Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 04.09.2023, RV/5100632/2020

Zurückweisung eines verspätet eingebrachten Vorlageantrages

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Einheitswert-Feststellungsbescheid des Grundvermögens zum (Artfortschreibung gem. § 21 Abs. 1 Z 2 BewG, Einfamilienhaus) zu ***EWAZ*** beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO in Verbindung mit § 264 Abs. 4 lit. e BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen. Mit der Zustellung dieser Beschlussausfertigung gilt die Zustellung an alle Miteigentümer als vollzogen (§ 101 Abs. 3 Bundesabgabenordnung).

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang und Sachverhalt

Mit Bescheid vom stellte die belangte Behörde im Wege einer Artfortschreibung den Einheitswert für den gegenständlichen Grundbesitz zu ***EWAZ*** zum mit EUR 45.700, den um 35% erhöhten Einheitswert mit EUR 61.600 fest.

Der Beschwerdeführer (in der Folge: "Bf.") erhob am rechtzeitig per FinanzOnline dagegen das Rechtsmittel der Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der entsprechenden Rechtsmittelbelehrung wurde betreffend den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht (Bundesfinanzgericht) eine Frist von einem Monat angeführt.

Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde am an die beschwerdeführende Partei zugestellt (vgl. E-Mail von ***1*** [***Mailadresse***] an ***2*** vom Montag, , 21:11). Der Vorlageantrag wurde per FinanzOnline am , 20:41:37 erstellt und ist bei der belangten Behörde am , 00:03:36 eingelangt.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte mit näheren inhaltlichen Ausführungen die Abweisung der Beschwerde.

Die gegenständliche Beschwerdeangelegenheit wurde zunächst der Gerichtsabteilung *GA1* zugeteilt und durch Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom der seit unbesetzten Gerichtsabteilung *GA1* gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und mit Wirksamkeit der Gerichtsabteilung *GA2* zugeteilt.

Die Parteien des Beschwerdeverfahrens wurden mit Vorhalt vom darauf hingewiesen, dass es aufgrund der derzeitigen Aktenlage möglich wäre, dass der Vorlageantrag nicht innerhalb der genannten Frist eingebracht worden sein könnte und gegebenenfalls gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO in Verbindung mit § 264 Abs. 4 lit. e und § 264 Abs. 5 BAO als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen wäre. Die Parteien wurden gleichzeitig zur Wahrung des Parteiengehörs um Stellungnahme ersucht zur Frage, ob rechtzeitig ein Vorlageantrag eingebracht wurde.

Die belangte Behörde äußerte sich mit Stellungnahme vom und beantragte die Zurückweisung des Vorlageantrages gem. § 260 Abs. 1 lit. b BAO, da E-Mails keine zulässige Eingabe darstellen würden und der über FinanzOnline gestellte Vorlageantrag vom außerhalb der bis zum laufenden, einmonatigen Frist des § 264 Abs. 1 BAO und somit verspätet eingebracht worden sei. Ein Antrag auf Fristverlängerung sei nicht gestellt worden. Das Finanzamt beantragte, den am elektronisch eingebrachten Vorlageantrag als verspätet zurückzuweisen.

Der Bf. äußerte sich bislang nicht. Die sechswöchige Frist zur Beantwortung des dem Bf. am zugestellten Vorhalts vom war am abgelaufen.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist - soweit entscheidungsrelevant - unstrittig, ergibt sich aus dem Akteninhalt und stützt sich auf die Angaben des Bf. sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Fristverlängerungsantrag betreffend die Einbringung eines Vorlageantrags seitens des Bf. gestellt worden wäre. Es wird daher davon ausgegangen, dass kein solcher Antrag gestellt wurde.

Rechtslage

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde. Nach § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist diese Bestimmung auch auf Vorlageanträge anzuwenden.

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Entsprechend § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortung von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 leg. cit., welche lediglich mündliche Eingaben betreffen, schriftlich einzureichen.

Nach § 86a Abs. 1 BAO können Anbringen im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird.

Erwägungen

Eingaben per E- Mail sind nach den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesfinanzgerichts keine Anbringen im Sinne der Bundesabgabenordnung (; , RV/7103391/2019; ; , Ra 2015/15/0007; , Ra 2019/15/0081). Die Wege der (zulässigen) Einreichung von Eingaben sind gesetzlich und davon abgeleitet in Verordnungsform vorgeschrieben (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 86a Rz 18a; ). Eine planwidrige Lücke in der BAO liegt angesichts der Tatsache, dass diese in § 86b bereits betreffend Landes- und Gemeindeabgaben Regeln zu E-Mails enthält, nicht vor ().

§ 85 BAO, § 86a BAO und die auf Grund § 86a BAO ergangenen Verordnungen BGBl. II Nr. 494/1991 (betreffend die Zulässigkeit von Fax-Eingaben, nunmehr in der Fassung BGBl. II Nr. 579/2020) und BGBl. II Nr. 97/2006 (FinanzOnline-Verordnung, nunmehr in der Fassung BGBl. II Nr. 190/2022) sehen die Einbringung von Anbringen - jedenfalls im Zeitraum nach Erlassung der Beschwerdevorentscheidung - mittels E-Mail nicht vor. Daher kommt einer solchen E-Mail nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung zugängliche Eingabe handelt ().

Der Verwaltungsgerichtshof führte im Beschluss vom zu Ra 2019/13/0112 aus:

"Einer E-Mail kommt im Anwendungsbereich der BAO nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung gemäß § 85 BAO zugängliche Eingabe handelt. Ein mit E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen abhängig ist, etwa eine Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu fällen, die von einem Rechtsmittel abhängig ist. Die Abgabenbehörde ist nicht einmal befugt, das "Anbringen" als unzulässig zurückzuweisen, weil es sich bei einer solchen E-Mail eben nicht um eine Eingabe an die Behörde handelt (vgl. Ra 2015/15/0007)."

Derartige Eingaben sind daher unbeachtlich und auch keiner Mängelbehebung zugänglich (; ; , RV/2100952/2018; , RV/4100189/2018).

Ein Anwendungsfall der im Zuge der Corona-Pandemie erlassenen Verordnung "Elektronische Einreichung von Anbringen im Zusammenhang mit steuerlichen Erleichterungen aufgrund des Coronavirus", BGBl. II Nr. 121/2020 idF. BGBl. II Nr. 128/2021, ist im Übrigen aufgrund des eingeschränkten Anwendungsbereiches und bereits angesichts der mit von bis befristeten Gültigkeit dieser Verordnung nicht gegeben. Die E-Mail vom , 21:11 des Bf. an die Sachbearbeiterin der belangten Behörde wurde außerhalb dieses Zeitfensters und nicht an die einzig dafür vorgesehene Adresse corona@bmf.gv.at versendet, sodass die genannte Verordnung nicht darauf anwendbar ist. Diese E-Mail stellte daher kein Anbringen im Sinne der BAO da und war demnach für die Abgabenbehörde unbeachtlich. Es wurden damit weder Rechtswirkungen, noch eine Entscheidungspflicht der Behörde ausgelöst. Für die Vornahme eines Mängelbehebungsverfahrens fehlte in der Folge die Grundlage.

Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde dem Bf. am zugestellt.

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist für den Beginn der Frist nach § 109 BAO der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (97 Abs. 1 BAO). Die Bekanntgabe erfolgt nach § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Die einmonatige Frist zur Stellung eines Vorlageantrages nach § 264 Abs. 1 BAO lief demgemäß am ab.

Daraus ergibt sich, dass die einmonatige Frist des § 264 Abs. 1 BAO (Bundesabgabenordnung) zur Einbringung eines Vorlageantrages am Montag, zu laufen begann und mit Ablauf des Dienstags, , endete. Die formgerechte Eingabe (Vorlageantrag) über FinanzOnline vom wurde daher außerhalb der Frist und somit verspätet eingebracht. Der Vorlageantrag wurde daher erst nach Ablauf dieser Frist eingebracht.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO in Verbindung mit § 262 Abs. 4 lit. e BAO ist ein Vorlageantrag mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn er nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Der Vorlageantrag vom war daher wegen Verspätung als unzulässig zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die zutreffende Stellungnahme der belangten Behörde vom verwiesen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100632.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at