältnis zu seinen beiden minderjährigen Kindern, für die er sich mit seiner geschiedenen Frau das Sorgerecht teile, zu seinen Eltern und Großeltern, wie auch seinem privaten Freundeskreis, könne der Familienwohnsitz nicht nach Niederösterreich verlegt werden. Schließlich - so der Bf. darin weiter - habe er "aktuell keine Partnerin".
Am bzw. erließ die belangte Behörde die verfahrensgegenständlichen Einkommensteuerbescheide 2019 und 2020; neben den Sonderausgaben wurden Zuwendungen gem. § 18 Abs. 1 Z. 7 EStG 1988 iHv je Euro xx/a, der Unterhaltsabsetzbetrag, das Pendlerpauschale (zuzügl. Pendlereuro) sowie die Gewerkschaftsbeiträge anerkannt. An Arbeitsmitteln sprach die belangte Behörde im Jahr 2019 rücksichtlich eines Privatanteils von 75% einen Betrag iHv Euro xx, für 2020 hingegen solche im Ausmaß von Euro xxx zu; für die Familienheimfahrten wurde lediglich der Betrag für Jänner 2019 im Ausmaß von Euro xxx gewährt, das darüberhinausgehende Begehren wurde abgewiesen. Begründend wird in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt, dass Ausgaben für Familienheimfahrten deshalb nicht berücksichtigt werden konnten, da dem Bf. ab Feber 2019 eine Wohnsitzverlegung zumutbar gewesen sei.
Der Bf. erhob am bzw. gegen die vorgenannten Bescheide das Rechtsmittel der Beschwerde und monierte darin die nur teilweise Anerkennung der geltend gemachten Werbungskosten. Er sei zwar "alleinstehend", da er an seinem Hauptwohnsitz in Kärnten nur alleine gemeldet sei; er habe aber das gemeinsame Sorgerecht für seine beiden Kinder. Er nehme sein Besuchsrecht mindestens alle 14 Tage in der Regel von Freitagmittag bis Sonntagabend bei sich in Ort1 wahr. Auch seine Eltern, Großeltern und der Freundeskreis sei im X-Tal beheimatet.
Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde den Bf. auf, eine Bestätigung des Dienstgebers über die Homeofficetage 2019 vorzulegen. Der Bf. legte daraufhin ein Schreiben des Dienstgebers vom vor, in dem eine Homeofficetätigkeit von 20% im Jahr 2019 bestätigt wurde.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom bzw. wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen; rücksichtlich der Judikatur des VwGH sei für einen alleinstehenden Arbeitnehmer, wie dem Bf., ein Zeitraum von sechs Monaten für die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Arbeitsort ausreichend. Dieser Zeitraum sei bereits im Jahr 2018 im Ausmaß von 5, und im Jahr 2019 im Ausmaß von 1 Monat berücksichtigt worden.
In den dagegen erhobenen Vorlageanträgen vom und begehrte der Bf. die Entscheidung durch den gesamten Senat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Meritorisch bestritt er die Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes insbesondere damit, dass er aufgrund seiner Sorgepflichten und seiner beschriebenen familiären Situation nach wie vor seinen Familienwohnsitz in Kärnten unterhielte. Auch nehme er die medizinische Versorgung (zB Hausarzt, HNO, Urologe, Zahnarzt) in Ort1 wahr. Er beantragte deshalb die Zuerkennung der gesamten Kosten für die Familienheimfahrten, sowie des 50%igen Anteils an den Internetkosten für das Jahr 2019.
Am fand eine mündliche Senatsverhandlung statt, im Zuge derer die nunmehrige Ehefrau sowie die geschiedene Gattin des Bf. als Zeuginnen einvernommen wurden; die Verhandlung endete mit der Verkündung des Beschlusses, dass die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibe.
II. Sachverhalt
Der am xx.xx.xxxx in Ort1 geborene Bf. ist seit in Ort1 Ort1, ***Bf1-Adr*** polizeilich haupt-, bzw. seit *** in Ort2 nebenwohnsitzgemeldet. Er ist der leibliche Vater des am xx.xx.xxxx geborenen Sohn1, sowie des am xx.xx.xxxx geborenen Sohn2.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Ort1 vom xx.xx.xxxx wurde die am xx.xx.xxxx mit der Kindesmutter B, geboren am xx.xx.xxxx, geschlossene Ehe im Einvernehmen geschieden; die Parteien kamen im Zuge des am gleichen Tag geschlossenen Scheidungsfolgenvergleichs dahingehend überein, dass die Obsorge für die ehelichen Kinder beiden Elternteilen gemeinsam zukommt, wobei deren Hauptaufenthalt bei der Kindesmutter bleiben sollte, in deren Haushalt sie weiter wohnten und betreut wurden. Dem Bf. wurde das Kontaktrecht zu seinen beiden Söhnen in der Weise eingeräumt, als er berechtigt war (und nach wie vor ist), die Kinder alle 14 Tage in der Zeit von Freitag 14:00 Uhr bis Sonntag 18:00 Uhr zu sich zu nehmen. Im Zuge der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse übertrug der Bf. schließlich seine Miteigentumsanteile an der (vormaligen) Ehewohnung vorgetragen im GB xxxx EZ xxx der Kindesmutter, und räumte diese Wohnung bis von eigenen Fahrnissen.
Der Bf. hatte in der Zwischenzeit mit Kaufvertrag vom xx.xx.xxxx Wohnungseigentum an der im Erdgeschoss des Hauses Adresse gelegenen Wohnung bestehend aus Vorraum, Bad, WC, zwei Schlafzimmern, Ess-Wohnbereich, Küche und Speis mit einer Wohnnutzfläche von ca. 74 m² erworben. Er ist nach der Ehescheidung in diese Wohnung gezogen und dort seitdem mit dem Hauptwohnsitz gemeldet.
Im Jahr 2016 lernte der Bf. B (vormals B), die seit in Ort2 lebt, kennen; zwischen den beiden entwickelte sich eine Liebesbeziehung, wobei sie sich aufgrund der räumlichen Trennung vorerst nur an den Wochenenden sehen konnten.
Beruflich war der Bf. vom xx.-xx bei der Fa.1 in Sitz in der Funktion des C beschäftigt. Mit Wirksamkeit zum trat er in ein Dienstverhältnis zur Fa. 2 als D ein, wobei er vornehmlich an der Betriebsstätte in Adresse beschäftigt war. Seine berufliche Tätigkeit übte er im Jahr 2019 zu etwa 20% im Homeoffice an seinem Hauptwohnsitz in Ort1 aus. Der Bf. und B beschlossen, dass er aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen - anstatt der Anmietung einer Wohnung in Niederösterreich - in ihr Eigenheim in Ort2, einem Einfamilienhaus, einziehen sollte, weshalb er dort auch seinen Nebenwohnsitz anmeldete. Der Bf. beteiligte sich nicht an den Betriebskosten der Liegenschaft in der ***1***, zumal sowohl er, als auch seine Freundin auf einer strikten Trennung der jeweiligen Eigentumsverhältnisse bedacht waren. Lediglich die Kosten für Lebensmittel wurden zwischen den Partnern geteilt. Der Bf. unterstützte B, die er auch im Jahr 2022 ehelichte, jedoch bei den Tätigkeiten im-, bzw. ums Haus (Reparaturen, Gartenarbeiten etc.). Sowohl seine Eltern, Ärzte, als auch sein Freundeskreis befanden sich in den Streitjahren im X-Tal, in dem sich der Bf. besonders verwurzelt fühlt.
Der Bf. übte sein Kontaktrecht zu seinen beiden Söhnen - wie im Scheidungsvergleich vereinbart - in den Streitjahren regelmäßig in Kärnten aus, wobei die Kinder die Besuchswochenenden in seiner Wohnung in Ort1 verbrachten. Sohn1 übernachtete im 2. Schlafzimmer der väterlichen Wohnung, Sohn2 schlief hingegen im Wohnzimmer. Kleidung, sowie all jene Dinge, die sie für den Aufenthalt beim Vater benötigten, brachten sie jedes Mal mit; in der Wohnung des Vaters wurde lediglich Notbekleidung aufbewahrt. Die an den jeweiligen Besuchswochenenden anfallenden Hausübungen bzw. sonstigen notwendigen Vorbereitungen für die Schule (Lernen für Tests und Schularbeiten etc.) wurden gemeinsam mit dem Bf. erledigt. Der Kindesvater unterstützte vor allem den jüngeren Sohn Sohn2 auch außerhalb der Besuchszeiten via Telefon, WhatsApp bzw. Skype bei allfälligen Lernschwierigkeiten; der Fall jedoch, dass er zwecks Unterstützung, Betreuung bzw. Pflege der Söhne eigens vom Beschäftigungsort nach Kärnten anreiste, trat in den Streitjahren nicht ein. Der Bf. übernahm jedoch - als schulische Schwierigkeiten mit Sohn2 in den Jahren 2019 und 2020 auftraten - diverse Gesprächstermine vor Ort in Kärnten (mit Behörden, LehrerInnen, DirektorInnen), um vor allem die damit verbundenen mehrfachen Schulwechsel des Sohnes zu organisieren. Diese Gespräche fanden jedoch in den überwiegenden Fällen an jenen Tagen statt, an denen der Bf. ohnedies im Homeoffice in Ort1 tätig war. Die Pflege der Kinder im Krankheitsfall wurde entweder vom neuen Lebensgefährten der geschiedenen Ehefrau oder den Großeltern väterlicherseits übernommen; insgesamt wurde die Kindesmutter vor allem von ihrer Ex-Schwiegermutter tatkräftig bei der Pflege und Betreuung der Kinder unterstützt (etwa durch Kochen bzw. diverse Fahrtendienste). Mit Ausnahme eines verlängerten Wochenendes im Jahr 2019 in Deutschland (mit Sohn1 und Sohn2) und eines 2-wöchigen Aufenthaltes in der Toskana (mit Sohn2) verbrachte der Bf. keine Urlaube mit seinen Söhnen.
Der Bf. pflegt ein außerordentlich gutes Einvernehmen mit der Kindesmutter und steht auch seinen beiden Söhnen emotional sehr nahe.
Ihm war die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort zumindest ab Feber 2019 zumutbar.
III. Beweiswürdigung
Der vorstehende Sachverhalt basiert auf nachfolgender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Bf. (Geburtsort-, bzw. Datum, polizeiliche Meldungen) gründen auf einer Einsicht des Gerichtes in das Zentrale Melderegister des BMI. Die Vaterschaft zu den Kindern Sohn1 und Sohn2, sowie die Feststellungen zu den Scheidungsfolgen gehen aus der Übertragung des Tonbandprotokolls über die Scheidung im Einvernehmen vom xx.xx.xxxx, aufgenommen vor dem BG Ort1 zu GZ, hervor.
Dass der Bf. nach der Scheidung in seine - nach Ausmaß und Ausgestaltung festgestellte - Eigentumswohnung in Ort1 zog, geht aus dem in der Urkundensammlung des Grundbuches hinterlegten Kaufvertrag vom xx.xx.xxxx hervor.
Sowohl der Bf. selbst (Bf. VH-Protokoll vom , S. 2), als auch die als Zeugin einvernommene nunmehrige Ehefrau, B (ZV B VH-Protokoll vom , S. 8) gaben übereinstimmend an, sich bereits im Jahr 2016 kennengelernt und eine Liebesbeziehung geführt zu haben, die sich vorerst auf die Wochenenden beschränkte.
Die Tätigkeit des Bf. bei der Fa.1 ergibt sich aus der amtswegig eingeholten Sozialversicherungsauskunft und wurde sowohl dieses Faktum als auch der Tätigkeitsbereich vom Bf. bestätigt Bf. (Bf. VH-Protokoll vom , S. 1). Das Dienstverhältnis zur Fa. 2 (samt deren Ausgestaltung) wurde durch Vorlage der Dienstvereinbarung vom xx.xx.xxxx, den dazu unstrittigen Ausführungen des Bf. (Bf. VH-Protokoll vom , S. 1f), dem bereits erwähnten Auszug aus der Sozialversicherungsdatenbank, sowie den Bestätigungen dieser Firma vom und bewiesen. Glaubhaft schilderte die Zeugin B, dass aufgrund der räumlichen Nähe zwischen dem Dienstort in Betriebsstätte und ihrem Wohnhaus in Ort2, die Partner übereinkamen, dass der Bf. zu ihr in ihr Einfamilienhaus nach Ort2 ziehen sollte (ZV B, VH-Protokoll vom , S. 8). Nachvollziehbar legten sowohl die Zeugin als auch der Bf. dar, dass lediglich die Kosten für die unmittelbare Lebensführung, nämlich Lebensmittel, in Niederösterreich geteilt wurden, sonst jedoch - wie festgestellt - strikte Trennung der Eigentumsverhältnisse bestand (Bf. VH-Protokoll vom , S. 2; ZV B, VH-Protokoll vom , S. 8f). Bedenkt man, dass sowohl die Zeugin als auch der Bf. jeweils geschieden sind, ist diese Haltung durchaus nachvollziehbar. Die Unterstützung bei diversen Arbeiten auf der Liegenschaft der Zeugin B gründen auf deren glaubwürdigen Angaben vor dem erkennenden Senat (ZV B, VH-Protokoll vom , S. 8). Das der Bf. - wie festgestellt - nach wie vor einen starken Bezug zum X-Tal (seinen Eltern, Freunden etc.) hat, hat er durch sein diesbezüglich emotionales Schlusswort vor dem Senat anschaulich unter Beweis gestellt.
Hinsichtlich der konkreten Besuchsrechtsausübung folgte der erkennende Senat den - von der belangten Behörde unwidersprochen gebliebenen - Ausführungen sowohl des Bf., als auch der Zeuginnen B und B (Bf. VH-Protokoll vom , S. 3f; ZV B VH-Protokoll vom , S. 5f; ZV B VH-Protokoll vom , S. 8f). Dass der Bf. die Kinder (allem voran Sohn2) nicht nur an den Besuchswochenenden, sondern auch außerhalb dieser Zeiten via Telefon, WhatsApp oder Skype schulisch unterstützte, führten sowohl der Bf. selbst, als auch dessen Exfrau und auch seine nunmehrige Gattin vor dem erkennenden Senat überzeugend aus (Bf. VH-Protokoll vom , S. 3f; ZV B VH-Protokoll vom , S. 5f; ZV B VH-Protokoll vom , S. 8f). Gleiches gilt für die diversen Gespräche im Zuge der schulischen Probleme des Sohnes Sohn2 (Bf. VH-Protokoll vom , S. 3f; ZV B VH-Protokoll vom , S. 5f; ZV B VH-Protokoll vom , S. 8f). Vor allem seine geschiedene Gattin, die Zeugin B, schilderte dem Senat eindrucksvoll, dass ihr Exmann einfach besser reden könne als sie, weshalb sie ihn um die Übernahme dieser Gespräche ersuchte (ZV B VH-Protokoll vom , S. 5). Dass diese Termine an Homeofficetagen stattfanden und er dafür keine gesonderten Urlaubstage nehmen musste, gab der Bf. auf Nachfrage der belangten Behörde an (Bf. VH-Protokoll vom , S. 4f). Weiters gründen die Feststellungen zur Betreuung im Krankheitsfall sowie der Unterstützung durch die Mutter des Bf. auf die Ausführungen der geschiedenen Ehegattin, die wörtlich angab, dass sie ihre Ex- Schwiegermutter "wirklich liebe", und sich voll auf deren Unterstützung verlassen kann (ZV B VH-Protokoll vom , S. 7).
Was die Feststellung zur Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes anlangt wird - aus Einfachheitsgründen - auf die nachfolgende rechtliche Beurteilung verwiesen, wobei bereits an dieser Stelle festzuhalten ist, dass dem Bf. der Beweis von Gründen, die gegen die Verlegung sprechen, auf der Tatsachenebene nicht gelungen ist.
Nachweise für die Höhe der Internetkosten bzw. die berufliche Nutzung wurden nicht vorgelegt, weshalb diese zu Recht von der belangten Behörde für das Jahr 2019 mit 25% geschätzt wurden; schließlich werden vonseiten des Dienstgebers für diesen Zeitraum auch lediglich Homeofficetage im Ausmaß von 20% der Dienstverpflichtung bestätigt.
IV. Rechtliche Beurteilung
IV. 1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Nach deren Z. 6 lit. c sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Demgegenüber dürfen - so § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 - die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Z 2 lit. e leg. cit. normiert weiter, dass Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c angeführten Betrag übersteigen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen.
Ist ein Steuerpflichtiger jedoch aus beruflichen Gründen gehalten, am Arbeitsort oder in dessen Nahebereich einen zweiten Wohnsitz zu begründen, weil ihm weder eine tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz noch die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Arbeitsort bzw. in dessen Nahebereich zumutbar ist, können bestimmte Aufwendungen, wie etwa solche für Familienheimfahrten als Werbungskosten steuerlich berücksichtigt werden.
Der VwGH hat wiederholt ausgesprochen, dass die Beibehaltung eines Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten und eine doppelte Haushaltsführung dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung kann ihre Ursache insbesondere in der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen oder in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Ehepartners haben (vgl. ). Diese Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. ). Die Unzumutbarkeit, den Familienwohnsitz aufzugeben, muss sich aus Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben. Momente persönlicher Vorlieben reichen für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes nicht aus (vgl. , mwN).
Der Bf. führt im Zusammenhang mit der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung vor allem ins Treffen, dass er sich mit seiner geschiedenen Ehefrau die Obsorge für die beiden Söhne teile und er sein Besuchsrecht 14tägig in Kärnten wahrnehme; festgestelltermaßen erledigt er in dieser Zeit auch die schulischen Agenden bzw. steht vor allem dem jüngeren Sohn auch außerhalb der Besuchszeiten im Falle von Lernfragen via Telefon, WhatsApp bzw. Skype zur Verfügung. Auch absolvierte er im Zuge der mehrfachen Schulwechsel seines Sohnes die dafür nötigen Gespräche mit Behörden und Lehrpersonen. Fraglich ist, ob es sich bei diesen Umständen um solche von erheblichem objektivem Gewicht im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur handelt. Grundsätzlich entspricht es nämlich der einhelligen Judikatur, dass die bloße Ausübung des Besuchsrechtes nicht ausreicht, um die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den Beschäftigungsort zu begründen (; ). Auch reicht die Unterhaltsverpflichtung dem Kind gegenüber dafür nicht aus. Gewichtige, in der privaten Lebensführung verankerte Gründe liegen hingegen nach der hier einschlägigen Leitentscheidung des GZ 2007/15/0297 dann vor, wenn ein (geschiedener) Bf. den Hauptwohnsitz deshalb beibehält, um seine (im dort entschiedenen Fall) 11 und 13 Jahre alten Söhne tatsächlich und kontinuierlich zu betreuen und er damit seinen Obliegenheiten als Vater zur Gewährleistung eines familiären Umfeldes für die Kinder unter Aufrechterhaltung eines intensiven persönlichen Kontaktes laufend nachgekommen ist. Laut dortigem Sachverhalt hat die frühere Ehefrau häufig am Wochenende arbeiten und der Bf. die Betreuung übernehmen müssen. Als Zwischenergebnis ist sohin festzuhalten, dass "die Erziehung und Betreuung des minderjährigen Kindes und die Bewahrung des familiären Umfeldes für dieses Kind ", laut VwGH für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes sprechen kann. Der Bf. konnte jedoch im Verfahren nicht aufzeigen, dass er seine Söhne - über die bloße Besuchsrechtsausübung hinausgehend - tatsächlich und kontinuierlich in Ort1 betreut hat. Er mag zwar seine 14tätigen Besuche kontinuierlich wahrgenommen und den Kindern dabei auch schulischen Support gegeben haben, dies ist aber nicht gleichzustellen mit einer besonderen Erziehungs- und Betreuungsverpflichtung. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass beiden Eltern die Obsorge gemeinsam zukommt, was wohl eher der derzeitigen Rechtslage geschuldet ist. Für die außerhalb des Kontaktrechtes erfolgte Lernhilfe dem Sohn Sohn2 gegenüber ist der Bf. gerade nicht nach Kärnten angereist, sondern wurde dies im elektronischen Weg erledigt, wofür es keiner zwei Wohnsitze bedarf. Auch ist der Bf. - wie das Beweisverfahren ergeben hat - nie ad hoc nach Kärnten zur Erziehung oder Betreuung der Kinder gefahren, sondern hat die Fahrten immer mit der Möglichkeit verbunden, im Homeoffice zu arbeiten und das reguläre Besuchsrecht auszuüben. Auch die tägliche "Carearbeit", wie kochen, waschen, putzen, Fahrdienste, lag nicht beim Bf.. Dass er sich im Zuge der schulischen Schwierigkeiten mit seinem Sohn Sohn2 einbrachte und diverse Termine in Kärnten wahrnahm, ist ihm zwar positiv anzurechnen; nichts desto trotz ist diese Zeit als familiäre Ausnahmesituation zu qualifizieren. Der Bf. ist sohin nicht kontinuierlich seinen Betreuungs- und Erziehungsaufgaben nachgekommen, sondern war - wofür ihm durchaus Tribut zu zollen ist - zur Stelle, als die schulische Lage des Sohnes prekär wurde.
Schließlich sind die weiteren vom Bf. angeführten Gründe (Eltern, Ärzte, Freunde im X-Tal) nicht geeignet, die Beibehaltung des Familienwohnsitzes nach der Judikatur zu stützen: Zwar kann nach der höchstgerichtlichen Judikatur die Pflegebedürftigkeit naher Angehöriger als Argument für eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung gelten; der VwGH setzt aber das "Bestehen einer besonders gelagerten Pflegenotwendigkeit" voraus bzw. die (ärztlich) attestierte Gefahr für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eines Pfleglings im Fall der Wohnsitzverlegung (; , 2001/14/0121). Wie der Bf. jedoch im Zuge der Senatsverhandlung ausführte, waren seine Eltern in den Streitjahren durchaus in der Lage, ihr Leben alleine, ohne Hilfe, zu bewerkstelligen. Wenn der Bf. darüber hinaus vermeint, dass die Unzumutbarkeit daraus resultiere, als sein Freundeskreis bzw. seine Ärzte in Kärnten aufhältig sind, so stellen auch diese Argumente keine Umstände von erheblichem, objektivem Gewicht, sondern vielmehr Momente bloß persönlicher Vorlieben dar.
Der Beschwerde war sohin der Erfolg zu versagen.
IV.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor, zumal sich das Gericht bei der Frage, ob dem Beschwerdeführer eine Verlegung seines Familienwohnsitzes an den Arbeitsort zumutbar ist, an die ohnedies zitierte höchstgerichtliche Judikatur gehalten hat.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Familienheimfahrten Scheidung gemeinsame Obsorge Besuchsrecht |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100172.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
IAAAC-34533