Lagerbewilligung für Tabakwaren von der Cannabispflanze
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Brunner, Mag. Stummvoll Rechtsanwälte OG, Volksgartenstraße 1, 8020 Graz, betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. 700000/204938/20/2020, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Bewilligung eines Lagerbetriebes für Tabakwaren beschlossen:
Der Bescheid vom , Zl. 700000/204938/20/2020, und die Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. 700000/211892/01/2022, werden gemäß § 278 Abs.1 Bundesabgabenordnung (BAO) unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Am stellte die Beschwerdeführerin (Bf), vormals ***1***, einen Antrag auf Bewilligung eines Lagerbetriebes für Tabakwaren, Warenkategorien Zigaretten, Zigarren und Zigarillos, Feinschnitt für selbstgedrehte Zigaretten und anderer Rauchtabak, gemäß § 16 Tabaksteuergesetz am Standort ***2***. In der Beilage wurde eine Betriebsbeschreibung übermittelt, welche als Geschäftsbereich die Zucht und den Verkauf von Cannabis-Pflanzen/Blüten sowie die Herstellung und den Vetrieb von CBD-haltigen Produkten, welche nicht rezept/verschreibungspflichtig sind, ausweist (Punkt 1.1). Die Bf beabsichtige, die durch die Schwestergesellschaft ***3***, ***4***, hergestellten Waren, welche mittels Lieferschein und elektronischem Verwaltungsdokument an die Bf unter Steueraussetzung versendet werden, in den Lagerbetrieb aufzunehmen. Im Lager finde kein weiterer Produktionsprozess statt, die für den Verkauf notwendigen Untersuchungen würden von der ***3*** durchgeführt.
Mit Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. 700000/204938/20/2020, wurde der Antrag auf Bewilligung eines Lagerbetriebes für Tabakwaren gemäß § 16 Abs.2 iVm § 14 Abs.5 Z.1 Tabaksteuergesetz 2022 (TabStG) abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf, aber auch die ***3***, eine Überschreitung der THC-Grenze von 0,3 % nicht ausschließen könne, zumal die Bf selbst keinerlei Maßnahmen zur Verhinderung einer Überschreitung der THC-Grenze von 0,3 % beim Verbrennungsprozess setze. Da keine Gewährleistung bestehe, dass die beantragten Waren den suchtmittelrechtlichen Voraussetzungen entsprechen und somit die vorliegenden Umstände eine amtliche Aufsicht erschweren würden, war der Antrag abzuweisen.
Gegen diesen Bescheid hat die Bf mit Eingabe vom in offener Frist Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der maximale THC-Gehalt, den der Konsument während des Verbrennungsprozesses zu sich nehmen kann, aus der Summe des in dem Produkt enthaltenen THC und des THCa ergebe. Die Werte würden von der Schwestergesellschaft während des Anbaus und der Ernte laufend überprüft und könne die Bf jedenfalls ausschließen, dass die 0,3 % THC-Grenze zu irgendeinem Zeitpunkt überschritten werde. Das Monitoring der Bf und der ***3*** sei daher völlig ausreichend. Die Bf erfülle alle Voraussetzungen nach dem § 16 TabStG. Die belangte Behörde überschreite ihren Kompetenzbereich, wenn sie prüft, ob allenfalls andere Gesetze allenfalls verletzt werden könnten, da die Bf einen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Anspruch auf Erteilung der Bewilligung habe.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Österreich vom , Zl. 700000/211892/01/2022, wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es der Behörde im Rahmen der amtlichen Aufsicht nicht möglich sei den THC und den THCa Gehalt jeder einzelnen Pflanze bzw. Blüte zu überprüfen um feststellen zu können, ob der höchstmögliche THC-Wert auch während bzw. nach dem Verbrennungsprozessbei unter 0,3 % liegt. Die beantragte Bewilligung würde die Bf zudem dazu berechtigen, vergleichbare Waren unter Steueraussetzung aus Drittstaaten oder Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu beziehen. Diese Produkte würden unkontrolliert in den Betrieb aufgenommen werden, da die Bf selbst keine Maßnahmen zur Verhinderung einer Überschreitung der THC-Grenze durchführe. Im Übrigen komme den Zollbehörden eine umfassende Überwachungsverpflichtung nach § 29 Abs.1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) und § 19 Abs.4 Suchtmittelgesetz (SMG) zu.
Mit Eingabe vom stellte die Bf gemäß § 264 BAO den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Lagerbewilligung für Produkte beantragt sei, deren THC-Gehalt unter 0,3 % liegt. Es handle sich somit nicht um verbotene Produkte, weshalb der Hinweis auf § 29 ZollR-DG nicht zutreffe. Die Bf beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/2200004/2023, wurden der Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. 700000/204937/22/2020, und die Beschwerdevorentscheidung vom 23. Noember 2022, Zl. 700000/209481/01/2022, betreffend die Abweisung des Antrages der ***3*** auf Bewilligung eines Herstellungsbetriebes für Tabakwaren gemäß § 278 Abs.1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der große Aufwand für die Kontrolle und Überwachung keinen Ausschließungsgrund bilde, der zum Versagen der Herstellungsbewilligung führt. Das Zollamt habe ein Befundprotokoll aufzunehmen und zu erheben, welche Sicherungsmaßnahmen und Auflagen erforderlich sind, welche Pflanzensorten zum Einsatz kommen, wie die Probenziehung erfolgen soll und ob die Bf über eine Bewilligung für den Großhandel im Sinne des Tabakmonopolgesetzes 1996 (TabMG) verfügt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs.1 TabStG sind Tabaklager im Sinne dieses Bundesgesetzes im Steuergebiet gelegene Betriebe, die der Lagerung von Tabakwaren unter Steueraussetzung dienen.
Gemäß Abs.2 leg. cit. bedarf, wer Tabakwaren unter Steueraussetzung lagern will, einer Bewilligung. Die Bewilligung zur Führung eines Tabakwarenlagers ist nur zu erteilen, wenn der voraussichtliche jährliche Tabakwarenumsatz, berechnet nach Kleinverkaufspreisen, mindestens eine Million Euro und die durchschnittliche Lagerdauer mindestens ein Monat betragen und die Sicherheit in Höhe der Tabaksteuer geleistet wurde, die voraussichtlich auf während eines Kalendermonats aus dem Tabakwarenlager weggebrachte und im Tabakwarenlager zum Verbrach entnommene Tabakwaren entfällt. § 14 Abs.2,3, 4 letzter Satz und 5 bis 8 sowie § 15 gelten sinngemäß.
Gemäß § 14 Abs.2, 2. Satz TabStG ist die Bewilligung nur Betriebsinhabern zu erteilen, die ordnungsgemäß kaufmännische Bücher führen, rechtzeitig Jahresabschlüsse aufstellen, Sicherheit gemäß Absatz 4 leisten, gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen und sofern kein Ausschließungsgrund (Absatz 5) vorliegt.
Gemäß § 14 Abs.3 TabStG ist der Antrag auf Erteilung der Bewilligung beim Zollamt Österreich schriftlich einzubringen. Der Antrag muss alle Angaben über die für die Erteilung der Bewilligung geforderten Voraussetzungen enthalten; beizufügen sind die Unterlagen für den Nachweis oder die Glaubhaftmachung der Angaben, eine mit einem Grundriss versehene Beschreibung des Betriebes und eine Beschreibung der Herstellung, der Lagerung, der Bearbeitung oder Verarbeitung und des Verbrauches von Tabakwaren im Betrieb. Das Zollamt Österreich hat das Ergebnis in einer mit dem Antragsteller aufzunehmenden Niederschrift (Befundprotokoll) festzuhalten. Auf diese Beschreibungen kann in späteren Eingaben Bezug genommen werden, soweit Änderungen der darin enthaltenen Verhältnisse nicht eingetreten sind. Im Bewilligungsbescheid ist die örtliche Begrenzung des Betriebes anzugeben.
Gemäß § 14 Abs.5 TabStG darf eine Bewilligung nicht erteilt werden, 1. wenn im Betrieb Einrichtungen, die für die Ausübung der amtlichen Aufsicht notwendig sind, nicht vorhanden sind, oder 2. wenn im Betrieb Einrichtungen vorhanden sind, die die amtliche Aufsicht erschweren oder verhindern.
Die Herstellung, die Lagerung, die Beförderung, der Handel, die Bearbeitung, die Verarbeitung, die Verwendung, die Vernichtung und die Vergällung von Tabakwaren unterliegen im Steuergebiet der amtlichen Aufsicht (§ 32 Abs.1 TabStG). Die amtliche Aufsicht umfasst gemäß § 32 Abs.2 TabStG alle Überwachungsmaßnahmen des Zollamtes Österreich, die erforderlich sind, um zu verhindern, dass Tabakwaren der Besteuerung im Steuergebiet oder im übrigen Gebiet der Europäischen Union entzogen werden.
Gemäß § 33 Abs.2 TabStG stehen in Ausübung der amtlichen Aufsicht den Zollorganen auch alle Befugnisse zu, die ihnen nach dem Zollrechts-Durchführungsgesetz eingeräumt sind.
Der Abschnitt C (§§ 16 - 35) ZollR-DG regelt die Zollaufsicht. Gemäß § 16 Abs.1 zweiter Satz ZollR-DG finden die Maßnahmen dieses Abschnittes weiters Anwendung bei der Vollziehung der Verbrauchsteuer- und Monopolvorschriften, soweit das nicht bereits durch § 2 Abs.1 sichergestellt ist. § 22 Abs.3 ZollR-DG befugt das Zollorgan Behältnisse und Waren zu untersuchen, sofern aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass Waren vorhanden sind, die der zollamtlichen Überwachung (amtlichen Aufsicht) unterliegen.
Gemäß § 29 Abs 1 ZollR-DG haben "das Zollamt Österreich und die Zollorgane (…) an der Vollziehung von Verboten und Beschränkungen des Besitzes, der Verbringung oder der Verwendung von Waren (…) mitzuwirken, selbst wenn ihnen dies in den die einzelnen Verbote oder Beschränkungen betreffenden Rechtsvorschriften nicht eigens aufgetragen und der Bundesminister für Finanzen nicht zur Vollziehung dieser Rechtsvorschriften zuständig ist. Die Zuständigkeit zur Vollziehung der Rechtsvorschriften betreffend diese Verbote und Beschränkungen wird hiedurch nicht berührt (…)".
Gemäß § 5 Abs.1 SMG dürfen Suchtmittel nur für medizinische, zahnmedizinische, veterinärmedizinische oder wissenschaftliche Zwecke und nur nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes erworben, besessen, erzeugt, verarbeitet, befördert, eingeführt, ausgeführt oder einem anderen angeboten, überlassen oder verschafft werden. Suchtmittel im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Suchtgifte und psychotrope Stoffe (§ 1 Abs.2 SMG).
§ 2 Abs.1 SMG lautet: "Suchtgifte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Stoffe und Zubereitungen, die durch die Einzige Suchtgiftkonvention vom zu New York, BGBl. Nr. 531/1978, in der Fassung des Protokolls vom zu Genf, BGBl. Nr. 531/1978, Beschränkungen hinsichtlich der Erzeugung (Gewinnung und Herstellung), des Besitzes, Verkehrs, der Ein-, Aus- und Durchfuhr, der Gebarung oder Anwendung unterworfen und mit Verordnung des Bundesministers oder der Bundesministerin für Gesundheit als Suchtgifte bezeichnet sind."
Gemäß § 1 Abs.1 der Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Verkehr und die Gebarung mit Suchtgiften (Suchtgiftverordnung - SV) sind Suchtgift im Sinne des § 2 Abs.1 Suchtmittelgesetz die im Anhang I unter I.1. sowie in den Anhängen II und III dieser Verordnung erfassten Stoffe und Zubereitungen.
Anhang I der Suchtgiftverordnung lautet (auszugsweise):
I.1.a. Stoffe und Zubereitungen gemäß § 2 Abs. 1 Suchtmittelgesetz: I.1.a. Folgende Drogen und daraus hergestellte Extrakte, Tinkturen und andere Zubereitungen: Cannabis (Marihuana), Blüten- oder Fruchtstände der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen, denen das Harz nicht entzogen worden ist, ausgenommen sind - die Blüten- oder Fruchtstände jener Hanfsorten, die 1. im Gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten gemäß Artikel 17 der Richtlinie 2002/53/EG des Rates vom , ABl. Nr. L 193/2002, S. 1, oder 2. in der österreichischen Sortenliste gemäß § 65 Saatgutgesetz 1997, BGBl. I Nr. 72/1997, in der geltenden Fassung, angeführt sind und deren Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,3% nicht übersteigt, - Produkte aus Nutzhanfsorten, die im ersten Spiegelstrich angeführt sind, sofern der Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,3% vor, während und nach dem Produktionsprozess nicht übersteigt und daraus nicht leicht oder wirtschaftlich rentabel Suchtgift in einer zum Missbrauch geeigneten Konzentration oder Menge gewonnen werden kann, sowie - die nicht mit Blüten- oder Fruchtständen vermengten Samen und Blätter der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen.
Bei den von der Firma ***3*** hergestellten Erzeugnissen handelt es sich gemäß der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/2200004/2023, um Tabakwaren im Sinne des Tabaksteuergesetzes.
Stütze findet diese Ansicht durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach getrocknete Hanfblüten nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise (wenn auch nicht ausschließlich) zum Rauchen verwendet werden (). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes handelt es sich bei Cannabisprodukten (die häufigsten Formen von pflanzlichem Cannabis seien die getrockneten Blüten und Blätter der weiblichen Hanfpflanze) um anderen Rauchtabak im Sinne des § 2 Z.3 TabStG 2022 (; , RV/7200031/2022).
Auch die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid bei den in Rede stehenden Produkten von Waren ausgegangen, die unter anderem als anderer Rauchtabak und Zigaretten verwendet werden sollen und die den Bestimmungen des TabStG unterliegen. Denn die Abweisung des Antrages erfolgte im Hinblick auf die Bestimmung des § 14 Abs. 5 TabStG; eine Beschäftigung mit den Ausschließungsgründen ist nur dann schlüssig, wenn von einer dem TabStG unterliegenden Ware ausgegangen wird.
Auch der für die Vollziehung des Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetzes (TNRSG) zuständige Bundesminister geht in einer im Dezember 2022 veröffentlichten Broschüre (2022-0.307.755) davon aus, dass Hanfblüten in der Regel geraucht werden und diese deshalb als pflanzliches Raucherzeugnis nach dem TabStG zu beurteilen sind.
Die Herstellung von Rauchtabak oder Zigaretten aus Cannabis ist nur dann zulässig, wenn diese Produkte aus Blüten- oder Fruchtständen von Hanfsorten hergestellt wird, die im Gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten gemäß Artikel 17 der Richtlinie 2002/53/EG des Rates vom , ABl. Nr. L 193/2002, S. 1, oder in der österreichischen Sortenliste gemäß § 65 Saatgutgesetz 1997, BGBl. I Nr. 72/1997, in der geltenden Fassung, angeführt sind und der Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,3% während und nach dem Produktionsprozess nicht übersteigt.
Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz führt in der allgemein zugänglichen Abhandlung "CBD- und Hanfprodukte - anzuwendende Bestimmungen und rechtliche Beurteilung" vom , BMASGK-22710/0006-IX/17/2018, Folgendes aus (auszugsweise): "Cannabisextrakt gilt in Österreich gemäß Anhang I.1.a. der Suchtgiftverordnung grundsätzlich als Suchtgift. Produkte aus den Blüten- und Fruchtständen von "Nutzhanfsorten" (z.B. CBD-Öle, E-Zigaretten mit Liquids, "Hanfzigaretten", etc.), die im Gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten gemäß Artikel 17 der Richtlinie 2002/53/EG des Rates vom , ABl. Nr. L 193/2002 S. 1, oder in der österreichischen Sortenliste gemäß § 65 Saatgutgesetz 1997, BGBl. I Nr. 72/1997, in der geltenden Fassung, angeführt sind, sind nur dann vom Suchtmittelrecht ausgenommen, wenn ihr Gehalt an THC 0,3 % vor, während und nach dem Produktionsprozess nicht übersteigt und daraus Suchtgift in einer zum Missbrauch geeigneten Konzentration oder Menge nicht leicht oder wirtschaftlich rentabel gewonnen werden kann. Aktuelle Analyseergebnisse der AGES sowie einschlägige Studien belegen, dass sich beim Erhitzen bzw. beim Konsum von Tabak- oder verwandten Erzeugnissen THC-Säure (THCa) in THC umwandelt, sich somit während des Konsums der THC-Gehalt teilweise erheblich erhöht und dabei die 0,3 % THC-Grenze mitunter überschritten wird. Die Überschreitung der 0,3 % THC-Grenze ist suchtmittelrechtlich unzulässig. Die zwingend einzuhaltende THC-Grenze von 0,3 % ist aus Sicht des BMASGK im tabakrechtlichen Kontext dahingehend auszulegen, als diese nur dann als unterschritten gilt, wenn der THC-Gehalt auch nach einer im Zuge des Verbrennungsprozesses erfolgten Umwandlung von THCa in THC die 0,3 % nicht übersteigen.
Auch wenn die von der Beschwerdeführerin beantragte Lagerbewilligung unter anderem nur dann zu erteilen ist, wenn sichergestellt ist, dass es sich bei den Pflanzen und bei den von der Firma ***3*** daraus hergestellten Waren nicht um Suchtgift handelt, und die Kontrolle und die Überwachung dieser Voraussetzung einen großen Aufwand für die amtliche Aufsicht bedeuten mag, so sind diese Umstände dennoch nicht geeignet, einen Ausschließungsgrund zu bilden, der zwingend zum Versagen der Lagerbewilligung führt. Die Verwirklichung der in § 14 Abs.5 TabStG normierten Tatbestandsmerkmale für die Nichterteilung einer Bewilligung (wenn im Betrieb Einrichtungen, die für die Ausübung der amtlichen Aufsicht notwendig sind, nicht vorhanden sind, oder wenn im Betrieb Einrichtungen vorhanden sind, die die amtliche Aufsicht erschweren oder verhindern) lässt sich mit dem durch das Zollamt ins Treffen geführten großen Aufwand nicht erfolgreich argumentieren.
Gemäß § 278 Abs.1 BAO kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die Ausnahmebestimmung des § 278 Abs.1 BAO erfordert, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung über die Aufhebung und Zurückverweisung die von ihm vermissten und ins Auge gefassten Ermittlungsschritte im Hinblick auf die Zielsetzungen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bezeichnet und beurteilt sowie die Frage beantwortet, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Gericht selbst nicht im Interesse der Raschheit des Verfahrens oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre ().
Im gegenständlichen Bewilligungsverfahren ist es vom Zollamt aufgrund der Annahme, eine Bewilligungserteilung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Durchführung der amtlichen Aufsicht nicht möglich sei, ohne sich konkret mit den Ausführungen in der Betriebsbeschreibung und in den Vorhaltsbeantwortungen auseinanderzusetzen, unterlassen worden, ein entsprechendes Befundprotokoll (§ 14 Abs.3 TabStG) über das Ergebnis der Überprüfung der eingereichten Beschreibungen aufzunehmen und zu erheben, welche Sicherungsmaßnahmen und Auflagen erforderlich sind. Diese und nachfolgend aufgezeigte, seitens des Bundesfinanzgerichtes als wesentlich erachtete Ermittlungen sind durch das Zollamt nachzuholen.
Dabei wird auch erstmalig zu prüfen sein, ob und gegebenenfalls welche Einrichtungen für die Ausübung der amtlichen Aufsicht fehlen oder ob Einrichtungen vorhanden sind, die die amtliche Aufsicht erschweren. Es wird nicht nur die örtliche Begrenzung des Lagerbetriebes festzulegen sein, sondern auch von entscheidender Bedeutung sein, wie die Betriebsräumlichkeiten, die nicht Teil des Lagerbetriebes sein sollen, von den Räumlichkeiten, die Gegenstand des Tabakwarenlagers sein sollen, getrennt und/oder gesichert sind. Die Beschaffenheit der Betriebsräume wird zu überprüfen sein und sicherzustellen sein, dass eine unkontrollierte Wegbringung der Tabakware aus den Betriebsräumlichkeiten ausgeschlossen ist (vgl. Schamp, Verbrauchsteuern auf Mineralöl, § 27 Abs.4 Anm.3).
Eine Bewilligung wird nur dann zu erteilen sein, wenn der Rauchtabak von der Schwesterfirma ***3*** ausschließlich aus solchen Pflanzen hergestellt wird, die im genannten gemeinsamen Sortenkatalog oder in der österreichischen Sortenliste angeführt sind. (siehe ).
Wie bereits ausgeführt ist ein weiteres entscheidendes Kriterium für die Bewilligungserteilung, dass der THC-Gehalt der Hanfblüten weder vor oder während noch nach dem Produktionsprozess überschritten wird und daraus nicht leicht oder wirtschaftlich rentabel Suchtgift in einer zum Missbrauch geeigneten Menge oder Konzentration gewonnen werden kann. Bereits geringfügige Überschreitungen des zulässigen THC-Gehalts können den Anwendungsbereich des Suchtmittelgesetzes eröffnen. Aus der Betriebsbeschreibung geht nicht hervor, inwieweit das Nichtüberschreiten der 0,3 % THC-Gehalts-Grenze der Hanfblüten (im erhitzten Zustand) verhindern werden soll. Dass sich die Tetrahydrocannabinolsäure (THCa) beim Verbrennungsprozess in Tetrahydrocannabinol umwandelt, ist aufgrund der Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeschrift und in der Abhandlung des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz unstrittig. Auch wenn die Beschwerdeführerin mit ihren Ausführungen das Einhalten der 0,3 % THC-Grenze darzulegen versucht, gilt es sicherzustellen, dass dieser Grenzwert nicht überschritten wird, weil die Tabakwaren ansonsten in den Anwendungsbereich des Suchtmittelgesetzes fallen. Die Beschwerdeführerin hat keine Angaben gemacht, wie eine derartige Überschreitung des THC-Gehaltes ausgeschlossen werden kann. Wesentlich wird daher der Nachweis sein, dass der THC-Gehalt der hergestellten Produkte auch nach Umwandlung der Tetrahydrocannabinolsäure die 0,3%-Grenze nicht überschreitet. Um zu gewährleisten, dass die Tabakwaren nicht in den Anwendungsbereich des Suchtmittelgesetzes fallen, werden gemäß dem Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/2200004/2023, von jeder Losnummer der Rohware - vorrangig in Anwesenheit eines Zollorgans - repräsentative Proben zu ziehen sein, welche sowohl von der Technischen Untersuchungsanstalt als auch intern auf den THC-Gehalt zu analysieren sein werden.
Die Beschwerdeführerin hat die Verkehrsfähigkeit des hergestellten Rauchtabaks sicherzustellen, insbesondere betreffend die Einhaltung der THC-Grenze. Es muss ausgeschlossen sein, dass die Ware den zulässigen THC-Gehalt von 0,3% überschreitet.
Tabakwaren im Sinne des § 2 Tabaksteuergesetzes sind gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 Tabakmonopolgesetz 1996 (TabMG 1996) Tabakerzeugnisse im Sinne des zuletzt genannten Gesetzes. Gemäß § 5 Abs. 1 TabMG ist der Großhandel mit Tabakerzeugnissen den nach § 6 berechtigten Personen oder Personenvereinigungen (Großhändler mit Bewilligung zum Großhandel) vorbehalten. Im Antrag auf Erteilung der Bewilligung für den Großhandel ist auch anzugeben, welche Tabakerzeugnisse (Gattung und Markenbezeichnung) gehandelt werden sollen (§ 7 Abs. 2 TabMG). Den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen liegt eine Bewilligung für den Großhandel im Sinne des Tabakmonopolgesetzes nicht bei. Es lässt sich somit nicht beurteilen, ob eine solche Bewilligung vorliegt und, ob die verfahrensgegenständlichen Waren von einer etwaigen Bewilligung zum Großhandel erfasst sind. Es wird auch sicherzustellen sein, dass vor einer Erteilung der von der Beschwerdeführerin begehrten Bewilligung eine diesbezügliche Bewilligung für den Großhandel vorliegt. Das Zollamt wird daher nicht nur diesbezügliche weitere Ermittlungen anzustellen haben, sondern auch - wie in einer Verwaltungsanweisung vorgesehen - vor der Erteilung einer verbrauchsteuerrechtlichen Bewilligung jedenfalls das Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen herzustellen haben.
Weiters wird zu prüfen sein, ob der voraussichtliche jährliche Tabakwarenumsatz, berechnet nach Kleinverkaufspreisen, mindestens eine Million Euro und die durchschnittliche Lagerdauer mindestens ein Monat beträgt oder ob allenfalls ein Antrag nach § 16 Abs.3 TabStG gestellt wurde. Aus den vom Zollamt vorgelegten Unterlagen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, ob eine Sicherheitsleistung vorliegt, wie die Berechnung der Höhe erfolgen soll und auf Basis welcher Daten (gesamt weggebrachte Menge und im Tabakwarenlager zum Verbrach entnommene Tabakwaren) diese erfolgen soll. Das im Antragsformular dafür vorgesehene Feld blieb von der Beschwerdeführerin unausgefüllt.
Die Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 278 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen (§ 20) des Bundesfinanzgerichtes (vgl. ). Die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde ist zweckmäßig, weil es sich bei den zu lagernden Waren um die von der ***3*** produzierten Waren handelt, und mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom die Abweisung des Antrages der ***3*** auf Bewilligung eines Herstellungsbetriebes für Tabakwaren gemäß § 278 Abs.1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde ebenfalls aufgehoben wurde. Es übersteigt die Kapazitäten des Bundesfinanzgerichtes, erstmals vor Ort den tatsächlichen Ablauf der Produktion und die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort festzustellen und die getroffenen Feststellungen in einem Befundprotokoll festzuhalten. Ebenso übersteigt es die Kapazitäten des Bundesfinanzgerichtes, ein überarbeitetes Betriebskonzept mit bestimmten vorstehend genannten Auflagen erstellen zu lassen und sicherzustellen, dass die Hanfblüten in keinem Fall die 0,3 % THC-Grenze übersteigen. Die ausständigen Ermittlungen können somit vom Bundesfinanzgericht selbst nicht rascher durchgeführt werden und würden bei Durchführung durch das Bundesfinanzgericht selbst auch nicht zu einer erheblichen Kostenersparnis führen. Die für das Befundprotokoll auch zwingende Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort, insbesondere die Trennung zwischen den Räumlichkeiten des Tabakwarenlagers und den nicht zum Tabakwarenlager gehörenden Räumlichkeiten, und die Sicherung der Räumlichkeiten des Herstellungsbetriebes kann nur durch Organe der belangten Behörde vorgenommen werden. Nicht zuletzt kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass eine erstmalige Ermittlung maßgeblicher Sachverhaltsbereiche durch das Bundesfinanzgericht zu einer Verlagerung wesentlicher Verfahrensabschnitte an die Kontrollinstanz führt und damit die Gefahr einer Einschränkung jenes Rechtsschutzes birgt, welcher der Installierung des Bundesfinanzgerichts als Rechtsmitteleinrichtung zugrunde lag (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 278 Rz.5). Gegen vom Bundesfinanzgericht erteilte Auflagen bestünde kein Rechtsschutz. Darüber hinaus würde bei Vorliegen aller Voraussetzungen eine Erteilung der Bewilligung durch das Bundesfinanzgericht schon aus faktischen Gründen scheitern, denn das Bundesfinanzgericht hat nicht die Möglichkeit, die für die Teilnahme am Verfahren der Steueraussetzung notwendige Verbrauchsteuernummer zu vergeben und Eingaben in der Verbrauchsteuerdatenbank (SEED) vorzunehmen.
Die Bestimmung des § 278 Abs.1 BAO setzt nicht voraus, dass ein anderslautender Bescheid hätte erlassen werden müssen. Ob nach der Aufhebung und nach Durchführung der ergänzenden Ermittlungen tatsächlich ein anderslautender Bescheid zu erlassen ist, hängt vom Ergebnis der noch durchzuführenden Ermittlungen ab. Entscheidend ist, dass die Unterlassung der Ermittlungen wesentlich ist. Dies ist aus objektiver Sicht zu beurteilen; ein diesbezügliches Verschulden der Abgabenbehörde ist für die Anwendbarkeit des § 278 Abs.1 BAO nicht erforderlich (Ritz/Koran, BAO7 , § 278 Tz 11).
Die erforderlichen Ermittlungsschritte, welche im Zuge einer Bewilligungserteilung vorzunehmen sind, sind gesetzlich vorgegeben (§ 14 Abs.3 iVm § 16 Abs.2 TabStG 2022) und somit wesentlich. Demgegenüber liegen keine Umstände vor, die durch die Zurückverweisung eine Unbilligkeit ergeben. Im Gegenteil, es ist durch die Zurückverweisung von einem schnelleren Verfahrensabschluss auszugehen. Auch dem Umstand, dass durch eine Verfahrensverlagerung zum Bundesfinanzgericht der Rechtsschutz und die Kontrollmechanismen eingeschränkt werden könnten, kommt im Rahmen der Billigkeitserwägungen Bedeutung zu (vgl. ).
Im verfahrensgegenständlichen Fall fehlen noch wesentliche Erhebungen für die Beantwortung der Frage, ob die beantragte Bewilligung zu erteilen ist. Der angefochtene Bescheid war daher unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufzuheben. Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des Bescheides befunden hat (§ 278 Abs.3 BAO).
Gemäß § 274 Abs.3 Z.3 BAO iVm § 274 Abs.4 BAO kann ungeachtet eines Antrages von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn eine Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erfolgt (§ 278). Das Absehen von der mündlichen Verhandlung liegt im Ermessen und war im verfahrensgegenständlichen Fall zweckmäßig. Im Hinblick auf die noch zwingend vorzunehmenden Ermittlungen und Abklärungen war von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht stützt seine Entscheidung auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es fehlten wesentliche Ermittlungen für die Beantwortung der Frage, ob die beantragte Bewilligung zu erteilen ist. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist nicht zulässig.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 16 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 § 14 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2200007.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at